Können Adam und Eva uns ein Vorbild sein? Mir schon!
Haben Adam und Eva das
falsch gemacht?
Oder: 50 Jahre auf der Suche nach Vorbildern
mit Gedanken über eine neue Schulform
Ob Adam und Eva uns und den uns anvertrauten jungen Menschen Vorbilder sein können?
Ein Blick ins 1. Buch Moses zeigt uns überraschend deutlich, wie sehr menschlich es bei diesen doch immerhin von G’tt selbst geschaffenen und geführten Menschen zuging. Gehorsam war das erste Hindernis, über das die beiden gestolpert sind. Gemeint ist die Frucht vom Baum der Erkenntnis, meist als Apfel dargestellt, obwohl dieses Bild vom Apfel die wahre und, wie gesagt, bittere Erkenntnis unnötigerweise sehr verniedlicht. Erkenntnis ist das Ergebnis gestillten Wissensdurstes - der aber führt, wenn er ohne Verantwortung vor Gott und den Mitmenschen bleibt - gar bald auf den falschen Weg. Um diese Frucht der Erkenntnis geht es also, bis heute! Aber schon damals sind unsere ältesten Vorfahren ihrer unbeherrschten Lust an den eigenen, krummen Erkenntnis-Wegen erlegen (Psalm 125 benennt Wege ohne Gott wörtlich als „krumm“). Die daraus erwachsende und also selbst eingebrockte Folge - Strafe ist nicht der umfassend treffende Ausdruck dafür - war die Vertreibung aus dem Paradies.
Zur Entlastung von Adam und Eva dürfen wir sagen: Sie hatten keine menschlichen Vorbilder. Gott hätte ihnen als Vorbild genügen sollen! Ganz gewiss haben beide Ureltern unsagbar gelitten, vielleicht nicht so sehr wegen des Paradiesverlustes, aber umso mehr nach der schrecklichen Erkenntnis: Wir sind Vater und Mutter eines Mörders, schlimmer noch: eines Brudermörders! Und Kains Vorbilder waren Adam und Eva, Menschen, die durch ihren Ungehorsam sich von Gott entfernt hatten. -
Wir sehen, wie nötig es ist, die Wissenschaft der Pädagogik heute erneut zu fragen: Welche Leitbilder, welche Vorbilder bekommen unsere Kinder und Jugendlichen tatsächlich vermittelt, daheim, in Kindergarten und Schule, in der Nachbarschaft, in den Massenmedien, im Freundeskreis?
Adam und Eva – die sollen Vorbilder sein?
Waren Adam und Eva erfolgreiche Erzieher ihrer Kinder? Die Antwort ist: Nein! Klar also: sie waren als Vorbilder ungeeignet! Aber halt!: Lachen wir nicht zu früh! Wer von uns hat denn immer nur Erziehungs-Erfolge? Versuchen wir doch mal, unsere Blickrichtung zu verändern:
Ihren ersten Schiffbruch erlitten Adam und Eva nicht etwa bei Kain und Abel, sondern bei sich selbst. Der Strich durch die Rechnung war ihre Lust. Denn die Lust war bei ihnen größer als Einsicht und Gehorsam. Durch ihre Lust auf den Kitzel des „Besser-wissen-wollens“ als Gott, nur dadurch verloren sie ihr paradiesisches Wohlergehen. Gehorsam gegenüber wahrer Autorität, das galt unseren Ureltern damals schon und gilt heute noch als zu sehr freiheitsbeschränkend (2009 wirbt für den Bundestag eine Partei, die sich „Piraten“ nennt, genau mit diesen Worten).
Statt Gehorsam hat der Mensch den Zweifel und die Diskussion mit elegant dialektischer Ausrede gesät. Zwar versuchte damals, wie heute, jeder schnell seine Schuld auf den anderen zu schieben – der Adam auf die Eva, die Eva auf die Schlange, aber das half auch nichts mehr, das Paradies hatten sie verspielt. Nicht umsonst sagt man: „Wenn dein Zeigefinger auf deinen Nächsten als den Schuldigen zeigt, dann zeigen mit der gleichen Geste 3 weitere Finger deiner Hand zurück, auf dich selbst!
Übrigens: Das hebräische Ur-Wort Adam heißt zu deutsch: Mensch. Denn in jedem Mensch ist auch ein Stück von jenem zu einer scheinbar absoluten Freiheit – die es nicht gibt! - verführbaren Adam!
Nach der Paradies-Vertreibung als erstem Unglück mussten dann unsere armen Ur-Eltern jenes zweite pädagogische Desaster erleben, das mit ihren Söhnen. Der Kain erschlug aus Eifersucht und Neid seinen eigenen Bruder, den Abel. Welch ein herzzerreißender Notstand, welch ein Abgrund menschlichen Versagens und mangelnder Selbstzucht tut sich hier gleich am Anfang der Menschheitsgeschichte auf! Später kam es aus den gleichen Gründen zur Sintflut. Nur wegen des einen gottesfürchtigen Nachkommens von Adam und Eva, sein Name war Noah, wollte Gott nicht die gesamte Menschheit vernichten. Und auch die Babylonische Sprachverwirrung war nicht das Ende der Menschheit, und auch nicht die Atombombe. Denn: Es gibt bis heute noch gottesfürchtige Nachkommen von Adam und Eva, von Kain und Noah in dieser unserer Welt! Gott sei Dank, ich sage dieses „Gott sei Dank“ übrigens immer ganz bewusst. Gott sieht nicht nur das Böse in uns, sondern vor allem daneben das Gute– so wie bei Adam und Eva und erstaunlicherweise auch bei Kain, dem Mörder. Als Wegweiser und praktische Hilfe schenkte G’tt unseren Voreltern eine Langzeit-Therapie, und zwar in Form seiner Gebote, besagend, dass jede Tat – und auch das Nichttun - Folgen hat. Aber es ist eben auch die volle Vergebung verheißen gegenüber jedem wirklich Reumütigen, Umkehrwilligen. Vielleicht sollten wir Erzieher die Langmut Gottes – seinen „langen, geduldigen Mut“! – sehr nachdrücklich uns zum Vorbild nehmen, wenn wir über unsere Misserfolge im pädagogischen Alltag wieder einmal am Verzagen sind.
Ist Sozialarbeit eine Folge gescheiterter Pädagogik?
Nochmals: Vorsicht, urteilen wir nicht zu schnell gegen Adam und Eva. Immerhin sind sie auch unsere eigenen Voreltern. Und sie haben ihren Ungehorsam gegen G’tt mehrfach gebüßt! Buße, das heißt Umkehr, neu anfangen, aus den Fehlern gelernt haben (Übrigens: besser ist, aus Fehlern anderer zu lernen als aus den eigenen!).
Als vom falschen Weg Umkehrende und als Büßende dürfen und sollen uns Adam und Eva Vorbilder sein! Und trösten darf uns, dass der Schöpfer der Menschheit nicht sündlose Wesen an den Anfang gestellt hat. Das wäre für uns zum Verzweifeln! So aber erfahren wir, dass es niemand gelingt, immer nur ein Engel zu sein. Vielmehr zeigt uns G’tt in der Bibel, dass wir trotz unserer Schwächen, wie bei Adam und Eva und Kain, auf G’ttes Vergebung und Seine Barmherzigkeit vertrauen dürfen. Einzige Bedingung: die Wege des Gehorsams vor G’tt - und des Vertrauens zu ihm - müssen immer wieder ernsthaft gesucht werden, und in dementsprechende Taten münden.
§ Meisterprüfung für Eltern
Manche meinen, Erzieher sei der älteste aller Berufe. Nun frage ich: Wieviel haben wir eigentlich gelernt aus den Tausenden von Jahren der gesammelten Erfahrungen seit Adam und Eva? Meint vielleicht jemand, Eltern sein ist kein Beruf? Eltern sein ist sogar viel mehr als nur Beruf, Elternschaft ist die wichtigste Berufung, damit unser aller Zukunft nicht verloren geht. Ich denke, es ist ein verhängnisvoller, aber bei gutem Willen doch noch korrigierbarer Fehler, dass wir unsere Kinder kaum oder gar nicht auf den Elternberuf vorbereiten. Ich fordere deshalb eine gründliche Ausbildung zum Elternsein, und zwar im Rahmen eines Pflichtfaches in der Schule, mit abschließender „Meisterprüfung“, sowohl für die Mutterschaft wie auch für die Vaterschaft! Im Hinblick auf die mindestens jahrzehntelangen, entscheidenden Folgen fast jeder Elternschaft dürfen wir nicht länger Kinderschicksale dem Zufall oder unkontrollierten, häufig auf eigennützige Ziele gerichteten Massenmedien überlassen.
Das Denkvermögen eines Kindes wird von seinen Eltern und Erziehern programmiert : zu Nützlichem oder zu wenig Nützlichem. Manchmal sogar zu Schädlichem. Ob Menschen friedlich und hilfreich gesinnt oder habgierig und rücksichtslos sind, das ist ganz wesentlich das Ergebnis ihrer vorausgegangenen Erziehung, im Elternhaus daheim, im Kindergarten, auf dem Schulweg, in der Schule. Der Fernseher mit seinen aus den Fugen geratenen Programmen ist keine Alternative dazu, so verlockend bequem junge Menschen vor ihm aufbewahrt sind. Dagegen bewahrt für ihre Seelenheranbildung sind sie dort nicht!
Ausbildung zur Elternschaft – die neue Schulform
Wozu fordere ich eine Ausbildung zur Elternschaft? Ich versuche eine Antwort darauf zu geben:
Wenn ich gelernt habe, wie ein junger Mensch sich entwickelt und von seinen Eltern und Erziehern weiter entwickelt wird, und wie Fehlhaltungen vermieden werden können, und wenn ich dann dieses Wissen umsetze in mein eigenes Tun und Lassen als Erzieher der mir anvertrauten Kinder, so kann ich beitragen, eine zukünftige bessere Zeit zu formen. Das bedeutet: Vorbilder werden gebraucht, auf deren Handeln wir heranreifendes junges Leben aufbauen können. Eine Schule der Elternschaft ist vonnöten, in der wir künftige Eltern und Erzieher heranbilden lassen, nämlich in Fachbereichen wie „Mitmenschlicher Umgang“, „Verhalten bei streitsüchtigen Nachbarn“, „Freunde gewinnen“, „Verantwortung entsprechend der Begabung übernehmen und übertragen lernen“, „Beherrschen eigener Gelüste“, „Familienplanung“, „Gesprächsführung, sowie Gestaltung von Familienkonferenzen vor, in und nach Krisensituationen“, „Wahrheitsfindung“, „Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen“, „Umwelt- und Lebensschutz“, um nur einige Beispiele zu nennen. Zur Unterstützung dieser ethischen Inhalte könnte sehr hilfreich sein, dass neben all dem theoretischen Unterricht auch die Möglichkeit für mehrere handwerkliche Ausbildungsabschlüsse diese Schulen auszeichnet. Ein gutes Beispiel dafür: In dem winzigen Land Israel, das insgesamt nicht einmal halb so groß ist wie Niedersachsen, gibt es mehr als 28 Schulen, an welchen Abiturienten gleichzeitig mit einer Berufsausbildung als Hand- oder Kunsthandwerker abschließen! In Deutschland gibt es solche Schulen fast gar nicht, geschweige denn, dass es Pflicht wäre, das Abitur mit einer Ausbildung zur Arbeit zu kombinieren. Das 3- oder 4-wöchige einmalige Schulpraktikum in Deutschland verdient hier nur die Benotung: „Ungenügend!“ Dazu gehört auch die Diskussion über die Subsidiarität musischer Schulfächer, wobei in vielen Schulen wegen Lehrer- oder Geld-Mangel der musische Unterricht zugunsten etwa der naturwissenschaftlichen Fächer gekürzt oder gar gestrichen wurde. Dabei bleibt unbeachtet die Tatsache, dass kreative Schulfächer, wozu die musischen Fächer wie Musik, Chorsingen, Tanz, Malerei und Gestaltung unbedingt gehören, eine bessere Grundlage für ganzheitliche Lernprozesse beim jungen Menschen darstellen als das Einpauken von Daten und Informationen.
WER HILFT MIT, die
„SCHULE DER MENSCHLICHKEIT“
AUFZUBAUEN ?
Massenmensch – Oder: Du, ich und wir ?
Unter dem Mikroskop haben Forscher gefunden, dass keine einzige Schneeflocke in ihrem wunderbaren 6-strahligen Aufbau auch nur einer einzigen der unzähligen weiteren Milliarden von Schneeflocken völlig gleich gestaltet ist. Ebenso wenig gleicht irgend ein Mensch vollkommen einem zweiten. Das heißt, dass wir als Erzieher und Eltern Individuen prägen dürfen und sollen, keine Massenmenschen, die nur das tun, was „man“ tut, weil es alle tun. Verlassen wir uns also nicht darauf, dass in einer Schulklasse alle Kinder von einem Lehrer schon richtig erzogen werden. Nein! Wir wollen gemeinsam Menschen erziehen – aber nicht Soldaten und Hörige, die alle dem einen Führer gehorchen und nach dem Untergang feige sagen: „Ich habe nichts Böses gewollt, ich habe nur den Befehlen gefolgt.“
In unserem Kinder- und Jugenddorf singen wir in den Andachten oft jenes Lied der Eigenständigkeit jedes Menschen: „Vergiss es nie, niemand denkt und fühlt und handelt so wie du, du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur. Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu, du bist du, das ist der Clou!“
Ich frage: Warum wurde weitgehend die Erziehung aus der Schule verbannt, obwohl doch Erziehung und Wissensvermittlung zusammen gehören wie Kopf und Rumpf eines Menschen ? Erziehung aus der Schule verbannen, das hieße, das Kind mit dem Bade ausschütten. Hüten wir uns vor den Extremen!
Vorbilder
Zu meinen Vorbildern gehören Johann Christian Salzmann, der Begründer der Schnepfenthaler Anstalten und Autor des überaus praktischen Lehrbüchleins „Erziehung der Erzieher“, auch „Ameisenbüchlein“ genannt. Weitere meiner Leitbilder sind: Janusz Korczak, Andreas Mehringer, Maria Montessori, Johann Heinrich Pestalozzi, Johann Hinrich Wichern – und am meisten: die Bibel. Immerhin finden wir dort schon, von Adam und Eva an, alles menschlich Schöne und Wertvolle, jedoch ebenso Erfolg und Misserfolg des Pädagogen, der Eltern, und überhaupt alles Menschlichen. Das Faszinierende an der Bibel ist für mich, dass sie ein Buch des Lebens ist, keine unerreichbare Utopie, und sich als Lern- und Nachschlagewerk überraschend ergiebig beweist! Und außerdem ist sie zeitlos aktuell. Welch große Tröstungen und praktische Hilfen finden wir etwa in den Psalmen oder in der Bergpredigt Jesu! Die Bibel liefert uns Vorbilder und Wegweiser zugleich, und zwar für wirklich alle Lebenslagen, die uns begegnen. Um nur etliche Vorbild-Beispiele zu nennen: Noah, Ruth, Ester, Josef, Jonas, Hiob, David – sie alle waren Menschen wie wir, mit Sorgen und oft genug gequält von grausamen Nöten, aber doch sind sie Vorbilder, beweisend, dass einen Ausweg findet, wer ihn beharrlich sucht. In der Bibel wird uns gerade an den so spannend beschriebenen Veränderungen in der Denk- und Handlungsweise jener Menschen immer auch eine praktikable Lösung unserer eigenen Probleme deutlich.
Das beste pädagogische Lehrbuch fürs Leben und Überleben, der treue Wegweiser durch Täler der Todesschatten – die ich auch in meinem Leben zu durchleiden hatte! - ein solch bestes Lehrbuch ist mir die Bibel geworden, sind Psalmen wie: “Wohl dem, der Ehrfurcht hat vor G’tt und große Freude hat an Seinen Gesetzen, dessen Kinder werden gesegnet sein…” (Psalm 112); oder “Die auf den Ewigen vertrauen, werden nicht fallen…” (Psalm 125), “Ruft er (der zum Glauben gefunden hat) mich (G’tt) an, ich will ihn erhören, in der Not bin ich bei ihm, ich werde ihn herausreißen…” (Psalm 91. Die Ehrfurcht vor dem Schöpfer aller Dinge ist aller Weisheit Anfang, sagt das Sprichwort. Und was mir viel geholfen hat: das Gebet. Und meine treue Ehefrau. Ebenso gute Mitarbeiter. Und ganz besonders das Lachen, Singen, Spielen und Glücklichsein der uns anvertrauten Kinder. Wie heißt es doch: „Die Liebe ist die Lösung der Menschheitsfrage. Denn: Geliebte Menschen sind wahre Menschen.“ Erfolgreiche Pädagogik hat ihre Grundlage in genau dieser Erkenntnis. Ich habe es erfahren und kann es bezeugen.
Dieser Rückblick auf meine 50 Berufs- und Erfahrungsjahre soll manchem, der wie ich als Pädagoge tätig ist, als Trost und als Wegweiser dienen. Denn auch ich suchte und suche immer noch Vorbilder für die Jugend.