Der kleine Samen flog sanft in der Schwerelosen dahin. Wie immer, wenn sich das Szenario wiederholte. Also, so ungefähr alle 5 Milliarden Jahre. Nun hatte es auch die Erde erwischt. Mit einem grossen Feuerwerk verabschiedete sie sich, um sich in den nächsten Jahrtausenden wieder zu erholen. Zugekleistert, ausgebeutet und vergiftet war sie, und als sie nicht mehr atmen konnte, kam der grosse Knall. Das Samenkorn drehte sich in der kleinen Wolke, in der es schwebte, um die eigene Achse. Es war keinesfalls alleine. Viele andere Arten hatten sich während dem Untergang zusammen getan und schwebten nun völlig orientierungslos durch das Universum. Wobei orientierungslos wohl eher falsch war. Förmlich angezogen würden sie irgendwann von einer neuen jungfräulichen Kugel werden. Und dann würden sie das tun, was sie immer taten: sich vermehren, den neuen Boden mit wunderschönen Blumen und Bäumen übersähen. Das war ihre Aufgabe. Und in ein paar hunderttausend Jahren würden dann auch die Vierbeiner wieder kommen und das Gleichgewicht herstellen. Aber auch diesmal hatte der kleine Samen die dunkle Wolke bereits entdeckt, die ganz in der Nähe schwebte. Auch das war immer das Selbe. Niemals war nur das Gute, Schöne angekommen. Das war das andere Gleichgewicht, nur dass es sich hier wohl eher um ein Schwergewicht handelte. Denn irgendwann, in noch nicht absehbarer Zeit, wird wohl alles wieder so enden, wie es schon etliche Male geendet hatte. In einem Riesencrash, bei dem alles vernichtet und verschlungen wird, weil sich der Planet selber retten muss. Irgendwie nahm diese Spezies die positiven Werte jeweils nicht mit zum nächsten Zuhause. Doch auch diesmal würde es noch zig tausend Jahre gehen, bis wirklich eine Gefahr von diesen komischen zweibeinigen Geschöpfen ausgehen würde. Am Anfang jedenfalls waren die jeweils immer ganz aushaltbar. Nur irgendwann würde sicher wieder die Macht, Zerstörungswut und Aggressivität durchschlagen. Das war eigentlich auch schon immer so.
Vorsichtig schob sich die Wolke mit dem Samen nun durch die neuentdeckte Atmosphäre. Von oben betrachtet war auch dieser Planet wunderschön. Zwar noch ein bisschen unwirtlich und braun, aber sie brachten ja alles mit, was es brauchte, um schön auszusehen. Viel Grün, ein bisschen Wasser, ja, und viel, viel Zeit.
Kaum war die Anziehungskraft des Bodens spürbar, verteilten sich die Arten dahin, wo es ihnen am Besten und Schönsten erschien. Sanft kuschelte sich der kleine Samen zwischen die braunen Staubbröckchen und spürte schon die ersten Regentropfen, die ihn zum Wachsen bringen würden. Bald, bald würden sie alle wieder den frischen Wind und die wärmende Sonne auf den kleinen Blättern und Blüten spüren können. Das war die ruhige, entspannende Zeit und sie alle würden sie geniessen, hektisch wurde es nur allzu schnell wieder…