Biografien & Erinnerungen
Geborgenheit

Ausgelassene Heiterkeit erfüllt den Raum. Viele Gespräche werden geführt, ein wirres Durcheinander an Stimmen. Etwa dreißig lachende Gesichter, junge Gäste, knappe 20 Jahre alt bis leicht darüber, haben sich versammelt.

Lena und ihr Freund Bernd feiern den Einzug in ihre erste gemeinsame Wohnung. Alle Freundinnen und Freunde sind eingeladen.

Es ist eine Dreizimmerwohnung in einem alten Mehrfamilienhaus in der dritten Etage. Das Wohnzimmer ist ein überdimensional hoher Raum mit einer Fläche von ca. 7x5 Metern. Auf der zur Tür gegenüberliegenden Seite sind drei Nischen mit robusten Flügelfenstern und Fensterbänken, die etwas Ehrwürdiges an sich haben. Die Möbel fehlen noch. Notdürftig wurden fünf Matratzen auf dem neu geschliffenen Parkettboden ausgelegt. Auch einen Leuchter gibt es nicht. Eine 100 Watt Birne hängt in einer Fassung lose an den Drähten und beleuchtet den Raum.

Lenas helle Stimme erkling: „Mal herhören bitte. Setzt euch im Kreis, damit wir uns gegenseitig vorstellen können.“ Alle verstummen und setzen sich. „Ich möchte gerne, dass wir uns spielerisch einander vorstellen. Jeder sagt seinen Namen, kurz woher er kommt, was er macht, und was die Frauen an den Männern, beziehungsweise die Männer an den Frauen am wichtigstes finden.“ Es wird gekichert…
„Was soll ich bloß sagen, wenn ich an der Reihe bin“, schießt es mir durch den Kopf.

Ein Mann muss goss sei, muskulös, braungebrannt… lockige Haare, knackiger Po, blaue Augen, schöne Hände, behaarte Brust, Waschbrettbauch und vieles mehr…

Eine Frau muss sexy sein, geil, attraktiv, vollbusig, runder Po, schöne Beine, lange blonde Haare, heiß und vieles mehr…

Als letzter bin ich an der Reihe. Mein Herz klopft wie wild. „ – Soll ich das jetzt sagen oder nicht.“ Alle starren mich gespannt an. „ – Ob sie wohl meine Verlegenheit bemerken? Aber ich muss es einfach sagen.“ „Also für mich ist es wichtig“, ich stocke ein wenig, „dass, ja, dass eine Frau mir Geborgenheit gibt.“ Augenblicklich ertönt ein schallendes Gelächter. Ich könnte in den Erdboden versinken, meine Wangen beginnen zu glühen und ich weiß nicht mehr, in welche Richtung ich schauen soll. Meine Freundin neben mir schenkt mir verärgerte, giftige Blicke…

„ – Dabei habe ich doch nur gesagt, was mir wichtig ist, warum kann mich denn niemand verstehen?“