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Reise nach Berlin - Ohne viel Gepäck

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"Reise nach Berlin - Ohne viel Gepäck"
Veröffentlicht am 26. April 2009, 6 Seiten
Kategorie Sonstiges
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Über den Autor:

Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!
Reise nach Berlin - Ohne viel Gepäck

Reise nach Berlin - Ohne viel Gepäck

Beschreibung

Es führt kein Weg zurück? - Manchmal doch.

Ich fahre nach Berlin. Jahrelang ist davon die Rede gewesen, jetzt fahre ich wirklich – nach Berlin, der Stadt der ungeheuren Energien. So steht es bei Musil, ist aber nur ironisch gemeint. Es ist Clarisse in den Mund gelegt, die statt nach Berlin in den Wahnsinn unterwegs ist.

 

Ich muss die ganze Strecke stehen, denn im Zug ist kein Sitzplatz mehr frei. Dabei habe ich eine Platzkarte, gewöhnlich bin ich vorsorgend. Doch die Bahn hat statt des Normalzuges, für den ich eine Reservierung besitze, einen Ersatzzug eingesetzt. Ich muss das nicht verstehen …

 

Von denen, die stehen müssen, bin ich noch am besten dran. Ich stehe in einer geräumigen Nische, früher einmal mit Telefon ausgestattet. An der Außenwand lädt mich ein beinahe üppiges Polster zum Anlehnen ein. So hingegossen könnte ich mir wie ein neuer Heiliger Sebastian vorkommen – wenn ich etwas jünger wäre. Unangenehmer Gedanke …

 

Ich lese lieber im Kin Ping Meh weiter, das ich jetzt meistens dabei habe. Der junge Tschen treibt es zur gleichen Zeit mit Goldlotos und Lenzpflaume? Hm, pikant. Und Mondfrau lärmt im Palast der Abend- und Morgenröte …

 

In meiner Nische sehe ich nichts von der vorbeifliegenden Mark und bin überrascht, dass wir schon in Spandau halten. Die weitere Stadt schiebt sich dann ebenso unsichtbar draußen vorüber. Ich denke vierzig Jahre zurück, an meine erste Reise hierher. Vor der Landung in Tempelhof sind wir über die Neuköllner Mietskasernen geflogen und dann, schon sehr tief, über die Friedhöfe neben dem Flughafen. Fensterkreuze und Grabkreuze - ist das nicht schon ein Sinnbild für Leben und Tod in der Großstadt gewesen? Wenige Wochen später bin ich spontan nach Berlin umgezogen. Unwiederholbar. Vierzig Jahre sind eine lange und vierzig Jahre sind eine kurze Zeit. Banal, aber wahr.

 

Heute sehe ich überhaupt nichts, schon gar nicht die mir von früher vertrauten Orte in der Stadt. Ich bin sechsundzwanzig Jahre nicht mehr hier gewesen und würde mich gern erinnern lassen. Vielleicht würde mir das daheim, fern von Berlin, besser gelingen? Ist auch diese Einfahrt wieder ein Sinnbild? Damals bin ich gewissermaßen aus dem Himmel meiner Ahnungslosigkeit gefallen, heute steige ich vielleicht aus der Tiefe meines begrabenen Vorlebens zur Oberwelt empor.

 

Jetzt fährt der Zug ins Dunkle, in den neuen Tunnel hinein. Er hält auf dem unterirdischen Bahnsteig. Berlin Hauptbahnhof – ich steige aus, bereit, eine neue Stadt kennen zu lernen.

 

 

 

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Hörbuch

Über den Autor

Abendschoen
Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!

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Abendschoen Re: Ich hoffe doch ... -
Zitat: (Original von Gunda am 26.04.2009 - 17:02 Uhr) ... du lässt uns auch an dem teilhaben, was NACH de Aufstieg ins Tageslicht so alles passierte?
Dass ich das letzte Mal in Berlin war ist auch schon an die 20 Jahre her. Furchtbar gerne hätte ich dich begleitet, diese mich damals so faszinierende Stadt wiederzusehen.
LG
Gunda


Ach, Gunda, ob du mich wirklich immer so gern begleitet hättest ... ? Wart erst mal ab. Teil II wird sehr privat, Teil III dann wieder mehr allgemein üblich touristisch. - Arno -
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Abendschoen Re: is ja erst der Anfang -
Zitat: (Original von Boris am 26.04.2009 - 16:14 Uhr) und es kommt mir bekannt vor...

LG JFW


Die Fortsetzung Teil II dürfte dir eher weniger bekannt vorkommen. Teil III biegt dann wieder ins Übliche ein. - Arno -
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Gunda Ich hoffe doch ... - ... du lässt uns auch an dem teilhaben, was NACH de Aufstieg ins Tageslicht so alles passierte?
Dass ich das letzte Mal in Berlin war ist auch schon an die 20 Jahre her. Furchtbar gerne hätte ich dich begleitet, diese mich damals so faszinierende Stadt wiederzusehen.
LG
Gunda
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Boris is ja erst der Anfang - und es kommt mir bekannt vor...

LG JFW
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Abendschoen Re: Na -
Zitat: (Original von rumpi am 26.04.2009 - 10:32 Uhr) dann wünsche ich dir viel Spaß in der neuen Stadt.
Hoffendlich geht es hier etwas entspannter zu wie im Zug.

LG,Karsten


Danke, Karsten. Bin ja schon wieder daheim. Und ich war nicht zur Entspannung da. Berlin fand ich sehr anregend in seiner Mischung aus vielem Neuem und einigem Alten. Von den fünf Häusern, in denen ich mal gewohnt habe, ist eins auch schon abgerissen. - Arno Abendschön -
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rumpi Na - dann wünsche ich dir viel Spaß in der neuen Stadt.
Hoffendlich geht es hier etwas entspannter zu wie im Zug.

LG,Karsten
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