Der Bär und der Rabe
Vor langer Zeit, es ist lange her
Im Walde am Ufer, unweit vom Meer
Lebte einst ein ganz großer Bär
Nur sich alleine mochte er sehr
Er war ein Riese, breit und schwer
Und seine Kraft war legendär
Die ganze Tierwelt hasste der Protz
Seiner Einsamkeit zum Trotz
Zur gleichen Zeit lebte ein Rabe
Mit einer ganz besonderen Gabe:
Was er sah, war nie vergessen
War er doch schon auf Odins Schulter gesessen
Mit seinem Freund hat er gestritten
Und ist im Flug davon geritten
Hier im Wald war er allein
Er war ja neu und kannte keinen
Nun saß er einsam auf dem Ast
Ohne Eile, ohne Hast
Schaute er in aller Ruh
Dem treiben aller Tiere zu
Unter ihm, da war ein Teich
An Pflanzen und an Fischen reich
Drum herum war alles grün
Märchenhaft und wunderschön
Durch starkes Brüllen, deutlich gehört
Wurde der Frieden auch schon gestört
Die Tiere liefen schnell davon
Den Störenfried, den kannte man schon
Am Wasser war jetzt keiner mehr
Denn an den Teich kam dieser Bär
An Größe war er ungefähr
Fünf Ellen hoch, vielleicht auch mehr
„Ach, wie schön es ja doch ist
Wenn du hier der stärkste bist.“
Lobte sich der böse Bär
Andre ärgern mochte er
„Na mein Freund, wo kommst du her?
Sei gegrüßt verehrter Herr!“
Sprach der Rabe unerschrocken
Und blieb auf seinem Aste hocken
„Wie kannst du es wagen
Mit mir zu sprechen?
Ich werde dir gleich
Dein Federkleid brechen!“
„Verzeih mir Verehrter
Ich wollt dich nicht kränken
Ich wollte wie du
Meinen Durst hier ertränken.“
„Ich bin hier der König
Das alles ist mein
Geh jetzt gefälligst
Und lass mich allein!“
„Als Freund begegnete ich dir
Begrüßte dich, wie sich`s gehört
So unverschämt sprichst du zu mir?
Ich bin erschüttert, bin empört!“
„Dies ist mein Teich
Der Wald ist mein Reich
Ich warne dich: Weich!
Sonst ess` ich dich gleich!“
Da dachte der Rabe:
„Ich werde mich wehren
Und dich frecher Schurke
Eines bessren belehren!“
Unweit vom Teich
Das war ihm bekannt
Befand sich ein Loch
Mit ganz viel Treibsand
Vor diesem Loch
Ließ er sich nieder
Saß auf einem Stein
Und sang freche Lieder
Der böse Bär war voller Zorn
Hatte dem Raben eines geschworen:
„Wenn ich dich, Rabe, krieg
Mach ich aus dir feisten Schaschlik!“
Auf allen Vieren rannte er los
Immer näher kam der Koloss
Mit einem Satz, sprang er auf de Raben
Konnte diesen aber nicht haben
Kurz bevor ihn der Rabe erreichte
In die Luft der Rabe entweichte
Stolpernd über den Stein
Fiel der Bär in den Treibsand hinein
Der Rabe setzte sich nieder
Und rief dem Bären hinaus:
„Der Kraft deiner Muskeln
Ist mein Verstand weit voraus!“
© by A.D. Laupheim, 02.01.2007