Die Anfahrt
Am Donnerstag nach der Arbeit wurde ich mir der Tatsache bewusst, dass mich jemand per SMS versuchte zu kontaktieren. Eine Inhaltsuntersuchung ergab, dass mir die Frage gestellt wurde, ob ich nicht am Wochenende Lust hätte in einen Freizeitpark zu fahren.
Nun war ich ein wenig verwundert, da der Freund eigentlich weiß, dass ich kein Geld für einen solchen Unfug habe und auch sonst solche Orte meide wie die Pest. Eigentlich jeden Ort, wo eine größere Menschenansammlung nutzlos zusammenkommt. So fragte ich erstmal via SMS nach, wann es denn stattfinden sollte und wer bei diesem Unterfangen dabei wäre. Die Antwort mit den Namen und dem Tag hatte dann sehr viel Aufschluss über Ideenursprung, Planung und mögliche Konsequenzen für mich ergeben.
Erst am Abend wurde genaueres per Internet besprochen, da man in meinen Kreisen das Telefon eher meidet. Es sollte nach Holland gehen.
Nach einer kurzen Unterredung wurde mir dann auch klar, dass ich selbstlos einwilligen muss, da die Konsequenzen für das Gegenüber unangenehmer ausfallen würden, als für mich. So ergab ich mich in mein Schicksal und wartete den Tag ab.
Dieser ist dann heute (11.07.2009) auch gekommen. So nahm ich also ein Frühstück ein, wovon bezweifelt wurde, dass ich überhaupt im Stande wäre dies zuzubereiten (nicht wegen motorischer Fertigkeiten, sondern dem willentlichen Einsatz). Gestärkt traf ich also den Freund (um die Sache ab hier zu erleichtern, nenne ich ihn Peter) an und wir machten uns auf den Weg zum Abfahrtsort. Mit Peter wechselten wir auf dem Weg einige geistreiche Gesichtspunkte im Bezug auf die Veränderung in unserem Viertel und kamen zu dem Schluss, dass es mit der Jugend abwärts geht und diese "Stadt" bald wirklich nur noch ein Vorort des Vorortes sein wird.
Am Abfahrtort angekommen, mussten wir erfahren, dass der Fahrer und seine bessere Hälfte (zur Vereinfachung Fahrer=Karl, bessere Hälfte=Annett) nochmal nach oben müssen. Das Navi hat den Geist aufgegeben und aus diesen Grunde musste nun eine Wegbeschreibung schnell ausgedruckt werden. (Dies sollte später ein unvergesslicher Augenblick für mich werden)
Nun ging es also los. Über die Autobahn Richtung Holland wurden einige Themen angeschlagen, während die Musik fröhlich lief, und wieder verworfen. Wobei Peter und Karl die meisten Unterredungen hatten, da es meistens um Autos ging. Ich habe in der Zwischenzeit die Landschaft bewundert und ab und an einen Wortfetzen eingeworfen, damit es nicht so aussieht, als hätte ich mich in Luft aufgelöst.
Nachdem wir die Grenze hinter uns gelassen hatten, wurde es zunehmend lustiger im Auto. Lustiger für die männlichen Insassen wohlgemerkt. Denn auf der Autobahn dort sind 120 km/h vorgeschrieben und wir alle waren solch ein Tempo nicht sonderlich gewöhnt. So fingen einige interessante Gesprächsthemen an. Beim ersten Halt auf einem Parkplatz wurden einige Wünsche zur örtlichen Spezialität geäußert. Naja, das grüne Zeug halt, was gerne mal verbrannt wird. Und irgendwie war es auffällig, dass die meisten Autos aus dem gleichen Ortskreis kammen, wie wir. Uns sollte es aber nicht länger kümmern. So nahmen wir also wieder die Fahrt auf.
Das Fahrverhalten der Holländer kann man nur als respektabel bezeichnen. Da die Geschwindigkeit, die man fahren darf, nicht unendlich beträgt, scherten die Fahrzeuge nach einmaligem Blinken in die kleinsten Lücken ein. Es war unglaublich.
Ich weiß, dass es ein schlimmes Klischee ist, dass Frauen als Beifahrer schrecklich sein können, aber wenn das Klischee stimmen würde, so wären Frauen als Navigatorinnen noch schlimmer. Denn Annett hatte die ausgedruckte Wegbeschreibung in der Hand und navigierte uns auf der unbekannten Autobahn Richtung Freizeitpark. So wurden wir erstmal auf die falsche Ausfahrt gelotzt und nur durch mein beherztes Eingreifen unter dem Hinweis auf die Schilder, konnte das erste Unglück verhindert werden. Auf der Fahrt war Annett dann doch zu Zeiten ein wenig aufgebracht, da wir drei Kerle Besserwisser und Klugscheißer sind und so lebhaft über Sachen, wie "Stromfluss - elektisch und natürlich" oder "Gravitationseinwirkungen auf den Körper", diskutierten. Ich verstand auch warum sie aufgebracht war, aber es war schlicht und ergreifend lustig. Denn hinzu kommt, dass auch alle drei einen seltsamen Sinn für Humor hatten und nicht gleich Rücksicht auf Annett nahmen.
Danach hatten wir noch einmal einen Richtungswechsel nötig, denn komischerweise wurde die Ausfahrtsnummer kleiner, statt größer zu werden, wie es eigentlich für unsere Ausfahrt der Fall hätte sein sollen und schon haben wir die Autobahn verlassen.
Ab hier wurde es dann erst recht lustig, denn, wie ich schon sagte, kannte von uns keiner den Weg und es konnte auch keiner Holländisch. Die ausgedruckte Wegbeschreibung führte uns über einen, wie es aussah stättischen Vorort, wo mit klarem Verstand man davon ausgehen musste, dass es dort keinen Freizeitpark in der Nähe gab. Aber die Fahrstreckenangaben waren die Krönung. Denn die aufgezeigten Straßen auf dem Plan, haben wir gefunden, jedoch wurden aus 0,1 km komischerweise 2 km und aus 0,3 km (wo Annett im ersten Moment von 30 Metern ausging) mindestens 5 km. Wir fragten uns schon, ob hier eine andere Umrechnung im Spiel sei. Wir hatten jedenfalls eine schicke Spazierfahrt über ländliche Gegenden und sahen auch Klonkühe. Oder wie erklärt man sich, dass alle Kühe einen gleich langen weißen Streifen um ihren Bauch haben und sonst schwarz sind? Es wurde die Vermutung geäußert, dass ein Tättowierer üben musste. Wir konnten nur nicht klären ob mit der weißen oder der schwarzen Farbe.
Nach mindestens 30 Minuten, wo wir dem Weg auf dem Plan folgten, gaben wir ihn schließlich auf. Er konnte einfach nicht stimmen. So fuhren wir dann in die Richtung eines Ortes, an welchen sich Annett noch erinnerte. Annett war nämlich schon mal dort gewesen, als sie einen Klassenausflug gemacht hatte. Blöd war nur, dass sie mit dem Bus dahingefahren ist.
Wir verfuhren uns also ein wenig. Doch weit waren wir nicht wirklich vom richtigen Weg gewesen. Männlicher Instinkt hatte uns geführt. Jäger und Sammler. Natürlich nicht ganz. Wir hielten einen netten, älteren Mann auf einem Fahrrad an und fragten nach dem Weg zum Dolphinarium oder dem Park. Wir hielten mitten auf der Straße wohlgemerkt. Es dauerte eine Weile und wir erhielten die nötigen Infos und fuhren, nachdem wir uns bedankten, weiter. An dieser Stelle muss ich nochmal meine Bewurderung und Hochachtung den Holländern entgegenbringen. Keiner der hinter uns stehenden Fahrzeuge hatte auch nur einmal die Hupe oder sonst ein Anzeichen von Ungeduld oder Missmut geäußert. Sie umfuhren uns einfach nach einer kurzen Wartepause.
Wir fanden das Dolphinarium und ab diesem Zeitpunkt setzte tatsächlich allein der männliche Instinkt ein. Schilder hatten wir keine und auch sonst wussten wir keine Richtung, aber nachdem ich einige Richtungsvorschläge tätigte, fanden wir tatsächlich ein Schild, welches uns den Weg zeigte. Das ist Können.
Allein die Zahlen neben den Ortsnahmen stifteten bei uns immernoch verwunderung. Denn dort schien es, genauso wie auf dem ausgedruckten Plan, eine nicht korrekte Umrechnung zu geben. 2 Km wurden auf einmal zu 20. Aber die Aussicht war toll und wir fanden den Park.
Der Parkaufenthalt
Wir kamen also, wie gesagt, im Park an. Wobei eigentlich eher erst der Parkplatz der Ankunftsort war. Die Laune von Annett hatte ein schönes Tief erreicht. Aber nicht, weil wir sie so weit gebracht hatten, sondern weil sie dringend musste. Sie legte also einen recht zügigen Gang zur nächsten Örtlichkeit mit uns ein. Es war interessant zu sehen, wie sich der Schritt beschleunigte, als das erhoffte Ziel in Sicht kam.
Nachdem sie und auch wir uns Erleichterung verschafften, gingen wir rein. Es hatte geregnet. Es war die ganze Zeit schon bewölkt gewesen. Ich hatte ein Stimmungshoch, was ich von den anderen nicht behaupten kann. Die erste Achterbahnfahrt wäre beinahne geplatzt, weil es regnete. Es ging aber sofort weiter, weil es ein Minutenschauer war. So nahmen wir, unter Begleitung meiner Hinweise auf den dritten Teil von Final Destination, Platz in der Bahn. Es war eine richtig starke Fahrt gewesen. Die Fahrt ansich eigentlich nicht, aber die Beschleunigung erfolgte in einem dunklen Tunnel und so hatte man das Gefühl einer höheren Geschwindigkeit. Es wurden Lupings und Schrauben gemacht. Es war einfach herzbeschleunigend. Wie schön es war, konnte man an meinen Handflächen sehen, denn meine Nägel haben sich durch die Fliehkräfte und das Festhalten in das Fleisch gebohrt.
So wurde eine Bahn nach der anderen bestiegen. Ich setzte bei einigen aus, da diese nicht mit meinem Magen zu vereinbaren gewesen wären. Eine solche jedoch habe ich bestiegen. Mein Magen dankte mir später, dass wir wieder auf die Bahnen gingen, wo es hoch und runter ging und nicht Querbeet. Obwohl ich sagen muss, dass es auch schlimmer hätte kommen können, denn in dieser Bahn, wo es sich gut drehte, übergaben sich auch zwei Personen, was ich von Peter später erfahren habe. Glücklicherweise hatte sich mir dieses Bild entzogen.
Es würde nun zu lange dauern jede einzelne Fahrt zu beschreiben und so will ich es abkürzen, indem ich nur noch ein paar ausgewählte hier beschreibe.
Eine dieser Bahnen war der "Goliath". Es war eine Bahn, bei welcher man mit einer starken Geschwindigkeit ca. 40 m nach unten saust und dann wieder über eine längere Anhöhe in Kurven und Steigungen zum Ausgangspunkt kommt. Dabei werden aber die Fliehkräfte sehr gut zum Einsatz gebracht und man sollte auch die Aussicht nicht unterschätzen, welche man in so einer Höhe in dem Wissen, dass allein eine Stange und ein Gurt den freien Flug verhindern.
In einer anderen Bahn saß man ohne Boden unter den Füssen in einem Sitz und wurde durch die Gegend geschleudert. Dabei waren auch Schrauben und Kopffahrten nichts ungewöhnliches. Allein die Tatsache, dass die Ohren bei allen Vieren von uns gelitten hatten, weil die Halterungen scheinbar so schlecht oder auch die Kräfte zu einseitig waren. Jedenfalls war diese Fahrt nur einmalig.
Nachdem wir die meisten Bahnen durch hatten, wiederholten wir die Fahrt mit "Goliath" zwei Mal hintereinander. Wie ich schon sagte, war der Tag zu Anfang sehr verregnet und auch bewölkt. Leider klärte sich die Wolkendecke später auf. Doch glücklicherweise ist der Andrang ausgeblieben, so dass wir nur selten wirklich längere Zeit anstehen mussten. Und auch die Fahrt mit der Tunnelbeschleunigung machten wir noch mehrere Male.
So verging die Zeit. Der Park war im Begriff zu schließen und wir machten uns auf den Heimweg.
Der Heimweg
Wie ich schon vorhin beschrieben hatte, haben wir den Weg allein durch den männlichen Instinkt gefunden. Leider erschöpfte er sich durch den Aufenthalt im Park damit. Wir haben noch leicht den Weg gefunden, der uns zum "Ausgangspunkt" der Eingebungen der männlichen Präzision führte, danach aber fuhren wir sozusagen blind.
Dies sollte man nicht unterschätzen, wenn man in einem Land ist, dessen Schilder man nicht lesen kann und auch sonst keine näheren Anhaltspunkte hat.
Wir wussten aber immerhin, welche Autobahn wir brauchten. Leider fanden wir aber immer die Falschen. So hielten wir kurz an einer Tankstelle an und fragten nach dem Weg. Dort arbeitete ein junger Mann, der uns überhaupt nicht aushelfen konnte.
Auf der anderen Straßenseite stand eine Selbstbedienungstankstelle und wir hielten dort an. Da war nämlich auch ein Plan der Gegend zu finden. Leider zeigen die holländlichen Pläne nur die nächsten zwei Orte an. Ob dies nun auch in Deutschland auch der Fall ist, kann ich nicht sagen, jedenfalls war das wenig hilfreich. An der Tankstelle waren jedoch einige Besucher, die gerade tankten. Blöd war nur, dass Annette, ihrerseits Angestellte eines namhaften Elektronik- und Haushaltsmarktes, versuchte irgendwas am Navi zu machen und genervt reagierte, als Peter raus wollte, um die Besucher nach dem Weg zu fragen. Es ist schon merkwürdig, wie einen der Zustand eines anderen amüsieren kann. Peter hatte es jedoch geschafft und so konnte er die Richtung erfragen. Und hier muss ich nochmal meine Bewunderung für Holland kund tun. So gut wie jeder dort konnte ein wenig Deutsch sprechen, was die Verständigung erheblich erleichterte. Peter hatte es sich zum Ziel gemacht einige grundlegende Sachen auf Holländisch zu lernen, damit es nicht so eine Blamage darstellte. Schließlich kann so gut wie kaum einer in Deutschland genug holländisch um jemandem den Weg zu beschreiben. Dies ist natürlich nur eine gefühlte Aussage.
So hatten wir also den ungefähren Weg gesagt bekommen und haben diesen eingeschlagen. Auf diesem Weg kamen wir auch an einem See vorbei, wo Annett ihren Ausflugssitz hatte. Nostalgisch, aber unnütz, meiner Meinung nach. Die Fahrtdauer zog sich aber dennoch hin, denn wie ich schon sagte, durften wir nicht schneller als 120 km/h fahren. Wir hielten uns in dieser Zeit auch mit unseren Diskussionen ein wenig zurück. Denn wie schon ein Wildjäger weiß, dass man keine gefährlichen Tiere provozieren sollte, wussten wir auch, dass man einer erschöpften Frau besser nicht auf die Nerven geht.
Nach zwei Ausfahrten, die uns überhaupt nichts sagten, aber von dem freundlichen Mann an der Selbstbedienungstankstelle genannt wurden, fanden wir auch wieder unseren ursprünglichen Weg wieder und die Stimmung besserte sich spürbar.
Ein Hoch erlebten wir aber erst, als wir ein weißes Schild sahen auf welchem zwei Striche paralell zueinander von rechts oben nach links unten verliefen. Kurz: Keine 120 km/h mehr. Es war ein Gefühl, als hätte man einem eine 10 kg Eisenkugel vom Fussgelenk entfernt. So waren wir auch recht schnell wieder nahe unserem Heimatort. Dummerweise wurde aber Karl noch in einer Gegend geblitz, wo sich alle Anwesenden, außer ihm, halbwegs auskannten. Es hatte jedoch jeder versäumt eine Warnung auszusprechen. Doch die Geschwindigkeitsübertretung war nicht so gewichtig, als dass man etwas schwerwiegendes befürchten müsste.
Nun hatte aber jeder der Insassen noch Hunger und so hielten wir bei Burgerkind an, weil Peter noch Gutscheine hatte. Wir sättigten uns und fuhren Richtung Heimatort weiter. Wir kassierten von Annett und Karl noch ein paar ungläubige und an unserem Verstand zweifelnde Blicke, als wir besprachen, ob wir heute noch ins Fitnessstudio fahren sollten oder nicht.
Bei Annett angekommen, verabschiedeten wir uns von ihnen. Ich und Peter gingen dann noch das restliche Stück zu Fuß und philosopierten wieder über einige Dinge, unter anderem, was wohl passieren würde, wenn wir bei Annett und Karl jetzt anrufen oder eine SMS schicken würden. Natürlich haben wir dies aber nicht gemacht.
So ging der Ausflug in den Park zu Ende. Ich war froh mitgekommen zu sein, da ich nicht nur einem Freund bei seiner Laune aushelfen konnte, sondern nebenbei auch so manchen Punkt erfüllte, der noch ausstand.
(Ich bitte jegliche Rechtsschreibfehler und auch einige etwas unglückliche Ausdrücke zu entschuldigen, da ich schlicht nicht so viel Wert auf diese gelegt habe. ^^)