So hoch kann Keiner fallen (Bergfest)
Möglicherweise sind hier die meisten Bilder und Erinnerungen erhalten.Chronologisch sah das anders aus.
Irgendwer hatte die Idee mit den französischen hüten (Zweispitz) und die waren vom Nationaltheater entliehen.
Dazu trug man Weste und Schärpe, da es so was nicht fertig gab und auch die Tradition der Hochschulfarben, die immer mit reaktionären Studententum in Verbindung gebracht wurde, beschafften wir in aller Heimlichkeit in Form von Schleifenband und Eisenbahnspielen für Kinder.Diese hatten nämlich einen kleinen Pappdeckel (Kelle) mit einer Seite in weiß/grün.Also weißes und grünes Band zusammennähen und über Kreuz legen.An der Kreuzung den Deckel und als Gegenstück einen Bierdeckel - fertig war die Schärpe.Außerdem haben wir in einem Handarbeitsladen noch alle grün/ weißen Kränzchen gekauft, damit war die Kopfbedeckung für den offiziellen Teil komplett.
Früh am Morgen fing es an.Nach der Festvorlesung schickte sich eine kleine Gruppe an zum individuellen Umzug.
Vorher hatten wir einen Fahneneid auf dem Rollplatz organisiert. schlimmes Ding, wenn man in Rechnung stellt, dass die Staatsorgane so was gar nicht gern sahen, hier wurde sofort die Verunglimpfung der bewaffneten Organe unterstellt,
Eine staatsfeindliche Sache überhaupt.Ich hatte einen Eid formuliert und bat die versammelten mir leise nachzusprechen.Wunderbar laut schallte die Wiederholung meiner Worte über den Rollplatz, es war einer der Momente, wo der liebe Gott die Hand über uns hielt, sonst. . .
Weimar war liberal und man munkelte schon damals, das die Stadt von der CDU regiert wird.Dann, nach dem Eid ging’s rund.Werner, Wetzel, Jahr und ich starteten zu einem Rundgang.Vom Rollplatz zum Graben und dort zur Sparkasse, denn ich wollte Geld abheben.Die Angestellte bekam etwas größere Augen, denn Fasching war nicht angesagt und ich musste mich ja legitimieren. “Ich komm vom österreich - ungarischen Artilleriebatallion und bin auf der Flucht, wie Richard Kimbel“, so ein Blödsinn fiel mir ein und unglaublich ist, dass ich mich nach 24 Jahren exakt an den Wortlaut erinnere.Es gab aber Geld, auch wenn’s keine Schillinge waren.Eine Ecke weiter fanden wir eine Blumenladen, also rein. “Wir sind alles Vegetarier und wenn sie uns keine Blumen schenken, dann fressen wir ihr ganzes Grünzeug auf.“ Wir bekamen Blumen und schmückten uns damit.Nachdenkend sei hier auf zwei auffällige Aspekte verwiesen.Erstens war die kollektive Täterschaft viel leichter, einer allein hätte so was kaum kreiert und der Gruppenaspekt hatte auch zur Folge, dass sich jeder motiviert fühlte, einen Gag zu landen.Am Neptunbrunnen machten wir ne Fotosession, wie später noch eine am berühmten Goethe-Schiller Denkmal.
Dann zückten wir wieder unsere Instrumente, kleine Kindertrommeln, Rasseln, Topfdeckel und Trompete, um vermittels unrhythmischer Lärmemission auf uns aufmerksam zu machen.Es gelang auch.Wieder war der Rollplatz Mittelpunkt.
Am Anfang der Schillerstreet war ein Bonbonladen. Da ging’s hinein, wir wollten Gummibären geschenkt bekommen, die ich auch an Ort und stelle den Jungs auf die Zunge legte und den letzten einer Oma vorm Geschäft schenkte.Dann zurück zur Coudraystraße und beim Mittag machte mich der Pilling, unser Seminargruppenbetreuer an, ob meiner Jeans, die die historische Sowjetbaustelle gesehen hatte. Fan tran xa , die süßeste aller vietnamesischen Studentinnen, hatte sie geflickt, denn die Hosenbeine waren quer gerissen. So entstand aus einer Maverric-Jeans, russischen Uniformteilen aus dem 2.WK und von der zarten Hand einer vietnam. Studentin ein Unikat, wobei nach 20 Jahren ganz von allein so ne mode aufkam.Pilling aber hatte was gegen Jeans und lässiges Outfit, schon von Dienst wegen.„Herr Weißleder, ihre Hose spenden sie aber dem Studentenmuseum“, schade, ich hab’s nicht gemacht, einfach weil es keines gab - der Spruch nervte nur.Prof. Röbert stand noch auf der Treppe am Neubau und bat uns im Gehen aufzupassen, dass die nach Tiefurt ziehende Meute nicht so einen Lärm macht.Da hat er die Richtigen getroffen, aber wir sahen auch allzu niedlich aus, mit den grün-weißen Blumenkränzchen am Nachmittag.In einer nicht geschlossenen Formation zog der Tross aus der Stadt, neuen Taten entgegen.In Tiefurt gab’s eine Kneipe mit Außenbereich und wir erreichten das Ziel schon schwer gezeichnet.Berühmt war der Wirt, der in seiner Küche kurz Anlauf nahm, durch die Durchreiche sprang und hinter der Theke standhaft landete.In meiner Erinnerung ist noch ein Spaß erhalten.Um die Freitanzfläche hatte man Säulen postiert und ich lehnte mich dagegen, weil der Wasserdruck dazu animierte, einem alten Freund die Hand zu geben.Leider waren die Säulen im Theaterfundus entliehen und hielten nicht, was sie versprachen. Im Fallen noch wunderte ich mich, aber als ich den Assi Wunder sah, der gegen den Pappelefanten trat und murmelte, „Nun friss doch endlich das Grass, du blödes Vieh!“, wunderte ich mich nicht mehr.Ich wollte noch ne Einlage mit der Klampfe bieten, doch als ich mich stolpernd durch das Gestrüpp von Boxen und Instrumenten mühte, bekam ich Frank H. als Wächter und wurde vorübergehend vom Spiel ausgeschlossen.Mit der Mausi bin ich heimgewandert und wir haben uns im Straßengraben versteckt, als Gerd mit dem Wagenrad vorbeirollte.Damit war der erste Teil geschafft, wir haben aufgeatmet, mancher war gegangen.im zarten von 21 Jahren begann dann der Teil der aktionsreichen Laufbahn, der an eine Berg- und Talbahn erinnern könnte.Feste feiern wie sie fallen, gefallne Mädchen mög’ mer nich, da lieb’ mer lieber uns.Viele sind gefallen und eigentlich müsste ich jeder ne Geschichte widmen.