Frauen Power Freitagmorgen. Es begab sich gegen acht Uhr. Meine Wenigkeit, der Pfalzgraf lag noch in seinem Bett. Keine Arbeit – keine Termine. Etwas länger ausschlafen – was könnte einen Mann glücklicher machen? Neben mir liegend meine Angebetete. Ich warf einen Blick hinüber – auch sie schlummerte noch fest. Es sei uns beiden gegönnt, dachte ich mir im Halbschlaf, immerhin hatten wir gestern Abend – bis spät in die Nacht brav und emsig dem leckeren Rotwein zugesprochen. Das flaue Gefühl, welches meine Magengegend heimsuchte wurde nur noch von dem pelzigen Geschmack meiner Zunge und dem unvorstellbaren Drang nach Flüssigkeit übertroffen. „Kleine Sünden straft der Herr sofort“ gestand ich mir ein und hoffte, dass wenigstens mein geliebtes Weiblein von diesen körperlichen Eskapaden verschont bliebe. Ich drehte mich nochmals auf die andere Seite und liebkoste mein Kopfkissen so liebevoll, wie dies nur ein Mann tun kann, der nicht nur müde ist, sondern der Ohnmacht nahe steht. Mit „Der Tod ist des Schlafes Bruder“ fiel mir sinnigerweise der Text von Robert Schneider ein, als ich wieder einschlummerte. Doch nicht für lange. Ich hätte es wissen müssen. Allein das vorsichtige Wenden meines angeschlagenen Körpers im gemeinsamen Bett veranlasste die Anatomie meiner Geliebten sofort deren Schlafzustand zu beenden. Und wenn diese Frau wach ist – dann ist sie wach. Richtig wach. Aus dem Bett gesprungen – gewaschen – angekleidet. Voller Tatendrang. Während dies alles geschah vermochte ich mir nicht einmal die Äuglein zu reiben. Habe ich gestern alles allein getrunken? Wie kann ein handelsüblicher weiblicher Körper einen solchen Abend derart unbeschadet überstehen? Nun – was dieser lieben Frau ein wenig fehlt, ist allerdings das Verständnis für die körperlichen Belange ihrer Mitmenschen. Insbesondere den Mitmenschen im gemeinsamen Bett. „Ein früher Vogel fängt den Wurm“ erschallte sie fröhlich und zurrte an meiner Bettdecke. „Ich sollte die Liebe zu dieser Frau vielleicht doch noch einmal überdenken“ murrte ich unzufrieden und versuchte mich aus dem Bett zu hieven. Während ich literweise kaltes Wasser durch meine ausgetrocknete Kehle in meinen grummelnden Magen laufen ließ und zeitgleich das allernotwendigste tat um wie ein durchschnittlicher Mitteleuropäer zu erscheinen bereitete sich meine Geliebte ihr Frühstück, Eier mit Speck. Allein der Geruch aus der Küche lockte meinen Körper in Richtung Toilette. Als ich bereit war auf diesem Örtchen langsam wieder einzuschlummern erreichte mich ein Ruf aus der Küche: „Morgen bekommen wir Besuch – Lass uns die Wohnung zuvor richtig putzen“, wobei ich das Gefühl hatte sie hätte das Wörtchen „uns“ besonders betont. Ich war plötzlich hellwach. Im Anbetracht deren Zustandes wollte ich meiner Muskulatur heute Morgen noch kein Ungemach bereiten und schlug vor die Putzaktion auf Nachmittag zu verlegen. „Was Du heute kannst besorgen…“ lautete die, einer alten Weisheit entliehene, Antwort. Sicher sie hatte ja recht – aber dennoch…. „Ich muss noch ein, zwei Telefonate führen und ein klein wenig arbeiten“ antwortete ich „dann helfe ich Dir“ und versuchte meine ungehorsamen Füße zum Marsch Richtung Büro zu bewegen. Dort ließ ich mich nieder während mein geliebtes Frauchen bereits mit dem Putzen begann. Ich hatte eigentlich nichts zu arbeiten und auch keine Telefonate zu führen. So schaltete ich den Computer ein und beobachtete aus den Augenwinkeln was in der Wohnung geschah. Sie saugte den Teppich und die Fußböden der ganzen Wohnung. Und dies mit einer Grazie als sei sie auf dem Tanzparkett. Ein Lied auf den Lippen huschte sie mit dem Staubsauger der Marke Vorwerk durch die Wohnung. Dazu lief im Radio ein alter Abba-Song. Ich glaubte sogar in ihren Schritten gleichzeitig Tanzschritte während des Saugens zu erkennen. „Liebling – ich bin gleich fertig und helfe dir dann!“ Wenige Zeit später. Wieder ein Blick aus den Augenwinkeln. Sie wollte Fenster putzen. Sie bemühte sich zumindest. Denn mit einem Meter sechzig stellt sie kein Gardemaß dar. Die Fenster waren entschieden zu hoch um sie zu erreichen. Was tat die Frau. Sie hüpfte wie auf einer Hüpfburg für Kinder um den oberen Fensterrand zu erreichen.Ich wandte mich traurig ab. Wie gerne hätte ich meiner geliebten Frau geholfen. Aber was soll ein Mann tun, wenn sein Körper sich weigert. „Liebling – ich bin gleich fertig und helfe dir dann!“ Ich wandte mich wieder meinem schwarzen Bildschirm zu und trank noch einen Kaffee. Ich trank noch viel Kaffee während sie die Möbel vom Staub befreite und noch den Hund fütterte. Als sie das Bad reinigte und die Spülmaschine ausräumte trank ich noch immer Kaffee. „Liebling – ich bin gleich fertig und helfe dir dann!“ Plötzlich ein Geräusch wie wenn Glas aneinanderstößt. Ich zuckte zusammen. Ich kannte dieses Geräusch. Dieses Geräusch verursachte nur meine edelsten Rotweingläser. Meine schlimmsten Befürchtungen hatten sie bewahrheitet. Meine geliebte Frau versuchte diese wundervollen Gläser in den oberen Hängeschrank zu stellen. Sicher – dies war der Platz der ihnen zugedacht war. Aber diese Frau maß doch nur ein Meter sechzig. Das konnte nicht gut gehen. Sie müsste sie hinein werfen. Diesmal kein „Liebling – ich bin gleich fertig und helfe Dir dann“, ich stand in Sekundenbruchteilen neben ihr und entnahm ihr die Gläser um sie vorsichtig und sicher im Schrank abzustellen. Dann tat ich jenes, wonach mir eigentlich schon den ganzen Morgen das Herz stand. Ich nahm die müde schauende und verschwitzte Frau in die Arme und küsste sie. Sogar ein klein wenig schlechtes Gewissen regte sich in mir. Aber nur ein klein wenig. Welcher Mann hat das Glück eine solche Frau zu lieben und wiedergeliebt zu werden. Nur ein Pfalzgraf.