Der Hauch ...
Marny war müde, aber sie konnte nicht einschlafen, sie musste immer noch an die letzte Nacht denken, der ihr fast den Verstand raubte. Hatte sie dies alles nur geträumt oder war es Wirklichkeit, es war so unheimlich und doch war es unbeschreiblich schön gewesen. Ob es auch heute Nacht wieder geschieht ...
Gestern Abend hatte sie das Gefühl als wäre sie nicht alleine in ihren Schlafzimmer, aber dies konnte nicht sein, denn sie lebte alleine. Aber um ganz sicher zu sein, stand sie mit flauen
Gefühl auf, schaute sich im Zimmer um, ging raus ins Wohnzimmer, schaute im Gästezimmer nach, ebenso in der Küche und im Bad. Überall schaute sie sich gründlich um, aber sie konnte nichts entdecken, außer ihr war niemand in der Wohnung. Marny versicherte sich noch einmal ob auch die Wohnungstüre verschlossen und abgesichert war, doch sie war abgeschlossen und die Sicherheitskette war angelegt, es konnte also niemand anders in der Wohnung sein.
Sie war alleine und doch hatte sie immer noch dieses Gefühl es wäre immer jemand hinter ihr, sie spürte es ganz deutlich. Langsam ging sie zurück ins
Schlafzimmer und schaute auch da noch einmal nach, aber da war nichts, sie spürte nur einen leichten kühlen Hauch, welcher sie unruhig werden lies. Müde kroch sie wieder ins Bett und schaute zum Fenster, durch welches das Licht des Mondes leicht durch den Vorhang schien.
Doch auf einmal spürte sie es stärker, diesen kühlen Hauch, und dieses Mal sehr intensiv. Als er ihr zart über den linken Arm strich und langsam über die Brust wehte um dann ganz zart ihr übers Gesicht streichelte und auf ihrem Mund verweilte. Marny stockte fast der Atem und ihr Herz klopfte dumpf, sie konnte sich nicht bewegen. Sie hatte Angst, sie
konnte nicht begreifen was da geschah und doch fühlte es sich unbeschreiblich wunderschön an. Der Hauch ging weiter über ihr Gesicht und verweilte hinter ihrem linken Ohr, sie erschauerte, denn es war, als wenn ein Mund sich dort auf ihren Hals presst und sie verbrennen würde. Das Streicheln des Hauches ging langsam wieder ihren Hals hinab, über ihre Brust um dann auf ihren Bauch, wo kleine pustende Haucher sie zum Erzittern brachten. Langsam hatte sie das Gefühl ihr ganzer Körper würde auf einmal überall gleichzeitig berührt. Marny dachte ihr ganzer Körper würde glühen und anfangen zu verbrennen und doch war es unbeschreiblich, dieses
Gefühl ... es war wunderschön. Auf einmal erzitterte ihr Körper explosivartig, ein heißer Schauer jagte durch sie und danach versank sie langsam in die Unendlichkeit des Nichts. Als sie heute Morgen aufwachte, war sie müde und ihr Körper fühlte sich eigenartig an. Langsam stand Marny auf und ging leicht benommen ins Bad, als sie in den Spiegel sah schaute sie sich genau an und erschrak, denn unterhalb des linken Ohres war ein großer roter Fleck. Sie fasste die Stelle an und erschauerte, denn er fühlte sich heiß an, als würde dort ein Feuer lodern.
Und nun lag sie wieder im Bett und wartete, plötzlich hatte sie wieder dieses
Gefühl nicht allein zu sein.
Marny spürte es ganz deutlich, es war wieder in ihrer Nähe, sie spürte ihn, obwohl er sie noch nicht berührte, Sie zitterte leicht vor Anspannung, ihr war etwas beklommen zumute, aber richtig Angst hatte sie keine mehr, denn sie hatte das bestimmte Gefühl er, ... wer es auch immer war, wollte ihr nichts Böses.
Plötzlich spürte sie ihn wieder, wie er ihr übers Gesicht hauchte und auf ihren Lippen verweilte. Marny schloss die Augen und genoss dieses unbeschreiblich wunderbare Gefühl, welches der Hauch in ihr auslöste. Als sie wieder langsam die Augen aufmachte,
meinte sie ein zärtliches Lachen zu hören. Marny war etwas durcheinander und schaute in die Richtung, wo sie dieses vermeintliche leise Lachen gehört hatte und spürte gleichzeitig, dass er sich von ihr entfernte.
Marny war traurig, dass er sie heute so schnell verließ, aber vielleicht kommt er ja noch einmal und dabei fiel sie in einen unruhigen Schlaf. Als sie am Morgen aufwachte, war sie wieder etwas benommen und hatte dabei ein verschwommenes Gesicht vor ihren Augen, welches aber gleich wieder verschwand.
Den ganzen Tag über war sie am Grübeln, was dieses verschwommene
Gesicht zu bedeuten hatte, denn es musste eine Bedeutung haben, nur sie konnte es nicht einordnen.
Und so verliefen die nächsten Abende, er kam kurz, berührte sie immer mit einem zärtlichen Hauch, sie fiel wieder in einen unruhigen Schlaf und am Morgen wachte sie immer mit diesem verschwommenen Gesicht auf.
An diesen Abend, als sie spürte, er war wieder da und er ihre Lippen berührte, schloss sie dieses Mal nicht die Augen. Sie sah mit großen Augen in die Richtung, in der sie ihn vermutete, und fragte ihn, wer er sei, und sollte doch ein Zeichen geben. Er berührte aber nur wieder zart ihren Mund und sie fiel
daraufhin wieder in einen unruhigen Schlaf. Am Morgen, noch im Halbschlaf, sah sie wieder das Gesicht und ein Motorrad, welches auf sie zukam und sich plötzlich in Luft auflöste. Sie wachte mit starken Herzklopfen auf und plötzlich kam die Erinnerung zurück, zurück an ihre erste große Liebe, ... an Arne.
Mein Gott war sie verliebt in Arne und es war eine wunderschöne Zeit. Sie verbrachten jede freie Minute miteinander, man nannte sie schon die Unzertrennlichen, bis zu dem Tag, als er nicht mehr kam. Sie wartete an diesen Samstag auf ihn und hatte auf einmal das Gefühl, als wenn ihr jemand die Luft
abdrückte, sie musste weinen und wusste nicht warum. Je länger sie wartete, desto trauriger wurde ihr zumute ... aber er kam nicht, er kam nie wieder.
Am Sonntag kam sein Bruder, er weinte und nahm sie traurig in den Arm und sagte ihr er wäre gestern Nachmittag mit dem Motorrad verunglückt und wäre auf der Stelle tot gewesen. Er war auf den Weg zu ihr, ein Auto hatte ihn übersehen und ist voll mit ihm zusammengestoßen.
Dies alles kam ihr an diesen Morgen wieder voll in den Sinn, ihr war, als wenn es erst gestern gewesen wäre, dabei sind es schon über 20 Jahre her
Marny konnte es kaum erwarten, bis es Abend wurde und es Zeit war ins Bett zu gehen. Als es dann endlich so weit war, spürte sie ihn, er war wieder da und an diesen Abend war er besonders zärtlich, er versetzte ihren ganzen Körper in eine unbeschreibliche Spannung, sie dachte sie würde verbrennen.
An diesen Abend blieb er sehr lange bei ihr, und bevor sie in einen tiefen Schlaf versank, sah sie Arnes Gesicht, welches sie zärtlich lächelnd anschaute.
© Marianne Knip 20.05.2009
Bild oldskoolman.de