Beschreibung
Im ersten Teil des Briefes erzählt Kelly über ihr
Leben von Geburt bis zum Kennenlernen ihrer
neuen Mama.
Ryu
Nachricht aus dem
Regenbogenland
Kelly´s Brief
Liebe Mama und liebe Tierfreunde,
ich bin Kelly und ich möchte auf diesem Wege mein Leben erzählen. Denn so kann ich vielleicht vielen anderen Tieren zu einem glücklicheren Leben verhelfen.
Ich bin ein afrikanischer Weißbauch – Igel und wurde im Juni 2005 geboren. Mit vielen, vielen anderen Igeln lebte ich von Geburt an auf engstem Raum zusammen. Denn unser Schicksal war, bei einem – von vielen – Züchtern geboren zu werden.
Normalerweise sind wir Igel alle Einzelgänger, aber dort wurden wir zu Dutzenden in engen und viel zu kleinen Käfigen gehalten. Deshalb kam es immer wieder zu Kämpfen.
Der Lärm am Tage und der Gestank – es war einfach unerträglich. Unsere Käfige wurden nur selten und auch nur notdürftig gereinigt. Und Futter? Ja, Futter und Wasser gab es – aber es reichte gerade mal aus um zu Überleben.
Diesen Menschen dort ging es nur um den Profit. Wir, die Tiere, waren nichts anderes als Ware. Es war eine Qual für unsere Mütter, denn ständig bekamen sie Babys. Ihnen wurde keine Pause gegönnt. Auch auf Verwandtschaft nahm dort niemand Rücksicht. Deshalb kam es zu immer mehr Inzucht. Und dadurch wurden viele Babys krank geboren. Doch bevor sie starben, mussten auch sie dem Profit der Menschen dienen – und noch kränkere Babys kamen auf die Welt. Und dennoch – die Menschen ohne Gewissen kannten kein Erbarmen.
Ich lebte dort ungefähr vier lange Monate. Täglich sah ich, wie sich meine Artgenossen bekämpften. Wie sehr – wir alle – unter Stress standen. Ebenso sah ich täglich viele von uns sterben – qualvoll und hilflos. Ihre Schmerzensschreie hallen noch immer in meinen Ohren wider.........
Oft geschah es, dass einer dieser Menschen kam und einige der Babys grob aus den Käfigen zogen. Dann wurden diese armen, vor Angst wimmernden Kleinen in eine Kiste gepackt und fort getragen. Wohin, dass wusste niemand. Fest stand nur, die Babys kamen niemals mehr zurück.
Während meiner Zeit dort, lernte ich deshalb vor allem, dass ich den Menschen zu misstrauen hatte. Sobald einer von ihnen den Raum betrat versuchte ich, mich zu verstecken – nur, es gab kein Versteck. Und so geschah eines Tages das Unvermeidliche.
Eines Morgens öffnete sich die Tür und ein böse ausschauender Mann kam herein. In seiner Hand hielt er eine von diesen unheimlichen Kisten. Er schaute in die Käfige und – er entschied sich für mich!
Der Käfig öffnete sich, ich fauchte voller Angst und rollte mich zu einer Kugel. Doch der Mann packte mich trotzdem und ließ mich dann grob in diese Kiste fallen. Mein Herz klopfte wie wild und ich zitterte vor Angst. Im Innern der Kiste roch es seltsam, die Luft war stickig. Dann spürte ich, wie der Mann die Kiste hoch hob und den Raum verließ. Es war unheimlich, dieses Schwanken und Schaukeln – mir wurde ganz übel und die Angst ließ mich nicht aufhören zu zittern.
Doch auf einmal hörte das Schwanken auf, dann ertönte ein lauter Knall und kurz darauf begann wieder alles zu schwanken. Begleitet von einem unheimlichen Dröhnen und Brummen.
Halb tot vor Angst hockte ich in einer Ecke der Kiste -
welches Schicksal wartete wohl auf mich?
Nach einer, für mich, unendlich langen Zeit wurde es auf einmal still. Irgendwie ahnte ich bereits, dass etwas neues geschehen würde. Und richtig! Plötzlich wurde die Box geöffnet und Licht fiel hinein. Geblendet zog ich meinen Kopf unter meinen Bauch, doch da wurde ich auch schon wieder grob gepackt und hoch gehoben.
Ich fühlte, wie man mich in alle Richtungen drehte und dann wurde ich wieder abgesetzt. Viele neue Geräusche und fremde Gerüche ließen mich in meiner Stachelkugel verharren. Doch dann siegte mein Hunger und Durst – ich rollte mich auseinander und begann, mich umzusehen.
Ich befand mich in einem gläsernen Kasten, so eng, dass ich jedes mal nach nur wenigen Schritten mit meiner Nase an die Wände stieß. Aber wenigstens war es sauber und warm hier. Und ich fand endlich Wasser und etwas Futter.
Nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, schaute ich mich um. Wo war ich hier? Es gab keinen anderen Igel außer mir, aber ich sah viele andere Tiere.
Sie saßen ebenfalls in solchen kleinen Glaskästen, manche allein und manche mit vielen – zu vielen – Artgenossen. Und sie alle waren am schlafen. Ich war noch viel zu aufgeregt, aber irgendwann fielen mir dann doch auch die Augen zu. Aber was war das? Unheimliche Laute rissen mich aus meinem Schlaf. Ich blinzelte und stellte fest, das es Tag sein musste. Die Laute stammten von den anderen Tieren, die nun alle erwacht waren. Und dann ertönte auf einmal Musik – es war grausam für meine Ohren.
Einige Zeit später kamen und gingen viele Menschen, es herrschte ein Stimmengewirr aus den unterschiedlichsten Tonlagen. An erholsamen Schlaf war überhaupt nicht zu denken. Doch da ich weiterhin eingerollt in meiner Ecke lag, wurde ich wenigstens nicht berührt. Nur – wie lange habe ich diesen Lärm zu ertragen? Warum nahm denn niemand irgendwelche Rücksicht? Glauben denn alle Menschen, dass wir Tiere keine Gefühle haben?
Nach einer schier unendlich langen Zeit wurde es nach und nach endlich wieder ruhiger. Und obwohl ich todmüde war, stillte ich erst mal meinen Durst und meinen Hunger.
Danach schaute ich hinüber zu den anderen Glasboxen, die meisten Tiere waren am schlafen. Doch direkt neben mir stand eine neue Box – darin saß ein kleiner Hamster und blickte mich neugierig an.
So fragte ich ihn, ob er wüßte, wo wir uns befänden. Er antwortete mir, dass wir hier in einer Zoohandlung wären. Und da ich nicht wußte, was das war, erklärte der Hamster es mir.
Nun wußte ich endlich, was mir bevorstehen würde: wieder eine mörderische Reise, Lärm, Unruhe und Menschen, die mich als Spielzeug ansehen würden.
Die Tage vergingen und es war immer der gleiche Ablauf. Nach einiger Zeit hatte ich mich einigermassen daran gewöhnt. Doch ich fühlte mich unwohl und mein Appetit ließ auch nach.
So vergingen weitere zwei Monate............
Es war kurz vor Weihnachten, in der Zoohandlung herrschte Hochbetrieb. Doch auf einmal bemerkte ich, dass ich von jemandem beobachtet wurde. Ich verharrte zwar als Kugel, aber meine Sinne waren auf´s Äußerste angespannt.
Dann hörte ich die Stimme einer Frau – sie klang warm und herzlich. Gleich darauf antwortete eine fremde Männerstimme – in einem etwas gestressten Ton. Und einige Minuten später wurde ich unsanft von einem Angestellten aus meiner Box gehoben.
Ich rollte mich noch fester ein, doch dann sagte die Frau, dass sie mich gerne halten würde. So wurde ich weitergereicht -
und zum ersten Mal in meinem Leben spürte ich die zarten und warmen Hände eines Menschen.
Die Frau hielt mich vorsichtig in ihrer Hand und sprach mit sanfter Stimme zu mir. Ich spürte tief in meinem Herzen, dass ich ihr vertrauen konnte. Deshalb rollte ich mich Stück für Stück auseinander, schnupperte an ihren Fingern und lauschte dem Klang ihrer Stimme. Ich begann bereits, mich zu entspannen – als dieser Angestellte mich plötzlich wieder packte und in eine fremde Box setzte. Und bevor ich überhaupt wußte, was geschah, war es wieder dunkel um mich.
Das Schaukeln verriet mir, dass ich schon wieder irgendwo hin getragen wurde. Und dann war es einige Zeit still.
Ich saß zitternd in einer Ecke und fragte mich, warum diese liebe Frau fort war – da hörte ich erneut ihre Stimme. Mein kleines Herz klopfte hoffnungsvoll.
Es dauerte noch eine kurze Zeit, doch dann wurde ich schon wieder durchgeschaukelt. Aber zum Glück – es war nur kurz.
Die Geräusche um mich herum wurden nun etwas leiser, veränderten sich etwas. Auch spürte ich auf einmal Kälte und viele neue Gerüche umgaben mich. Und auf einmal öffnete sich dieser Kasten und Licht viel herein.
Ich zog meine Nase ein, es war kalt und ich hatte Angst. Da spürte ich die warmen Hände der Frau unter meinem Bauch. Behutsam nahm sie mich hoch, schaute mich liebevoll an und sagte „Nun wird alles gut, meine Kleine. Habe keine Angst.“
Dann wickelte sie mich in eine warme, weiche Decke und hielt mich an sich gedrückt. Sie schloß ihre Jacke über mir – es wurde wieder dunkel, aber ich fühlte mich schon etwas sicherer. Denn es war warm hier und ich konnte ihren Herzschlag hören. Es war fast wie früher, als ich als Baby unter meine Mutter gekrochen war.
Jetzt spürte ich, wie wir irgendwo hin gingen – wieder neue, fremde Geräusche und Gerüche. Ich hatte zwar nicht mehr soviel Angst, dafür war ich nun umso aufgeregter: Was kam wohl als nächstes?
Einige Zeit später wurde es endlich wieder still. Die Frau nahm mich aus der Decke und hielt mich vor sich. Ich lugte unter meiner gekrausten Stirn hervor und sah mich um. Es war ein nicht zu heller Raum, wohlig warm und leise. Die Gerüche wirkten beruhigend auf mich und so begann ich, mich ein wenig zu entspannen.
Die Frau sprach ständig leise mit mir, dann setzte sie mich in ein großes Terrarium – ich war erfreut, da gab es ein richtiges Haus für mich! Und eine Ecke mit Futter und Wasser! Ich war glücklich!
Da viel ein Schatten über mich, erschrocken zog ich meine Nase wieder unter den Bauch. Doch der Geruch der Frau ließ mich wieder etwas entspannen und ich sah ihren Finger vor mir. Sanft streichelte sie kurz über meine Nase und sagte: „Von jetzt an wirst du ein schönes Leben haben, Kelly!“
Ich schaute auf und dachte: „Ja. Nun wird alles gut. Denn ich habe eine neue Mama gefunden!“
Fortsetzung folgt...........