Humor & Satire
Schön essen gehen - Perfekter Service

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"Schön essen gehen - Perfekter Service"
Veröffentlicht am 13. November 2009, 6 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!
Schön essen gehen - Perfekter Service

Schön essen gehen - Perfekter Service

Beschreibung

Auch eine Art von Erlebnisgastronomie

Zum Abendessen ging der Fremde in den „Mailänder Hof“. Von allen Gasthöfen der kleinen Stadt hatte dieser die beste Küche. Ob man sich dort allerdings gut bedient fühlte, hing vom Dienstplan des Restaurants ab. An diesem Abend hatte er Pech: Die nette, blonde Kellnerin grüßte ihn freundlich von der Bar her, als er am Fenster Platz nahm. Und da nahte die andere schon, die hagere Italienerin, dabei eine Zigarette rauchend. Sie kam nicht, um nach seinen Wünschen zu fragen – es war so ihre Art, bloß stumm neben dem Gast Posten zu beziehen, um sich dann wortlos die Bestellung zu notieren.

     So sehr sie mit Worten geizte, so beredt waren Miene und Haltung. Offenbar empfand sie es als bitteres Unrecht, in fremdem Land in öffentlichen Speisehäusern Fremde bedienen zu müssen. Mit den Anzeichen lebenslanger Verbitterung schrieb sie den Hirschpfeffer und das Übrige auf. Dann trat sie den Gang zur Küche an, als wäre es ihr allerschwerster. Bald darauf brachte sie Suppe und Mineralwasser und servierte mit dem Ausdruck mühsam unterdrückter Empörung. Der Fremde hatte sich im Verlauf mehrerer Abende schon an dieses Schauspiel gewöhnt, wie es sonst nur Galeerensträflinge in historischen Filmen bieten. Er ließ sich die Suppe schmecken.

     Die Italienerin entfernte sich ein wenig und lehnte dann, schon wieder rauchend, am freien Nebentisch. Sie beobachtete gerade mit kaum verhohlener Ungeduld ein älteres Ehepaar, das in der Nähe ausgiebig die Weinkarte studierte. Die wollten sich hier wohl einen schönen Abend machen, es sich etwas kosten lassen … Die Ahnungslosen! Sie trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte.

     Bald darauf kam sie mit dem Wein für die Alten und öffnete die Flasche nach den Regeln ihrer Kunst. Sie stand dabei im Gang zwischen des Fremden Tisch und demjenigen des Ehepaares, die Weinflasche gegen den linken Oberschenkel gepresst, das andere Bein rückwärts abgespreizt. Plötzlich eine Erschütterung – fast wäre seine Suppe übergeschwappt. Der Rückstoß infolge der Hebelwirkung war sehr heftig gewesen und sie mit dem Fuß gegen seinen Tisch gestoßen. Dabei entblößte der hochrutschende Rock das Bein weit hinauf. Für einige Sekunden bot sich dem Fremden der Anblick eines nackten Frauenschenkels, den er überraschend wohl geformt fand.

     Gegen das Essen war nichts zu sagen. Er wollte dann zahlen. Schon stand die Italienerin am Tisch und rechnete mit ihm ab. Sie wühlte mit Ingrimm in der großen Börse, um sein Wechselgeld herauszuholen, und stieß dabei mit dem Ellenbogen den Brotkorb vom Tisch. Zwei Scheiben Brot, die übrig geblieben waren, lagen nun neben dem Korb auf dem Boden. Da unterbrach sie ihr Scharren, sammelte auf, was heruntergefallen war, legte die Brotscheiben zurück in den Korb, stellte ihn an seinen früheren Platz und gab dann das Wechselgeld heraus. Bei alledem bleib sie stumm wie gewöhnlich.

     Er gab ein kleines Trinkgeld und sie bedankte sich auch dieses Mal nicht. So hatte sie es vom ersten Abend an gehalten. Dennoch gab er ihr immer wieder einen kleinen Betrag. Eines Tages würde sie doch danke sagen … Und am Tag darauf konnte er beruhigt abreisen.

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Hörbuch

Über den Autor

Abendschoen
Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!

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Abendschoen Re: mir kömmt der Text auch bekannt -
Zitat: (Original von Boris am 15.11.2009 - 11:20 Uhr) vor.
Trotzdem isser jut.

JFW


Danke, Boris. Entweder war er schon mal bei Schreibart oder meine Buchhaltung funktioniert nicht. - Arno Abendschön -
Vor langer Zeit - Antworten
Abendschoen Re: Gut -
Zitat: (Original von anteus am 17.11.2009 - 20:01 Uhr) beoachtet oder so geschrieben, als ob Du alles beobachtet hast.

Deine Art zu schreiben fasziniret mich immer öfter
Liebe Güße
Anteus


Danke, Anteus. Alles selbst beobachtet, nichts geflunkert. - Arno Abendschön -
Vor langer Zeit - Antworten
anteus Gut - beoachtet oder so geschrieben, als ob Du alles beobachtet hast.

Deine Art zu schreiben fasziniret mich immer öfter
Liebe Güße
Anteus
Vor langer Zeit - Antworten
Boris mir kömmt der Text auch bekannt - vor.
Trotzdem isser jut.

JFW
Vor langer Zeit - Antworten
Abendschoen Re: Servicewüste ... -
Zitat: (Original von Gunda am 14.11.2009 - 13:56 Uhr) Ich frage mich nur, was den Fremden dazu bewogen haben mag, dieses Restaurant wieder und wieder aufzusuchen, ohne die Kellnerin mal auf ihre seltsame Art anzusprechen? Selbstgeißelung? Ich glaube, ICH hätte meine Klappe nicht halten können ... gute Küche hin oder her.
Das Erlebnis des "Fremden" muss schon ein wenig zurückliegen, vermute ich? Rauchen im Restaurant ...

Lieben Gruß
gunda


Gut aufgepasst, Gunda. Auf deine Fragen: Der Text ist ca. 20 Jahre alt und spielt in einer kleinen Schweizer Stadt (Kanton Wallis) mit sehr begrenzter Auswahl an Restaurants mit preiswerter und akzeptabler Küche. Die weiteren Motive des Gastes: 1. Amüsement bei der Beobachtung der Kellnerin 2. Verständnis für sie. - Arno Abendschön -
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Abendschoen Kommentar vom Buch-Autor gelöscht.
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Servicewüste ... - Ich frage mich nur, was den Fremden dazu bewogen haben mag, dieses Restaurant wieder und wieder aufzusuchen, ohne die Kellnerin mal auf ihre seltsame Art anzusprechen? Selbstgeißelung? Ich glaube, ICH hätte meine Klappe nicht halten können ... gute Küche hin oder her.
Das Erlebnis des "Fremden" muss schon ein wenig zurückliegen, vermute ich? Rauchen im Restaurant ...

Lieben Gruß
gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Abendschoen Hm? - Die Situation oder den Text?

Arno Abendschön
Vor langer Zeit - Antworten
Tilly kenn ich - doch irgendwo her...

thomas
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