Humor & Satire
Die zweite Sintflut - Noah und die Behörden

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"Die zweite Sintflut - Noah und die Behörden"
Veröffentlicht am 02. September 2009, 20 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Bin Dipl.-Soz.Päd. und schreibe gern. Alter 71
Die zweite Sintflut - Noah und die Behörden

Die zweite Sintflut - Noah und die Behörden

Beschreibung

Sketch für Feste über Probleme mit Behörden und Verwaltung.

Die zweite Sintflut

 

Gott:

Hallo, Noah!

 

Noah:

Du hast mich gerufen, mein Gott?  Ja, hier bin ich.

 

Gott:

Ich muss mit dir reden, Noah. Du bist ein Nachkomme meines treuen und gehorsamen Dieners Noah, der die Arche damals gebaut hat, als ich die Sintflut bewirkte. Ich brauche dich.

 

Noah:

O Herr, wozu willst Du mich brauchen, wenn ich fragen darf?

 

Gott:

Du siehst mit Deinen eigenen Augen, Noah, dass die Menschheit sich wieder in einem ganz ähnlichen Zustand befindet wie vor der Sintflut.

Darum will ich mit einer zweiten Sintflut  alles Böse auf Erden  verderben.  Für dich und die wenigen guten Menschen baue nun du eine Arche, denn ihr sollt gerettet werden.

 

Noah:

Sage mir bitte, warum Du ausgerechnet mich für den Bau der Arche verantwortlich machen willst?

 

Gott:

Nun,  du bist ein frommer Jude, kennst meine Gebote und handelst danach. Weil aber in Israel der Bau einer Arche auf gewaltige Schwierigkeiten stoßen würde – denke nur an die Gegensätze zwischen den verschiedenen religiösen Gruppen dort, zwischen den Juden und Arabern, zwischen den Parteien usw., darum schicke ich dich in ein Land, welches bekannt ist für seine genaue Ordnung und seinen Reichtum an stets neu überarbeiteten  Gesetzbüchern für wirklich sämtliche  Lebensbereiche, das ist Deutschland.

 

Noah:

Und wann soll die Sintflut beginnen?

 

Gott:

 Keine Angst, guter Noah, nicht heute, nicht morgen -  aber in genau einem halben Jahr.

 

Noah:

Also, mein G’tt, o.k.  Mir graut zwar vor dem Spott Deiner lieben Mitmenschen, und wieder soll ich 150 Tage in dem Kasten sitzen, Internet und Telefon gibt es dann auch  nicht mehr.... Aber weil Du Gehorsam von mir erwartest und sowieso  kein Mensch von Dir fortlaufen kann, darum will ich Deinen Willen tun.

 

Sechs Monate später klopft es an Noahs Türe in Deutschland:

Gott:

Hallo, Noah!

 

Noah:

Shalom! Du bist aber sehr pünktlich, mein Gott.

 

Gott:

Das gehört zu meiner Ordnung, Noah. Komm, lass uns in deinen Garten gehen, ich will die Arche besichtigen. Dann will ich euch einziehen lassen und das Tor selbst zuschließen, genau wie damals.

 

Noah:

Also-  na ja - es ist nun mal so - ach, wie soll ich es Dir sagen? -

wirst Du mich verstehen? -  freilich,  irgendwie und überhaupt kam alles ein bisschen anders – also, kurz und gut, wir brauchen nicht in den Garten zu gehen.

 

Gott:

Aber Noah, warum denn nicht?

 

Noah:

Da ist nichts zu sehen in meinem Garten. Es gibt da keine Arche,  Ich konnte sie nicht bauen, nicht einmal anfangen konnte ich. Oh bitte, lass es Dir erklären:

Zuerst stellte ich von dem Geld, das Du mir jeweils zur Verfügung gestellt hast, Zimmerleute und Segeltuchmacher ein, Köche, Bäcker  und Stallmeister, alles Leute, die man so braucht für Dein schönes Unternehmen. Schon wegen der Arbeitslosigkeit kamen jede Menge Leute.  Nur die mit den guten Zeugnisse stellte ich ein, Aber stellt Dir vor, was haben die am Tag des Arbeitsbeginns gemacht, statt zu arbeiten? Sie  beriefen sich auf irgend so ein Gesetz, gründeten eine neue Gewerkschaft, erhoben wahnsinnige Forderungen als Voraussetzung für ihren Dienst, so dass ich ihnen gleich kündigen musste – das Arbeitsgericht mit Vergleichsvorschlägen und zu zahlenden horrenden  Abfindungssummen  fraß dann nicht nur fast Dein ganzes Geld, sondern auch fast alle meine Zeit. So fing es an.

 

Ich begann neue Leute zu suchen, stellte deshalb  eine Tafel über Dein Bauvorhaben in den Garten.  Kam da ein Polizist und fragte mich nach der amtlichen  Baugenehmigung. Ich musste die Tafel im Garten  entfernen, der Polizist drohte bei Nichterfüllung seines Befehls mit Verwarnungs- und Bußgeldern, ja sogar mit Inhaftierung.  Die Höhe der Strafgelder richte sich nach dem Bauvorhaben, das immerhin für einige tausend  lebendige  Geschöpfe insgesamt geplant war. Für einen Karnickel-Stall könne man unter bestimmten Umständen  sogar eine Ermäßigung wegen der Geringfügigkeit des Bauvorhabens  beantragen, aber für eine Elefantenbehausung keinesfalls! Von jeder Tierart zwei, von manchen sogar sieben Exemplare – das ergebe, anhand der Tabellen der Justizverordnung  jederzeit  auszurechnen, eine vielfache Millionensumme.  Ich solle die Baugenehmigung unverzüglich beantragen.

 

Im Bauamt ging’s weiter mit den Problemen. Mitten im Wohngebiet meiner Stadt könne ich unmöglich eine Arche bauen, nein, auch in meinem eigenen Garten nicht. Solch eine Großbaustelle dürfe nur in einem eigens dafür ausgewiesenen Gewerbegelände errichtet werden. Hierbei sei jedoch durch Anträge an das Gewerbeaufsichtsamt zuerst  zu prüfen, welcher Art von Gewerbe  der Bau einer Arche überhaupt entspreche.  Und alle Pläne müssten von einem zugelassenen Architekten und Statiker eingereicht werden.-- Als ich dem Beamten sagte, dass ja Gott selbst die Pläne gemacht hat – da stand er wortlos  auf, suchte  mehrere Listen  und legte sie endlich vor sich auf den Schreibtisch. Dann hat er  lange darin hin und her geblättert, und zuletzt zu mir gesagt: Herr Noah, den Mann kennen wir nicht, sein Name  steht in keiner der  amtlichen Listen. Reichen Sie bitte, natürlich   nur  auf dem Dienstweg, die  beglaubigten Kopien seiner Zulassungsurkunden  bei uns ein.

 

Ja, dann ging ich an die Materialbestellung. Ob ich die Im- und Exportbestimmungen genau genug studiert hätte, so fragte man mich. Holz aus dem Libanon, für ein Schiff von 300 Ellen Länge und 50 Ellen Breite und 30 Ellen Höhe, und welches Maß  überhaupt Ellen seien, und der Libanon sei überdies zur Zeit für Im- und Export von Holz  aus den Listen gestrichen, der Waffenhandel habe selbstverständlich Vorrang.

 

Ich wurde erneut zur Baubehörde bestellt. Hier teilte man mir sehr freundlich mit, es gebe zur Zeit von der Europäischen Gemeinschaft Zuschüsse für die Errichtung einer neuen Werft.  Es wurde mir ein 190 Seiten starker Antrag in drei Sprachen in die Hand gedrückt, den solle ich sorgfältig und gewissenhaft ausfüllen, alles amtlich beglaubigen lassen  und in Brüssel einreichen, vielleicht sei da noch  zufällig etwas im Topf....

Aber nebenan, bei der Abteilung Feuerschutz im Bauamt, solle ich gleich auch noch vorsprechen. Dringend! Ging ich hin, aber der Laden war wegen Betriebsausflugs geschlossen. Am nächsten Tag hieß es, der Beamte sei im Urlaub, über seinen Vertreter bestehe leider noch Unklarheit, ich solle morgen wieder kommen. Das tat ich. Der Beamte wies mich darauf hin, dass jenes von mir geplante Bauwerk unter allen Umständen auch Feuerlösch-Vorrichtungen benötige, zumal Holz der Hauptbestandteil der Baustoffe sein, und in jedem Raum müsse eine Löschwasser-Sprenkler-Anlage an der Decke eingebaut werden sowie Rauchmelder, dazu genügend Feuerlöscher in allen Gängen. Vergeblich wies ich den Beamten darauf hin, dass im zu erwartenden Gebrauchsfall der Arche  jede Menge Wasser ringsum zur Verfügung stehe, mehr als je nötig, um jeden Brand auf der Arche zu löschen.

 

Einige Tage später klingelte es an meiner Tür. Zwei Herren in weißer Kleidung schoben mich unsanft  in mein Arbeitszimmer, drückten mich in den Sessel, sagten,  es sei alles nur eine notwendige  Formsache, und wenn ich mich freiwillig fügen würde, könnte alles rasch erledigt sein.. Sie zeigten mir ihre Ausweise von der Psychiatrie, und sie hätten den Auftrag, mich auf meinen Geisteszustand zu untersuchen, da ich vermutlich von Wahnideen einer Sintflut geplagt sei und wahnwitzige Bauvorhaben bei den Behörden angemeldet hätte. Ich musste insgesamt noch vier Mal zu diesen Psychiatern marschieren und mich ausgiebig testen lassen, bis sie „erst einmal vorläufig“ meine Akte zur Seite legten.

 

Aber ich will meinen Bericht  abkürzen machen:  Die Verwaltung hat mich verpflichtet, mich gründlich mit allen Vorschriften, Verordnungen, Erlassen  und Gesetzen zu befassen. In meinem Arbeitszimmer hier und nebenan im Wohn- und Schlafraum, ferner im Keller und Speicher sowie in den Fluren, Vorraum und sogar in der Toilette sind die Regale gefüllt von diesen sogenannten einschlägigen Büchern. Um nur die scheinbar wichtigsten  davon zu nennen:  Europäisches Artenschutzabkommen, Tierschutzgesetze, Verordnungen über den Transport von Tieren, Gesetz über die Entsorgung von Fäkalien bei Tierhaltung,

ferner die inzwischen weltweit gültige Interkontinentale Futter- und Lebensmittelerzeugungs-Verordnung – letztere Gesetzessammlung übrigens ein freundliches Geschenk einer Firma Monsanto. Deren Name sagt ja schon, wie heil und heilig diese Leute sind, nichtwahr? Weiter hat mir die Verwaltung als unerlässlich  empfohlen....

 

Gott:

Halt, lieber Noah, es genügt, es genügt vollkommen. Lassen wir also das Ganze!

 

Noah:

Aber, mein Gott, wie meinst Du das? Keine Arche, keine Sintflut, kein Ende der böse gewordenen Menschheit?

 

Gott:

Richtig, Noah, packe Deine Koffer und fahre heim. Ich schicke keine Sintflut zur Vernichtung. Mich braucht man nicht dazu, die Verwaltung schafft das auch ganz allein ohne mich...

 

 

27.8.2009   (M.Olsz).

 

 

 

 

 

 

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rut2007
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Willie Eine sehr weise Entscheidung Jehovas am Ende des Sketches. Geschickt in eine Satire verpackte Wahrheiten. Das Sahnehäubchen- die Arche soll in Deutschland gebaut werden. Unser Herr Jehova scheint über Israel und die dortigen komplizierten Verhältnisse bestens informiert zu sein, aber über Deutschland sind seine Kenntnisse mangelhaft. Ganz so allwissend scheint der alte Herr doch nicht zu sein.
b.G.
W.
Vor langer Zeit - Antworten
rut2007 Re: Re: -
Zitat: (Original von rut2007 am 07.10.2009 - 19:33 Uhr)
Zitat: (Original von Gast am 06.10.2009 - 22:01 Uhr) Der Autor freut sich über deinen Kommentar.

Richtig, nicht alle sind verloren, sondern "Die auf den Ewigen vertrauen, werden bleiben wie der Berg Zion" (Psalm 125).
Danke für Deinen Kommentar. Wieso nennst Du Dich Luzifer, Lichtträger?

Vor langer Zeit - Antworten
rut2007 Re: -
Zitat: (Original von Gast am 06.10.2009 - 22:01 Uhr) Der Autor freut sich über deinen Kommentar.

Richtig, nicht alle sind verloren, sondern "Die auf den Ewigen vertrauen, werden bleiben wie der Berg Zion" (Psalm 125).
Danke für Deinen Kommentar. Wieso nennst Du Dich Luzifer, Lichtträger?
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Der Autor freut sich über deinen Kommentar.
Vor langer Zeit - Antworten
rut2007 Re: Die Sintflut kommt... -
Zitat: (Original von Luzifer am 02.09.2009 - 22:07 Uhr) doch was ist das?! Es ist nicht Wasser. Aber...was kann es sein? Aahhh...Es sind Gesetzes-und Verordnungsbücher und Formulare mit Anträgen. Wir sind alles verloren. ^^
Das glaube ich nicht, dass wir verloren sind, denn ein Blick in Gottes Natur zeigt, dass Gottes Wille stärker ist als unser Untergang. Auch hat ER ja Verheißungen denen geschenkt, die IHN ernst nehmen. Herzliche Grüße!

Schöner Text.
LG,
Luzifer
Vor langer Zeit - Antworten
rut2007 Re: tja -
Zitat: (Original von RS79 am 03.09.2009 - 06:30 Uhr) so ist es eben für alles und jedes teil braucht man einen Antrag für den Antrag ein Formular und für dieses Formular wieder einen Antrag
Danke, ist echt nett von Dir, mir so zu schreiben. - Bei Eurem Foto fällt mir ein: Warum tragen Männer so oft Krawatte, statt auch mal ihre schöne Brust zu zeigen, oder gilt oben ohne für Männer niemals? Ich wünsche Euch das ganze Glück - und Glück ist der Spitzname Gottes. Herzliche Grüße!

toll geschrieben


LG Gina
Vor langer Zeit - Antworten
Luzifer Die Sintflut kommt... - doch was ist das?! Es ist nicht Wasser. Aber...was kann es sein? Aahhh...Es sind Gesetzes-und Verordnungsbücher und Formulare mit Anträgen. Wir sind alles verloren. ^^

Schöner Text.
LG,
Luzifer
Vor langer Zeit - Antworten
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