Herzensbänderriss…
Wie allmorgendlich sitze ich im Bad und höre das köstliche Nass rauschen, während ich mir die Zähne putze. Ein Gefühl in meiner Brust lässt meine Gedanken zu Dir schweifen. Du, der alles für mich ist. Das Rauschen des Wassers gibt mir zu denken, denn Du bist nicht hier. Zwar wolltest Du nur für einige Tage ausspannen auf einen kurzen Urlaubstrip, doch wer weiß schon ob Du wiederkommst? Bisher glaubte ich, dass unsere Liebe füreinander stark genug sei, um die Freiheit des Einzelnen zu akzeptieren. Und dazu gehört nun mal allein in Urlaub zu fahren, frei zu entscheiden, was man tun möchte oder nicht. Denn wir hatten uns darauf geeinigt, eine offene Beziehung zu führen, ohne Verpflichtung und Bedingungen. Frei in allen Bereichen der Möglichkeiten.
Zweifelnde Gedanken schießen wie Blitze durch meinen Kopf und stellen bohrende Fragen, die mein Herz schwer und schmerzhaft pochen lassen. „Was wäre wenn…? Unterliegst Du schon wieder einer Täuschung?“, scheint das Wesen in meinem Kopf zu fragen und „lernst Du denn nie dazu?“ Wie im Strudel versuchte ich mich, dagegen zu wehren, um nicht wieder diesen Sog zu unterliegen. Der Teufelskreislauf der quälenden Emotionen lud mich ein, doch ein wenig mit zu schwimmen. Bereits vor langer Zeit, hatte ich eine große Liebe meinerseits verloren, als derjenige nur für einige Tage verreiste. Viele Jahre hatte ich damit zu kämpfen, dies zu akzeptieren und trug seitdem eine Narbe im Herzen, die jederzeit darauf wartete, aufzubrechen. Allmählich schien dafür der Moment gekommen zu sein. Tja, die neue Art der Beziehung mit ihm, war noch frisch und die Herzensbande nicht stark genug ineinander verwoben, so dass dies jederzeit erneut stattfinden könnte. Vertrauen hin, Vertrauen her, schon einmal verzieh ich ihm einen Fehltritt und fühlte mich nicht besonders gut dabei. Natürlich gab ich mir alle Mühe, damit keine Eifersucht hochkam, aber mein Gefühl sagte etwas ganz anderes. Es schien ihn besser zu kennen als ich, er der so gekonnt die Schuld im anderen sucht, um sich unverfroren mit der Lüge wohl zu fühlen. Alles schien nicht so wichtig, weil er hatte die Erfahrung, betrogen und hintergangen zu werden, noch nicht gemacht. Also wie sollte er auch wissen, wie ich mich fühlte und wie schwierig es für mich ist, erneut vertrauensvoll auf etwas zu bauen, das nur von meiner Seite als wahres Gefühl spürbar war. Ja, mein Gefühl, welches in meiner Herzgegend die kleinste Schwingung wahrnahm. Es malte sich gerade aus, mit welcher der Frauen aus der Urlaubsgruppe, er am Strand lag oder welche das Zimmer mit ihm teilte. Nicht vorstellbar, mit wem er die Nächte und das Bett teilte… Nein daran wollte ich nicht denken und versuchte meine schmerzlichen Gefühle abzustellen.
Ist ein Mann überhaupt in der Lage, derartig innige Gefühle zu hegen, wie eine Frau? Ein Mann, der von Natur aus gern flirtet, charmant ist, jedoch sich selbst nicht zu lieben im Stande ist. Ein Mann, der die Versuchung ansich ist und dessen er sich bewusst ist? Frauen liegen seinem Charme zu Füßen, denn alle wollen sie nur das eine, nämlich die ungeheuer männliche Kraft, die er versprüht in sich aufnehmen. Er schien dies mit Liebe zu verwechseln, aber trotzdem ich dies wusste, unterlag auch ich seiner Anziehungskraft. Was ist Liebe? Ich glaube, jemand der die Liebe nicht kennt, sie nicht einmal fühlt, geschweige denn weiß, was Liebe ist, kann überhaupt nicht lieben. Also belügt dieser Mann sich selbst, ohne es zu wissen und nimmt sich rücksichtslos, alles was er will. Und ich habe mich wieder mal getäuscht - also Handtuch drauf - ich werde mich einfach mit etwas ablenken, um das Gefühlschaos in meiner Brust etwas zu beruhigen. Ich frage mich nicht mehr wieso, warum und weshalb, sondern versuche mich mit der Tatsache abzufinden, dass er eine Möglichkeit seines freien Willens gewählt hat. Im Übrigen dieselbe Möglichkeit, die auch mir seinerseits eingeräumt wurde, falls es mal soweit kommen würde. Eigentlich geht es mir gut bei dem Gedanken und so vergeht der Tag wie im Flug.
Seine übliche Art, mir Liebesbekundungen per Mail oder Telefon zu senden, blieb aus und so schlichen sich meine Gedanken, als ich zur Ruhe gekommen war, wieder in mein Gedächtnis. Nun schien ich es zu wissen, nein eher gesagt zu fühlen, dass er gerade in diesem Moment mit einer anderen die Nacht verbringt. Mein Herz raste und platzte beinahe vor Schmerz. Ich lag im Bett und drehte mich von einer zur anderen Seite. Noch einige Tage zuvor, waren wir beide in diesem Bett und hatten seltsame Albträume. Deren Bedeutung mir bisher aber nicht bekannt war. Aber nun, schien Licht in das Dunkel gekommen zu sein, denn die Träume konnten nur darauf hindeuten, dass unsere Sexualität durch äußere Einwirkung gestört wurde. Und nun wusste ich auch, dass dies nur eine andere Frau bedeuten konnte. „Schluss damit, ich mache da nicht mit“, schrie mein Herz pochend. Schlaftrunken tat ich das Einzige, was mir dazu geeignet erschien, ich sendete ihm liebevolle Energie, die ihm spüren lassen sollte, er sei frei und könne gehen, wohin und mit wem er auch wolle. Daraufhin schlief ich ein und erst als der Wecker mit schrillem Ton ankündigte, dass es Zeit war, wachte ich auf.
Dieser Tag bot weniger Überraschungen als Arbeit und so war ich absolut abgelenkt. Meine Schwingungen, die ich ihm sendete, schienen nicht angekommen zu sein, denn er meldete sich den ganzen Tag nicht. Erst so gegen Abend erhielt unser Sohn eine SMS, in der er mitteilte, wie warm und schön doch der Strand und die Insel wäre. Ein Anruf war nicht drin, denn wahrscheinlich nagte sein Gewissen in ihm oder er hielt es einfach nicht für nötig. Er hatte ja Bekannte in seiner Nähe, Sonne, Meer und Abwechslung. Die Liebe zu mir, schien wohl doch nicht so wahr zu sein. Tja, und immer lockt die Versuchung des Unbekannten, das ihm jetzt auf dem Silbertablett serviert wurde. Warum sollte er da nicht zugreifen? Es gab keinen Grund, denn Urlaub ist Urlaub und nicht alle Tage. Sein Plan, wieder zu uns zu ziehen, schien sich in Luft aufzulösen, denn die Luft der großen weiten Welt lockte. Sämtliche Vorhaben, sind gerade noch rechtzeitig in die andere Richtung gelenkt worden, bevor er den Rückschritt anstatt ein Vorwärtsstreben gesetzt hatte. Ein weiterer Morgen begann und mein innerlicher Schmerz war wieder spürbar. Es strahlte regelrecht aus mir heraus und verdarb mir schon den Morgenkaffee. Ich fauchte jeden an, der mit mir ein Wort wechselte, weil ich spürte, wie unsere Herzensbande sich voneinander lösten, zerrissen und eine klaffende Wunde hinterließen. Ich war nicht fähig zu arbeiten, zu lesen oder etwas zu tun, außer dem Schreiben, dass das Einzige ist, was mir immer in solchen Momenten gelingt. Ein Trost der mir ein gutes Gefühl gab und mich etwas erdete. Vielleicht bin ich auch etwas zu empfindsam für Ereignisse, aber ich weiß, dass Gefühle nicht täuschen.
Eine erneute SMS von ihm am Abend kündigte an, wie wohl er sich doch fühlte in der unendlichen Weite der Insel, wie er schrieb. Kein Anzeichen davon, dass er irgendetwas vermisste. Er schien sehr glücklich im Moment. Tränen des Herzens überschwemmten mein Innerstes, die er niemals erfahren würde. Denn Weinen war etwas Unbekanntes in seinem Dasein. Den Grund dafür konnte ich bisher nicht ausfindig machen, denn die Mauer um sein Herz war stark und mächtig. Auch mein Sohn schien diese Schwingung in mir zu spüren und drängte mich ihn anzurufen. Also rief ich ihn kurzentschlossen an. Er wirkte sehr kurz angebunden und meinte auf eine meiner Fragen, die genau den wunden Punkt traf, dass er keine Lust auf Diskussionen hätte, weil alle mithören könnten. Außerdem wäre er in einigen Tagen sowieso wieder hier und erfand eine Ausrede, weil er nicht angerufen hatte, so wie er es sonst immer tat. Kein Wort davon, dass er uns vermisst, keine Schwingung der Liebe, nichts, sondern nur neutral gewählte, kühle Worte, die ihm Schutz vor weiteren unangenehmen Fragen boten…
Wieder fühlte ich den, sich bis in den Arm und den ganzen Oberkörper ausbreitenden Schmerz, der riss und wimmerte in blutroten Farben, so als ob die Ader des Herzblutes durchtrennt wurde und herausblutete. Jetzt wurde es mir bewusst, dass ich unmöglich mit einem Mann leben konnte, der meine Gefühle aufs äußerste missbrauchte und mir nicht einmal den Hauch von Mitgefühl geben konnte. Geschweige denn Liebe erwidern, denn er kannte die Liebe nicht. In letzter Minute erkannte ich, dass ich mir und er sich etwas vorgemacht hatte. Und erneut ein Leben auf einer Lüge aufzubauen, schien mir alles andere als erstrebenswert. Klar, ist es schön jemand neben sich zu haben, der einem in einigen Dingen eine Hilfe sein könnte, aber das was ich wollte, war es nicht. Denn ich bin eine fühlende Frau, die viel Liebe zu geben hat und einen ebensolchen Partner erstrebt, der mitfühlend mit wirkt, so dass ein Gesamtbild des Zieles deutlich vor Augen geführt wird. Da er dazu nicht im Stande war und auch ich noch nicht so weit war, eine so freie Beziehung zu akzeptieren, die auch andere Sexualpartner mit einbezieht, entschied ich mich, zu meinem eigenen Wohl, lieber diesen, für mich nicht erträglichen Zustand, ein Ende zu setzen.
Das heißt nun nicht, dass ich keine Gefühle mehr für ihn empfinde, sondern, dass ich dies mir selbst nicht antun konnte. Mich selbst zu belügen, nur um einen Partner an der Seite zu haben, diese Art von Frau bin ich nicht. Mag sein, dass unser Lebensweg sich für immer trennt, mag aber auch nicht sein. Ob er sich vorläufig bei mir meldet, ist nicht mehr relevant, denn die Entscheidungen sind gefallen, sowohl von meiner Seite, als auch von ihm, durch seine Wahl das Unbekannte zu erfahren. Natürlich biete ich ihm jederzeit meine Freundschaft an, ohne jegliche Erwartungen, wenn dies für die Weiterentwicklung gewünscht wird. Er wird in der nächsten Zeit einiges zu tun haben, denn voreilige Entscheidungen, wie Wohnungskündigung etc., sollten revidiert werden, bzw. ergibt sich das Passende für ihn, um seine Möglichkeiten auszuschöpfen. Vielleicht findet er auch Zeit für sich, darüber nachzudenken, dass man eine Entscheidung, die mehrere Personen angeht, nicht alleine treffen kann. Unbewusst ist durch Druck ein Entschluss entstanden, der keine Bedenkzeit im eigentlichen enthielt und fast an Erpressung grenzte. Wie ich mich bei seiner Entscheidung fühlte, war nicht spruchreif, jedoch fühlte ich mich überrumpelt und erneut eingeengt durch Belastungen, denen ich nicht gewachsen bin. Vor allem, die ich nicht will. Das einzige was ich wollte war, dass wir unser gutes Verständnis füreinander und die Energien, die ich als Liebe empfinde, weiter wachsen lassen, so dass eines Tages eine Einheit daraus werden würde. Die erotische Anziehungskraft ist ja eine gute Basis für eine Beziehung in dieser Hinsicht, jedoch auch ein großes Mittel zur Manipulation. Meine Meinung starke Gefühle, die nur von einer Seite ausgehen, sind auch mit Erotik nicht dorthin zu lenken, dass sie als Liebe zurückkommen. Auch wenn er es nie zugeben würde, scheint es so zu sein, denn zu wahrer Liebe ist er im jetzigen Augenblick noch nicht fähig. Dazu bedarf es viel Geduld, Selbstliebe und den Prozess des Lernen und Erkennens in Gesprächsgruppen und der geeigneten Literatur, sowie auch den Willen, dies anzunehmen und zu leben. Dies soll keine Kritik sein sondern lediglich eine Feststellung. Mit viel Einsicht wird auch er die Möglichkeit finden, sich zu öffnen, von alten loszulassen, um sich nicht mehr beeinflussen zu lassen. Und dann wird auch er im Stande sein, sich als liebenswert zu sehen, um zu lieben.
Deshalb sende ich ihm viel liebevolle Energie, damit er seinen Weg, den er gewählt hat, Schritt für Schritt geht, seine Ängste und Blockierungen verliert, seinen Stolz und Überheblichkeit ablegt, um sein Herz zu öffnen, für die Liebe, die er erfahren will. So dass er letztendlich sich selbst liebt, um der Frau seines Herzensbandes ein wenig davon geben zu können. Mögen ihm seine Erfahrungen den Weg weisen, damit auch er das größtmöglichste Gefühl kennen lernt…
Es scheint einfach, dass unser Zeitpunkt, den wir entschieden haben, für eine derartige Beziehung nicht optimal gewählt war, aber die Erfahrungen für beide durchaus sinnvoll waren. Da wir sehr gegensätzliche Wesen sind, ist es doch manchmal nützlicher, den Weg zuerst beim Gleichen zu beginnen. Denn erst das Bekannte gibt Vertrauen und lässt Gefühle entfachen, um sich dem unbekannt Gegensätzlichem zu öffnen. Schritt für Schritt den Weg sicher gehen, der dann die Möglichkeit zur Weiterentwicklung zeigt. Da ich ihn bedingungslos liebe und keine Erwartungen stelle, freut es mich, dass er durch den Urlaubstrip ein weibliches Wesen mit gleichen Eigenschaften gefunden zu haben scheint, die diese Schritte mit ihm beginnt. Eine Frau, die er schon seit längerem sympathisch findet, obwohl er sich bisher keine engere Beziehung zu ihr vorstellen konnte. Obwohl Gefühle keines Beweises bedürfen, ließ er doch bei einem kurzen Telefonat durchblicken, dass er das Zimmer mit ihr teilt und wirkte sehr glücklich dabei. Und so wusste ich, dass mein Gefühl richtig war, denn diese Schwingung, die von beiden ausging, hatte ich schon von Anfang an aufgenommen. Er war sich dessen nicht bewusst, weil er eigentlich etwas anderes wollte und zwar mich, aber manchmal genügt der bloße Wille nicht, sondern bedarf auch die Energie der Liebe, die er nun gefunden hat. Zwar nicht mit mir, aber mit der Hilfe einer Möglichkeit, ihm diese freie Wahl zu lassen. Eine Möglichkeit, die der Beginn einer unbegrenzten Erfahrung sein könnte. Für beide, um auf diesem Wege zu reifen und dafür wünsche ich ihnen gutes Gelingen.
Und was fühle ich?
Vorläufig bin ich dabei, die aufkommenden Gefühle zu verarbeiten, um mich endlich meiner Eifersucht zu stellen und bewusst die Ursache dafür zu finden. Ich wünsche mir, dass es gelingt, damit auch ich endlich frei von Emotionen leben kann. Wieder einmal musste mir die Spiegelung meiner Gedanken vor Augen geführt werden, um mich erfahren zu lassen. Mag sein, dass ich daran zerbreche, mag aber auch sein, dass ich mich wie Phoenix aus der Asche erhebe und die Eifersucht ein für alle mal überwunden habe. In meinem Inneren weiß ich, dass der Schmerz unserer gelösten Herzensbänder einmal verschwinden wird und auch mir liebevolle Schwingungen gesendet werden. Schwingungen der reinen Liebe, die fähig sind, die Narben vollständig zu heilen. Vielleicht wirst es erneut Du sein, mit der Du Deine Herzensbänder in wahrer Liebe zu mir knüpfst, vielleicht aber auch nicht und es wird ein anderer sein. Einer, der uns die Möglichkeit eröffnet alles füreinander zu sein, zu fühlen und zu leben als Einheit. So wie das Wasser, das ohne Boden haltlos wäre und keinen Stillstand im ewigen Strudel findet. Ich halte nicht fest an Vergangenem, sondern verzeihe und sehe neugierig ins Morgen, ausgehend vom jetzigen Moment. Da ich offen bin für alle positiven Erfahrungen, habe ich aus den vergangenen Erfahrungen gelernt und widme mich eines erfüllten Lebens. Von nun an lebe ich selbstverantwortlich, ohne Einschränkungen, fröhlich und dankbar, bewusst meine Liebe zu geben, eine gute Mutter sein, frei und unabhängig meine beruflichen Entscheidungen zu fällen, erfolgreich und bedingungslos weiter schreiben, helfen wo Hilfe benötigt wird und noch vieles mehr, damit auch ich in den Genuss komme, die Gesamtheit der Möglichkeiten zu erfahren…
Für die starke gefühlvolle Erfahrung, die durch Dich zur Möglichkeit für mich wurde, danke ich Dir mit aller Kraft meines Herzens.
Silvia J.B. Bartl