Kinderbücher
Tanabata - Das japanische Sternenfest

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"Tanabata - Das japanische Sternenfest"
Veröffentlicht am 20. Oktober 2009, 34 Seiten
Kategorie Kinderbücher
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich bin Japaner und lebe mit meiner deutschen Ehefrau und unseren zwei Hunden in Japan. Mein Hobby ist meine Leidenschaft : das Schreiben von Kurzgeschichten, Comics, Bilderbücher und auch Illustrationen.
Tanabata - Das japanische Sternenfest

Tanabata - Das japanische Sternenfest

Beschreibung

Das japanische Sternenfest, genannt Tanabata, ist eine uralte Tradition. Die Geschichte handelt von den Herzenswünschen eines kleinen Mädchens und einem Igel. Beteiligter ist auch der Shogun, denn die Geschichte spielte vor langer Zeit in Japan. Die Erfüllung der Wünsche wird von den Engeln entschieden. Diese Geschichte ist liebevoll geschrieben und regt auch zum Nachdenken an. Gerade in der heutigen Zeit vielleicht eine sehr gute Lektüre für Kinder. Ein selbstbewusstes Mädchen möchte eine bessere Zukunft für alle schaffen, ein ängstlicher Igel möchte die Tierwelt retten und ein überheblicher Shogun erhält seine gerechte Strafe. Eine sehr lesenswerte Geschichte, auch für die Eltern.

 

 

Die Hoffnung ist die zweite Seele des Unglücklichen.

( Goethe)

 

 

Es ist besser hoffnungsfroh zu reisen, als anzukommen.

( Japanisches Sprichwort )

 

 

Was der Geist sich vorstellen, woran er glauben kann, das

kann er auch verwirklichen.

( Vincent Peale )

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

    RYU

 

   Tanabata

 

 

 

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne die Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen,Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

 

 

© 2009 Autor: Ryu

 

 

 

  Prolog

   Tanabata ist japanisch und bedeutet soviel wie  

   Milchstraße. Dieses Fest wird in Japan alljährlich am 7.

   Juli gefeiert. Das Sternenfest wird bereits seit vielen

   Jahrhunderten immer in der gleichen Weise zelebriert.

  Am Abend des 7. Juli schreiben die Menschen ihren

  Wunsch auf ein kleines Stück Papier und befestigen

  dieses dann an einem Bambus Zweig. Die meisten

   Menschen nutzen dafür ihren Garten, aber viele

  begeben sich extra an diesem Abend zu einen Schrein.

  Denn der Legende nach ist Tanabata die Nacht, in der

  Gott die Wünsche der Menschen in Erfüllung gehen

  lässt, sofern dieser Wunsch von reinem Herzen kommt.

  Dieses beruht auf der Sage von dem japanischen Prinz

  Hikoboshi und seiner Prinzessin Orichime, die sich nur

  einmal im Jahr treffen dürfen.

                                                     

 

 

Es war die Nacht des Tanabata; Gott sandte seine Engel in die Welt hinaus, um die Wünsche der Menschen zu sammeln. Die Engel hatten dabei eine schwere Aufgabe zu erfüllen, denn nur die Wünsche, die wirklich von reinem Herzen kamen, hatten eine Aussicht auf Erfüllung. Nach einiger Zeit kehrte einer der jüngeren Engel zurück in den Himmel. Er seufzte tief und meinte, dass es wirklich sehr schwer wäre, die wirklich ernst gemeinten Wünsche zu finden. Einer der älteren, erfahrenen Engel lächelte gütig und schickte ihn mit den Worten zurück: "Mit der Zeit wirst du das richtige Gefühl dafür schon bekommen." Der jüngere nickte ergeben und schwebte zurück zur Erde......

 

 

 

    Kapitel 1

Auf Erden begann der Tag des Tanabata mit dem frohen Gesang der Vögel im warmen Sonnenlicht. Die 10 jährige Michiko spielte wieder einmal Ninja. Sie war die Tochter einer Bauernfamilie, doch ihr Traum war, so ein berühmter Schattenkrieger zu sein.

Während Michiko verschiedene Techniken an einer Vogelscheuche ausprobierte, vergaß sie alles um sich herum. Sie war so sehr in ihr Spiel versunken, dass sie erschrocken aufschaute, als die ärgerliche Stimme ihrer Mutter erklang: "Michiko!"

Leicht verlegen drehte sich das Mädchen um und schaute zu ihrer Mutter hinüber. Wie üblich, fing diese wieder an zu schimpfen: "Michiko! Wie oft soll ich dir noch sagen, dass das kein Spiel für Mädchen ist!" Michiko blickte ihre Mutter mit erhobenen Kopf an:" Ja, Mama. Ein Mädchen hat sanft, demütig und gehorsam zu sein. Es darf seine Meinung und Gedanken nicht äußern und hat alle männlichen Wesen mit großem Respekt zu behandeln. Doch – warum sollte ich das tun? Mann oder Frau, beide sind gleich viel wert. Tut mir Leid, Mutter.

 

Aber ich werde mich diesem Zwang nicht unterwerfen! Und ich werde nicht jedes Mal auf die Knie fallen oder mich tief verbeugen, nur weil ein Mann vor mir steht!" Die Mutter rang nach Luft und antwortete, mit eisiger Stimme:"Wenn du so denkst und handelst, wirst du niemals einen Ehemann bekommen!" - "Das ist kein Problem, Mutter. Ich will nicht heiraten! Ich will ein Ninja oder ein Shogun werden!"

Die Mutter war völlig außer sich: "Oh Michiko! Verstehst du denn nicht? Du bist ein Mädchen! Und du bist als Tochter eines Reisbauern geboren. Du kannst niemals ein Ninja oder Shogun werden! Wer einmal als Bauer geboren wurde, bleibt es sein Leben lang. Es ist unmöglich, in eine andere Schicht zu wechseln! Und nun komm, die Arbeit wartet!" 

Michiko wusste, dass Mutter Recht hatte. Und dennoch, war es nicht endlich an der Zeit, dass ein Mädchen anfing, sich gegen diese Ungerechtigkeit zu wehren? Wie sonst sollte sich irgend etwas ändern? In solche Überlegungen versunken, arbeitete sie mit der Familie im Reisfeld. Die Arbeit war hart und mühselig. 

Am Nachmittag legte die Familie eine kurze Teepause ein und Michiko überlegte noch immer, wie sie ihren Traum verwirklichen könnte. Da fiel ihr ein, dass heute Tanabata war! So beschloss sie, am Abend ihren Wunsch aufzuschreiben.

 

 

Mit diesem Entschluss bekam sie auch neue Energie. Und sie arbeitete eifrig, bis es Zeit war, um nach Hause zu kehren.

Dort half sie dann ihrer Mutter beim Abendessen zubereiten, und setzte sich dann an den niedrigen Tisch, um im Schein einer Kerze ihren Wunsch nieder zu schreiben.

Das Schreiben viel ihr schwer, denn sie ging in keine Schule. Aber sie gab sich größte Mühe und zum Schluss faltete sie das Papier sorgfältig zusammen.

Etwas später ging Michiko dann hinaus in den Hof, befestigte das Papier an einem Bambuszweig, kehrte zurück ins Haus und bereitete sich auf das Schlafen gehen vor.

Die Eltern schüttelten nur mit den Köpfen. Was hatten sie nur für eine eigensinnige Tochter!

 

 

     Kapitel 2

Am Nachmittag des gleichen Tages im Palast des Shogun:

Der Shogun hatte sämtliche Samurai ’s zu sich gerufen, um sich deren Berichte anzuhören. Während dieser gemütlich auf einem dicken Kissen saß, hockten die Samurai in respektvollem Abstand vor ihm auf dem Boden. Nacheinander erstatteten sie ihre Berichte. Aber den Shogun interessierte am meisten, ob alle Steuern gezahlt wurden. Denn das einzig Wichtige für ihn war sein Reichtum.

Ein Samurai fühlte sich wohl besonders mutig, denn er fragte plötzlich: "Shogun! Heute ist Tanabata. Hast auch du einen Wunsch, den du nieder schreiben möchtest?"

Der Shogun lehnte sich etwas zurück, faltete seine Hände über seinem gewaltigen Bauch, sah den Samurai geringschätzig an und sagte dann mit stolzer Stimme: "Ich bin der Shogun! Mir gehört alles und ich habe die Macht über alles! Warum sollte ich mir etwas vom Himmel wünschen – ein Wort von mir genügt, um zu bekommen was ich will!"

 

 

Der Samurai wagte nicht zu widersprechen, und so räusperte sich sein Nebenmann: "Erhabener Shogun! Wir haben ein großes Problem im Reis – Speicher. Nachdem die Bauern ihre Steuern gezahlt hatten, waren die Speicher randvoll. Doch dann kamen auf einmal hunderte von Ratten und Mäusen. Bis wir alles im Griff hatten, richteten die Nager großen Schaden an. Erhabener Shogun, was sollen wir tun?" - "Was soll das heißen?" polterte der Shogun los. Mit hochrotem Gesicht und vor Zorn bebender Stimme, die durch den ganzen Palast dröhnte, schrie er: "Ich mache euch alle dafür verantwortlich! Euch alle!! Wie konntet ihr zulassen, das mein Reis vernichtet wird? Ich verlange, dass das nie wieder vorkommt! Nie wieder!! Mein Reis – oh, mein armer Reis!! Alles ist MEINS !!"  

Die Samurai waren alle bis an die Wand zurück gewichen. Sie sahen sich gegenseitig ratlos an und fragten dann vorsichtig und mit demütiger Verbeugung: "Shogun! Könnt ihr uns sagen, was wir tun sollen?"

 

 

Der Shogun tobte zunächst noch eine Weile umher und sagte dann: "Ein neues Gesetz! Ich erlasse ein neues Gesetz! Alle kleinen Tiere im Wald müssen sofort getötet werden! Es geht nicht an, dass diese Tiere meinen Reis fressen. Geht zurück in eure Dörfer und gebt meinen Befehl weiter. Alle Ninja ’s haben sofort den Wald zu durchkämmen und diese unnützen Tiere zu töten. Sofort!"

Und so machten sich die Samurai ’s auf den Weg zurück in ihre Dörfer, um den Befehl weiterzugeben. Obwohl sie das neue Gesetz überhaupt nicht verstanden, zögerten sie dennoch nicht, es auszuführen.

Daraufhin bereiteten sich die Ninja ’s vor, am nächsten Morgen in den Wald zu gehen und zu jagen.

Der Shogun aber war noch immer zornig. Und als er spät am Abend zu Bett ging, wünschte er sich insgeheim, dass sein Befehl erfolgreich sein würde.

 

 

 

Kapitel 3

Während des frühen Abends im Wald:

Alle Tiere hatten bereits von dem neuen Gesetz gehört. Die größeren hatten alle Mitleid, konnten aber nichts tun. Doch die kleinen Tiere waren verängstigt, ratlos und verwirrt. Sie hatten nur eine einzige Möglichkeit, und das war die Flucht. Aber – wohin sollten sie flüchten? Das Gesetz galt ja im ganzen Land.......

Dieses Problem hatte auch Harry, der Igel. Doch im Gegensatz zu den anderen kleinen Tieren, fürchtete sich Harry so sehr, dass er vor lauter Angst nicht wusste, was er tun sollte. So saß er unter einem Baum und weinte lautlos vor sich hin. Die Eule, die oben in den Zweigen des Baumes saß, bemerkte dieses Weinen. "Warum weinst du, Harry? Warum läufst du nicht einfach fort, wie alle anderen?" fragte sie ihn. Harry sah zu ihr hinauf und sagte traurig: "Wohin soll ich denn fliehen? An welchem Ort wäre ich denn sicher? Und außerdem, ich habe doch nichts Böses getan! Ich mag gar keine trockenen Reiskörner. Sag Eule, warum soll ich sterben?"

Die Eule zog ihre Flügel hoch und meinte nachdenklich: "Die Menschen machen keine Unterschiede. Für sie sind alle kleinen Tiere gleich.

 

 

Ja, Harry, wenn du ein Mensch und der Shogun wärst – dann könntest du das Gesetz wieder ändern. So aber – es bleibt auch dir nur die Flucht." - "Ja, aber – wohin soll ich denn fliehen?" Dem Igel standen vor lauter Angst die Stacheln zu Berge. "Verstecke dich in den Gärten der Menschen, Harry!" erwiderte die Eule und flog davon.

Doch der Igel blieb unter dem Baum sitzen. Er hatte zu große Angst, als das er weglaufen könnte. Doch auf einmal hob er sein Gesicht, ihm fiel ein, was ihm seine Mutter einst erzählt hatte. Damals, als er noch klein war. Er hörte auf zu weinen und dachte bei sich "Tanabata – das ist doch heute. Auch wenn es nur für die Menschen sein soll...ein Versuch kann ja nicht schaden."

Harry glaubte daran, dass Tanabata die einzige Chance wäre. Nicht nur für ihn, sondern für alle kleinen Tiere des Waldes. Und so wollte er es den Menschen gleichtun und seinen Wunsch nieder schreiben.

Harry fasste neuen Mut und setzte seine Gedanken in die Tat um. Anschließend versteckte er sich am Waldrand. Von dort aus würde er frühzeitig sehen, wenn die Gefahr käme. Doch während der Nacht fiel auch der Igel in seinem Versteck in einen tiefen Schlaf.....

 

 

 

       Kapitel 4

Mittlerweile war die Nacht herein gebrochen und die Menschen hatten sich zur Ruhe begeben. Auch sämtliche Tiere waren in tiefen Schlaf gefallen. Nun waren die Engel unterwegs, um all die vielen Wünsche zu sammeln.

Auch der junge Engel, der zum ersten Male unterwegs war, hatte sich nun entschieden und bereitete seine Aufgabe vor, bei der Erfüllung der Wünsche zu helfen.

Seinem Herzen folgend, entschied er sich für die Bitten von Michiko und Harry. Denn er spürte die große Traurigkeit, Furcht und Hilflosigkeit des Igels, und er bemerkte auch, dass Michiko sich von ganzem Herzen Gerechtigkeit für alle Lebewesen auf der Welt wünschte.

Und so begab sich der junge Engel zu Michiko, hob das schlafende Mädchen auf und brachte es zu der himmlischen Regenbogenrutsche. Denn das war der Ort, wo die Erfüllung der Wünsche begann.

 

 

Anschließend flog er hinüber zum Waldrand, wo sich Harry versteckt hatte. Der Igel schlief tief und fest, er bemerkte nicht, wie der Engel ihn davon trug. Dieser setzte Harry ebenfalls an den Anfang der Rutsche, stutze, und überlegte, was er vergessen hatte. Doch dann lächelte er und sagte zu sich selbst: "Ich muss wirklich noch viel lernen. Da habe ich doch tatsächlich den überheblichen Shogun vergessen."

Denn der Wunsch des Igels war, Shogun zu sein – und so musste natürlich auch der wirkliche Shogun mit auf die Rutsche. Da es nicht zwei Shogune gleichzeitig geben konnte, musste der Engel eine Entscheidung treffen.

Also flog der Engel zum Palast um den schlafenden Shogun zu holen. Auch ihn legte er an den Beginn der Regenbogenrutsche. Nun lagen Michiko, Harry und der Shogun schlafend Seite an Seite, und der Engel schaute auf die drei herab. 

Nun begab er sich an den letzten Teil seiner Aufgabe. Die Rutsche bestand aus vielen einzelnen Bahnen, und er legte Michiko, Harry und den Shogun jeweils an den Anfang einer Bahn. Auf dem Rücken liegend und mit den Füßen nach unten, damit sie sich nicht verletzen würden.

 

 

Nur bei Harry hatte der Engel einige Schwierigkeiten, denn der Igel war eine eingerollte Stachelkugel. Wo war nun hinten und wo war vorn? Seufzend gab der Engel auf und legte Harry einfach als Kugel auf seine Bahn.

Die Rutsche leuchtete in allen Farben des Regenbogens und ein silbriger Schein hüllte die drei ein. Die Bahnen waren sehr lang und es würde die ganze Nacht dauern, bis die drei am Ende der Rutsche ankamen. Wenn das geschah, dämmerte bereits der Morgen – und die Wünsche wurden wahr.

Noch einmal schaute der Engel auf die drei Schlafenden herab, dann beugte er sich etwas hinunter und schob sie dann auf die schräge Rutschfläche. Er schubste die Körper leicht an und sah zu, wie sie die himmlische Regenbogenrutsche hinunter glitten.

Seine Aufgabe war erfüllt, seine Arbeit beendet. Der junge Engel streckte sich, seufzte einmal und beschloss dann, sich ein wenig auszuruhen. Nach einem letzten Blick auf die hinab rutschenden Gestalten, setzte er sich neben die Himmelsrutsche, schloss die Augen und entspannte sich.

 

 

        Kapitel 5

Ungefähr in der Mitte der Rutsche erwachten Michiko, Harry und der Shogun plötzlich. Verwundert sahen sie sich um, denn so einen wundersamen und gleichzeitig wunderschönen Ort hatte keiner von ihnen je zuvor gesehen. Eingehüllt in den silbrigen Schein, der aber nicht blendete.

Der Shogun sah ein junges Mädchen zu seiner Rechten sitzen und fragte dieses verwirrt: "Wo sind wir hier?" Das Mädchen antwortete freundlich lächelnd und mit sanfter Stimme: "Das weiß ich auch nicht. Ich bin genauso verwundert wie du. Aber es ist ein sehr wunderschöner Ort!" Der Shogun schüttelte den Kopf: "Du weißt es nicht? Und – warum sind wir eigentlich hier?" Das Mädchen überlegte etwas und meinte dann: "Nun, ich bin mir nicht sicher....aber – vielleicht ist das hier der Himmel!"

"Der Himmel?" rief da der Shogun. "Ich bin doch noch nicht gestorben, oder? Das ist Unsinn! Das kann nicht der Himmel sein! Es gibt gar keinen Grund für mich dazu!"

"Wirklich nicht? Es ist die Nacht des Tanabata! Hast du deinen Wunsch etwa schon vergessen?" Das Mädchen schaute traurig auf den älteren, dicken Mann neben ihr. Sie konnte die Kälte seines Herzens förmlich spüren.

 

 

Der Mann schüttelte nur den Kopf: "Alles dummes Zeug! Wer bist du überhaupt?" - "Ich bin Michiko, die Tochter eines Reisbauern. Aber wer bist du?"

"Ja, gibt es denn so was? Du kennst mich nicht? Und noch dazu, wo bleibt dein Respekt? Du besitzt die Frechheit, hier aufrecht neben mir zu sitzen? Du hast dich demütig vor mir zu verbeugen! Ich bin der Shogun!!"

Michiko schaute den Shogun trotzig an: "Also erst Mal, woher sollte ich wissen, dass du der Shogun bist? Wir einfachen Bauerntölpel bekommen den Shogun doch nie zu Gesicht, weil wir zu unwürdig sind. Aber was würdest du ohne uns Bauern tun?"

Michiko war völlig wütend. Und so fuhr sie den Shogun zornig an: "Woher würdest du dein Essen bekommen? Und außerdem, warum sollte ich dich respektieren? Weil du ein Mann bist? Oder, weil du der Shogun bist? Nie im Leben! Hörst du?! Das einzige, was ich respektiere ist Liebe, Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft! Einen Menschen mit ehrbaren Absichten respektiere ich – aber Menschen wie dich verabscheue ich!"

 

 

Das Gesicht des Shoguns war immer zorniger geworden. Fassungslos vor solcher Frechheit kämpfte er aber trotzdem seinen Zorn nieder, denn er war hier allein. Kein Samurai und auch kein Ninja weit und breit, um ihm zu helfen. So entschied er sich zu warten, bis er zurück im Palast war. Dann würde er dem Mädchen schon Gehorsam beibringen lassen. Und so blickte er verachtend auf das Mädchen und wandte dann seinen Kopf hinüber zu seiner linken Seite.

Und erstarrte erneut! Das durfte doch nicht wahr sein! Da saß doch tatsächlich ein kleines Tier direkt neben ihm. Ein Tier, das seinen Reis stahl!

"Na warte! Du stiehlst mir nicht noch mal meinen Reis! Dann werde ich dich halt selber töten müssen!" schrie der Shogun erbost. Er drehte sich, bis er auf seinen Knien saß und versuchte dann, auf die andere Bahn zu gelangen. Er griff nach Harry, wollte ihn fangen. Doch der Igel rollte sich schnell zusammen, stellte seine Stacheln auf und versuchte, dadurch schneller zu rollen.

Von der anderen Bahn her versuchte Michiko, den Shogun zu stoppen. Auch sie saß nun auf ihren Knien und versuchte, nach dem Shogun zu greifen. Sie erwischte ihn am unteren Ende seines, mit goldenen Sternen verzierten, weißen und weich fließendem Schlaf – Kimonos.

 

Michiko zerrte daran und rief mit empörter Stimme: "Lass sofort den Igel in Ruhe! Er hat dir gar nichts getan! Ein Igel frisst gar keine Reiskörner, du dummer Shogun! Und außerdem, der Reis gehört nicht nur dir allein! Er gehört uns allen!"

Der Shogun sah über seine Schulter zurück auf Michiko. Als er versuchte, mit einem Fuß nach dem Mädchen zu treten und gleichzeitig mit einer Hand nach dem Igel zu greifen, entstand so ein Tumult auf der Rutsche. Der Lärm auf der Regenbogenrutsche war so laut, dass es den jungen Engel aufweckte. Alarmiert durch Michiko s Geschrei, erhob sich der Engel und flog auf die drei Gestalten zu.

Mit lauter Stimme rief der Engel: "Hört sofort auf mit dem Unsinn! Hier kann niemand dem anderen irgendwelchen Schaden zufügen! Aber wenn ihr nicht auf euren Bahnen bleibt, bringt ihr alles durcheinander!"

Doch keiner der drei hörte oder sah den Engel, und so erreichten sie das Ende der Rutsche in einem völligen Durcheinander. Sie wussten nicht, wer nun auf welcher Bahn war und in dem Augenblick, als sie die Rutsche verließen, fielen sie erneut in einen tiefen Schlaf!

 

 

 

Kapitel 6

Ein neuer Morgen brach an und mit dem fröhlichen Zwitschern der Vögel im Licht der aufgehenden Sonne, wirkte alles friedvoll und harmonisch.

Die Menschen begannen mit ihrem gewohnten Tagewerk und niemand ahnte, was sich in der letzten Nacht zugetragen hatte. Die kleinen Tiere des Waldes suchten noch immer nach sicheren Verstecken und die Ninja ’s befanden sich im Aufbruch, um den Befehl des Shogun ’s auszuführen.

 

 

 

 

Im Palast bereiteten die Angestellten das Bad und das Frühstück für den Herrscher vor. Einige der Samurai ’s, die die Nacht im Palast verbracht hatten, begaben sich in das Schlafgemach des Shogun ’s. Dieser erwachte durch die Geräusche im Raum, schlug die Augen auf und – blickte verwundert auf die Anwesenden. Ein Samurai trat näher und fragte untertänig: "Wünschst du aufzustehen, Shogun?"

"Oh, guten Morgen! Entschuldigt bitte, aber ich muss aufstehen und auf das Feld zum arbeiten." Erschrocken sah der Shogun auf. Doch erleichtert stellte er fest, dass er diese Worte nur gedacht hatte. Denn der Shogun war niemand anderes als – Michiko !   

Michiko sah sich staunend um und fragte: "Wo bin ich? Und, wer bin ich?"

Der am Bett stehende Samurai antwortete verwirrt: "Sie belieben zu scherzen, Shogun."    

Michiko aber sah noch immer ungläubig auf die seltsamen Menschen. Da trat ein zweiter Samurai vor und erklärte: "Shogun, du wurdest gestern zum neuen Herrscher ernannt. Denn dein Vorgänger verschwand spurlos. Vielleicht war die Zeremonie ein wenig zu anstrengend für dich, und du benötigst einfach etwas Zeit, um dich zu erinnern."

 

 

Bevor Michiko etwas antworten konnte, mischte sich ein dritter Samurai ein: "Shogun! Es wird Zeit! Wir müssen in den Wald reiten und nach schauen, ob die Ninja ’s auch ganze Arbeit leisten." Da setzte sich Michiko kerzengerade im Bett auf und sagte laut und energisch: "Stoppt diesen ganzen Unsinn! Und zwar sofort!! Dieses unsinnige Gesetz meines Vorgängers – ich erkläre es hiermit für ungültig!"

Da Michiko ja nun der neue Shogun war, eilten die Samurai in die Dörfer und teilten dort diese Änderung mit. Kein Ninja widersprach, denn alle waren froh, dass der Unsinn ein Ende hatte.

Natürlich hörten auch die Tiere des Waldes davon, und sie waren sehr, sehr erleichtert über diese plötzliche Wendung des Schicksals.

 

 

 

Der neue Shogun ließ alle Ninja ’s zu sich rufen und verlangte von jedem einzelnen einen ausführlichen Bericht.

Gegen Mittag versammelten sich daher alle Samurai und Ninja des Landes im großen Saal des Palastes.

Als Michiko eintrat, fielen alle demütig auf die Knie und beugten ihre Köpfe bis auf den Boden. Michiko lächelte über diese Sitte und setzte sich vor das große Fenster.

"Ich verlange ausführlichen Bericht über die jetzige Situation der Tiere im Wald! Das Schicksal der Tiere ist mir erst mal am wichtigsten! Später werde ich noch einige Anordnungen geben, denn ab heute wird sich vieles ändern."

 

Alle blickten erstaunt auf den Shogun. Welche Änderungen würde er erlassen? Wie würde sich ihr aller Leben in Zukunft gestalten?

Ein Ninja erhob sich und trat näher zu Michiko. Demütig setzte er sich vor ihr nieder und begann mit gesenktem Kopf und trauriger Stimme seinen Bericht: "Alle Tiere des Waldes sind voller Angst und Furcht. Die größeren befürchten, dass auch sie noch gejagt werden sollen. Aber die kleinen Tiere, sie fürchten sich zu Tode. Dabei sind die meisten von ihnen unschuldig, sie fressen keine Reiskörner. Und die, die den Reis mögen, wie zum Beispiel die Mäuse, die wollen doch auch nur leben.

 

So wie die Menschen, brauchen auch die Tiere Nahrung. Und wenn der Mensch alles nur für sich beansprucht, was sollen die Tiere denn dann tun? Ihnen bleibt doch nur der Weg, sich in die Reiskammern des Landes zu schleichen."

Der Shogun nickte zustimmend mit dem Kopf. "Du hast Recht, Ninja! So darf es nicht weitergehen. Es darf nicht sein, dass der Mensch alles für sich allein beansprucht. Ich werde mein Bestes dafür geben, um das zu ändern! Aber sag, Ninja. Wie kommt es, dass du so genau über die Tiere Bescheid weißt? Und irgendwie erinnerst du mich an jemanden. Wenn ich nur wüßte warum und an wen?" 

Der Ninja hob seinen Kopf und sah Michiko mit seinen dunklen Augen traurig, aber auch dankbar an. Er wusste, warum sie dieses Gefühl hatte. Aber er sagte nur leise:  "Shogun, du hast ein reines Herz. Deshalb wirst du dich irgendwann erinnern. Denn du hast einmal versucht, mein Leben zu retten!"

Bei diesen Worten und den Blick in die sanften Augen des Ninja, erinnerte sich der Shogun. Ja, dieser Ninja war – Harry! Durch die Macht Gottes und durch die Magie der Engel, war die Seele des Igels in diesen Ninja gewandert.

Michiko legte ihre Hand auf die Schulter des Ninja und flüsterte: "Ja, Harry. Ich erinnere mich!"

 

 

Dann blickte sie auf die übrigen Anwesenden und ihre Stimme hallte entschlossen durch den ganzen Saal: "Hört alle genau her! Mein erstes neues Gesetz lautet: Kein Tier darf mehr getötet werden! Wir Menschen müssen die Tiere schützen und ihnen helfen. Mein zweites Gesetz: Alle Ninja und sogar die Samurai, alle haben den Bauern auf den Feldern zu helfen! Und das ab sofort. Wir alle brauchen Nahrung, also müssen auch alle beim Pflanzen, der Pflege und der Ernte mithelfen. Wer sich diesen Anordnungen widersetzt, wird mit dem Tode bestraft! Es ist allerhöchste Zeit, dass die Überheblichkeit einiger Menschen hier endgültig ein Ende hat!"

Nach diesen Worten drehte Michiko sich um und verließ den Saal. Harry, der Ninja, folgte ihr.......

 

Kapitel 7

 

 Doch was war mit dem alten Shogun

 geschehen? Welches Schicksal hatte der Engel

 ihm zugedacht?

 Die Überheblichkeit wurde dem Shogun zum

 Verhängnis. Seine Bestrafung war, dass er das

 Leben eines Igels zu führen hatte.     

                                                          

Nachdem der Shogun seinen Schock überwunden hatte, versuchte er, sein Leben in gewohnter Weise fortzuführen.

Ob Mensch oder Tier, er war der Shogun. Also wollte er von nun an über die Tiere herrschen. Zuerst hatte der Igel – Shogun auch etwas Erfolg. Viele der kleinen Tiere brachten ihm Futter und taten ängstlich, was immer er auch wollte. Denn sie glaubten, das der Igel – Shogun noch immer über Macht verfügte.

Doch nach und nach erkannten die anderen Tiere, das die Macht des Igel – Shogun längst gebrochen war. Und so verloren sie ihre Furcht und beachteten ihn nicht weiter.

Der Igel – Shogun begann zu grübeln, wie und wo er Nahrung bekommen konnte.

 

Denn allmählich konnte er seinen Hunger nicht mehr aushalten. So versuchte er sein Glück beim Bären. Doch der war bereits schlecht gelaunt und hatte nicht vor, sich von diesem überheblichen Igel – Shogun beherrschen zu lassen. Aber dieser bestand auf seine Futtergaben und der Bär verlor die Geduld. Er holte mit seiner Pranke weit aus, und gab dem alten Shogun eine heftige Ohrfeige. Doch diese war so stark, dass der Igel – Shogun auf der Stelle tot war.

Kein einziges Tier bedauerte dessen Tod, denn nun konnten sie alle endlich wieder in Frieden leben. 

 

 

                                                                                     

 

 

Der neue Shogun, Michiko, erließ noch viele andere neue Gesetze. Nachdem die einst so vornehmen Samurai ’s und die kämpferischen Ninja ’s mit auf den Feldern arbeiteten, wurde das Leben für alle Menschen leichter und angenehmer. Michiko unterwies die Menschen, wie sie zueinander höflich sein können, ohne in Demut zu verfallen. Die Menschen lernten zu respektieren und nicht nur zu kommandieren.

Es gab auch keine Standesbeschränkungen mehr, es gab Gleichberechtigung für alle. Wer sich liebte, durfte heiraten. Egal welchen Beruf er ausübte.

Das Leben wurde harmonisch, und zum ersten Mal gab es einen Shogun, der von seinen Untertanen geliebt und verehrt wurde.

Und auch die Tiere des Waldes liebten Michiko.

 

 

Epilog

Viele Jahre sind vergangen, und Michiko war noch immer Shogun. Aber aus dem kleinen Mädchen war nun eine junge Frau geworden. Sie regierte noch immer wie gewohnt – mit ihrem Herzen. Nur eines hatte sich für sie geändert: Sie war nicht mehr allein.

Der große Palast war erfüllt von Kinderlachen, denn Michiko war inzwischen Mutter von drei Söhnen und zwei Töchtern. Und ständig an ihrer Seite war ihr Ehemann – Michiko und Harry liebten sich von ganzem Herzen!

Und ihre Liebe war so stark und rein, dass sie alle Zeiten überdauerte! 

 

 

                        -  Ende -

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Ryu1
Ich bin Japaner und lebe mit meiner deutschen Ehefrau und unseren zwei Hunden in Japan.
Mein Hobby ist meine Leidenschaft :
das Schreiben von Kurzgeschichten, Comics, Bilderbücher und auch Illustrationen.

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Ryu1 Vielen Dank - für das nette Kompliment!!
Vor langer Zeit - Antworten
Freifall Was für eine schöne Geschichte! Sehr schön erzählt. Der Aufbau der Geschichte gefällt mir auch sehr gut.

Durch diese Geschichte wird man auch ein bisschen mit dem Sternenfest vertraut.

LG, Freifall
Vor langer Zeit - Antworten
Luzifer Re: Stimmt -
Zitat: (Original von Ryu1 am 21.10.2009 - 08:19 Uhr) es gab auch Kunoichi, und die Ninjas waren Spitzel, Auftragskiller usw. Doch ich meine, in Geschichten muss man ja nicht immer alles korrekt ausführen. Ein bisschen Abwandlung der tatsächlichen Historie ist doch eh allgemein üblich...............
Wenn ich da so an die US Ninjafilme denke..............

Aber es freut mich, dass euch meine Story so gut gefällt.

LG
Ryu


Da hast du natürlich recht. Ich war nur durch die Einleitung, die ein wenig historisch und tatsachenbezogen klang, mitgerissen worden. =)
Vor langer Zeit - Antworten
Ryu1 Stimmt - es gab auch Kunoichi, und die Ninjas waren Spitzel, Auftragskiller usw. Doch ich meine, in Geschichten muss man ja nicht immer alles korrekt ausführen. Ein bisschen Abwandlung der tatsächlichen Historie ist doch eh allgemein üblich...............
Wenn ich da so an die US Ninjafilme denke..............

Aber es freut mich, dass euch meine Story so gut gefällt.

LG
Ryu
Vor langer Zeit - Antworten
Luzifer Eine wirklich - schöne Geschichte.
Aber gab es nicht auch weibliche Ninja (Kunoishi) und waren die Ninja nicht eigentlich frei von der Befehlsgewalt des Shoguns und wurden nur von ihm angeheuert?

LG
Luzifer
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