Biografien & Erinnerungen
Eine beschissene Situation

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"Eine beschissene Situation"
Veröffentlicht am 18. November 2009, 10 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man ...
Eine beschissene Situation

Eine beschissene Situation

Beschreibung

Wie angekündigt wurde aus dem Blogartikel ein kleiner Lesetext. Die Sache hat sich im Wesentlichen so und zwar wirklich so (!) ereignet. Jawoll!

Noch bevor ich mich auf den weißen Porzellanthron hocke, um das zu tun, wofür ich das Bad betreten habe, werfe ich einen unsicheren Blick in den Vorratsschrank. Erleichterung macht sich breit, denn das flauschige, dreilagige Papier, das in so manch brenzliger Situation durchaus wichtiger ist als sein bunt bedruckter Banknotenbruder, ist noch im verschweißten Sechserpack vorhanden. Ein zweiter Kontrollblick zum Toilettenpapierhalter sichert das heikle Geschäft ab: mehr als genug für diese und weitere Sitzungen. Klar, schließlich ist keine Frau anwesend, denn die holde Weiblichkeit – das ist bekannt – geht mit dem weichen Wischwerkzeug fast noch verschwenderischer um als mit der Kreditkarte des Ehemanns. Doch weshalb ich nun so vorsichtig bin, wenn es um die häusliche Geschäftsgrundlage geht, mögen Sie sich fragen. Das ist schnell erzählt.

Fast zehn Jahre dürften inzwischen – bitte verzeihen Sie das billige Wortspiel – durch den Abfluss der Zeit gerauscht sein, seit ich als pubertierender Sechzehnjähriger meine unschätzbar wertvollen Sommerferien damit vergeudete, im Betrieb meines Vaters Pappkartons im Akkord zu falten und in dicken Höllenmaschinen meine Gliedmaßen zu riskieren, nur damit ich mir endlich diese elende PlayStation leisten konnte. Ja, damals war das eben so: Arbeiten und alles sogleich wieder verprassen, kaum, da die Kohle auf dem spärlich bestückten Konto angekommen war. In Sachen Geldpolitik eine kleine Ein-Mann-Bundesrepublik quasi.

Die gnadenlos kurze Mittagspause war soeben angebrochen, und nach dem raschen Einwurf des sorgsam von Mutti einpackten Stärkungshappens, musste für dessen Verdauung erst mal Platz geschaffen werden. Soll heißen, das Frühstück musste raus. Soll heißen, nun, ich musste eben aufs Klo. Einige Treppenstufen später hatte ich meinen jugendlichen, arbeitsmüden Kadaver von einem vor sich hin pubertierenden Körper auf den leidlich sauberen Lokus gehievt, um der Dinge zu harren, die mich da verlassen wollten. Nach getaner Arbeit hockte ich erleichtert da und griff instinktiv zum Klopapierrollenhalter, an dem das typische, einlagige Putzpapier der Marke »Kimmenkiller Extragrob« hängen würde, nur um nach kurzem Herumtasten erkennen zu müssen, dass mich lediglich eine völlig abgewickelte und somit splitternackte Papprolle angrinste. Toll.

Wie gut, dass es zwei Klos gab, direkt nebeneinander – getrennt durch eine dünne  Spanplattenwand, in der sich bereits Generationen vor mir verewigt zu haben schienen. In meinem jugendlichen Leichtsinn erhob ich mich vom Hort der rektalen Intimität, um in angestrengt gebückter Haltung ins Nachbarklo zu wackeln und das dort vorhandene Toilettenpapier zu kapern, als-

-plötzlich die Tür aufflog und ein schwer schnaufendes Etwas – das Geräusch seiner stampfenden Schritte ließ knappe zwohundert Kilogramm wandelnde Fleischmasse erahnen – sich auf den Weg zum noch freien Lokus machte. Gesagt, getan, hockte das Menschmonstrum also gegenüber von mir, machte, dass die Luft stank, schnaufte hier, schnaufte dort, als wäre es ein Rennpferd nach dem Lauf seines Lebens, wickelte ganz dreist und unbeschwert an der Klopapierrolle herum und stahl sich schließlich frisch gewischt aber noch immer schnaufend wieder davon. Krach, die Tür flog wieder zu, das Ding aus einer anderen Welt entfernte sich allmählich. Derweil noch Stillschweigen auf meiner Seite der Trennwand – inklusive obligatorischem Luftanhalten, um die unerwartete Senfgasattacke irgendwie zu überstehen. Nun ja.

Die Ruhe war also eingekehrt, und ebenso klärte sich der Nebel des Giftgaskrieges allmählich, so dass mir das Atmen endlich wieder möglich war. Zeit, einen neuen Anlauf zu wagen. Wieder erhob ich mich, schlich in gebückter Haltung und mit heruntergelassener Hose – weshalb sollte ich die Details auch verschweigen – ins nun freie Klo und schloss augenblicklich die Tür ab. Ein Blick auf den Toilettenpapierhalter ließ jedoch sofort den fürchterlichsten Albtraum Realität werden: das gewohnte Bild – nur noch das unbrauchbare Pappröllchen war übrig. Da hatte mein Vorsitzer tatsächlich ziemlich zugeschlagen. Noch mal toll.

Tja, was nun? Erkunden, wozu eine raue, abgearbeitete Handfläche in lebensbedrohlichen Extremsituationen wie dieser in der Lage ist? Oder sollte ich doch die Schändung des eigenen Hosenbodens riskieren, immer unter der Gefahr, für den Rest des Tages von den Nase rümpfenden Kollegen tunlichst umgangen zu werden? Nackte Panik ob meines nicht minder nackten Hinterns überfiel mich wie ein durchgedrehter Kanarienvogel. Schweißperlen rannen mir von der Stirn. Und nicht nur von der Stirn... Es war aus.

Dachte ich – doch unverhofft kommt bekanntermaßen oft, und so entdeckte ich im seitlichen Blickwinkel das mich rettende Utensil: eine Happy Weekend, die sich neben dem Klobecken vor mir verstecken wollte. Lektion fürs (Über-)Leben: In lauten und heißen Industriebetrieben hängen in den Produktionshallen immer (!) mindestens drei Kalender mit groß- und barbusigen Damen, während auf den zugehörigen Betriebsklos ebenso immer, aber auch wirklich immer, Schmuddelheftchen zu finden sind. Man muss sie nur entdecken. Gut, in Zeiten von YouPorn und Co. mag sich das ein wenig geändert haben. Aber generell gilt in Sachen Industrie und Sex wohl: je oller, desto doller und umgekehrt. Diese Regel ist definitiv fest!

Nachdem ich das, hm, für damalige Verhältnisse noch recht brisante Material also sitzend gesichtet und qualitätsgesichert hatte, galt es, eine schwierige Entscheidung zu treffen: Sollte ich die charmant lächelnden Hochglanzdamen wirklich dem Gesäßgott opfern? Aber hallo! Raaatsch, los ging’s. Dumm an der ganzen Sache war eigentlich nur, dass Hochglanzpapier relativ wischresistent ist. Nun gut, das Resultat war somit leider, dass ein Großteil der nackten Nymphen dran glauben musste. Uh! Andererseits kann ich von Glück reden, dass das schon so lange her ist. Heute, im vollends digitalen Zeitalter, hätte ich anstatt einer Illustrierten wohl ein iPhone vorgefunden. Olé!

Nach Beendigung meiner schändlichen Tat und der Beseitigung aller, ähm, Spuren, machte ich natürlich sofort, dass ich rauskam. Nur für den Fall, dass das schnaufende Etwas aus der Zwischenwelt zurückkommen sollte, um seine nun arg geschmälerte Qualitätsillustrierte zu holen. Bald darauf konnte ich eigentlich schon über den ganzen Fauxpas lachen. Und ja, auch heute hab ich noch gut Lachen, schließlich habe ich aus dem Schlamassel gelernt, sage ich und werfe einen entspannten Blick auf den prall gefüllten Toilettenpapierhalter neben mir.

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Hörbuch

Über den Autor

PhanThomas
Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man trifft mich stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge an. Das scheint auf manche Menschen dermaßen gruselig zu wirken, dass die Plätze in der Bahn neben mir grundsätzlich frei bleiben. Und nein, ich stinke nicht, sondern bin ganz bestimmt sehr wohlriechend. Wer herausfinden will, ob er mich riechen kann, der darf sich gern mit mir anlegen. ich beiße nur sporadisch, bin hin und wieder sogar freundlich, und ganz selten entwischt mir doch mal so etwas ähnliches wie ein Lob. Nun denn, genug zu mir. Oder etwa nicht? Dann wühlt noch etwas in meinen Texten hier. Die sind, äh, toll. Und so.

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KaraList Hallo Phanthomas,
... beim Stöbern entdeckt und ... herzhaft gelacht. Du hast eine Erfahrung, die wir wahrscheinlich alle schon einmal gemacht haben, mutig und schamlos mit trefflichen Worten niedergeschrieben. Das verdient - wenn auch verspätet - Coins.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Kara,

vielen Dank! :-) Die Geschichte hat sich vor so langer Zeit ereignet, dass die Coins dagegen quasi kein Stück verspätet, sondern brandneu eingetrudelt sind. Aber das Erlebnis ist in meiner Erinnerung auch heute noch sehr lebhaft. Und gleichermaßen amüsant natürlich. ;-)

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Re: Re: Re: Re: Ahahahahaha -
Zitat: (Original von HateMe am 30.05.2011 - 14:34 Uhr)
Zitat: (Original von PhanThomas am 30.05.2011 - 14:32 Uhr)
Hat mich auch gewundert, zumal es schon abends war. Und dann gab's auch nur zwei Stück, will heißen, die waren auch echt gut frequentiert.


Es wäre glaube ich politisch hochinteressant nun zu behaupten, dass die Kacke von Linksextremen wie Blüten riechen :D

Uh, das hat aber was. :-D Ich glaub's ja auch nicht, zumal der Rest von denen nicht wie Blüten riecht, aber der metaphorische Ansatz ist wahrlich brillant! :-D
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Re: Re: Ahahahahaha -
Zitat: (Original von HateMe am 30.05.2011 - 14:24 Uhr)
Zitat: (Original von PhanThomas am 30.05.2011 - 14:21 Uhr)
Hallöchen Anne,

puh, da hast du aber tief in den Archiven herumgepopelt. :-D Wann hab ich das Ding denn geschrieben? Ach herrje, da war die Welt noch 'ne andere. Aber ja, die Geschichte hat sich so und zwar wirklich genauso zugetragen! Hehe, was Dixiklos angeht, also da wäre ich auch mal gespannt! Mach das unbedingt mal. War am Wochenende selbst in einem, das auf so 'ner linksextremen Veranstaltung herumstand, und was soll ich sagen? Das stank nicht, das duftete! Also richtig gut. Man wollte fast drinnen bleiben!

Liebe Grüße
Thomas


Die dufteten?? Also meiner Erfahrung nach duften die Teile nur um fünf Uhr morgens, bevor der famose Bierschiss nicht nur eins sondern gleich alle unbegehbar macht :D

Hat mich auch gewundert, zumal es schon abends war. Und dann gab's auch nur zwei Stück, will heißen, die waren auch echt gut frequentiert.
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Ahahahahaha -
Zitat: (Original von HateMe am 30.05.2011 - 13:34 Uhr) Ach Mister T., mal wieder ein ganz großer Klassiker von Ihnen!
Hab mich bepieselt (äh) vor lachen. Und ich bin auch so ein Spezialist, der zu faul ist neues Klopapier zu suchen und deshalb ständig EIN Blatt übrig lasse, damit man nicht sagen kann, ich hätte das Ding leergemacht XD)

(Ich befürchte fast, sobald ich mal Zeit haben, muss ich was über die fatale Nutzung von Dixieklos auf Festivals schreiben XD)

Hallöchen Anne,

puh, da hast du aber tief in den Archiven herumgepopelt. :-D Wann hab ich das Ding denn geschrieben? Ach herrje, da war die Welt noch 'ne andere. Aber ja, die Geschichte hat sich so und zwar wirklich genauso zugetragen! Hehe, was Dixiklos angeht, also da wäre ich auch mal gespannt! Mach das unbedingt mal. War am Wochenende selbst in einem, das auf so 'ner linksextremen Veranstaltung herumstand, und was soll ich sagen? Das stank nicht, das duftete! Also richtig gut. Man wollte fast drinnen bleiben!

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: -
Zitat: (Original von Thiar am 19.11.2009 - 18:50 Uhr) Tja, solche Situationen haben wir wohl alle schonmal erlebt^^. Nur gut, das meine liebe Mom mir (wohl aus eigener Erfahrung schlau geworden wie ich annehme) mir schon sehr frühzeitig den Trick mit den Papiertaschentüchern beigebracht hat^^...

Hallo Thiar,

hihi, ich dachte, das wäre ein Frauentrick. ;-) Nun gut, ich könnte mich ja jetzt outen und sagen, dass ich seinerzeit nur Omas beste Stofftaschentücher beschnäuzt habe und diese ganz gewiss nicht (!) für Toilettenaktivitäten herhalten sollten.

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Thiar Tja, solche Situationen haben wir wohl alle schonmal erlebt^^. Nur gut, das meine liebe Mom mir (wohl aus eigener Erfahrung schlau geworden wie ich annehme) mir schon sehr frühzeitig den Trick mit den Papiertaschentüchern beigebracht hat^^...
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