Humor & Satire
Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Eigentlich hatten sich die beiden Nachbarn noch nie gemocht. Im Gegenteil: In all den Jahren ihres Nebeneinander-Wohnens waren sie sich ausgesprochen spinnefeind geworden. Entweder, wenn man sich einmal bei den Gartenarbeiten sah, grüßte man sich erst gar nicht. Oder wenn, dann nur mit Sticheleien:
„Ihr Erdbeerbeet sollten Sie lieber zubetonieren!“ tönte es beispielsweise von der einen Seite her, „an den mickrigen Dingern fliegen sogar die Spatzen verachtend vorbei!“
„Sie jämmerlicher Kleingärtner!“ echote es prompt zurück: „Sie können doch froh sein, wenn Ihr Rhabarber noch als Gummiknüppel bei der Polizei Verwendung findet ...!“
Wie gesagt, auf solch charmante Weise begrüßten sich die beiden, wenn überhaupt ...
Und wenn sie nach getaner Arbeit die Gärten wieder verließen, hatten die gegenseitigen „Nettigkeiten“ meist ein solches Ausmaß angenommen, dass manch sittsamer Zeitgenosse sich entsetzt die Ohren zugehalten hätte.
Und je rüder der Umgangston wurde, desto schlimmer wurden die Anfeindungen.
Schließlich platzte einem der beiden der Kragen. Schon in aller Herrgottsfrühe erwarte er seinen Erzfeind am Gartenzaun:
„Na, Sie lächerlicher Pseudo-Mann! Wenn ich ein so jämmerlicher Liebhaber wäre wie Sie, würde ich mich auf der Stelle erhängen!“
In den Augen des anderen blitzte es zunächst auf, dann umspielte ein böses Lächeln seine Lippen:
„Ach ja? Haben Sie auch schonmal gefragt, ob das Ihre Frau vielleicht auch nur gesagt haben könnte, weil sie Sie nicht kränken will ...?!“