DAS ERSTE MAL TUT SCHON SO WEH
"Schau Katrin, ist der nicht süß? Dort drüben der", "Wer bitte ist super süß?", "Na der mit den wahnsinnsblauen Augen. Mein Gott was hat dieser Typ für Augen und diese Wimpern, bitte Kati wozu braucht ein Mann Wimpern wie eine Schlafaugenpuppe? Hilfe, was ist der niedlich". Ich dreh mich um und sag: "na bitte, was ist denn an dem süß, ich find ihn irgendwie überheblich, so arrogant, so... na, naja so blöd eben". Ich finde ihn wirklich einfach nur saublöd.
Die kleine Gartenwirtschaft, ist voll mit Teenies, alle so zwischen 15 und 20, bis auf den Wirt, der ist erheblich älter. Das Mädel hinter der Theke, welches er immer wieder abknutscht, kenne ich aus meiner Parallelklasse. O, wenn ich das auch dürfte, am Nachmittag in so einer kleinen Kneipe bedienen. All die niedlichen Jungs, echt das wär ein Traum, so herumzustöckeln wie diese, ja wie heißt sie denn bloss, ach ist auch egal, geht mich ja nichts an und interessiert mich auch gar nicht. Aber das wär schon Klasse.
Dieser Junge oder soll ich Mann sagen, schaut immer wieder zu Petra und mir rüber, immer und immer wieder. Petra ist wie aufgezogen und benimmt sich total kindisch. Mal steht sie ganz lässig am Tisch, dreht sich so eigenartig rum, dann tut sie so, als wollte sie zum Klo, dann setzt sie sich wieder ganz umständlich auf den Hocker, also echt daneben. Der denkt doch echt sie will was von ihm. Ich dagegen bin mehr als gelassen, drehe an meinen Haaren, lutsche am Zeigefinger und tue so, als wenn ich ihn überhaupt nicht wahrnehme. Inzwischen find ich ihn doch ganz niedlich. Petra hat recht, er hat so wunderschöne hellblaue Augen und Wimpern, irre, die sind so lang und wenn er schaut, dann hängen die Wimpern so lang über das blau seiner Augen, dass die wie durch einen Vorhang so hell fast feucht leuchten. Warum muss ein Junge solche Wimpern haben, vollkommen unnütz, ach so, das sagte ich ja schon.
"He Hotte, kleine Mädchen im Visier", hör ich den Wirt lästern. So ein Blödmann, der muss gerade reden, hat ständig den Arm um diese aufgebrezelte Maus, ja und was meint der mit KLEINE MÄDCHEN, uns doch wohl nicht. Der weiß wohl gar nicht, daß wir bald 16 sind.
Ein paar Jungs aus unserer Klasse sind auch da und glauben nun, sich um uns kümmern zu müssen. Ok in Peter war ich mal verschossen, aber das ist lange vorbei und Norbert, ist immer noch niedlich, aber einfach so schüchtern. Kinder halt, lieb und auch richtig lustig, aber eben keine Männer. Zu viert stehen wir ganz lässig an einem kleinen runden Tisch. Da kommt Hotte ganz easy auf uns zu geschlendert und fragt die Jungs: "He was habt ihr denn für zwei Kinder dabei, die sind ja süß, so richtige kleine Püppchen. Dürfen die denn überhaupt schon Cola trinken?". Was für ein Idiot, verschwind doch einfach und lass uns in Ruhe, denk ich so bei mir. Naja Petra ist da wohl ganz anderer Meinung, sie stellt sich neben ihn und himmelt ihn an, als hätte sie nicht gehört, daß er uns als Kinder bezeichnet hat.
"Und was machst du so?" fragt er mich. "Gehst du noch zur Schule? Müsstest du nicht längst bei Mami am Tisch sitzen und ein Butterbrot essen?" O, ich könnt ihm eine kleben, bin aber ganz locker und tue so, als hätte ich es nicht gehört. Dann wende ich mich zu Petra und sage: "komm Petzi, wir gehen, hier ist heute eh nichts los, alles nur Knalltüten". "Ach jetzt schon", jammert Petra, "ist doch erst 5, wir essen um 6, bis dahin sind wir doch längst zu Hause. Bitte Kati, lass uns noch ein bisschen bleiben". "Soso, um 6 müssen die Kleinen zu Hause sein, das ist aber jammerschade, ich dachte wir trinken noch ein Glas Babymilch zusammen",lästert er. "Hotsche, was willst du, 3 mal Milch?", kichert die blöde Maus vom Wirt, "kommt sofort, bekommst auch einen Kindergartenbonus". Ist die denn noch ganz klar, sie ist doch genau so alt wie wir. Was bildet sich diese Ziege denn überhaupt ein, nur weil sie hier bedienen darf und der Dicke sie abknutscht. Der ist so alt und häßlich, also mich würd das ekeln, Iii gitt, wenn der mich anfassen würde, ich würde schreien.
"Bitte, Petra, lass uns gehen, du weißt doch wie meine Eltern sind. Ich bekomme solchen Ärger und wieder 4 Wochen Hausarrest". Arm in Arm schlendern wir los. Als wir am Gartentor ankommen, ruft uns Hotte zu, "He ihr Zuckermäuse, ich geh mit, hab doch den gleichen Weg wie ihr". Woher weiß der denn, welchen Weg wir haben. Er legt ganz selbstverständlich seinen Arm um mich und geht neben uns her. Naja ein bissel stolz bin ich schon, weil er mich und nicht Petra ausgesucht hat. Die macht jetzt richtig auf blöd. Sie tut zwar so, als würde es sie nicht stören, doch ich merke ganz deutlich, eifersüchtig ist sie und wie. Diesen niedlichen Burschen hätte sie jetzt selbst gern, aber diesmal bin ich der Sieger. Passiert ja selten genug, denn meistens hat Petra die Jungs, die ich haben will.. Sei sieht einfach auch viel erwachsener aus, als ich. Manche denken doch wirklich sie ist schon 18, nur weil sie einen Busen hat und auch sonst ganz schön fraulich ist. "Vollweib" hat mein Vater gesagt, ich weiß zwar nicht was das ist und ab wann man ein Vollweib ist, aber das ist doch jetzt auch egal, Horst hat mich im Arm und gerade fühle ich mich sowas von großartig und begehrt, unglaublich. Mich, die Kleine, die alle immer zu jung finden, wenn es darum geht, gemeinsam ins Kino zu gehen, weil dann alle nach den Ausweisen gefragt werden, ja genau in die hat er sich verliebt und nicht in Petra, die schon so alt ausschaut. Er bleibt stehen, zieht mich an sich und will mich küssen, ich wehre mich und sag, "Bitte, Hotte, lass das". "Na nun stell dich doch nicht so an. Ich darf dir doch einen Kuss geben, was ist denn schon dabei,hast du etwa noch nie geküsst?", er lacht so laut, dass ich mich schäme und ganz lässig sage: "Na was denkst du denn, meinst du etwa, du bist der erste Junge, den ich küsse? Ich will einfach nicht, verstehst du das, ist doch klar. Ich sage nein, einfach weil ich es nicht will". "Kleines, das hat aber für mich ganz anders ausgeschaut, du hast mich quasi dazu aufgefordert und nun stellst du dich so an, du bist schon ein Mäuschen". Petra schaut irgendwie so richtig böse und gehässig, sagt "TSCHÜSS" und geht, einfach so. "Bitte Petzi bleib hier", schrei ich, "Petzi bitte". "Genieß du das mal, wir sehen uns dann morgen in der Schule." ruft sie im gehen und lässt mich allein.
"Wird auch Zeit, dass die endlich verschwindet, ich kann deine Freundin echt nicht ausstehen, sie ist einfach nicht mein Fall. Weißt du was wir jetzt machen, ich hab da ein Plätzchen, das wird dir gefallen, nur du und ich und eine dicke Kuschel-Decke". "Nein, ich muss wirklich nach Hause. Was meinst du was mein Vater macht, wenn ich nicht pünktlich nach Hause komme, ich bekomme garantiert Stubenarrest und womöglich noch richtig Kloppe. Bitte lass mich gehen, BITTE". Klar versteht er das, denke ich, der macht nur Spass, doch irgendwie bekomme ich auch etwas Angst. "Mach doch nicht so ein Theater, ich will dich doch nur ein bisschen in den Arm nehmen, Kati, sei doch nicht so". Ich will nicht mit ihm schmusen und küssen will ich ihn auch nicht mehr. Er hält mich so am Arm fest, dass es richtig weh tut. Ich habe Tränen in den Augen, wehre mich und will wegrennen. Null Chance, er hält mich umklammert und ich schreie wie am Spieß. Irgendwer wird mich doch wohl hören und mir dann zu Hilfe kommen. In den Häusern gehen einige Fenster auf: "Was soll denn dieses Geschrei. Gehörst du nicht längst nach Hause, was sind das nur für Eltern, die ihre Kinder bis in die Dunkelheit, draussen mit Jungs rumrennen lassen. Dir gehört der Hintern verhauen und deinen Eltern gleich dazu". "Bitte", kreisch ich voller Panik, "bitte helfen sie mir doch, bitte". Ein Fenster nach dem anderen schließt sich, nur noch eine Frau mit Lockenwicklern schaut uns zu, dann sagt sie: "Wenn du nicht augenblicklich Ruhe gibst, dann ruf ich die Polizei, die werden dich dann schon zur Ruhe bringen, verlass dich drauf".Dann schließt sich auch dieses Fenster.
"Hotti, bitte, " bettele ich "bitte lass mich nach Hause, meine Eltern warten doch schon, wir können uns doch ein anderes Mal treffen. Ich schwör dir, ich komme auch". " Der aber lacht nur: "Ach Schätzchen, was meinst du was jetzt auf dich wartet, was viel schöneres, als deine Eltern dir je geben können".
Ein Mann steht an der Strassenecke, hält seine Zigarette zwischen den Fingern und schaut zu, wie ich mich wehre und schreie. "Hilfe, bitte helfen sie mir doch", rufe ich verzweifelt, doch er dreht sich rum und geht weg. Hotte lacht sich kaputt, zerrt mich weiter, direkt durch eine ganz dichte Hecke. Ich spüre wie das Gebüsch meine Arme zerkratzt und dann seh ich diese große rote und schmutzige Matratze, Flaschen und eine alte Wolldecke. "Bitte bitte, lass mich gehen", flehe ich ihn an, "ich hab dir doch nichts getan". Er wirft mich zu Boden, ich schreie und schreie, "Sei endlich still, du hast doch gehört, dass die Alte die Polizei rufen will." sagt er ganz leise und dann höre ich, wie er den Reißverschluss seiner Jeans öffnet. Dieses Geräusch hört sich so schrecklich an, dass ich nur noch Angst habe und ganz still werde. Er macht seine Hose auf und hält mir den Mund zu, zerrt an meinem Schlüpfer und dann reißt mich ein solch großer Schmerz in tausend Stücke, daß ich nicht mehr weiß wo ich bin.
Ich denke nur, gleich bist du tot, dann ist alles vorbei, du bekommst keine Schläge zu Hause, du bleibst einfach hier liegen und alles ist zu Ende. Ich habe auch keine Angst mehr, es ist einfach alles vorbei für immer. Horst steckt mir seine Zunge so in den Mund, dass mir sogar die Zähne weh tun. So ist es also, wenn man geküsst wird, denke ich, o Gott, was ist das widerlich. Er leckt mir die Tränen vom Gesicht und beginnt mich sanft zu streicheln, "Komm, so schlimm war es doch nicht, glaub mir Schätzchen, es tut auch nur beim erstenmal so weh, das nächste Mal hast du ganz sicher schon Spass daran, ich versprech es dir."
Niemals wird mir so etwas Spass machen, niemals, da bin ich mir ganz sicher. Noch nie in meinem Leben war etwas so schlimm, nicht einmal wenn mein Vater mich verhauen hat. O ja, das tat auch weh, aber das war nur der körperliche Schmerz und die blauen Flecken, die ich danach hatte. Das hier brennt im ganzen Körper und überall. Das wird nie vergehen. Dieser Schmerz bleibt für immer, tief eingebrannt in meine Seele. Ich rappel mich hoch und ziehe mich so gut es geht an. Still weine ich in mich hinein und will nur noch nach Hause.
An der Ecke steht der Mann von vorhin, er lehnt locker am Zaun direkt neben der Hecke und lächelt Horst verstehend zu.
co. Ute Anna-Maria S.