Uns alle verbindet unser gemeinsames Hobby. Wir alle schreiben Gedichte, Geschichten, verfassen Essays oder kreieren eigene Textgattungen, wenn uns der Sinn danach steht. Und doch geht bei aller Gemeinsamkeit ein jeder anders vor, wenn er die Muse bemüht... In dieser Sammlung berichten MyStorys-Mitglieder über ihr Schreibhandwerk. Mal unterhaltsam, mal ausgefallen, mal sachlich, soll diese Sammlung jeden neugierigen Leser zum gemütlichen Stöbern einladen. Und wer weiß? Vielleicht hat ja der ein oder andere ein kleines Aha-Erlebnis. Ach ja, eine kleine Anmerkung noch: Weitere Beiträge fleißiger Autoren werden natürlich jederzeit gern angenommen und hier ergänzt!
Ein Text über das Schreiben selbst ist ja immer so eine Sache. Wie zieht man sein Geschwätz so auf, dass irgendjemand das ganze Gerede interessant findet und tatsächlich liest? Schließlich wird hier keine unterhaltsame Geschichte erzählt, die bei Kaffee und Kuchen auf der Terrasse oder ein, zwei Fluppen und einem Glas Johnny Walker zum Nachspülen genossen werden kann. Daher will ich auch gar nicht allzu sehr abschweifen - schließlich gibt es genügend Bücher über das Schreiben - und stattdessen einfach nur einige Zeilen lang darüber fabulieren, wie ich selbst vorgehe, wenn ich einen Text, ganz gleich welcher Art er sein mag, ersinne.
Am Anfang war die Idee.
Ohne Wasser kann man schlecht kochen, nicht wahr? Also unabhängig davon, ob man selbst überhaupt kochen kann oder ob man die angebrannten Nudeln regelmäßig vom Boden des Topfes schaben muss, benötigt man zuallererst einmal diese Grundsubstanz. Das Wasser ist beim Schreiben selbstverständlich die Idee. Ideen für Geschichten finden sich überall, wenn man ein wenig aufmerksam durch den Tag geht. Mal ist es die seltsam anmutende Person in der U-Bahn, die sich verhält, als wollte sie verbergen, dass sie gerade einen Menschen verspeist hat. Mal sind es skurrile Situationen, die man nebenbei beim Einkaufen mitbekommt (Streitereien um den letzten 0,1-Prozent-Fett-Joghurt im Sonderangebot etwa), und manchmal ist es eben einfach nur ein Gedankenfetzen, der mit Schallgeschwindigkeit vorbeigaloppiert kommt und den man festhalten muss, damit er nicht unbeschwert für immer und ewig von dannen zieht. Mir selbst kommen die besten Ideen übrigens tatsächlich entweder im Bad (Ich gebe es ja zu, zumeist auf dem Klo.) oder beim Lauftraining. Will man sich nämlich nicht auf die schmerzenden Beine oder die pfeifende Lunge konzentrieren, sollte man sich ganz schnell ein gemütliches Sitzeckchen irgendwo in seinem Gedankencafé suchen. Mit ein wenig Glück liegen auf dem imaginären Tisch jede Menge bunter Bilder, aus denen sich eine hübsche Geschichte zusammenspinnen lässt. Das ist auch schon das ganze Geheimnis: abwarten und zuschlagen, wenn die Beute in Reichweite ist. Auf Brainstorming oder ähnlich systematische Art der Ideenfindung gebe ich überhaupt nichts.
Das Erotische beim Kochen ist das Zubehör…
… singt mein Lieblingskabarettist Rainald Grebe in einem seiner Lieder. Da ich beim Kochen war, will ich diesen Faden noch ein wenig weiterspinnen. Schon mal versucht, das kochende Wasser umzurühren, wenn man nichts als seine eigenen Finger zum Umrühren im Haus hat? Tut weh, oder? Und wie beim Kochen ist auch beim Schreiben das Zubehör ungeheuer wichtig. Ich meine nicht Zettel und Stift. Von mir aus könnt ihr eure Geschichten auch in Stein meißeln oder mit quietschender Kreide auf Schiefertafeln krakeln. Ich selbst bevorzuge entweder meinen PC oder den Mac zum Schreiben – kommt immer darauf an, ob mein Hintern gerade gern einen Schreibtischstuhl oder doch lieber eine Couch als Sitzunterlage präferiert. Nein, mit Zubehör meine ich das Drumherum: In erster Instanz ist das Musik. Sie ist der Katalysator und der Antrieb zugleich. Ohne Musik geht bei mir gar nichts. Ich schreibe keine Texte, wenn mich die göttliche Stille der Wahrhaftigkeit, gewürzt mit dem Ticken der Uhr an der Wand, umweht. Die Wahl der Lieder kann dabei ausschlaggebend für den späteren Tonfall der Geschichte sein. Als Beispiel möchte ich meine Geschichte „Die Hölle vom 17. August“ heranziehen. Die gesamte Geschichte entstand zu den Klängen von Metallicas „... And Justice For All“. Die Erzählung beinhaltet beispielsweise die Wanderung durch den Dschungel Vietnams mit anschließendem Feuergefecht. Zu diesem Teil passte klanglich und thematisch hervorragend das gute, alte „One“. Ein weiterer Teil wird von Lovecraft’schem Horror getragen und entstand unter den düster hämmernden Gitarren des bitterböse klingenden „Eye Of The Beholder“. Ihr merkt, Musik ist der Zaubertrank des Schreibgalliers.
Weiterhin schreibe ich nur ungern, wenn ich keine heiße Tasse Kaffee zur Hand habe, die ihr feines Aroma im Zimmer verbreitet und dafür sorgt, dass ich wach und bei der Sache bleibe. Man kann es mit dem Koffein sicher auch übertreiben, denn ein Zappelphilipp wird an allem möglichen herumwuseln, jedoch sicher nicht mehr an der Tastatur. Doch wenn ich sage, dass, wenn ich ein Motor wäre, dann wäre Kaffee das Benzin, so kommt dies der Wahrheit doch schon ziemlich nahe.
Kein offenes Ohr!
Es ist eine tolle Geste, für seine Freunde und Bekannten ein offenes Ohr zu haben. Kriegt man bestimmt gedankt, und in den Himmel kommt man vielleicht auch noch. Klasse Tasse. Stundenlange Telefonate, Gedankenaustausche im Chat? Gern, aber doch nicht, wenn ich schreibe. Ohne Konzentration geht überhaupt nichts. Falls das Telefon klingelt, so sagt mir dies nur, dass die Kopfhörer noch nicht laut genug auf mein Trommelfell einwirken. Die Großmutter ist gestorben? Keine Angst, die ist auch zwei Stunden später noch tot. Soll heißen, wer etwas Wichtiges mitzuteilen hat, wird später wieder anrufen oder rechnet mit einem Rückruf. Also kein Problem. Es gibt nur mich und den Kaffee, dazu die passende Musik, den blinkenden Cursor auf der weißen Seite der Textverarbeitung und – nun ja, hin und wieder den laufenden Fernseher. Ich höre ihn nicht, schaue nicht hin, doch sorgen die sich bewegenden Bilder im Hintergrund dafür, dass ich mich weniger einsam und damit etwas wohler fühle (ein Tick meines angeknacksten Verstandes, nehm ich an). Schreiben ohne den Wohlfühlfaktor ist wie ein alkoholfreies Bier: Kann man machen, kann man aber auch lassen, weil das Wichtigste ja doch fehlt. Letztlich besteht das gesamte Drumherum also aus der Gemütlichkeit und der Konzentration. Klar soweit? Dann nichts wie ran an die Tasten!
Wollen ist gut. Können ist besser!
Okay, nun haben wir also die beste Idee vor uns, die uns die Muse jemals ins Gehirn gekackt hat. Für das geeignete Umfeld ist gesorgt, und nun kann’s losgehen, stimmt’s? Richtig, aber wie? Einfach schreiben. Ein Wort nach dem anderen, sagte Stephen King mal, und ich glaube, da ist gewaltig was dran. Wer fleißig übt (Ohne Übung geht nichts!), wird feststellen, dass er seine Geschichten, seine Texte oder was auch immer er zu Papier bringt, einfach während des Schreibens entwickelt. Ich glaube, ich habe mittlerweile ein Gefühl dafür entwickelt, wie ich den Bogen zu spannen habe, wie ich Dialoge am besten aufbaue, wie ich Spannung erzeugen kann und wann ich ins Geschwafel verfalle. Doch dafür muss man eben schreiben, schreiben und noch mal schreiben. Von vorkonstruierten Handlungen halte ich übrigens nichts. Ich brauche keine Charakterbögen, keine Entwürfe für den Ablauf und auch sonst nichts dergleichen. Ein Zettel zum Notieren guter Ideen für später ist das Höchste der Gefühle. Nur so werden die Texte organisch und auf ihre Art glaubwürdig. Ich wage zum Beispiel mal zu behaupten, dass ein Dan Brown seine Bücher konstruiert. Klar, seine Geschichten sind ungemein spannend, aber nimmt ihm die jemand ab? Also ich nicht, denn sie wirken zu glatt, zu perfekt, zu vorbereitet. Aber das ist sicher auch Geschmackssache, schließlich müssen die Millionen, die er im Gegensatz zu mir auf dem Konto hat, irgendwoher kommen. Eine Bank hat er gewiss nicht leergeräumt.
Mit dem Schreiben kommt natürlich auch der Stil. Jeder hat einen gewissen Stil beim Schreiben (kein Stil mag auch irgendwo da draußen ein Stil sein), doch der entwickelt sich ständig weiter. Er verändert sich fortwährend, was ich besonders deutlich erkenne, wenn ich mir einen meiner alten Texte vornehme. Mitunter nehme ich mir die alten Pamphlete dann vor und gehe so lange mit dem Stilbesen drüber, bis sie blitzt und blinkt, dass es mir eine wahre Freude ist. Auch der Stil kommt natürlich mit dem Schreiben. Allerdings kommt er, wie ich behaupte, noch viel eher durch das Lesen. Wer nicht liest, kann auch nicht schreiben, sage ich einfach mal so in den Raum und bin mir sicher, dass ich nicht Unrecht habe. Und falls doch, kann es mir niemand beweisen. La la la, ich höre nichts. Vielleicht kopiert man anfangs schlicht seinen Lieblingsautor, schreibt wie ein kleines Abziehbild seines großen Schreibgottes. Hat man weitere Autoren in seinen Erfahrungsschatz gepackt, übernimmt man auch von diesen das eine oder andere Element. Irgendwann entsteht dann so etwas wie eine eigene Duftnote – mit ein wenig Glück ist es eine angenehm nach Blumen duftende und kein Schweißgestank. So zumindest ist meine Erfahrung, was das pure Schreiben von Geschichten betrifft. Der Rückschluss muss dann wohl lauten, dass ich ein paar hundert Bücher später entweder unheimlich facettenreich schreibe oder nur noch wirre Brühe ohne festen Stil abliefere. Was? Ja, klar hoffe ich auf Ersteres. Andernfalls würde ich mich wohl einfach als besonders ausgefallenen Expressionisten bezeichnen und weitermachen wie gehabt.
Und die Fettnäpfchen?
Abschließend vielleicht noch was aus meiner eigenen Erfahrung, vor dem es sich zu warnen lohnen könnte: Wer das Schreiben zu seinen Hobbies zählt, wird ihnen schon begegnet sein - den Fettnäpfchen, den Irrtümern, den künstlerischen Allüren und Blockaden, die überall darauf lauern, dass wir mal unachtsam sind. Ich selbst kann von zweierlei Dingen berichten. Da wären einmal die Ambitionen, die eigene Kunstfertigkeit verstärken zu wollen. Klar, es ist ungemein förderlich für das Selbstbild als Künstler, das man von sich haben möchte, wenn man mit zerzaustem Bart, abstehendem Haar und nur mit Unterhose und einem übergeworfenen Morgenmantel durch das heimische Domizil irrt, um sich besonders abgehoben zu fühlen. Aber erhöht es denn die Fähigkeit Geschichten zu schreiben? Nee! Dennoch mag solch ein Verhalten noch ungefährlich sein, wenn man nicht gerade von Gott und der Welt unbemerkt durch das Panoramafenster im eigenen Wohnzimmer beobachtet wird. Eine andere Methode zur vermeintlichen Steigerung der kreativen Leistungsfähigkeit ist da weit gefährlicher: Es gab eine Zeit, in der ich glaubte, ich müsste mich berauschen, um besonders kreativ sein zu können. Und so saß ich dann vier Bier oder (bzw. sogar und) eine Flasche Wein später vor dem weißen Blatt, ließ die Gedanken um ein gedankliches Loch kreisen und starrte dabei fortwährend (und wahrscheinlich sabbernd) die weiße Wand an, bis sie sich bunt oder schwarz verfärbte. Ergebnis dieser Ausflüge? Nichts, abgesehen vom dicksten Kater des Universums. Daher Finger weg. Ich schreibe nüchtern. Und ich stehe, verdammt noch mal, dazu: Don’t drink and write.
Ach ja, da war noch die andere Sache, nicht wahr? Nun, sie ist ein riesiges Arschloch. Und sie nennt sich Schreibblockade. Plötzlich sind sie weg, die vielen, tollen Ideen, und die Gicht scheint sich zu alledem auch noch in die Finger geschlichen zu haben. Das war es dann wohl mit dem Traum vom eigenen Buch, was? Meine größte Schreibblockade dauerte übrigens zwei Jahre an und hieß Tanja. Erst als sich diese Blockade als mieses Stück Dreck herausstellte, kam die Muse wieder zurück und bot mir, zuerst etwas zaghaft, ihre Freundschaft an. Tja, ist wohl nur Platz für eine Frau in meinem Leben. Und diese eine Frau ist sehr exzentrisch. Denn auch heute noch habe ich mitunter das Gefühl, jemand hätte meinen Kopf leergesaugt und sich mit meinen Einfällen davon gemacht. Doch weiß ich jetzt, dass es überhaupt keine Schreibblockaden gibt. Es mag Unlust geben. Na und? Die gibt es auch beim Sex. Kann man deswegen nie wieder vögeln? Hoffentlich nicht! Weg mit diesem Gedanken, raus aus dem Kopf und ran ans Blatt. Diese Blockaden gibt es nicht, sag ich noch einmal! Sie sind nichts weiter, als selbst auferlegte Keuschheitsgürtel, deren Schlüssel man irgendwie verlegt hat. Heute bin ich mir dessen sehr bewusst und widme mich eben einer anderen Tätigkeit, wenn die Ideen ausbleiben wollen. Auch die Muse hat, wie gesagt, ihre Allüren und zeigt ihre Zuneigung gern durch längere Abwesenheit. Soll sie doch. Dann schaue ich mir halt einen netten Film an, unternehme irgendetwas mit Bekannten oder greife doch wieder zum Telefon. Weiter geht’s dann von mir aus an einem anderen Tag. Sofern ich nicht plötzlich das Zeitliche segne, hab ich schließlich genügend Zeit. Also mache ich mir keinen Kopf mehr um derlei Dinge.
Zu lang? Hier noch mal für die lesefaulen Probanden...
Eigentlich überflüssig, für lesefaule Leute eine Zusammenfassung zu schreiben, da lesefaule Leute, wie ich bereits sagte, ja ohnehin nicht schreiben können und sich deswegen höchstwahrscheinlich auch keine Texte über das Schreiben durchlesen. Doch bietet sich eine kleine Zusammenfassung des dramaturgischen Spannungsbogens und so weiter wegen ja doch irgendwie an. So also gehe ich vor: Ich hocke irgendwo versteckt im Gebüsch in den weiten meiner Gedankensafari und warte auf das ganz fette Vieh voller saftiger Ideen. Kommt das vorbei, schlage ich zu, nehme es fachgerecht aus und futtere mich an den besten Einfällen satt, bis die Wampe platzt. Nun brauche ich noch ein wenig passende Musik, die ich bis zur Grenze der Ohrenfeindlichkeit aufdrehe und eine nette Tasse Kaffee, die ich mir am liebsten an der sexy kurvigen Senseo hole. Dann heißt es, Schotten dicht, raus mit den Gästen, „Closed“-Schild an die Tür. Ich bin für niemanden zu erreichen. Hinterlassen Sie doch ein Memo. Pfoten auf die Tasten, fertig, los. Ein Wort nach dem anderen verlässt meine Finger, um schwarz auf weiß auf dem elektronischen Papier wieder aufzutauchen. Wort für Wort. Ist ganz einfach, ganz so, als würde man einen Weg entlanglaufen: einen Fuß vor den anderen setzen. So einfach geht das. Der Motor läuft schon von selbst, solange Benzin im Tank ist. Stil und Aufbau meiner Geschichten sind das Ergebnis fleißigen Schreibens und fast schon noch fleißigerem Lesens. Woher soll man auch wissen, wie’s geht, wenn’s einem nie jemand vorgemacht hat? Eben. Tja und abschließend: Schaut auf die Fettnäpfchen am Boden. Die bewegen sich, wenn man nicht auf sie achtet und stellen sich gern so hin, dass man schließlich bis zu den Knien im Fett festhängt oder, nennen wir das Kind beim Namen, mächtig in der Scheiße steckt. Und dann war’s das mit den guten Texten. Also zeige ich den Schreibblockaden und berauschenden Mittelchen konsequent den Stinkefinger oder wahlweise den nackten Arsch. Wenn ich all diese Punkte nun bestmöglich beachte und umsetze, kommt letzten Endes idealerweise ein Text heraus, den irgendjemand gern liest. Ein zwei Korrekturen, um die gröbsten Fehler auszumerzen, hier und da noch ein wenig Salz und Pfeffer, das überschüssige Wasser abgießen, das alles bei lautem Lesen (dieses Mal ohne Musik!), fertig ist das Festmahl. Alles also kein Hexenwerk. Ich koche nur mit Wasser.
Nun, da sitze ich nun, und wage den Versuch, zu beschreiben, wie ich zu meinen Texten komme. In meinem Leben gibt es drei Wirklichkeiten. Das klingt vielleicht seltsam, ist aber so. Da ist die eine Wirklichkeit, die ab und an sehr nervtötend und langweilig ist, da ständig Kinder „Mamiiii“ rufen, und ich zum x-ten mal den Tisch sauber schrubbe, weil einer Farbe darauf hinterlassen hat. Dann gibt es die Wirklichkeit im Wasser. Wenn ich im Wasser bin, mit Kindern (mitunter auch ziemlich grossen Kindern, die sich Erwachsen nennen) arbeite – dann bin ich mir sehr nah. Und dann ist da noch das Schreiben. Ich fühle mich schon ein wenig privilegiert, drei solcher Wirklichkeiten leben zu können – alles andere wäre nicht sehr gesund für mich. Ich meine, wenn ich daran zweifeln würde.
Aber nun geht es ja um das Schreiben an sich.
Alles begann mit „Die kleine Hexe“ – ich sass bei Oma auf dem Sofa, sie strickte und sah mich streng an. „Nun lies endlich, du kleines, dummes Huhn. Wie willst du sonst je mit einem Mann Schritt halten, wenn du dich der Bildung verweigerst?“ – ich war etwa sieben Jahre alt. Doch der Satz, meine Herren, der hängt da immer noch im Ohr. Und ich las. Mit jedem Satz rutschte ich tiefer in die Geschichte hinein, und entdeckte die wunderbare Welt zwischen den Buchdeckeln. Meine wahre Welt, die sich Kindheit nannte, war, wie soll ich das denn jetzt mit einem Wort benennen? Sie war einfach keine Kindheit. Zwischen den schweren Buchdeckeln aber, da konnte ich mich hinträumen. Ich wurde zur Leseratte.
Es war in der fünften Klasse, als wir einen Aufsatz schreiben mussten zum Thema: „Mein Vorbild“. Ich wollte meinem Papa schmeicheln und gab vor, ihn als Vorbild zu haben. Um etwas darüber schreiben zu können, musste ich mich arg anstrengen. Das bedeutete für mich, ich verfolgte ihn wohin er auch ging. Schrieb mir auf, was und wie er es sagte, und ich stellte eine Million Fragen. Meine ersten Recherchen... Dummerweise hatte ich aber an jenem Tag, an dem wir den Aufsatz schreiben mussten, zu wenig Zeit und vor allem viel zu wenig Platz. So begann es, dass meine Aufsätze immer die längsten waren, wobei ich immer als erste aus dem Klassenzimmer ging. Das hielt sich lange, lange Zeit. Wie ich diese Dinge schreiben konnte, weiss ich nicht. Sie kamen einfach. Niemals musste ich lange überlegen, nur den Stift auf das Papier setzen, und es floss einfach.
Hie und da ein Gedankenfetzen, den man als „Gedicht“ bezeichnete, mit hübschen Zeichnungen dazu, ein paar kleine Geschichten zum Thema „Liebe“ – ohne etwas davon zu wissen. Dann legte ich meinen Stift beiseite und schrieb nicht mal mehr in mein Tagebuch. Es war für mich einfach vergeudete Zeit, denn in den Tagebüchern blieb ich so oberflächlich wie das Spiegelbild des Himmels auf dem ruhigen See.
Im November 2007 brach ich zusammen. Das nach langer, dunkler Zeit. Im Januar 2008 beschloss ich, dass ich nicht so weiter leben will, und fing wieder an zu schreiben. Seit da schreibe ich täglich mindestens zwei Stunden. Wie? Na, ich setz mich hin, und schreibe eben. Meist mit Fülli und Heft – manchmal auch direkt am PC. Nur, wenn ich am PC schreibe, dann kann ich sehr schnell schreiben, und alle meine Gedanken (na ja, fast alle), fliessen in den Text – das Meiste davon ist aber Müll. Schreibe ich von Hand, kann ich nicht alles in den Text packen, was mir durch den Kopf geht, und ich habe ein Filtersystem – spätestens beim Digitalisieren meines Textes wird korrigiert.
Damit das überhaupt funktionieren konnte, dass ich zwei Stunden am Tag schrieb, musste ich lernen mich zu überlisten. Auch heute muss ich manchmal zu diesem Mittel greifen, weil gar nichts geht. Das Mittel? Ganz einfach. Den Stift auf das Papier setzen, mit einem Satz beginnen, wie zum Beispiel „Ich erinnere mich…“ und dann darf der Stift das Papier für eine gewisse Zeit, in der Regel 30 Minuten, nicht verlassen. Nach ungefähr zehn Minuten tauche ich in meinem Kern ab, und es kommt wirklich das raus, was ich eigentlich sagen wollte – manchmal auch nicht. Aber das ist eine andere Geschichte. Nach einem solchen Erguss, den ich am Liebsten auf dem Balkon bei Sonnenschein und Kaffee habe, lege ich das Papier weg und kümmere mich um andere Texte. Entweder lese ich grad etwas von einem grossen Autoren, oder kritzle in einem Text von einem anderen Autor rum. Und manchmal frage ich mich ernsthaft, wie können so viele Menschen das Gefühl haben, spannende Sachen zu schreiben, wenn sie nicht einmal merken, dass sie in jedem zweiten Satz dieselben Worte verwenden? Oder die Sätze immer gleichlang sind?
In meinen Texten versuche ich das zu umgehen. Was meinen Stil ausmacht (ob das überhaupt schon mal wer bemerkt hat?), ich beschreibe selten Menschen und Orte. Und doch gebe ich genügend Anhaltspunkte, dass man es sich vorstellen könnte. Wenn dann eine Geschichte fertig ist, jage ich sie durch den nächsten Filter. Das geschieht ein, zwei Tage später. Dann lese ich sie in aller Ruhe noch mal durch. Und wenn ich sie dann noch gut finde, dann darf sie gelesen werden. Manchmal finde ich sie so schlecht, dass ich sie am Liebsten vernichten würde, dann stelle ich sie ins Netz… diese Jury gibt ihr Urteil ab, ob sie will oder nicht.
Bleibt nur noch die Frage, was mich denn überhaupt inspiriert. Ich weiss es nicht. Es kommt einfach. Ich weiss auch nicht, wie ich die Geschichten aufbaue – es ist, als hätte mein Verstand nichts mehr zu sagen, und meine Finger hätten ein Eigenleben. Spannungsbogen? Irgendwie ist er da – oder eben nicht. Charaktere? Die sind in meinem Kopf und meistens kenne ich sie sehr gut, die Leute, von denen ich erzähle. Entwerfen? Nichts für mich. Das verwirrt mich, und macht die ganze Sache so glatt und nahtlos, so nicht natürlich. Wenn ich das mache, das möchte ich betonen. Denn wer das kann, und dabei noch was Gutes zustande bringt, den bewundere ich sehr dafür.
Und ganz zum Schluss – wie sieht man seine Texte eigentlich selber? Findet man seine Sachen grundsätzlich gut? Oder grundsätzlich schlecht? – Manchmal bin ich sicher, die mit Abstand schlechteste Schreiberin aller Zeiten zu sein – und manchmal will ich einfach glauben, so etwas wie Talent zu haben. Man sagte es mir ab und an, obwohl, sicher bin ich da wirklich nicht…
Und, dieser Text entstand einfach so. Ich hab ihn nicht mal mehr durchgelesen. Das mag ich besonders. Etwas schreiben in einer Zeitvorgabe (hier war es eine Viertelstunde) – und los geht’s…
Ich habe mir das Schreiben am Anfang wahnsinnig schwer vorgestellt. Und es ging auch wahnsinnig schwer. Nichts wollte gelingen. Ich war Edmond Dantès, lebend eingenäht in einen Leichensack und ins Meer geworfen – aber ich fand das Messer nicht, mit dem ich mich befreien musste. Und so rang ich nach Worten wie nach Luft. Ich habe es mit Alkohol versucht. (Ich habe alles mit Alkohol versucht, und nichts hat geklappt, aber das nur nebenbei). Ich saß verkrampft vor der Schreibmaschine (die gab es damals noch), darin eingespannt das leere Blatt Papier, und teilte mir meinen Flachmann (vermutlich von geklautem Geld gekauft) Schluck für Schluck ein. Wie weiter? Schnell trinken und schnell high werden, um loszubrechen? Oder langsam hochfahren und tief erglühen? Alles Mumpitz. Ich habe nichts zustande gebracht, und was ich mir rausquälte, das konnte ich anschließend in die Tonne treten – was ich spürte, aber nicht offen zugab.
Später war Alkohol nicht mehr möglich. Das war nach der Phase, als ich das Schreiben offiziell an den Nagel gehängt hatte – wegen erwiesener Talentlosigkeit. Wille allein genügte nicht, das hatte ich inzwischen erfahren, und Alkohol brachte überhaupt nichts. Also gab ich erst das Saufen auf und dann das Schreiben. Beim Alkohol hatte ich nur einen Rückfall und fing mich dann wieder. Der Rückfall beim Schreiben hat bis heute angedauert. Ich arbeitete damals bereits als Journalist, schrieb also auf Bestellung ziemlich ödes Zeug, was aber recht gut bezahlt wurde. Aber nicht alles war nur Pflicht. Ich hatte mir eine wöchentliche Glosse reserviert. An der schrieb ich am Tag des Redaktionsschlusses folgendermaßen: Ich ging am Vorabend relativ früh zu Bett, um ausgeschlafen zu sein. Ich stand gegen 4.30 Uhr auf. Ich trank Kaffee und aß eine Kleinigkeit, ganz wenig, um den Magen nicht zu belasten, aber genug, um bei Kräften zu sein. Dann warf ich den Computer an (die Schreibmaschine hatte ausgedient) und ging auf den Balkon: blaue Nächte, eine riesige Rotbuche vor dem Haus, irgendeine Nachtigall in der Nähe, erste Morgengeräusche, ein ferner Zug, und ich rauchte. Es brauchte nur drei oder vier Züge, und ich hatte den Anfang. Der Anfang ist alles. Von ihm entrollt sich das Weitere, als wäre es von vornherein darin eingebettet gewesen. Ich wog jedes Wort, jeden Satz ab, ich drängte mich nicht, aber ich ließ auch nicht locker: Bumm, nach einer oder anderthalb Stunden war die Glosse fertig, und sie war perfekt – für dieses Mal.
Die Zutaten für das erfolgreiche Schreiben waren also: nicht frieren, nicht schwitzen, nicht hungrig und nicht durstig sein, nicht satt sein, Konzentration, absolute Ruhe (sobald meine Frau und mein Sohn wach waren, war es Essig mit dem Schreiben, weil sie meine Aufmerksamkeit verlangten), das magische Gefühl, allein auf der Welt und mein eigener Herr zu sein, ein gewisses Maß an Koffein – und ein paar Züge von der Zigarette. Ich rauche heute nicht mehr. Aber die Pausen, die vom Rauchen erzwungen wurden, sind geblieben: Ich stehe auf und mache vielleicht ein paar Übungen mit den beiden Kurzhanteln, nicht viel, nur so, dass die Muskeln in Spannung bleiben und ein dünner Schweißfilm auf meiner Haut liegt. Ist es Sommer, latsche ich barfuß über den Rasen, ist es Winter hole ich mir kurz einen Kälteschock, indem ich vor die Tür trete und tief einatme. Gerüche, Geräusche, Assoziationen, das macht mich an. Ich höre sogar Stimmen. Geräusche sind nicht nur Geräusche, sie formen Laute und Worte, die mir zufliegen.
Ich lasse mich inzwischen täglich ins Leichentuch einnähen und ins Meer werfen – und ich habe keine Eile, das Messer zu gebrauchen, aber wenn ich das Leinen durchstoßen habe und tief atmend aufgetaucht bin, dann muss nicht mehr alles still sein, ich schalte die notwendige Stille in meinem Kopf ein, und nichts kann mich davon abbringen zu schreiben. Meistens. Es gibt Tage, da spüre ich beim Auftauchen, dass es nicht klappen wird. Warum? Etwas bedrückt mich, etwas macht mir Sorgen, ich bin nicht Herr meiner Zeit, weil ich eigentlich etwas erledigen müsste. Diese störenden Dinge müssen getan sein, und ich muss 80 mg Koffein auf 250 ml Kaffee haben, kalt oder warm, ist egal – dann kann ich schreiben.
Wir haben Mittwoch, den 29. Juli. 2009, es ist genau 22.49 Uhr.
Eigentlich ist das jetzt gerade eine ziemlich ungewöhnliche Zeit und Situation, in der ich diesen Text schreibe. Und eigentlich wollte ich auch keinen Text, sondern ein Gedicht zum Thema "So schreiben wir" verfassen. Doch nachdem ich die nette Einladung vorgestern bekam, hat sich meine Muse verkrochen.
Also, wie ich schon erwähnte, eigentlich schreibe ich ganz anders und schon gar nicht zu dieser späten Stunde.
Aber heute war so ein verrückter Chaostag und mein Geist will noch nicht schlafen, obwohl meine Kribbelfüße mich ständig daran erinnern, wie müde ich eigentlich schon bin.
Mein Mann hat sich bereits auf seine zwei mal ein Meter gelegt und schnorchelt hier im unteren, offenen Schlaf- und Wohnbereich leise vor sich hin, während meine Mädchen in der Etage über mir noch Musik hören und nun gerade den Soundtrack von Pearl Haber mitträllern.
Ich sitze am großen, buchefarbenen Esszimmertisch. Hier finden normalerweise acht Leute Platz, doch im Augenblick genieße ich die gesunde Einsamkeit und lass Wort für Wort, mit dem Werbekuli des DM- Drogeriemarktes, auf das billige Penny-Kopierpapier fließen.
Ich habe Zahnschmerzen, die nerven mich und lenken immer wieder meine Gedanken auf sich. Hinter mir an der Küchenwand tickt die mit vierzig Zentimeter Durchmesser große Bahnhofswanduhr. Die nervt auch. Und ich habe Durst. Das nervt auch.
Eigentlich trinke ich Kaffee, wenn ich schreibe, aber ich wollte heute Nacht auch noch irgendwann schlafen. Also hole ich mir jetzt erst mal eine große Flasche Mineralwasser und stopfe mir eine Zigarette und hoffe, dass das schreckliche Fußkribbeln dann endlich aufhört.
So, nun bin ich gut versorgt, hab mir schnell noch eine Paracetamol eingeworfen, damit der schlecht verwurzelte Backenzahn, ganz hinten oben rechts, Ruhe gibt. Noch pocht und tuckert er wie wild…und das Wasser prickelt im Plastikbecher, das nervt zusätzlich.
Nun habe ich auch noch Besuch bekommen. Ein Schneider hat es sich etwa fünfzehn Zentimeter rechts von meinem Papierstapel gemütlich gemacht. Seine bloße Anwesenheit nervt, aber ich strenge mich an, ihn gar nicht zu beachten, denn eigentlich wollte ich nun beginnen, aufzuschreiben, wie ich eigentlich schreibe, denn heut ist wirklich alles anders.
Normalerweise also, wenn mein Mann keinen Urlaub hat, die Kinder keine Ferien haben und es nicht gerade Wochenende ist, dann habe ich spätestens ab 7.20 Uhr in der Frühe sturmfreie Bude.
Meist ist mein erster Gang der zum Kopierpapierstapel, den ich dann gemeinsam mit einem Kuli neben meiner vollen Kaffeetasse und ein paar frisch gestopften Zigaretten, vor mir auf dem Esszimmertisch platziere.
Und ja, meist besucht mich nach wenigen Minuten absoluter Stille die Muse und liefert mir ein paar brauchbare Gedanken, die ich dann ziemlich schnell zu ersten Versen eines neuen Gedichtes in Form bringe und nieder schreibe. Manchmal bleibt die Muse etwas länger und schenkt mir sogar ein fertiges, fließendes, sinnreiches Gesamtwerk. Aber sie hat auch schlechte Tage, dann blitzt sie nur kurz auf und verschwindet mit dem Gedanken: Mach was draus! Ich habe dann die Wahl, entweder ich bastele mir ein Gedicht oder ich lass das Schreiben an so einem Tag besser ganz.
Ein fertig aufs Papier geschriebenes Gedicht ist aber auch noch lange nicht fertig, wenn es schon fertig aufgeschrieben ist. Ich lese es mindestens zehn Mal durch, ändere das eine oder andere Wort, zähle Silben, tausche Zeilen…
Wenn das Gedicht dann endlich fertig ist, ist es in dem krickeligen Wortgeflecht auf dem Zettel kaum noch zu erkennen. Dann schreibe ich es fein säuberlich auf ein neues Papier, lese wieder, ändere oder ersetze das ein oder andere Wort…
Manchmal landen auf diese Weise zehn Zettel im Papierkorb, bis ich endlich mit meinem Werk zufrieden bin. Danach leg ich es erstmal an die Seite, bis ich irgendwann Zeit und Lust habe, den Text in den Computer einzugeben, der dort natürlich auch wieder die eine oder andere Schönheitskorrektur über sich ergehen lassen muss, falls er zuvor das Glück hatte, auserwählt zu sein und nicht so, wie meine Werke "Zuviel" oder "Tritt ein, mein Licht", das Pech hat, ein Jahr lang unbeachtet in einer Ecke meines Kleiderschrankes zu verweilen.
Und auch, wenn ein Gedicht den Weg in meinen Computer gefunden hat, so ist das noch lange kein Garant dafür, dass es bald auf einer Plattform des WWW veröffentlicht wird.
Erstmal Abstand nehmen. Später noch eine letzte gründliche Untersuchung, Text auswendig lernen, viele eigene Gedanken dazu sammeln, und dann endlich geht er ab zum Leser.
Eigentlich kenn ich jeden meiner Texte, zumindest am Tag der Veröffentlichung, auswendig.
Inzwischen ist es 23.58 Uhr. Ich habe nun fünf Din-A4-Seiten voll geschrieben.
Mein Zahn tut nicht mehr weh, das Wasser ist endlich still, mein Mann schnorchelt nicht mehr, die Mädchen schlafen, plötzlich nervt die längst überhörte Uhr wieder, der Schneider hat sich heimlich davon gemacht und meine Augenlider werden immer schwerer.
Eigentlich ist mein Text nun fertig und ich werde ihn gleich morgen in meinen PC eingeben und noch einmal überarbeiten. Und dann ab damit zu MyStories und zu Thomas, der hoffentlich nachsichtig mit mir ist und freundlicherweise das ziemlich aufwendige Lektorat meines Textes übernimmt.
Denn eigentlich schreib ich ganz anders.
Na dann,
gute Nacht
Eure Lilie
SCHREIBEN
Ich kann nicht malen,
kann nicht singen –
alles, was mich bewegt,
muss zu Papier ich bringen.
Geschrieben habe ich schon immer. Ich füllte unzählige Tagebücher, verfasste seitenlange Briefe, schrieb beim Studium jeden Vortrag mit, obwohl es Skripte gab. Mein Lieblingsfach in der Schule war DEUTSCH – und beim Aufsatzschreiben war ich in meinem Element.
Doch zum "literarischen" Schreiben, zum Schreiben, um das es hier geht, fand ich erst mit über sechzig Jahren. Vor zehn Jahren las ich von einem Literaturwettbewerb – na ja, versuchst das einmal, dachte ich, schickte einige Kurzgeschichten ein – und wurde gleich mit einem Preis prämiert. Da kam ich sozusagen auf den Geschmack – das Schreiben ließ mich nicht mehr los, ich schrieb und schrieb – in sechs Jahren publizierte ich 5 Bücher, wirkte in Anthologien, Kalenderbüchern und Lokalzeitungen mit, gab Lesungen ...
Vor drei Jahren starb mein Mann – und schlagartig war alles aus. Wenn mich jemand fragte, wie es mir gehe, so folgte oft umgehend die Frage, ob ich noch schreiben würde – nein, antwortete ich wahrheitsgemäß, ich wüsste nicht, was ich mit einem Bleistift und einem Blatt Papier anfangen sollte. (Ich schreibe prinzipiell zuerst mal alles mit der Hand.)
Dann aber, vor einem Dreivierteljahr, zeigte mir eine Freundin MYSTORYS – schau da rein, meinte sie, lies ein bisserl und vielleicht hast Lust, selbst mitzuschreiben.
Und seither fließen die Gedanken wieder und die Gefühle drängen, auf das jungfräuliche Papier gebracht und mit Leben erfüllt zu werden. Ich verliere mich in der Welt der Buchstaben. Ein Gedankenanstoß, ein Gefühl, eine Beobachtung, alles, was mich berührt, beschäftigt, formt sich in meinem Kopf zu Worten, denen ich Leben einhauchen möchte.
Das Schreiben muss aus mir selbst herauskommen, auf Befehl schreiben – das kann ich nicht. Ich mach es zwar auch, doch werden diese Texte meistens nicht so gut. Der Gedankenblitz und die Spontaneität sind die zündenden Momente – oder Erinnerungen, die in mir aufsteigen – auch darin verliere ich mich oft – in Erinnerungen kann man längst Vergangenes noch einmal erleben. Heute kann ich mir mein Leben ohne Schreiben gar nicht vorstellen.
Mit dem Lesen hole ich mir die Welt ins Haus,
eure Gedanken und Gefühle,
eure Freundschaft.
Mit meinem Schreiben
möchte ich der Welt und euch
ein Stückchen von mir geben.
Doch fragst du mich,
WIE schreibe ich –
so muss ich dazu sagen:
Ich habe kein Konzept dazu,
stell keinen Zeitplan,
keine Regeln auf.
Schreib mal bei Tag,
und mal bei Nacht -
ich schreibe,
weil's mir Freude macht.
An manchen Tagen,
da find ich keine Ruh',
Gedanken durch den Kopf mir jagen,
beschäftigen mich immerzu,
Gefühle wollen sich in Worte kleiden,
drängen machtvoll auf's Papier,
und dann schreibe ich bescheiden
auf, was sie diktieren mir.
Das passiert beim Kochen mir,
beim Spazieren geh'n allein
oder wenn ich ruhe hier
am Sofa still im Kämmerlein.
Dann greif zum Bleistift ich sofort,
notiere folgsam Wort um Wort.
Wörter, die lebendig werden,
die Geschichten mir erzählen,
die mit mir weinen, mit mir lachen,
sich nach Glück und Liebe sehnen.
Steht dann ein Text auf dem Papier,
den meine Seele schrieb,
den ein Gedankenanstoß
mich zum "Dichten" trieb,
dann muss ich eingesteh'n:
Komm ich vom Schreiben
nicht mehr los,
so erfüllt es mich
mit Dankbarkeit,
dass mir diese Gab' gegeben,
denn sie bereichert
ungemein mein Leben!
Denn Schreiben wollte ich schon immer,
ich schreibe Gedichte,
schreibe Geschichten,
wollte immer schon dichten.
Doch nie und nimmer
hätt' ich gedacht,
dass so etwas süchtig macht
und dass es Menschen gibt,
die meine Texte auch lesen wollen,
die mir zuhören gar
und manchmal
auch ein Lob mir zollen.
Unglaublich find ich das –
und wunderbar!
Und dafür möchte ich auch euch
ein herzliches DANKESCHÖN sagen!
Eure Ingrid
Ob Praktikumsbeiträge, Geschichten oder Gedichte und sonstiges.
Bei allen Varianten sind die Art des Schreibens, die Motivation und vor allem die Ideen und Einfälle, das Wichtigste, das einen Autor ausmacht.
Man muss auch nicht die Hightech-Versionen von irgendwelchen Programmen haben oder irgendwelche ultrateuren Stifte und Papier, um eine herzzerreißende Story aufs Papier zu bringen.
Eine gute Geschichte ist für mich dann geschrieben, wenn man mitfühlen kann.
Meiner einer sitzt meistens vorm Rechner und das zu 98% meines Tages.
Die Uhrzeit, wie mir oft aufgefallen ist, ist bei mir stets um die Abendzeit, also so ab 20 Uhr.
Manchmal höre ich Musik, trinke einen Kaffe, ja sogar abends, habe etwas zu knabbern neben mir liegen, oder, falls ich keine Lust auf Wasser oder dergleichen habe, eine Flasche Cola-Orange-Mix.
Größtenteils schreibe ich meine Geschichten, wenn ich müde bin, denn viele Geschichten sind meine Träume. Oder meine Ideen für die Dinge stammen von dort.
Hat Vorteile, wenn man das schreibt, was man eigentlich gerade vor seinem inneren Auge oder in seinem Kopf tanzen und flackern sieht.
Dadurch fühle ich mich auch meinen Charakteren näher verbunden, bringe Leben in ihre Schalen und zeichne sie so, wie sie sind, sehr menschlich vor allem.
Kleine Schreibprojekte versuche ich, schnell zu erledigen, da mich am nächsten Tag entweder die "keine Lust"-Phase packt oder mir rein gar nichts mehr von dem gefällt, was ich am Tag vorher von mir gegeben habe.
Ein großer Regisseur, dessen Name ich leider vergessen habe, sagte einmal in einem Interview, das ich nachts um drei im Fernsehen sah, er lese sich das, was er schreibt niemals durch, denn dann gefalle es ihm nicht, oder er würde so lange daran herumwerkeln, bis es ihm einfach nicht mehr gefallen würde.
Oft habe ich versucht, mir das zu Herzen zu nehmen, aber ich bin schrecklich in solchen Dingen.
Ich lese mir manchmal zu oft meine eigenen Werke durch, finde hier und da Grammatik- oder Rechtschreibfehler, die zu genüge vorhanden sind, oder verändere wieder Vieles. Hier ist zu wenig Detail, da ist was zu viel, dann macht das Andere aber keinen Sinn mehr usw.
Deswegen brauche ich meistens Tage oder Wochen, bis irgendwas fertig ist.
Falls ich dann Lust habe, stelle ich den "Mist", den ich verzapft habe, online, statt ihn einfach gleich wegzuschmeißen.
Was lernen wir daraus?
Je schneller, desto besser. Und manche Menschen auf der Welt haben sich vorgenommen, Fehler aus Texten zu bügeln, die man selber nicht findet.
Man sollte den Betalesern echten Dank aussprechen!
Kennt ihr das?
Spätestens ab Mai, Juni bekommt man in manchen Geschäften die Kalender für das aktuelle und nunmehr bereits halb vergangene Jahr hinterhergeschmissen. Ich meine natürlich nicht den Apothekenkalender mit Omas Tipps für die kluge Hausfrau oder das Pin-up-Modell auf Hochglanzpapier für Papis Bastelkeller – nein, ich meine diese herrlich dicken, taschenbuchartigen Terminplaner, die selbst im Zeitalter des Notebooks noch nicht aus der Mode gekommen zu sein scheinen. Mindestens 365 Seiten, liniert und fast im Din-A-5-Format. Und auch noch durchnummeriert ... aber das nur nebenbei. Und den kleinen Bruder, den Taschenkalender, der, oft in Kombination mit einem werbeträchtigen Kugelschreiber, als Give-away den Kunden für den Rest des Jahres verpflichten soll, an den Zapfsäulen eben jener Tankstelle den Durst seines Autors zu stillen, deren Schriftzug auf dem Schreibgerät prangt. Äh, schrieb ich "Autors"? Quatsch, "Autos" meinte ich natürlich ...
Ja. Also. Diese Kalender sind es, die die Grundlage MEINES Schreibens bilden. Mindestens drei bis vier der größeren Exemplare und ein oder zwei kleine schwirren beständig um mich herum.
Ein Buch liegt natürlich im Büro, ein zweites, nicht ganz fettfleckfreies, in der Küche, ein drittes als Begleiter meiner Notenmappe in der Chortasche. Ich gestehe: Wenn der Bass mal wieder stundenlang an drei Takten herumproben muss, gehen meine Gedanken schonmal fremd – und meist verlangen sie dann danach, sofort notiert zu werden.
Ein Büchlein liegt im Auto und ein zweites schlummert selbstverständlich in meiner Handtasche. Nebst mindestens zwei Kugelschreibern, denn einer funktioniert garantiert gerade dann nicht, wenn man ihn am dringendsten braucht. Gelangweiltes Herumsitzen in ärztlichen Wartezimmern gehört damit ebenso der Vergangenheit an wie schlechte Laune im Stau auf der Autobahn. Beide Aufenthaltsorte können nämlich sehr inspirative Einblicke vermitteln: Der selbstvergessen in der Nase popelnde Cabriofahrer ebenso wie die mit lautem Flüstern Tipps über die Behandlung der Hämorrhoiden ihrer Ehegatten austauschenden, dauerwellbehelmten Damen.
Das wichtigste Buch aber liegt im Schlafzimmer auf dem Nachtschrank. So aufgeschlagen, dass die Digitalanzeige des Radioweckers genau den Teil ausleuchtet, der danach schreit, mit nächtlichen Gedankenblitzen gefüllt zu werden – und das möglichst so, dass ich nicht am nächsten Morgen ob der unleserlichen Hieroglyphen verzweifele.
Was meint ihr? Warum ich nicht einfach Licht anmache? Ihr seid wohl nicht verheiratet, was?
Unwirsches Knurren aus der linken Betthälfte ist dem Gedankenfluss nicht gerade förderlich.
Okay, ich schweife ab, sorry.
Tja, SO schreibe ich also.
Immer und überall.
Mit fettigen Fingern beim Bratkartoffeln machen, mit schnellen, stenoartig hingeschmissenen Notizen vor der Ampel, mit falschen Basstönen im Ohr ganz hinten links im Chor, halb über dem Nachtschrank liegend mit möglichst geräuscharmem Kugelschreiber oder – wie im Falle dieses Textes – morgens auf der Bettkante hockend, noch ungekämmt und mit dem eigentlich dringenden Wunsch, die Toilette aufsuchen zu wollen. Aber irgendwo MUSS man ja Prioriäten setzen!
Ach, eigentlich wolltet ihr wissen, wie meine Texte entstehen? Och, Leute, genauso wie bei euch: Mal sammele ich Worte wie unser Himmelskind, mal lasse ich mich von Büchern inspirieren wie Küken Bonnie, mal entwickele ich meine Texte eingehüllt in Wohlfühlambiente wie Thomas, dann wieder tropfen sie einfach so aufs Papier wie manchmal bei Punky. Mal schreibe ich und schreibe und schreibe, so wie es Seelchen hin und wieder passiert, und oft finde ich dann nach einem solchen Anfall auch nur Chaos auf dem Blatt vor, wie Lili es so schön ausdrückt. Massacios Art, mit Stille im Kopf zu schreiben ist mir ebenso vertraut wie Britta-Lilies "eigentlich ganz anderer Art zu schreiben". Auf Befehl schreiben kann ich ebenso wenig wie Ingrid und oft lebe ich lange gefangen in meiner eigenen Geschichte oder meinem Gedicht wie Lilian. Meist aber sind es Träume und Nachtgedanken wie bei Kazure, die mich zum Stift greifen lassen ...
Aber ob mir nun ein Text wie aus einem Guss aus den Fingern fließt oder ich noch tagelang an ihm stilistisch herumfeile, bis er ganz meinen Vorstellungen entspricht, ob ich in meine Kalenderbücher kritzele oder direkt am PC etwas entwickele, egal ... wichtig ist für mich, dass im Endeffekt etwas dasteht, mit dem ich mich identifizieren kann, auch wenn es oft „nur“ das LyrIch ist, das da spricht. Logisch, wenn alles, was ich in meinen – meist – Gedichten verarbeite, die wahre Gunda widerspiegeln würde, wäre ich wohl reif für die Klapsmühle.
Und dann ... lege ich Wert auf einen guten Schluss. Der muss nicht unbedingt in einer witzigen Pointe bestehen, Hauptsache, er lässt in mir ein gutes Gefühl zurück. Leider gelingt mir das nicht imm...
Mist...
...grinst sich GUNDA eins.
Was mich zum Schreiben animiert
Irgendetwas ist passiert, das merke ich, meine Finger kribbeln und ich werde zappelig. Etwas muss ich wahrgenommen haben, aber was genau ist mir nicht in Erinnerung geblieben. Vielleicht war es einfach bloß ein Auto, dessen Hupen mich aus der Konzentration gerissen hat oder ich habe einen Blick aus dem Fenster geworfen und einen Fußgänger beobachtet, der die Straße überquert hat, obgleich die Ampel bloß etwa 20 Meter entfernt ist. Dennoch gehe auch ich ständig über die Straße, weil es der kürzere Weg zum Einkaufen ist.
Dann öffne ich wie selbstverständlich meinen Notebook, lehne mich bequem auf der Couch zurück, öffne ein leeres Dokument, lege meine Finger auf die Tastatur und beginne wie selbstverständlich zu schreiben. Die Geschichte hat nicht das Geringste mit dem zu tun, was ich vorher gesehen oder gehört habe. Aber dennoch ist eben dies die Inspiration gewesen, die ich gebraucht habe. Kaum sind die ersten Sätze geschrieben, schalte ich den Fernseher ein. Oder manchmal auch meinen Musikplayer, je nach meiner Stimmungslage und abhängig davon, was gerade im Fernsehen läuft. Mein Blick liegt nur selten tatsächlich auf dem Laptopbildschirm, zumeist beobachte ich das Geschehen im Fernsehen oder lausche auf die Texte des Liedes das gerade läuft.
Das leere Blatt füllt sich mit Buchstaben, Worten und letztlich mit Geschichten oder Gedichten. Zumeist voll von Bildern. Eigentlich habe ich keine Ahnung was ich da eigentlich schreibe. Mir ist nicht tatsächlich bewusst, worum es darin geht, was ich versuche zu Papier zu bringen. Geschichten überarbeite ich auch später zumeist nie, lediglich an meinen Gedichten feile ich nicht selten noch ein wenig, verschiebe hier und da die Worte oder ändere die Satzstellung nochmals um. Das alles geschieht, bevor ich das Werk tatsächlich als Ganzes lese. Erst danach ist mir die Thematik bewusst, wird mir klar, worüber ich eigentlich geschrieben habe. Manchmal träume ich Nachts davon, mit Erschrecken stelle ich dann fest, dass ich eigentlich immer die Figur des Bösewichtes für mich beanspruche. Es ist wohl doch so, dass es reizvoller ist Dinge zu tun, die im Leben nicht erlaubt oder möglich sind.
Ich speichere das Dokument ab, stelle den Text online und schließe nicht selten den Notebook. Dennoch vergehen nur wenige Stunden, bevor ich schaue, ob es Kommentare gibt. Interesse ist eben doch vorhanden. Wer von uns möchte denn nicht wissen, wie seine Ideen ankommen?
Apollinaris :O) |
PhanThomas Re: Schöne Idee - Zitat: (Original von EagleWriter am 07.01.2012 - 03:03 Uhr) Habs tatsächlich geschaft mir alles durchzulesen Ein schönes Projekt das sich meiner Ansicht nach wirklich gelohnt hat. bitte Rechtschreibfehler zu Entschuldigen ist schon wieder verdammt spät wenn ich so auf die Uhr guck^^ Hey, vielen Dank! :-) Da seh ich ja grad, wie alt das Textlein hier schon wieder ist, puuuh! Aber hat Spaß gemacht, die Sammlung zusammenzustellen und schön, wenn sie dir gefallen hat. Viele Grüße Thomas |
EagleWriter Schöne Idee - Habs tatsächlich geschaft mir alles durchzulesen Ein schönes Projekt das sich meiner Ansicht nach wirklich gelohnt hat. bitte Rechtschreibfehler zu Entschuldigen ist schon wieder verdammt spät wenn ich so auf die Uhr guck^^ |
EagleWriter Nette Idee - - |
PhanThomas Re: Aaaalso, konnte noch gar nicht alles durchlesen - Zitat: (Original von baesta am 04.11.2010 - 20:04 Uhr) - ist zu viel auf einmal. Mach es aber wie Ute und hebe mir das in meinen Favos auf. Finde es aber sehr amüsant und werde es mir so nach und nach gänzlich durchlesen. Versprochen! Liebe Grüße Bärbel Hallo Bärbel, ja, so Gemeinschaftsprojekte werden mitunter schnell recht groß. :-) Freut mich, dass du schon mal reingeschaut hast. Liebe Grüße Thomas |
PhanThomas Re: Re: Re: so ein werk kann man sich nur aufheben und das geht am Besten, wenn man es als Favo sicherstellt - Zitat: (Original von UteSchuster am 04.11.2010 - 19:11 Uhr) Zitat: (Original von PhanThomas am 04.11.2010 - 19:08 Uhr) Zitat: (Original von UteSchuster am 04.11.2010 - 19:07 Uhr) Liebe Grüße Ute Hallo Ute, da sag ich doch danke schön im Namen aller Mitschreiberlinge! :-) Liebe Grüße Thomas ja das kann man sich nur als Lernhilfe bunkern, was ich so gelesen habe, ist alles sehr hilfreich. DANKE, liebe Grüße zu dir, Ute Gern geschehen! :-) Dafür ist's unter anderem ja auch da. lg Thomas |
UteSchuster Re: Re: so ein werk kann man sich nur aufheben und das geht am Besten, wenn man es als Favo sicherstellt - Zitat: (Original von PhanThomas am 04.11.2010 - 19:08 Uhr) Zitat: (Original von UteSchuster am 04.11.2010 - 19:07 Uhr) Liebe Grüße Ute Hallo Ute, da sag ich doch danke schön im Namen aller Mitschreiberlinge! :-) Liebe Grüße Thomas ja das kann man sich nur als Lernhilfe bunkern, was ich so gelesen habe, ist alles sehr hilfreich. DANKE, liebe Grüße zu dir, Ute |