Kurzgeschichte
Bruderkrieg

Einleitung

Diese Story ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen wären rein zufällig.

Der Anruf kam um 14:00 Uhr.
Tuuuut... Tuuuut...
Klack,...ich nahm den Hörer ab.
"Ja?"
"Bone...?" Specter meldete sich.
"Ja, Mann... was ist denn?"
"Es ist soweit, Bruder..."
"Hm,... was meinst du....Alter?"
Ich tat auf ahnungslos, obwohl ich genau wußte
was dieser Anruf zu bedeuten hatte.
"Der Erzengel ruft zu den Waffen."
Ich fühlte wie das Grauen mein Herz ergriff.
"Gibt es denn,... keine andere...?"
Specter unterbrach mich unsanft.
"Keine andere Möglichkeit, Mann!
Sie ham´s übertrieben. Du weißt doch was gestern passiert ist ."
Na klar,...sicher wußte ich es.
Sie hatten einen Bruder von uns erschoßen.
Auf offener Strasse. Eiskalt.

"Hol dein Zeug, und mach dich zu 18:00 Uhr
bereit. Wir hol´n dich dann ab. Wehe, du bist nicht da, Bone...alles klar?" fragte mich Specter.
"Alles klar. Bin dann da." antwortete ich ihm.
"Verarsch uns nicht, okay?"
"Okay." sagte ich noch, bevor er auflegte.
Mir wurde schlecht. Vier Stunden noch.

Geschockt setzte ich mich erst mal in den Sessel. Jetzt war es also soweit.
Unser "Clan" zog in den Krieg. Unausweichlich. Wenn es der "Erzengel" befahl, dann hatten wir Folge zu leisten.
Damned. Vorbei die schöne Zeit mit den Huren, dem Müßiggang, dem Tequillasaufen. Vorbei.
Alles was mir sonst wichtig erschien, war auf einmal bedeutungslos geworden. Meine Träume, meine Ziele, das alles war in Gefahr.
Ich ging in den Keller. Dort hatte ich den 357´ger Colt gebunkert. Den mächtigen "Equalizer". Ich holte ihn aus seinem Versteck,
und wickelte ihn aus dem Öltuch. Schwer wie ein Amboss lag er in meiner Hand. Eiskalt war er. Dämonisch kalt.
Fünf, seiner riesigen bleiernden Patronen waren in der Trommel.
Fünf weitere, nahm ich aus der dazugehörigen Packung. Ich fühlte einen Schauer über meinen Rücken jagen.
Das es eines Tages so weit kommen würde, hätte ich niemals gedacht.
Doch nun war es soweit. Ich mußte auf Brüder schießen.
Nicht meine eigenen,...aber Brüder ! Waren das noch die Ideale an die ich einst glaubte?

Als ich wieder nach oben in die Wohnung kam, saß Maria schon am Tisch und wartete auf mich.
Sie hatte heute früher Feierabend gemacht, was mir gar nicht recht war.
Maria war meine Lebensgefährtin.
Sie war Spanierin und hatte ein dementsprechendes Temperament.
Sie hatte sich ein Glas Rotwein eingeschenkt, so wie sie es immer nach der Arbeit tat.
Ich überlegte. Ich konnte sie jetzt hier nicht gebrauchen, denn hätte ich ihr die Wahrheit gesagt, hätte sie unter allen Umständen
versucht mich davon abzuhalten. Sie liebte mich eben.
"Maria, du mußt noch mal weg, Gino hat vorhin angerufen, er ist leer, und braucht Nachschub."
Ich log das die Wände wackelten. Sie merkte nichts von meiner Lüge. Ich ging zum Tresor, drehte die Kombination ein und nahm ein Päckchen heraus. Normalerweise wäre Gino erst morgen an der Reihe gewesen. Ich gab ihr das Päckchen, deren Inhalt
die Polizei brennend interessiert hätte. Gino würde schön dumm gucken, wenn er es heute schon bekam.
"Hola, Bone, muß´n das jetzt sein, Amigo? Bin doch grade erst zuhause. Komm schon, Bone, wir machen erst ein bißchen Liebe und dann kann ich..." versuchte sie zu verhandeln.  "No, Schlampe, du bringst es ihm jetzt, comprende?" sagte ich.
"Si Si Si, Bonito, ich eile, ich will ja nicht das Du sauer wirst."
"Braves Mädchen." raunte ich ihr zu.
Dann stürzte sie den Rotwein herunter, stand auf, schaute mich noch einmal vorwurfsvoll an, und ging dann zur Haustür.
Beim Verlassen hörte ich noch irgendwas von "Cojones" und "Pendejo",
 Pääng ! Die Tür war zu, dann war sie fort. Irgendwie hatte ich das Gefühl das ich sie nicht wiedersehen würde.

Ich bereitete mich vor. 16:20 Uhr, noch gute 1 1/2 Stunden. Dann würde die Scheiße am dampfen sein. Die "Banditen" würden es uns nicht leicht machen. Sie waren gut ausgebildet. Hervorragend organisiert. Boxer, ehemalige Fremdenlegionäre, alle möglichen harten Hunde. Nun, das blieb nicht aus. Wir waren schließlich auch kein Knabenchor. Scheiß "Rockerkrieg" dachte ich.
Ich setzte mich an den Tisch und begann mir alles bereitzulegen. Den Colt, das 109er Buck-Knife, den Schlagring.
Ich sah zum anderen Stuhl. Über ihm hing meine Lederkutte. Der Totenkopf auf ihr schien mich teuflisch anzugrinsen. Für dieses Emblem, für dieses "Colour" könnte ich vielleicht sterben. Aber es war mehr als nur ein "Colour" für mich.
Ja, in der Tat, es war eine Weltanschauung. My Family. Mein Schicksal.
Ein mehr als mulmiges Gefühl stieg in mir hoch. "Fuck." dachte ich. Wer hatte damit nur angefangen?
Warum mußte ich jetzt für die Sache in den Krieg ziehen?
Einen Krieg den der "Erzengel" befohlen hatte. Ich war nicht gerade begeistert. Aber Vertrag ist Vertrag.
Und wenn sie den Waffenstillstand brachen, waren sie selber schuld. "Verdammte Banditen" dachte ich. Es war 16:50 Uhr.
Gleich würden sie kommen um mich abzuholen. Ich würde sie von weitem schon hören. Das gierige Gebrüll der Maschinen.
Dann würde es ernst werden. Dann zogen wir in den Krieg. Dann mußten wir kämpfen. Dann gab es Mörderstress.
Der "Erzengel" hatte gesprochen.

Ganze drei Querstraßen weiter :

Das Telefon klingelte.
Riiiing... Riiiing...
Es war 17:00 Uhr.
Klick,...ich hob den Hörer ab.
"Ja?"
"Jimmy...?" Bibo meldete sich.
"Ja Bruder,... was ist denn?"
Ich tat so als würde ich nicht wissen warum er anrief.
"Komm ins "Chapter" die "Rot-Weißen" hab´n irgendwas vor. Der "Obermuchacho" sagt Du sollst dein Zeug holen, Mann."
Mir wurde schlecht.
Ich fühlte wie das Grauen mein Herz ergriff.
Irgendwie hatte ich das Gefühl das es kein guter Tag werden würde. 

(c) DGL 2009