Beschreibung
Gefährlich: Leben wie in einer Seifenoper
Der Film „Latin Boys Go To Hell“ von Ela Troyano
Der Film ist zugleich Melodram aus der Welt junger Latinos in Brooklyn und Parodie auf mexikanische Seifenopern. Für diese steht beispielhaft „Dos Vidas“, aus dem immer wieder Sequenzen in die Filmhandlung eingeblendet sind. Folge für Folge geht es im TV um einen Mann, der insgeheim zwei Zwillingsschwestern verbunden ist. Als die Erstgeliebte hinter den Sachverhalt kommt, sinnt sie auf Rache und richtet die Pistole auf den Treulosen: „Deine Zeit ist um!“
Leidenschaft kann also tödlich sein, auch in der Haupthandlung. Von deren fünf Hauptpersonen überlebt nur eine. Unter vier fast zu gut aussehenden jungen Männern bewegt sich Andrea (Jennifer Lee Simard). Sie hat ein enges platonisches Verhältnis zu Braulio (Alexis Artiles). Zwar kommt ihm schon mal der Gedanke, sie zu heiraten, und einmal küsst er sie sogar spontan – doch er ist auf Carlos (Mike Ruiz) fixiert, ihm geradezu verfallen. Braulio versäumt keine Folge von „Dos Vidas“.
Andrea scheint Ersatz für Braulio in Angel (John Bryant Davila) zu finden. Er ist vor kurzem aus Chicago nach Brooklyn übergesiedelt und bei Verwandten untergekommen. Sein noch sehr junger Cousin Justin (Irwin Ossa) hat sich prompt in ihn verliebt. Doch Angel will bei aller Sympathie für den Vetter nur mit Andrea ins Bett. Justin versäumt ebenfalls keine Folge von „Dos Vidas“.
Carlos ist die personifizierte sexuelle Libertinage. Selten kommt Treulosigkeit so offen und zugleich so warmherzig einnehmend daher. Braulios exklusive Anhänglichkeit, seine starke Eifersucht werden Carlos bald lästig. Zudem hat er ein Auge auf Justin geworfen. Als Braulio erfährt, der Angebetete sei hier an sein Ziel gekommen, verwandelt sich Liebe in wahnsinnigen Hass. Wie die mordende Zwillingsschwester tötet er den Treulosen – und verstümmelt ihn hinterher.
Braulio findet keine Ruhe, er will auch noch Justin umbringen. Andrea, der er die Tat gestanden hat, sucht ihn zu entwaffnen und wird in dem entstehenden Handgemenge selbst getötet. Bei einer Vernissage zu Ehren des toten Carlos treffen Braulio und Justin aufeinander, und zwar auf der Dachterrasse eines Hochhauses. Angel ist auch anwesend und wirft sich, als Braulio auf Justin zielt, vor den Cousin. Der Mörder kann kein zweites Mal schießen, er stürzt sich in die Tiefe.
Melodram und Parodie vertragen sich überraschend gut miteinander. Das liegt vor allem am raschen Tempo des Films, an der Realistik seiner Schauplätze – allein schon die Disco-Szenen sind sehenswert – und am Einsatz zahlreicher die Welt der Latinos charakterisierenden Details: Puppen, Masken, Devotionalien. Sehr stimmig auch die experimentell angehauchte Musik von Ari Gold. Wieder einmal wurde bewiesen: Das Leben ist vor allem eine Seifenoper – und noch dazu die bessere im Vergleich mit jenen auf der Mattscheibe.