Beschreibung
4. Kapitel
Lektoriert von Frank O.
Atemlos lief ich auf die Männer zu und wedelte wild mit den Armen in der Luft herum. Noch immer prasselte der Regen unaufhörlich vom Himmel, sodass ich durchnässt war als ich den Streifenwagen erreichte, aus dem auch prompt ein Officer stieg. “Sie müssen mir helfen! Schnell, jemand hat uns angegriffen!” Ich vermied es trotz aller Furcht den Begriff Zombie aufzuwerfen, da man mir so etwas ohnehin nicht glauben würde. “Beruhigen Sie sich Miss!”, rief der Polizist mir zu und griff einsatzbereit zu seiner Dienstwaffe, zog sie aber noch nicht. “Was genau ist denn passiert?” Ich warf einen Blick zurück, da ich dachte dass Flynn, oder besser gesagt Zombie-Flynn, schon gierig hier auftauchen würde, sodass jegliche Erklärung unnötig werden würde. Doch da war niemand. Kein Anzeichen von einem Untoten der mich verfolgte. Ich sah den Polizist an und er merkte, dass ich verstört wirkte.
“Es gab einen Unfall. Ein anderer Officer brauchte Hilfe und gemeinsam mit dem Fahrer und dem Sanitäter des Rettungswagens gingen sie zur Unfallstelle, doch sie sind alle tot.”, brachte ich mit bebender Stimme hervor und versuchte die Tränen zurückzuhalten. “In Ordnung. Bleiben Sie hier. Ein Sanitäter wird sich um Sie kümmern.”, versuchte der Polizist beruhigend auf mich einzureden, als auch schon zwei Sanitäter aus dem herbeigekommenen Rettungswagen stiegen. Einer der beiden behandelte mich sofort, während der Andere gemeinsam mit dem Polizist zum Rettungswagen lief, aus dem ich kam. Durch den Regen waren sie schnell außer Sichtweite und so wandte ich meinen Blick zu dem Sanitäter. “Sie haben wohl einiges durchgemacht, hm? Aber keine Sorge, jetzt bin ich für Sie da und alles wird gut.”, sprach er mit ruhiger Stimm. Sorgsam wusch er mir das Blut, welches nicht meines war, aus dem Gesicht und von den Händen. Dann untersuchte er meinen Kopf auf Verletzungen, doch fand nichts vor. “So wie es aussieht haben sie noch eine Menge Glück gehabt. Keine äußeren Anzeichen von Verletzungen, bis auf ein paar kleine Schürfwunden.”, sagte er analytisch vor sich her und musterte mich noch ein wenig.
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Es vergingen ein paar Minuten und ich war angespannt. Das war kein Wunder, da ich wusste, dass Zombie-Flynn hier immer noch umherschlurfen konnte. Mein Blick irrte umher und das bemerkte auch der Sanitäter. “Was ist los? Du wirkst so nervös.” Ich sah ihn an und lächelte kurz um es zu überspielen. “Es ist nur… ich… ich hatte noch nie einen Unfall miterlebt.”, stotterte ich ein wenig gekünstelt vor mich her und fand mein Schauspiel selbst schon grausam schlecht. Doch anscheinend fiel es dem Sanitäter nicht auf. “Hey. Das kann jedem mal passieren. Glaub mir, da bist du nicht die Erste.” Ich lächelte noch einmal verlegen, dachte mir aber ‘Wenn du wüsstest was ich gesehen habe, würdest du das nicht mehr behaupten.’
Plötzlich griff jemand an die Türe des Rettungswagens und ich erschrak fürchterlich, da ich dachte es sei Flynn. Ich wollte schon zu einem Schlag ausholen, doch ich erkannte dass es der andere Sanitäter war. “Öhm Johnnie, würdest du mal bitte mitkommen!”, sagte er zu seinem Kollegen und vermied es mich dabei anzusehen. Zögerlich erhob sich mein mich behandelnder Sanitäter und entfernte sich ein paar Schritte, sodass ich nicht hören konnte worüber sie redeten. Während ihrem Gespräch warfen sie mir allerdings sehr merkwürdige Blicke zu, so dass ich schon ahnte dass etwas nicht stimmen konnte. Kurz darauf gesellte sich auch der Polizist zu ihnen, hielt kurz Absprache und kam dann auf mich zu, während die beiden Sanitäter zu dem Rettungswagen gingen der zuvor von Flynn attackiert wurde.
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“Wie fühlst du dich Kleine?”, fragte der Polizist scheinbar besorgt. “Ich bin noch etwas durcheinander und kann das alles noch gar nicht fassen.”, stieß ich in einem Atemzug aus und sah zu Boden. “Wenn du dich aber dennoch stark genug fühlst… !”, sagte er ohne den Satz zu beenden und sah mich erwartungsvoll an. “Was dann?”, fragte ich leicht verunsichert. “Ich bräuchte deine Hilfe. Du müsstest für mich jemanden identifizieren.” Mein Blick war wohl ebenso fragend wie abweisend, und so räusperte sich der Polizist. “Du bist die Einzige die da helfen kann befürchte ich. Also wenn du so freundlich wärst… !” Wieder beendete er nicht seinen Satz, sondern machte nur eine winkende Handbewegung welche mir symbolisierte, dass ich aufstehen und ihm folgen sollte. Somit tat ich dies und ging ihm vorsichtig hinterher. Er bewegte sich zunächst zum Straßenrand und wartete dort. Als ich ihn erreichte, schritt er über die Leitplanke und somit auf Ackerland, welches sich matschig um seine Füße schlang. “Ich würde es dir ja eigentlich nicht zumuten, aber… !”, sagte er und hielt mir seine Hand hin, um mir über die Leitplanke zu helfen. Wieder beendete er nicht den Satz.
War es denn so schwer ganze Sätze zu sprechen? Ich hielt ihn schon fast selbst für einen Zombie. Doch da er mich nicht angriff, verwarf ich den Gedanken wieder. So folgte ich ihm weiter über das Feld und ich versuchte nicht auf dem Matsch auszurutschen. Nach einigen Metern erschrak ich kurz. Dort lag das Rohrstück, welches ich Flynn in den Kopf rammte. “Kommt es dir bekannt vor?”, fragte der Polizist als er meinen Blick bemerkte. Es war zu spät um zu Lügen und so nickte ich einfach. Ohne weitere Fragen zu stellen, schritt der Polizist weiter voran. Ich folgte ihm mit leicht gesenktem Haupt und mich erwartete dann ein Anblick der mich in Panik versetzte. Ich wollte Schreien, doch das blieb mir im Halse stecken. Vor unseren Füßen lag Flynn, regungslos. Es schien so trügerisch, doch der Polizist hockte sich zirka auf Bauchhöhe neben ihn hin.
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“Ist dies einer Ihrer Kollegen aus dem meeresbiologischen Institut?”, fragte er mich mit trockener Stimme und sah mich an. Ich brachte keinen Ton raus und starrte nur auf den vermeintlichen Leichnam. “Hast du mich verstanden Kleine?”, wiederholte er nochmals ohne den Blick von mir abzuwenden. Ich nickte. “Ja. Sein Name ist Flynn McBoyle.”, antwortete ich zögerlich und verschränkte die Arme vor meinem Brustkorb, da mir beim Anblick eiskalt wurde. “Tut mir leid, dass ich dir das zumuten musste Kleine!”, sprach der Polizist und verstummte kurz. In diesem Augenblick glaubte ich, dass sich Flynn bewegt hatte und mein Blick verwandelte sich in ein energisches Starren. Da der Polizist aber nicht mehr zu mir sah, sondern sich genüsslich eine Zigarette drehte, bemerkte er dies wohl nicht. Stattdessen sprach er weiter vor sich her, während er am Glimmstengel bastelte. “Weißt du, ich musste dich einfach fragen, denn die anderen Leichen… nun ja… sagen wir mal, das Feuer hat da ganze Arbeit geleistet.”
Erneut regte sich Flynn und diesmal war ich mir sicher, dass ich mir das nicht bloß eingebildet hatte. “Wie kam es eigentlich dazu? Also, das mit dem Benzin. Weil, da sind noch ein paar Ungereimtheiten.”, stieß der Polizist fast beiläufig aus und leckte dann genüsslich über das Blättchen der fast fertigen Zigarette. Ich hob meine Hand und deutete auf Flynn, während ich zurückwich, doch der Polizist bemerkte es nicht. Flynn war im Begriff sich zu erheben, als ich unerwartet über das Rohrstück stolperte. Sofort griff ich es mir und rannte mit der Spitze im Anschlag auf den Zombie zu. Nun richtete auch der Polizist seinen Blick auf, doch schaute zu mir anstatt zu dem zuckenden Leichnam. Erschrocken wollte er nach seiner Dienstwaffe greifen, da er die Situation falsch interpretierte und dachte, dass ich ihn angreifen wollte, doch dazu wäre es für ihn dann schon zu spät gewesen. Mit einem wagemutigen Sprung, bei dem der Polizist selbst auswich, rammte ich Flynn die Spitze in die Brust, und damit auch sofort ins Herz. Er zuckte kurz, doch sackte dann zunächst leblos zusammen. Ich ahnte, dass das Trügen würde und zog das Rohr aus ihm heraus, um erneut zuzustechen. Sein Blut triefte herab und prasselte auf mich, als ich gerade das Rohr über meinen Kopf ragte und zustechen wollte. Mit einem Ruck schlug es mir der Polizist aus meine Hände.
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“Kleine, bist du vollkommen wahnsinnig?”, brüllte er mich an und warf sich auf mich. “Sie müssen mich loslassen. Er wird uns sonst angreifen!”, schrie ich hysterisch und versuchte mich loszureißen. Doch der geschulte Griff des Polizisten saß und ich kam nicht frei. “So verstehen Sie doch. Er ist nicht tot. Er lebt. Und er wird wieder versuchen mich umzubringen. Er wird uns alle umbringen.”, schrie ich ihn mit einer Mischung aus Flehen und Wut an. Er zerrte mich auf die Füße und legte mir Handschellen an. Aus dem Hintergrund sah ich die Sanitäter heranlaufen. “Wenn er wirklich noch gelebt hat, Kleine, dann ist er spätestens jetzt nach deinem Angriff tot. Beruhige dich!”, warf er mir harsch entgegen. “Was ist denn hier los?”, fragte einer der beiden Sanitäter überrascht als sie uns erreicht hatten. “Sie ist hysterisch. Könnte ein Schock sein. Ich weiß ja nicht was sie hier erlebt hat.”, antwortete ihm der Polizist. “Ich bin nicht hysterisch. Es ist wahr was ich sage.” Sofort nach dem ich den Satz aussprach, war mir bewusst wie verrückt es für die Männer klingen musste. Aber es war ja wirklich die Wahrheit und ich wollte sie nur warnen. Natürlich glaubten sie mir nicht. “Wir bringen sie besser erst einmal zum Rettungswagen und dann sollten wir sie im Krankenhaus mal checken.” Ich antwortete nicht, da ich einfach nur weg wollte. Alles würde sich doch wohl klären lassen. Ich hoffte darauf und ließ mich zurück zum Rettungswagen bringen.
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Die Männer sprachen erneut miteinander als ich im hinteren Teil des Wagens saß und mich in eine Decke hüllte. Ich zitterte am ganzen Körper, was eine Mischung aus Furcht und Kälte war. Sie einigten sich darauf, dass mich Johnnie, also der Sanitäter der mich auch behandelte, zum Krankenhaus fahren sollte, während die beiden Anderen am Unfallort blieben um dort alles wieder in geordnete Bahnen zu bringen. So geschah es dann auch und Johnnie und ich fuhren los. Ein wenig erleichtert hockte ich wortlos und zusammengekauert auf der Trage im hinteren Teil des Wagens. Ich wippte vor mich her und als Aussenstehender hätte man das sicherlich als die Handlung einer Irren abtun können, doch ich tat dies um etwas Wärme in meinen Körper zu bringen. Johnnie blickte immer wieder in den Rückspiegel und schien besorgt zu sein. “Alles in Ordnung bei dir?”, fragte er einfühlsam, doch ich hörte nur mit dem Wippen auf und antwortete nicht. “Auch wenn du vielleicht äußerlich nicht viel abbekommen haben magst, so scheint es dich sehr im Inneren getroffen zu haben was da geschah.” Ich legte meinen Kopf auf meine Knie und eine Träne rann mir die Wange. Plötzlich ging das Funkgerät.
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“EMT 92 70! Hören Sie mich? Over!”, drang die männliche Stimme eines Dispatchers heraus. Johnnie nahm das Funkgerät an sich. “Hier EMT 92 70! Was gibt es denn? Over!” “EMT 92 70! Da gab es wohl ein Unglück am Hafen. Ein Forschungsboot mit Wissenschaftlern ist ungebremst in den Pier gekracht. Scheinbar gab es Probleme auf See, denn nur zwei Überlebende wurden aufgefunden, beide schwerverletzt. Over!” “EMT 92 70! Habe verstanden. Aber was wollt ihr jetzt von mir? Over!” Kurz schien Stille zu herrschen und dennoch versuchte ich dem Gespräch zu lauschen. Es schien alles schief zu laufen an dem Tag. Plötzlich kam eine Antwort aus dem Funkgerät. “EMT 92 70! Der Unfall am Hafen hat Priorität. Sie müssen ihren Patiententransport an die psychiatrische Abteilung von Queensland übergeben. Setzen Sie sie einfach dort ab, die Ärzte werden schon vorbereitet sein. Danach fahren Sie sofort zum Hafen. Verstanden? Over!” Johnnie schüttelte den Kopf. “Das ist doch Schwachsinn!”, sagte er leise vor sich her, bevor er das Funkgerät wieder an seinen Mund hob. “EMT 92 70! Ist kein anderer Wagen verfügbar? Da muss doch einer in der Nähe vom Hafen sein. Over!” Doch die Antwort kam prompt. “Negativ EMT 92 70! Wir haben es versucht. Alle möglichen Wagen die dort in der Nähe sein sollten, haben wir angefunkt, aber es gab keine Antwort. Das selbe Problem hat auch die Polizei. Wir wissen nicht genau ob es ein Problem mit dem Funk ist, aber da so ein Sturm tobt, scheint wohl etwas mehr am Hafen los zu sein. Also machen Sie, was von Ihnen verlangt wurde. Es darf keine Zeit verschwendet werden. Over!” Mit widerwilligem Gesichtsausdruck und eben solcher Stimme antwortete Johnnie. “Habe verstanden! Over!” Dann legte er das Funkgerät wieder zurück. “Tja, so wie es aussieht, werden sich unsere Wege trennen. Aber hab keine Sorge, man wird sich gut um dich kümmern dort. Deine Eltern werden auch benachrichtigt, sodass sie schnellstmöglich bei dir sein werden.”, versuchte er beruhigend auf mich einzureden. Da mir aber alles Recht war, nur nicht wieder zurück zu müssen, blieb ich still.
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Wenig später fuhren wir dann auch schon bei der Psychiatrie vor. Durch das Unwetter wirkte es so beängstigend, wie man sich so ein Gebäude nur vorstellen konnte. Es fehlte nur noch das wehleidige Gestöhne der Verrückten. Johnnie hielt abrupt. “Nun denn, lass uns schnell reingehen.”, sagte er und öffnete sogleich die Türe um auszusteigen. Ich folgte ihm rasch ins Gebäude, wo schon der leitende Direktor der Anstalt wartete. “Hallo Johnnie! Mir wurde schon gesagt was los ist. Heute scheint wohl ein anstrengender Tag für euch Jungs zu werden, was?”, sprach der ältliche Mann. Der Sanitäter lächelte kurz. “Ja, es ist einer dieser Tage, der schon früh zeigt, dass er kraftraubend sein wird.” “Mach dir keine Gedanken, wir werden uns um die Patientin kümmern. Kurze Diagnose deinerseits?”, fragte der Direktor knapp. Es folgte Fachchinesisch, bei dem ich nur ein paar Happen herauspicken konnte um sie wirklich zu verstehen. So diagnostizierte der Sanitäter wohl ein Trauma, welches durch das radikale Erlebnis das ich erlebte, ausgelöst wurde. Der Direktor nickte nur. “Wir werden wie gesagt gut für sie Sorgen bis ihre Eltern da sind. Du kannst also unbesorgt gehen!”, sagte der Direktor in einem väterlichen Ton. Johnnie hob die Hand zum Gruß und verschwand eilig, während nun der ältere Mann auf mich zukam.
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“Hallo. Mein Name ist Maxwell Harcomb, Miss Philips! Ich bin der Leiter dieses Instituts. Es muss ein harter Tag für Sie gewesen sein. Vielleicht wollen Sie erst mal mitkommen, damit wir sie untersuchen können. Wenn Sie möchten, können wir Ihnen auch ein leichtes Beruhigungsmittel geben. Aber bitte folgen Sie mir doch erst mal.” Mit forschem Schritt ging er voraus und somit tiefer ins Innere. Von Außen wirkte es noch so bedrohlich, doch hier im Inneren zeichnete sich ein ruhigeres und freundlicheres Bild ab. Es wirkte zumindest nicht wie ein Zentrum für gepeinigte Seelen. So folgte ich ihm weiter, bis wir in ein Behandlungszimmer kamen.