Humor & Satire
Wahre Lügen - Ritter der Flasche

Es war ein langer Abend. Ich sitze in S-Bahn auf dem Weg nach haus. Nach zwei Flaschen Glen Fiddich, hatte ich meinen Durst gestillt.  Mir ist so als käme mir der gesamte Mageninhalt auf einmal wieder hoch. Dieses Gefühl verstärkt sich noch, als ich die Typen sehe, die schräg gegenüber auf der Sitzbank mehr lungern als sitzen.

Fettige Haare, die Klamotten dreckig. Ich glaube, wenn ich die gegen eine Wand klatsche bleiben sie kleben. Aber anfassen will ich die auch nicht.

„Haste ma ´n Euro?“ Wie ich diese Frage hasse.

„Geh selber arbeiten, dann kannst du deinen Rausch auch selbst bezahlen.“ Erwidere ich und wundere mich selbst über meinen Mut.

Damit ist das Thema erledigt. Ich konzentriere mich wieder auf mich und meinen Mageninhalt.

Mein Blick wandert durch das Abteil und bleibt bei einer Mitte 30jährigen Blondine hängen. Sie sitzt knappe 10 Meter von mir entfernt. Gerade möchte ich meinen Hintern in Bewegung setzen und ihr mein Verlangen gestehen, bekommt sie auch schon ungebetenen Besuch. Die Schmarotzer wollen soeben ihren Werbeslogan runterrasseln, da stehe ich auch schon neben ihnen. Schließlich bin ich Gentleman und einer Lady in Not stets zu Diensten, wenn auch nicht ganz uneigennützig.

Ich aktiviere meine letzten, noch nicht versoffenen Gehirnzellen und bitte den Typen zu gehen. Entweder versteht er mich nicht oder will aus irgendeinen anderen Grund meinen Worten nicht Folge leisten. Das letzte was ich sehe ist eine kurze Ausholbewegung und schon finde ich mich auf dem Boden des Abteils wieder.

Super Georg,  läuft ja prima. Mit letzter Kraft ziehe ich mich wieder hoch.

„Hast du immer noch nicht genug?“ höre ich den Typen triumphieren.

Jetzt reicht es, denke ich noch bei mir, aber mein Magen muss wohl denselben Gedanken gehegt haben und ich erleichtere mich um eine halbe Flasche Scotch. Angewidert wendet sich meine Angebetete ab. Ritterlichkeit ist wohl in der heutigen Zeit nicht mehr gefragt.

Ich unternehme einen letzten Versuch, den Typen eines besseren zu belehren. Um es kurz zu machen, auch dieser schlägt fehl.

An der nächsten Haltestelle verlasse ich die Bahn. Es war auch so ein schöner Abend.