Der Versuch
Sie war noch sehr jung. Man merkte es an der Art, wie sie sonst ein ganz natürliches Menschenkind, sich veränderte, wenn ein Mann in ihren Gesichtskreis trat. man konnte diese Veränderung beobachten, wie man z.B. ein Kind beobachten kann, das sich beim Spiel alleine glaubt und plötzlich die Anwesenheit Erwachsener bemerkt und nun beginnt, kramphaft die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Schade, daß sie nicht wußte, wie viel von ihrem natürlichen Charme in solchen Momenten verloren ging. trotzdem war sie hübsch, sehr hübsch sogar und so war es wohl kein Wunder, daß Ludwig gerade an diesem Abend versuchte sich in sie zu verlieben.
Ich sagte versuchte!
Nun soll man ja so etwas grundsätzlich nicht versuchen, man sollte es vielmehr tun, aber Ludwig hatte seinen Grund für diesen Versuch. Nun, ich glaube fast, daß er nicht der erste Mann war, der auf diese Art glaubte einen Menschen vergessen zu können. Auch ludwig war noch jung.
Sie konnte natürlich nicht von Ludwigs Versuch ahnen. Sie fand ihn bezaubernd. Als er sie später auf dem Heimweg küsste, fand sie auch das bezaubernd. Sie liebte ihn, sie hatte ihn vom ersten Moment an geliebt. Auch er mußte vom ersten Moment an gefühlt haben, wie sehr sie für einander bestimmt waren. Er hatte es gefühlt. Er sagte ihr beim Abschied, daß alles, was er bis jetzt getan habe, nur ein unbewusstes Suchen nach ihr gewesen sei. Wie gesagt, sie konnte ja nicht wissen. Ludwig war an jenem Abend wohl ein wenig betrunken.
Plötzkich kam ihr die ganze Welt verändert vor. Die Sonne schien heller, die Bäume blühten in desem Frühling besonders schön, alle Vögel schienen ein Liebeslied zu singen für Ludwig und sie. Es war so etwas ganz anderes als das, was ihre Freundinen bis jetzt erlebt hatten. mein Gott, was verstanden diese Mädchen überhaupt von der liebe? War eine von ihnen jemals von einem Mann wie Ludwig geliebt worden? Und wie interressant dieser Mann war. Sie wußte nun schon viel mehr. Natürlich hatte er angefangen zu erzählen als sie sich erst näher kennengelernt hatten. Sie wusste nun, daß es da vorher in seinem Leben eine Frau gegeben hatte. Aber das alles war nun vorbei. Nun liebte er sie. Endlich hatte sein Leben einen Sinn bekommen. Oh, Ludwig!
Wenn sie nur nicht zu jung gewesen wäre. So konnte sie nicht wissen, daß es nicht gut ist, wenn man beginnt, seine Persönlichkeit umwandeln zu lassen. Sie trug plötzlich ausgewaschene Jeans, sie trug Stiefel, mit weißen Schnürsenkel. Sie schminkte sich nict mehr. Ihr Haar färbte sie sich von einem schönen Rot in Blond. Sie schnitt ihre langen Haar ab. Sie schwebte mit einem besonderen Stolz durch die Gassen unserer kleinen Stadt, ja wirklich, wenn man nicht genau hinschaute, konnte man fast denken, es sei die andere.
Leider.....
Ludwig dachte es zuweilen auch. Ich glaube fast, er bestärkte sie noch ein wenig in dieser Verwandlung.
Nun, sie müssen das verstehen, sie liebte ihn und sie wollte ihm gefallen. Das ist doch verständlich wenn man jung ist und verliebt.
Nur einer hatte sie jener Andere voraus. Sie trug am linken Finger einen breiten silberen Ring. Ludwig war konsequent in seinen Versuchen.
Wie konnte sie nur übersehen, daß Schuhe, Kleider, die Farbe der Haare, ja selbst die Art des gehens nicht alleine die Persönlichkeit eines Menschen ausmacht. Und ich kann ihnen heute beruhigt verrraten, sie besaß so viel eigene Persönlichkeit, daß sie das alles garnicht nötig gehabt hätte. Aber das wußte sie damals noch nicht und ich..., nein, ich habe es ihr nicht gesagt. Sie werden sich vielleicht wundern aber am Ende meiner kleinen Geschichte werden sie gewiss verstehen warum ich schwieg. Vielleicht aus Neugierde, aus Interresse an Ludwigs Versuch?
Neulich sah sie die Andere. Noch dazu in Frauenkleidung. Was sie vorher nichtgedacht hätte zu tragen. Sie hätte das Ludwig bestimmt nicht sagen sollen, aber sie wollte es ja auch garnicht sagen. Irgend ein kleiner Teufel in ihr sagte es ihm. On es ihn vielleicht noch interressierte? Ob es eventuell sogar noch ein bisschen weh tat? Oh bitte, glauben sie nicht, da? sie Ludwig quälen wollte. Nein sicher nicht, es konnte ihm ja garnicht mehr weh tun, sie war ja nun da! War sie nicht jung? War sie nicht hübsch? Hatte ihr blondes Haar nicht genau den lichten Glanz den er so liebte?
Aber ob sie es mir nun glauben oder nicht, es interressierte ihn trotzdem. Männer sind oft so schrecklich unberechenbar. Es war sehr schwer für sie damals und sie tat mir wirklich leid. Es war wohl das erste Mal in ihrem Leben, daß etwas sehr schwer für sie war. Aber auch das ging vorüber. Das Leben geht weiter und kümmert sich nicht um die Fehler die wir Menschen machen.
Sie denkt noch manchmal an Kudwig. Sie sagte es mir neulich, mit einem kleinen Wehmütigem Lächeln. Sie begegnet ihm auch ab und zu. Aber es tut nicht mehr weh. Sie hat längst einen Menschen gefunden, der nie etwas anderes in ihr sehen wollte als das was sie ist. Sie hat auch wieder ihre eigene Art des Gehens und ihre Kleider sind wieder von einer schwarzen Eleganz, so wie früher. Sie ist wieder ganz sie selbst geworden. Wie schön ist sie geworden.
Und gestern begegnete sie Ludwig noch einmal. Er befand sich in Begleitung einer anderen Frau. "Natürlich", werden sie jetzt sagen,"so sind die Männer", aber sie irren sich, wenn sie annehmen, es sei eine andere Frau gewesen. Es war die eine Frau. Und diese andere Frau war..... ich!
Ludwig hat seine Versuche aufgegeben.