Humor & Satire
Die toten Akten - Wie man Arbeitsplätze erhält

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"Die toten Akten - Wie man Arbeitsplätze erhält"
Veröffentlicht am 10. November 2009, 8 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!
Die toten Akten - Wie man Arbeitsplätze erhält

Die toten Akten - Wie man Arbeitsplätze erhält

Beschreibung

Das sonderbare Nachleben einiger Verstorbener

Diese Geschichte hat sich vor einigen Jahren in der Südhälfte unseres schönen … äh … Vaterlandes zugetragen.

     Dort gibt es die kleine Großstadt X, die zugleich Landeshauptstadt von Y ist. Einige Zeit davor war die Stadt durch Eingemeindung des Dorfes Z in den Besitz von dessen bisherigem Rathaus gekommen. Was tun mit einem alten Dorfrathaus, das man eigentlich nicht braucht? Wie das Verwaltungsleben so spielt – es gab zur gleichen Zeit noch ein Zuviel, und zwar an Personal. Das alte Rathaus und der Personalüberhang ergänzten sich ideal, fand die Stadtspitze und bot beides dem Land an: Habt ihr keine Verwendung?

     Sie hatten. Da gab es noch eine lästige Aufgabe aus der Nachkriegszeit, eine Kriegsfolgenabwicklung mit stark abnehmender Tendenz. Eine eigene Landesbehörde lohnte sich kaum noch. Die Stadt mutierte daher zur Leiharbeitsfirma und das Land leaste Dorfrathaus und städtische Angestellte. Für jeden statistisch erfassten Fall erhielt die Stadt einen Pauschalbetrag. Sie kümmerte sich weiter um Heizung und Beleuchtung und überwies die Gehälter wie bisher.

     Jahrelang lief alles wie geschmiert im Dorfrathaus. Den Gesetzen wurde Genüge getan, die Aufgaben wurden treu erfüllt. Nur dass die Fallzahlen stetig zurückgingen, bereitete dort allmählich Sorgen. Ohne Fälle keine Pauschale. Weit reichende Konsequenzen drohten. Die geleasten Angestellten kamen allein, ohne ihre Stadtspitze, auf die rettende Idee: Sie recycelten die Altfälle und legten sie als neue Akten noch einmal an. Sie zählten dann in der Statistik erneut mit und sorgten dafür, dass die Pauschale insgesamt nicht schwindsüchtig wurde. Und es machte nicht einmal viel Arbeit. Denn:

 

Wilhelm Schulz, geboren 1901 in Breslau, war schon lange tot.* - Und:

 

Wilhelmine Becker, geboren 1902 in Stettin, war als Demenzkranke in einem Pflegeheim untergebracht und hatte keinen Gedanken mehr an ihren längst beschiedenen Antrag vom 11.11.1979.* - Ferner:

 

Josef Prochaska, geboren 1915 in Oppeln, war schon seit zwanzig Jahren verschollen.*

 

Keiner von ihnen machte Ärger. Das Geld floss noch einige Jahre. Dann kam das Land doch hinter den Schwindel. Der Schaden ging schon in die Hunderttausende.

 

Die Angestellten sagten zutreffend, das Geld sei nicht ihnen, sondern der Stadtkasse zugute gekommen. Die Stadt rechtfertigte sich schlitzohrig, sie habe nur die personelle, nicht jedoch die fachliche Aufsicht geführt. Ein Rechtsstreit zwischen zwei staatlichen Ebenen bahnte sich an. War es überhaupt Betrug im juristischen Sinne? Oder ist es eher ein Thema für ein Seminar über Verwaltungsrecht: Kann eine Hand von Papa Staat die andere tatsächlich – bestehlen?

 

Hören Sie das ferne Gelächter, wie aus einem Grab? Das ist Gogol. Er meint: Zustände sind das jetzt bei euch wie früher bei uns im alten Russland, wie unter Väterchen Zar.

 

* Namen und Daten fiktiv

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Hörbuch

Über den Autor

Abendschoen
Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!

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Abendschoen Re: Weil ich mich über solche Fälle amüsieren kann, -
Zitat: (Original von Phantasus am 20.11.2009 - 10:55 Uhr) frage ich mich ernsthaft, ob ich mich moralisch entrüsten sollte.
Meine vorläufige Antwort: Das Amüsement überwiegt die Empörung. Was meint denn der Autor der Geschichte?
Neugierige Grüße von Ekkehart


Ekkehart, hinter vorgehaltener Hand lache ich auch in mich hinein. Hoffen wir, dass solche Praktiken seltene Einzelfälle sind. In gewisser Weise haben sich die Amtsangehörigen ja verhalten wie Familienangehörige, die den Tod eines Verwandten verschweigen, um die Rente weiter kassieren zu können. - Arno Abendschön -
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Weil ich mich über solche Fälle amüsieren kann, - frage ich mich ernsthaft, ob ich mich moralisch entrüsten sollte.
Meine vorläufige Antwort: Das Amüsement überwiegt die Empörung. Was meint denn der Autor der Geschichte?
Neugierige Grüße von Ekkehart
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Abendschoen Re: klingt wie aus alten Tagen -
Zitat: (Original von Boris am 10.11.2009 - 16:52 Uhr) und ist doch sicer nicht so alt?!

LG JFW


Boris, die Geschichte ist authentisch, ist vor ca. 5 Jahren aufgedeckt worden. Meine Quelle ein Bericht des örtlichen Fernsehsenders. - Arno Abendschön -
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Boris klingt wie aus alten Tagen - und ist doch sicer nicht so alt?!

LG JFW
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Abendschoen Re: Du kannst ... -
Zitat: (Original von Gunda am 10.11.2009 - 14:36 Uhr) ... sagen, was du willst, über solche Schildbürgerstreiche kann ich mich köstlich amüsieren ...
In unserem Behördenwirrwarr mit seinen vielen Ecken und Kanten und damit verbundenen Schlupflöchern kann man sich aber auch wunderbar verstecken...

LIeben Gruß
Gunda


So, diesmal hoffentlich die richtige Zeile für die Antwort gefunden ... Danke , Gunda. Im Prinzip haben sie nichts anderes getan als die Hinterbliebenen, die Omas Ableben verschweigen und weiter ihre Rente kassieren. - Arno Abendschön -
Vor langer Zeit - Antworten
Abendschoen Re: Sehr humorvoll -
Zitat: (Original von Ryu1 am 10.11.2009 - 12:01 Uhr) beschrieben.........sollte ich vielleicht als Denkanstoss für mein eigenes Arbeitsleben nehmen..........

Danke für die Beachtung. Tja, den einen großen Vorteil haben Karteileichen vor echten, dass sie nicht riechen. - Arno Abendschön -

LG
Ryu

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Gunda Du kannst ... - ... sagen, was du willst, über solche Schildbürgerstreiche kann ich mich köstlich amüsieren ...
In unserem Behördenwirrwarr mit seinen vielen Ecken und Kanten und damit verbundenen Schlupflöchern kann man sich aber auch wunderbar verstecken...

LIeben Gruß
Gunda
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Ryu1 Sehr humorvoll - beschrieben.........sollte ich vielleicht als Denkanstoss für mein eigenes Arbeitsleben nehmen..........

LG
Ryu
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