Kurzgeschichte
Die Diagnose

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"Die Diagnose"
Veröffentlicht am 03. Mai 2009, 30 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich lebe frei nach dem Motto von Seeed: Es ist egal, ob du studiert hast oder gut f..kst, der Meister erkennt, will ich relaxen, oder mehr Geld und den ganzen Mist, was du verdienst ist was du kriegst! "BLUTIGE LECKERBISSEN" ALLE MEINE HORRORSTORYS ZUSAMMEN GETRAGEN, NATÜRLICH DANK EURER HILFE UND GUTEN RATSCHLÄGEN ÜBERARBEITET, LEKTORIERT UND ES WIRD AB DEM 1 JULI IM BUCHHANDEL, SO WIE IN INTERNETHANDEL (AMAZON etc.) ZUHABEN SEIN. ALSO ...
Die Diagnose

Die Diagnose

Beschreibung

Ein kleiner Besuch in Hellskitchen. Wir treffen noch mal auf Jürgen von "Barflies - Eine Nacht im McLose" und andere aus der Geschichte.

Die Diagnose




  Der Mai war in Hellskitchen angekommen, er brachte eine angenehme Wärme mit, nach dem lausigen Winter, den wir erlebt hatten. Ich war schon sehr früh wach an diesem Morgen, hatte die Nachtschwärmerei einmal für einen Abend gelassen und war gestriegelt und gekämmt für meinen Besuch bei Dr. van Bommel.

In der vergangenen Woche hatte ich die Tortur meines all jährigen Check up – Immer diese englischen Ausdrücke für eine unangenehme Sache, als wenn sie dadurch besser werden würde. - hinter mir und sollte nun meine Diagnose erhalten. Eigentlich fühlte ich mich ganz wohl für einen 51-jährigen versteht sich, denn der Körper baut rapide ab. Hier ein Zwicken, da ein Drücken und nach der ganzen Whiskytrinkerei wurden mir im letzten Jahr zwei Nierensteine entfernt. Ansonsten fühlte ich mich aber recht passabel .

Ich stand vor dem Haus, indem sich mein Apartment befand und holte mein zerknittertes Päckchen Luckys aus meiner Hosentasche. Mein Hawaiihemd spannte etwas und die Knöpfe waren dem Reißen nahe, wohl etwas zugelegt über den Winter? Nun ja, ich war kein Adonis mehr. Ich zündete mir eins der Stäbchen an, hielt es schräg im Mundwinkel und paffte kurz, dann inhalierte ich mit tiefen Zügen. Irgendwie hatte ich vor dem Ergebnis Angst.

Heinz, mein 80-jähriger Nachbar, saß in seinem neuen Rollstuhl, mit dem auf Hochglanz polierten Stahlhelm vor dem Internetshop und wedelte mit der Che-Fahne hin und her. Wie ein Passant, der in Holland am Königinentag die Nationalfarben schwenkt.

„Morgen Jürgen!“

„Hallo Heinz!“

Ich bot ihm eine Lucky an, er lehnte ab, holte seinen Drumtabak hervor, steckte die Fahne mit dem Che zwischen die Speichen seines Rollstuhls und drehte sich mit ruhigen Händen eine Zigarette. „Du musst das Saufen sein lassen!“

Ich schaute ihn verdutzt an. „Was hat man denn sonst noch vom Leben, außer ein wenig Spaß am Abend?“

„Es bekommt dir nicht!“

„Was ist mit dir? Du warst doch bestimmt wieder die ganze Nacht in der Südspitze?“

„Yow!“ machte er, grinste und schmauchte seine Selbstgedrehte. „ Ich kann das ja auch! Ich bin ein Meister meines Faches. Siehst du hier! Links Pisse, rechts Scheiße! Da macht der Whisky den Geruch so fein.“

Er hob kurz seine Katheterbeutel an, schüttelte sie durch und packte sie wieder weg. „Ich verrate dir jetzt mal was, mein Junge: Du siehst scheiße aus! Ich glaube du bist krank. Lass dir aber von denen kein Antibiotika geben, ich sag dir, ich krieg die Juckerei nicht mehr los.“

„Deine Flecken sehen aber nicht mehr so schlimm aus!“

„Nicht so schlimm? Junge die jucken schlimmer als die Krätze, die ich in Buenos Aires hatte.“

Wenn Heinz morgens schon soviel redete, wie sonst das ganze Jahr nicht, dann hatte er mindestens drei Tage nicht geschlafen. Ich sprach ihn darauf an.

„Geschlafen? Gesoffen! Ich hab Drüben mindestens eine Flasche Four Roses gesoffen und ein Dutzend Altbiere – Das war gestern Abend. – vorgestern weiß ich gar nicht mehr...Schlafen? Scheiße ich kann gar nicht mehr schlafen. Ich leg mich hin und warte auf den Tod, aber der feine Herr hat was besseres zu tun, als bei mir vorbei zuschauen! Es wird den 3. Weltkrieg geben und ich lebe, die Araber stehen bis Venlo und ich lebe immer noch...“

„Bleibt es so schön?“ fragte ich ihn, um seinen Redeschwall zu unterbrechen.

„Yow!“

Ich verabschiedete mich und führte meinen Weg zum Arzt fort. Den angekockelten Filter meiner Lucky schnippte ich an einen Pappelstamm und stand dann bei der Apotheke neben der Praxis meines Arztes. Herr Werner, der Apotheker, beförderte gerade eine alte Dame hinaus. „Hören Sie, das Rezept bringen Sie jetzt schon zum zweiten Mal mit, Sie kriegen aber nur einmal Tabletten darauf. Sie müssen mir ein neues Rezept bringen, dann kriegen Sie auch neue Tabletten. Sonst verstoße ich gegen das Betäubungsmittelgesetz und komme Ihretwegen in Teufelsküche...“

„Aber die brauch ich doch!“ jammerte die Alte, dann sah sie Heinz in seinem Rollstuhl sitzen und schlenderte auf ihn zu. Als Heinz sie erblickte, sprang er von seinem Rollstuhl auf, katapultierte diesen in den Hausflur und hämmerte die Türe zu.

„Guten Morgen, Herr Friedrichs!“ begrüßte mich Herr Werner. „Heute ohne Hund?“

„Morgen Herr Werner. Ja der Addy schnarcht noch.“

„Gehen Sie rauf zum Jochen?“

„Ja, meine Ergebnisse abholen.“

„Na, dann, wird schon gut gehen!“

Herr Werner war eine andere Klasse, als die Leute, die hier leben, dennoch wusste er immer, dass er sich diese nur erhalten konnte, weil die Menschen hier seine Mittelchen kauften. Vor allem die rezeptfreien. Er war nett und hatte für jeden ein gutes Wort über. Er nickte mir noch einmal zu und verschwand in seinem Geschäft, als ich das Praxisgebäude betrat. Ich überlegte, ob ich den Aufzug in den 1. Stock nehmen sollte, entschied mich aber Dank meines Hemdes für die Treppe. Als ich in die Praxis trat, kam mir sofort die Kakophonie des Arztbetriebes entgegen. Telefone klingelten, Tastaturen ratterten, Drucker schnatterten und Patienten husteten, oder fragten nach einer Sprechstunde. Ich hatte zum Glück einen Termin und stellte mich kurz an den Tresen. - Irgendwie stand ich nur noch vor Tresen, oder Theken. Der Mensch wurde nur noch abgefertigt. Sie, ja Sie! Und schon der Nächste. Bier, Medikamente, Burger, Huren, Sozialhilfe. Eine Reihe von Theken und Tresen, hinter denen irgendwelche Menschen standen, die eigentlich kein Interesse für einen hegten. - Die Arzthelferin, Bianca ein süßes Mädel von knapp 20, die ab und an in der Südspitze saß und trank und mir immer einen guten Einblick in ihren Ausschnitt bereitete, lächelte mich an. „Hallo Jürgen.“

„Morgen Mäuschen. Ich hab bei deinem Boss einen Termin, wegen den Werten.“

Sie tippte kurz was in den Computer. „Hm! Ja, dann setzt dich doch bitte!“

Ich nickte und verschwand. Im Wartezimmer saß das übliche Volk aus Hellskitchen. Einige der Anwesenden kannte ich beim Namen, viele waren Gesichter, die mir immer wieder auf der Straße begegneten.

„Der Schmierfink!“ knurrte jemand. Es war Händchen – Ich hatte ihn seit dem Vorfall im Schwuup Up nicht mehr gesehen und war auch ganz froh darüber. - „Wo darf ich denn nicht hingehen, damit ich nicht auf dich treff?“

Ich räusperte mich. „Hier und in der Südspitze!“

„Drecksladen! Würd ich nie rein gehen!“

„Ist ein freies Land.“ ich schnappte mir eine Gala und suchte nach netten Promititten.

Händchen starrte mich noch eine Weile böse an, dann konzentrierte er sich auf eine alte Türkin. Ich fand nichts interessantes und legte die Promigazette wieder auf den Tisch und schaute direkt in die blauen Augen von Angel. Angel hat die 50 nun auch erreicht, doch sie sieht immer noch propper aus. Ein Rasseweib, eine typische Russin, eine feine Frau.

Angel wohnt über dem neuen Sexshob. Die Leute sagen, er wird wohl ihr gehören, weil sie demnächst ein zweites Standbein braucht. Die Meinung der Leute hat mich noch nie interessiert, ich weiß dass sie nicht anschaffen geht. Dafür hat sie zu viel Klasse und ein 500er Benz würde sich wohl von dem bisschen Geld nicht unterhalten lassen. Ich kenne Angel, sie betreibt eine Bar in der Stadt. Vierzehn Tage, dann fährt sie nach Frankreich und produziert Lack- und Lederfilmchen für die dortige Industrie. Keine ihrer Filme erschien je auf dem deutschen Markt, sie sind zu bizarr, zu verstörend, halt nur was für richtige, offene Charaktere wie die Franzosen. Sie hat mir mal einen gegeben, weil sie weiß, dass ich für eine Zeitung schreibe und man mir eigentlich einiges anvertrauen kann, wenn man seinen Namen aus allem raus haben will. Für ihre Karriere hat sie sich die Brüste auffüllen lassen. Alle zwei Jahre eine Brust - OP seit sie zwanzig ist. Nun, es wurde wohl viel gepfuscht, sie ist laufend beim Chirurgen. Sie versucht ihren Job vor allen zu verheimlichen, doch die Leute in Hellskitchen halten sie dafür für eine Hure. Nun, sie wohnt mit ihrer Tochter zusammen, die ist fast Dreißig, heroinabhängig und geht für den ärmsten Luden der Stadt anschaffen, was ihre Mutter natürlich nicht weiß. In Hellskitchen hat jeder Leichen im Keller. Ich muss zur meiner Schande gestehen, ich habe Lindas Dienste schon das eine oder andere Mal angenommen. Sie macht einen fantastischen Blowjob, der hier auf der Straße seines Gleichen sucht.

Die alte Türkin wurde in das Ärztezimmer bestellt und Händchen schaute wieder provozierend zu mir rüber. Bei ihm weiß ich nie wie lange ich meinem Gelübde treu bleiben kann, Spasseln und Frauen nicht zu schlagen. Jemand humpelte an mir vorbei.

„Jürgen?“ Es war Dany, auch ihn hatte ich seit dem Vorfall, dem Selbstmord des jungen Familienvaters, im Schwuup up nicht mehr gesehen.

„Hey Junge! Wie geht' s dir denn?“ Ich freute mich wirklich ihn zu sehen.

„Siehst du ja.“ Er klopfte auf seinen Gips am rechten Bein. „Glatter Bruch!“

„Wie ist das denn Passiert?“

„Die vom Amt haben mir einen Hilfsarbeiterjob auf dem Bau unter geschoben, für den städtischen Straßenbau auf 1 Euro- Basis. Ich hab denen gesagt ich kann so was nicht, da ist mir so ein Arsch mit der Schaufel drauf und ZACK! war das Bein durch.“

„Tut mir leid, hatten die nichts, was zu deinem Talent passt?“

„Ich glaube nicht, dass die das wirklich interessiert. Und was machst du noch so?“

„Ich schreib jetzt eine Kolumne für die TAZ. Internet sei Dank! Was macht Mai?“

„Wir sind nicht mehr zusammen. Sie studiert jetzt in Deppendorf. Wo bist du denn jetzt?“

„Ich trink jetzt immer drüben, in der Südspitze. Ich mochte...“

„Hast du eine tägliche Kolumne?“ fragte Angel dazwischen.

„Ja, ich schreib über die sozialen Errungenschaften unseres Sozialstaats, da hab ich gut....“

„Ein Schmierfink, 'ne alte Nutte und ein verkrüppelter Sozialbubie! Da kann ich mir an meinen drei Fingern abzählen, warum meine Rente so klein ist!“ motzte Händchen plötzlich.

„Denk dran, du bist beim Arzt, man muss dich nicht weit tragen!“ drohte ich ihm.

Angel setzte sich von seiner Seite auf meine und fragte mich: „Was macht deine Freundin?“

„Welche meinst du?“

„Das Mädchen! Die mit dem ...Hat sie die von Mutter Natur?“

„Ach so die. Da hast du aber einen wunden Punkt erreicht, mein Schatz. Sie ist seit Weihnachten nicht mehr bei mir.“

„War ihr der Altersunterschied zu groß?“

„Nein, eigentlich mir. Wir passten schon gut zusammen, wie die Faust aufs Auge. Aber ich fühlte mich nicht wohl dabei. Ihr Herz wird heilen, aber ich finde es schon ärgerlich, dass ich sie nicht früher – Und sie natürlich Älter ist – getroffen habe. Mit ihr hätte ich gerne Kinder gehabt. In einer anderen Welt. In einer anderen Zeit....“

Angel sagte nichts.

Ich stand auf und ging zum Tresen. Bianca schaute zu mir auf.

„Dauert 's noch lange?“

„Zwei noch vor dir!“

„Ich geh mal auf die Straße. Eine Rauchen.“

Sie nickte. „Okay! Sei aber dann wieder hier.“

Ich verließ die Praxis. Auf der Straße klaubte ich meine Luckys wieder hervor und rauchte. Ich brauchte einen Drink. Ich überlegte, ob ich schnell in den Supermarkt flitzen und mir ein Magenbitter kaufen sollte. Bevor ich die Kippe anzündete stapfte ich in die Apotheke und kaufte einen Klosterfrau Melissengeist. Herr Werner überreichte ihn mir und fragte, ob ich eine Tüte bräuchte. Ich schüttelte den Kopf und stellte mich wieder zu der Pappel. Meine Zigarette tat mir richtig gut. Irgendwie wollte ich Dany und Händchen nicht sehen. Der Vorfall hatte mich doch härter getroffen, als ich mir eingestehen wollte. Ein Mann war gestorben, hatte sich eine Kugel in den Kopf gejagt, während ich mir die Hände wusch, nachdem ich einen geblasen bekommen hatte. Rosi hatte ich seit dem Tag auch nicht mehr gesehen, sie hat eine Überdosis Schlaftabletten genommen. Der Notarzt konnte wohl nichts mehr für sie tun, sie hatte genug. Genug wie der junge Mann mit dem Gesicht eines Butt, der im Sommer eines verflucht beschissenen Jahres in unsere lieblings Absteige einkehrte und seinem Leben, er hatte ein Leben, ein Ende setzte. Wir saßen nur um ihm herum. Hatten wahrscheinlich weniger für ihn übrig, als seine Frau, als die die drei Kinder mitnahm.

Ich trank drei große Schlucke Klosterfrau und meine Hände zitterten nicht mehr. In der Ferne sah ich Heinz wieder aus seinem Flur krebsen. Dieses mal mit Fliegerkappe, Rollstuhl und einem Totenschädel. Herr Werner beobachtete mich durch seine große Scheibe, als er meinen Blick erhaschte, schaute er weg. Warum hatte der Junge sich erschossen? Weil seine Frau mit den Kindern fort war? Nein, er wollte nicht so enden wie wir...wie ich. Er wollte mit stolzen Haupt seiner Beschäftigung nachgehen und ein Familienvater sein, Sonntags in den Zoo. Er wollte nicht zu einer Last der Gesellschaft werden. Er wusste damals nicht, dass wir uns da schon auf dem Weg in die Wirtschaftskrise befanden. Er dachte, er hätte seinen Job verloren, weil er was falsch gemacht hatte. Aber er hatte nichts falsch gemacht, die Wirtschaft hatte was falsch gemacht, die Welt hatte etwas falsch gemacht. Hellskitchen befand sich seit seiner Erschaffung vor über Hundert Jahren in einer kontinuierlichen Wirtschaftskrise, die jedem ereilte, der sich hier nieder ließ. Wenn du hier angekommen bist, dann weißt du, weiter nach unten geht' s nicht mehr. Hier war das Elend zu hause. Hier war ich zu hause!

Neben mir wurde ein Fahrrad mit anstrengenden Lauten festgemacht.

„Ach du Scheiße!“ T-Rex kreischte fast als er mich erkannte.

„Na? Auch noch im Lande?“

Der Mann, dessen Hände direkt an seinen Ellenbogen angewachsen zu sein schienen, guckte erst wütend, dann betroffen und dann wie auf einem Stein zerschlagen. Auch er hatte kein Wort des Trosts für den jungen Mann gehabt. War nur mit sich, seiner Situation und seiner Behinderung beschäftigt gewesen und nun sah er mich. Ich, der den Krankenwagen gerufen hatte, ich, der die Türe der Scheißhauskabine aufgebrochen hatte, ich der von oben bis unten mit Blut besudelt war, weil er auf den blutigen Fliesen mindestens zwei Mal ausgerutscht war. Ich der immer wieder schrie: Der Mann ist tot! Der Mann ist tot du behinderter Scheißkerl!

T-Rex trat auf mich zu. Kam ganz nah, so das sich unsere Wänste berührten und ich seinen schlechten Atem riechen konnte. Sein kurzer Arm zuckte vor und seine langen, kalten Finger griffen nach der Klosterfrau. Er nahm den Flaschenboden in seine Fingerspitzen und krümmte seinen Hals unnatürlich weit nach unten. Mit seinen Zähnen umschloss er den Flaschenhals und kippte dann seinen Kopf in den Nacken und der Rest des Melissengeistes floss seine Kehle herunter. Er spuckte die leere Flasche auf den Boden und sagte: „Ich war fast ein Jahr trocken du Arsch. Hab erst letzte Woche wieder angefangen. Der Sommer ist noch hin, aber die Bilder sind wieder da! Ich weiß nicht mehr was ich tun soll. Ich war bei einer Nutte, besoffen, jetzt hab ich verdammte Filzläuse! Ich seh immer seine Fischaugen, die glasig waren. Verzweifelt und wir...“

„Du bist ein Mensch T- Rex. Du bist ein Mensch...“ ich war verblüfft.

„Ich heiße Martin, Jürgen. Ich heiße Martin und ja ich bin genauso ein scheiß Wichser wie ihr alle, auch wenn ich meinen Schwanz ein Leben lang nicht angefasst habe!“

Meine Lucky war herunter gebrannt. Ich ließ ihn stehen und kehrte in die Praxis zurück. Händchen kam mir an der Tür entgegen, also war er fertig, er verließ die Praxis und die Bühne meines bescheidenen Lebens. Unten hörte ich ihn T-Rex, ich meine Martin, an fluchen. Im Wartezimmer saß noch Dany, der seinen MP3- Player an hatte und mir kurz zunickte. Angel musste beim Doc sein und nur ein Schulmädchen war dazu gekommen. Sie war schlank, trug bauchfrei und eine Hüfthose, dazu Chucks - Die waren plötzlich wieder modern.

Martin, den ich bis vor kurzem noch als Dinosaurier betitelt hatte, kam in das Zimmer, schaute nicht zu mir herüber, bückte sich über einen Stuhl, so dass seine Hände den Stoff berühren konnten und sein praller, riesen Arsch als Halbmond, oder türkische Fahne wie ich auch sehr gerne sage, im Raum schwebte und das Schulmädchen zum würgen brachte. Sorgfältig klopfte er den Sitz von Staub ab und setzte sich erst dann hin um nur wie ein Wahnsinniger das Mädchen anzustarren. Endlich erlöste mich Bianca und rief meinen Namen auf.

Als ich im Behandlungszimmer war, war Jochen noch nicht drin und die Sorgen über meinen Befunden nahmen wieder überhand. Ich hoffte, dass ich keinen Zucker hatte. Insulin konnte ich mir bei dem knappen Gehalt nicht leisten. Vielleicht würde er sagen, dass ich mit dem Saufen aufhören sollte. Nun, wie lange mich die TAZ bei dieser Krise noch beschäftigen konnte, wusste ich auch nicht und so wäre ein Entzug vielleicht das Richtig. Eine Kur mit Addy an die Nordsee, oder...

„Hallo Jürgen!“ Jochen, oder Dr. van Bommel, wie er ganz plötzlich wieder für mich hieß, setzte sich auf seinen Stuhl und beäugte mich. „Hast du irgendwelche Schmerzen?“

„Nein! Ich fühl mich gut. Ich...“

„Wie lange kennen wir uns jetzt schon?“ War das nicht die Frage, die Robert Duvall John Travolta in Phenomenon gestellt hatte, um ihm zusagen dass er nicht mehr lange zu leben hätte? Plötzlich fand ich es gar nicht mehr lustig Jochen auch privat zu kennen. In den Neunzigern freundeten wir uns in einem Swingerclub an. Jochen war früher in unserer Stadt der sogenannte „Nuttendoktor“ gewesen und er war den schönen Dingen im Leben nicht abgeneigt. Er soff, kiffte und fickte schlimmer als ich selbst und er machte mir zum Glück nie Vorwürfe deswegen. Als meine Nierensteine entfernt wurden meinte er bloß: „Was soll ich dir sagen? Kommt vom Whisky!“ Keine Ratschläge, kein Bäuchlein pinseln. Doch nun schaute er mich mit einem feuchten Auge an.

Seine linke Hand verschwand unter seinem Schreibtisch und beförderte eine halb volle Flasche Jim Beam und zwei Schnapsgläschen zum Vorschein. Jetzt bekam ich Todesangst.

„Wie schlimm ist es?“ fragte ich.

„Sehr schlimm würde ich sagen.“ Er goss uns ein, sein Whisky fand sofort den Weg runter in den Magen, dann machte er sein Glas noch einmal voll. „ Du weißt ich bin kein Fachmann was das angeht. Ich bin Hausarzt. Aber deine Blutwerte lassen nur einen Schluss zu...“

„Das große K! Nicht wahr?“

„Ja. Fett- und Leberwerte sind auch sehr schlecht, aber dass dürften meine auch sein.“

„Weißt du was für einer?“

„Wie gesagt, ich bin kein Fachmann. Aber ich hab die Scheiße schon zu oft gesehen. Ich würde sagen Lunge, oder Leber. Ich werde dir eine Überweisung geben, geh am besten hier in die Klinik. Die stellen dich auf den Kopf und sagen was sie dann machen...“

Ich trank meinen Whisky und die erste Angst legte sich wieder. So ist er der Mensch, was soll man dagegen tun? „Wie lange...?“

„Weiß ich nicht. Mit den Werten. Jahre? Ein paar?“

„Ich will nicht sterben!“

„Das will niemand!“

„Ich habe nicht wirklich Angst!“

„Das kommt noch!“

Betrunken verließ ich die Praxis. Draußen holte ich die Luckys aus der Tasche und starrte sie einen Moment an. Ich fühlte mich nicht schlecht. Sah aber wohl scheiße aus, wie Heinz mir vorhin noch sagte. Der alte Mann, der uns noch alle überleben wird, nach seiner Gleichung, saß in seinem Rollstuhl und schaute auf die befahrene Straße. Autos, links, rechts. Scheiße und Pisse!

„Und?“ Angel stand neben mir. Ihre Sommerjacke war offen und ich erhaschte den Xten Einblick auf ihren riesigen Balkon.

„Ich werde sterben!“ sagte ich ganz nüchtern.

„Das ist schlimm!“ Sie nahm mir die Zigarette aus dem Mundwinkel und rauchte.

„Ja!“ Ich dachte an den jungen Mann, dann an Addy. Wer würde sich um ihn kümmern?

„Komm ich mach dir oben einen Kaffee.“ Sie reichte mir ihre Hand, mit den wunderschön lackierten Fingernägeln.

Ich würde gerne erzählen, dass wir Kaffee tranken und Freunde wurden. Aber das wäre wohl zu romantisch für Hellskitchen. Als wir Oben waren zerrte sie mich in ihr Schlafzimmer. Sie zog sich aus, ich vergrub mein Gesicht in die mit Silikon aufgeblasenen Titten, die vor Entzündungen zu heiß waren. Ich leckte ihre Nippel und sie lutschte meinen Schwanz, der keinen Krebs hatte. Sie gab mir eine Priese Koks, die ich ohne Nachzudenken schnupfte und dann fickte ich sie. Als sie zu laut stöhnte stand Linda plötzlich mit ihren vom Heroin zugenebelten Augen im Türrahmen und schaute uns eine Weile zu, bis ich plötzlich ihre Finger an meinem Sack spürte, dann ihren Mund und auch irgendwann von ihren kleinen, schlafen Titten eine weitere Linie zog und in sie einstocherte als gäbe es kein Morgen mehr. Und so war es auch. Ich wusste jetzt das Morgen hörte auf, nicht sofort, aber bald. Nicht mit einem Knall und ohne gelebt zu haben, sonder schon gemütlich und schmerzhaft. So wie das Leben hier in Hellskitchen halt ist.

Schmutzig, aber man fühlt das Leben aus jeder Häuserritze heraus laufen. Und wenn die Araber doch irgendwann kommen? Drauf geschissen!

Das ist meine Meinung.

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Hörbuch

Über den Autor

Micha2071
Ich lebe frei nach dem Motto von Seeed: Es ist egal, ob du studiert hast oder gut f..kst, der Meister erkennt, will ich relaxen, oder mehr Geld und den ganzen Mist, was du verdienst ist was du kriegst!

"BLUTIGE LECKERBISSEN" ALLE MEINE HORRORSTORYS ZUSAMMEN GETRAGEN, NATÜRLICH DANK EURER HILFE UND GUTEN RATSCHLÄGEN ÜBERARBEITET, LEKTORIERT UND ES WIRD AB DEM 1 JULI IM BUCHHANDEL, SO WIE IN INTERNETHANDEL (AMAZON etc.) ZUHABEN SEIN. ALSO WER ES BRAUCHT, ICH WURDE MICH FREUEN.

Ende Mai 2009 erscheint das Buch "Blutige Leckerbissen" von Michael Masomi. Dieses können Sie beim Autor erwerben oder auch im Buchhandel sowie im Verlag art of arts - ISBN 978-3-940119-18-6 / 196 Buchseiten / für 13,65 Euro.

Micha 2071 empfiehlt und sponsert:

www.baerenherz.de

www.aids-stiftung.de

www.deine-stimme-gegen-armut.de


"Bei reifer Erfahrung sehen wir die Unbiegsamkeit der menschlichen Charaktere ein, wie kein Flehen, noch Vorstellen, noch Beispiel geben, noch Wohltun sie dahin bringt, von ihrer Art zu lassen , sondern vielmehr ein jeder seine Handlungsweise, Denkungsart und Fähigkeit mit der Notwendigkeit eines Naturgesetzes durchführen muss."Arthur Schopenhauer


Bin jetzt schon seit 2006 hier im Forum, war einer der Ersten, gab glaube ich noch sechs andere, nun sind es schon 8 Jahre. Kinders wie die Zeit vergeht. Werde jetzt auch schon 43 Jahre, habe drei Kinder, geschieden und lebe in Krefeld. Links in meinen Buchtipps findet ihr auch einige Geschichten von mir, sowie meine Beiden Bücher. Einmal unter Michael Masomi, einmal unter Michael La Tour.


Meine Greifbaren Storys und Geschichten sind:

"Die besten Burger der Stadt" Erschienen in der Anthologie ARTOFMYSTERY

"Das Rennen" & "Wahrheit" Erschienen im Gemeinschaftswerk ourStory

"Die Frau am See" & "40 Rosen zuviel" Erschienen in der Anthologie ARTOFMAN

"Der Hund des Tapetenklebers" & "Alle Jahre wieder" Erschienen in dem Gemeinschaftsprojekt ourStory2

"Kaffee mit Milch" in der Anthologie ARTOFEROTICA

"Der Fehler","Die Venusfalle" & "Der Engelmacher" Erschienen in der Anthologie "Art of Crime"

"Barfliegen - Eine Nacht im McLose" erschienen in der Anthologie "Kneipengeschichten von A - Z" vom Holzheimer Verlag

"Der Junge aus dem Schnee" erschienen in dem Märchenbuch "Zauberhafte Herzen" beim Sperling-Verlag

"Der Leise Tod der Konkobine" und "Ü - 30 Party" erschienen in der Anthologie "Art of Live"

Diese Bücher könnt ihr über den Artofarts bookshop http://www.artofbookshop.de.gg/ beziehen, oder in Buchläden und Internetshops wie amazon, book24.de etc.

Alle Bücher vom Verlag artofarts kann man sich auch als E-Book kaufen.

Mein Dank an alle die, die mich lesen, bewerten und mit mir hier etwas Spaß haben.

Micha

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Micha2071 Re: So, jetzt hab ich... -
Zitat: (Original von PhanThomas am 22.09.2009 - 23:48 Uhr) ... hier auch mal wat von dir gelesen. Hat mir die Franzi irgendwann mal ans Herz gelegt. Zu Recht. Derbe Sprache, aber man muss ja aus 'nem Dünnschiss keinen rapiden Stuhlgang machen, denk ich. Und sehr ins Milieu passend. Interessant auch diese Art Anti-Dramaturgie: Da gibt's jede Menge Charaktere, die quasi nur ausgebaut werden, um die Stimmung zu unterstreichen. So schwingen der Frust und die Resignation einer gescheiterten Gesellschaft, die vielleicht z.T. gar nichts für ihr Schicksal kann, die ganze Zeit über mit. Gibt's nichts zu meckern. Joa.

Gruß
Thomas

Ja, die Story gehört zu meinem "Hellskitchenzyklus". Darin beschreibe ich mehrere Personen, am Rande der Gesellschaft. Wie sie leben, und dass sie sich auch gar nicht so verloren sehen, halt Leben auf der Straße. Von der Prostituierten über den Hartz IV-Empfänger bis zum Arbeitsvermittler werden alle besucht und ihre Schicksale stehen für sich. Ein bunter Strauß Verlierer, wenn man so will.
Danke fürs Lesen.
Gruß Micha
Vor langer Zeit - Antworten
Nera200 michaa - lange war ich dir untreu
mit dem lesen aber jetzt bin ich ja wieder da
und ich muss sagen deine kurzgeschichte hat mir sehr gut gefallen ^^
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas So, jetzt hab ich... - ... hier auch mal wat von dir gelesen. Hat mir die Franzi irgendwann mal ans Herz gelegt. Zu Recht. Derbe Sprache, aber man muss ja aus 'nem Dünnschiss keinen rapiden Stuhlgang machen, denk ich. Und sehr ins Milieu passend. Interessant auch diese Art Anti-Dramaturgie: Da gibt's jede Menge Charaktere, die quasi nur ausgebaut werden, um die Stimmung zu unterstreichen. So schwingen der Frust und die Resignation einer gescheiterten Gesellschaft, die vielleicht z.T. gar nichts für ihr Schicksal kann, die ganze Zeit über mit. Gibt's nichts zu meckern. Joa.

Gruß
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Micha2071 Re: ***** -
Zitat: (Original von franziw2000 am 04.05.2009 - 23:59 Uhr) Traurig, schockierend, macht mir mal wieder Angst. Naja wie immer gut...
LG Franzi


Ich danke dir!
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000 ***** - Traurig, schockierend, macht mir mal wieder Angst. Naja wie immer gut...
LG Franzi
Vor langer Zeit - Antworten
FSBlaireau Gute Hellskitchen Story - sehr verstörend aber gut! Gruß an den Dickwanst
Vor langer Zeit - Antworten
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