Mit einem freundlichen Lächeln kommt er auf mich zu und ich spüre schon seinen glühenden Blick auf meiner Haut. „Diana, ich muss schon sagen du siehst wiedermal wunderschön aus!“, flüstert er mir schmeichelnd zu.
Es ist mein Abschlussball, der letzte Tag den ich in dieser Schule noch verbringen werde und ich stehe in einem umwerfend schönen, bodenlangen Ballkleid, in Schuhen die mich 5 cm größer machen, zart geschminkt und mit einer einfachen aber perfekt auf mein Kleid abgestimmten Frisur vor meinem ehemaligen Lehrer. „Danke“, erwidere ich schüchtern und blicke kurz zu Boden, nur um ihn gleich darauf mit einem Augenaufschlag von unten aus der Fassung zu bringen. Die Beziehung zwischen uns war schon immer ein bisschen komisch gewesen, denn in unseren Blicken lag oft der Ausdruck tiefer Vertrautheit, als hätten wir ein Geheimnis. Doch es gab kein solches Geheimnis, es war wie ein Spiel in dem wir uns zum Spaß gegenseitig verführerische Blicke zuwarfen, uns Komplimente machten und taten als würden wir flirten. Dann entstand diese Spannung zwischen uns ein Gefühl zwischen Beklemmung und Begierde undefinierbar und mysteriös.
Jetzt musterte er mich von oben bis unten, mit diesem Blick als würde er mir am liebsten gleich die Kleidung vom Leib reißen, so leidenschaftlich – gefährlich?
„Kann ich dich für einen kurzen Moment unter 4 Augen sprechen?“, frägt er auf einmal sehr nervös und leise. „Ja, natürlich!“, antworte ich überrascht. Langsam, denn meine hohen Schuhe lassen es gar nicht anders zu, gehe ich durch eine kleine Seitentüre in ein immer leer stehendes angrenzendes Zimmer. Dieser Raum war irgendwie nicht so genutzt worden wir man das zuvor geplant hatte denn es waren Ansätze mehrerer Duschvorrichtungen zu sehen und die Tür konnte man von innen mit einem Riegel versperren. Ein paar verstaubte Kisten stapelten sich an der Wand doch sonst war der Raum vollkommen leer.
Kurz nachdem ich eingetreten war, folgte er mir und schloss auch sogleich ab, was mich etwas verwunderte.
„Ich möchte dich gerne etwas fragen… denn im Lehrerzimmer munkelt man, du wärst verliebt? – in jemanden aus dem Lehrerkollegium!“, beginnt er ohne große Umschweife und wie mir scheint mit großer Hoffnung aber auch Nervosität in der Stimme. „Ähh… ich…“, weiter fällt mir nichts ein und ich starre gepeinigt auf meine Füße. „Hab keine Angst, deine Gefühle werden erwidert!!“, versucht er mir Mut zu machen. „Was werden sie?“, erschrocken schaue ich zu ihm hoch. „Hast du es denn nicht gemerkt? Die Blicke! Dieses Lächeln!“, möchte er wissen. „Ich…, nein ich war mir dessen nie bewusst!“, gleichzeitig versuche ich mir Situationen ins Gedächtnis zu rufen, in denen Sie, die Frau meiner Träume, mich irgendwie anders angesehen hatte. Frau Kand hatte mich in Bio unterrichtet und vom ersten Tag an war ich hin und weg gewesen. Mir fiel nichts ein und so kehrte ich widerwillig in die Realität zurück.
„Aber so wie du mich angesehen hast, ich wusste das ganze Jahr über schon das du es genauso sehr willst wie ich aber es ist verboten, bis heute! Jetzt bist du frei zwar noch nicht erwachsen aber immerhin nicht mehr meine "Schutzbefohlene"!“, „Sie?“, völlig perplex weiche ich bis zur kühlen Wand zurück. „Sag doch Karlos zu mir!“, lächelnd und mit so viel Liebe in den Augen dass es mir schon schmerzt kommt er nun auf mich zu. Stürmisch zieht er mich plötzlich an sich und drückt seine feuchten Lippen auf meine.
Entsetzt stoße ich ihn weg. Verletzt schaut er mich an und beginnt zu stottern: „Aber… ich dachte, du und ich… wir!“, und bricht ab.
„Es tut mir Leid!“, völlig verstört renne ich aus dem kleinen Raum nach draußen an die frische Luft und breche weinend zusammen.
Keiner hält sich hier draußen auf, denn alle sind sie in der Turnhalle und genießen kühlen Sekt oder Orangensaft, und so gebe ich mich voll und ganz den quälenden Gedanken hin, ob ich vielleicht zu weit gegangen wäre ob ich ihm irgendwelche Hoffnungen gemacht hätte und lasse meinen Tränen freien Lauf.
Plötzlich berührt mich eine zarte, warme Hand an meiner inzwischen eiskalten Schulter und ich zucke zusammen, ich hatte niemanden kommen hören. „Diana, ist bei dir alles OK? Geht’s dir nicht gut? Soll ich deine Eltern rausholen? Du bist ja eiskalt!!“, und schon im nächten Moment spüre ich eine warme Jacke um meine Schultern, die Stimme,… dieser Duft. „Nein, denke ich, warum? Warum ausgerechnet SIE??“ Verzweifelt springe ich auf, ohne ihr eine Antwort zu geben und versuche davon zu rennen. Weg von dem Lärm, den vielen Menschen und vor allem weg von Ihr!
Doch mit meinen hohen Schuhen bin ich nicht wirklich geübt und so knicke ich schon nach wenigen Schritten um. Jetzt ist mir erst recht zum Heulen zumute und dass sie mich nun auch noch in den Arm nimmt und wie ein kleines Kind hin und her wiegt gibt mir den Rest. Mein Kopf liegt an ihrer Brust und ich höre wie ihr Herz, zu meiner Überraschung, zu rasen beginnt. Ängstlich blicke ich zu ihr auf und sie stoppt für einen Moment meinen Rücken zu streicheln so kauern wir eine Zeit lang am Boden, bis ich schließlich spüre, dass sie eiskalt ist. Ich stehe auf und gebe ihr dankend ihre Jacke zurück. Dann überwinde ich mich, lege meine Arme um sie und beginne nun sie zu wärmen.
Da sehe ich meine Lehrerin zum ersten Mal an diesem Abend wirklich an und als ich zu der Erkenntnis komme, dass sie noch hübscher aussieht als sonst, zieht sich mein Magen schmerzhaft zusammen.
Nach ein paar Minuten schiebt sie mich vorsichtig aber bestimmt zur Seite, nimmt meine Hand in ihre, was meinen Atem stocken lässt und frägt was sie tun könne damit es mir besser geht, ob ich denn nicht einfach darüber reden wolle?
Ich schüttle nur den Kopf unfähig auch nur ein Wort zu sagen und starre zu Boden.
„Kann ich dich mal was fragen?“, will sie wissen. Ich zwinge mich zu einem „Ja“.
„Ich weiß auch nicht Diana, vielleicht habe ich mich da auch geirrt aber du schaust mich immer so an, so verträumt fast schon allwissend. Man merkt zwar das du eigentlich hellwach bist und alles um dich herum mitbekommst aber trotzdem liegt da etwas in deinem Blick etwas mysteriöses,… warum machst du da? Oder ist das gar keine Absicht?“, mit dem Gedanken im Kopf „Jetzt ist eh schon alles egal!“ antworte ich ihr ganz ehrlich: „ Sie brachten mir die Hölle und gleichzeitig den Himmel auf Erden!“ und schaue ihr tief in die Augen.
Verwundert blickt sie zurück „Würdest du mir helfen dieses Rätsel zu lösen?“, frägt sie und ein Lächeln stielt sich auf ihre Lippen. „Ich habe Sie geliebt, so lange, so sehr… und doch…!“, ich breche ab, blicke nachdenklich und peinlich berührt auf meine Hände.
„Du…, liebst du mich noch immer?“, stottert sie? Ehrlich antworte ich ihr: „Ich weiß es nicht!“
„Komm ich möchte dir etwas zeigen!“ und mit diesen Worten zieht sie mich hinter sich her, ein Stück hinter die Turnhalle in Richtung Sportplatz. Um uns herum wird es immer dunkler denn es wird hier hinten nicht beleuchtet und nur der runde blasse Mond spendet uns ein wenig Licht.
Plötzlich bleibt sie stehen, im völligen Dunkel und ich kann kaum noch die Hand vor Augen sehen, noch dazu wo der Mond nun von Wolken verdeckt ist.
„Mach dir Augen zu und öffne sie erst wenn ich es dir sage!“, bittet sie mich. Also schließe ich sie und schon ein paar Sekunden darauf nimmt sie meine Hände flüstert „Lass sie einfach zu!“ und küsst mich. Zuerst zaghaft und schüchtern, dann wird sie stürmischer und drängt mich an die Wand des kleinen Geräteschuppens. Ich will mich wehren denn alles in meinem Körper sträubt sich gegen diese Berührungen, das hätte sie nicht tun sollen, nicht tun dürfen!! Jetzt, gerade jetzt wo ich sie schon fast überwunden habe.
Doch ich kann es nicht, ich kann sie nicht wegdrücken und so gebe ich mich ihr hin. Langsam und zart tastet sich ihre Zunge vor und zwängt sich zwischen meinen Lippen hindurch.
Ein Schauer nach dem anderen jagt mir über den Rücken doch als sie jetzt auch noch versucht mein Kleid aufzumachen halte ich es nicht länger aus. Ich stöhne vor Schmerz und schiebe sie gleichzeitig von mir weg. „Tut mir Leid, bin ich zu weit gegangen?“, will sie verdattert wissen. „Sie…“, ich weiß nicht was ich sagen soll, ziehe kurzerhand meine Schuhe aus, raffe mein Kleid und laufe. Einfach irgendwohin. Als ich stehenbleibe und mir meinen schmerzenden Bauch reibe, merke ich, dass sie mir gefolgt ist und werde wütend. „Warum tun Sie das?“, sage ich laut und völlig fertig. „Was denn?“, erwidert sie nun fragend. „Warum können Sie mich nicht einfach in Ruhe lassen ich hab wirklich kein Interesse daran Ihr Versuchskaninchen zu sein und mir das Herz ein zweites Mal von Ihnen brechen zu lassen!“, flehe ich sie buchstäblich an. „Liebst du mich? Sei ganz ehrlich und hör auf dein Herz!“, ich schaue sie an und da wird mir es mir bewusst.
Mein Herz schreit förmlich nach ihr und eine von Sekunde zu Sekunde lauter werdende Stimme in meinem Kopf sagt „JA!“. „Ja“, verblüfft schaut sie zu Boden. „Was hätten Sie denn gedacht? Das ich sage nein, aber ich Betthäschen wäre ich gerne?“, „Nein“, entgegnet sie, „ich hatte so gehofft, das du ja sagst. Ich weiß nicht… wie ich es sagen soll, aber ich hab es mir so gewünscht, mir nächtelang ausgemalt und jede Stunde deinen Blick gesucht, verstehst du es denn nicht? Hast du denn gar nichts bemerkt? Ich hab mich in dich verliebt!“ Jetzt war ich es die verblüfft zu Boden sah und verzweifelt nach Worten rang.
Stürmisch küsst sie mich erneut. Steckt mir einen Ring an den Finger, der genauso aussieht wie ihrer, und zieht mich zur Turnhalle zurück. Noch bevor sie mich wieder in die Menschenmenge schiebt steckt sie mir einen kleinen Zettel zu, gerade noch rechtzeitig bevor unsere Klasse einläuft finde ich meine Mitschüler.
Immer noch mit dem Gefühl alles nur geträumt zu haben komme ich sehr spät nach Hause.
Aufgeregt gehe ich in mein Zimmer und ziehe ihren Zettel aus meinem kleinen Abendtäschchen.
„Liebe Diana,
ich liebe Dich so sehr und ich möchte mit dir zusammen sein. Es wird schwierig werden weil ja niemand etwas davon erfahren darf solange du nicht 18 bist aber ich weiß worauf ich mich einlasse und ich würde alles für dich tun. Ich möchte dich nicht bedrängen, wenn du nicht willst, weil du vll denkst dass du das nicht schaffst oder mich nicht liebst, dann lass ich dich in Ruhe…
Bitte antworte mir ehrlich!
Egal wie du dich entscheidest, für immer deine Simone“
Zwei Jahre später:
Durch lautes Lachen werde ich wach und versuche meine Augen zu öffnen, doch das grelle Licht welches mir entgegen kommt, macht es mir vor Schmerzen unmöglich. „Happy Birthday too you, happy Birthday too youuuu, happy Birthday dear Diana, happy Birthday too youuuu!”, und da wird es mir schlagartig klar. Ich bin endlich 18! Energie strömt durch meinen Körper und ich springe voller Elan auf, dabei stoße ich fast meine Mum und meinen Dad um, die mit einer riesigen Torte vor meinem Bett stehen. „Diana’s -18.“ Steht in großen Lettern aus pinkem Marzipan darauf geschrieben.
“Danke, Mum – Dad!”, sagte ich und fiel ihnen um den Hals. Gleich danach renne ich die Treppe runter zum Telefon. „Hallo mein Schatz, alles Gute zum Geburtstag“, sagt sie, mit ihrer wunderschönen Stimme und ich bekomme vor Freude eine Gänsehaut. „Kannst du vorbeikommen, jetzt gleich?“, frage ich sie mit zitternder Stimme. „Ich bin schon unterwegs… Ich liebe dich Diana!“, flüsterte sie aufgeregt und legte auf. „Ja, ich liebe dich auch“, antworteich obwohl ich weiß, dass sie das nicht mehr hören würde.
Ich hatte meinen Eltern vor einem dreivierteltem Jahr gebeichtet dass ich lesbisch sei, zuerst waren sie geschockt gewesen besonders mein Dad aber sie hatten es sonst ganz gut soweit aufgenommen.
„Darling, wer war das?“, will meine Mum entgeistert wissen, während ich mich freudestrahlend umdrehe. „Mum, Dad, ich hab ne Freundin, sie ist großartig und naja wir sind schon seit fast 2 Jahren zusammen, ich konnte es euch nicht sagen,… ihr hättet es nicht verstanden sie ist ein bisschen älter als ich!“, resigniert schaue ich zu Boden als ich die bleichen Gesichter meiner Eltern sehe. „Wer ist es und wie alt ist sie?“, frägt mein Vater, schon mit leichter Zornesröte im Gesicht.
„Sie, ihr kennt sie schon, lasst euch überraschen. Naja sie ist nicht so viel älter als ich,… sie ist 34, aber Mum ihr werdet sie lieben.“, versuche ich mich aus der Affäre zu ziehen.
„Sie ist WAS? Diana sie könnte deine Mutter sein“, langsam und mit leerem Blick steuert meine Mum den Küchentisch an um die Torte abzustellen, dann setzt sie sich auf einen Stuhl legt den Kopf in ihre Hände und schüttelt ihn.
Ich gehe, denn ich weiß, dass ich jetzt nicht viel machen kann, ins Bad. Schon nach ein paar Minuten bin ich fertig und stehe ungeduldig vor meinem Kleiderschrank. Schließlich entscheide ich mich für ein hellbraunes Frühlingskleid, für Stulpen und einen goldenen Haarreifen.
Schon als ich die Treppe herunter komme höre ich die Türe läuten und voller Vorfreude stürze ich in den Gang.
Und da steht sie, wunderschön, ihren schlanken zarten Körper in ein perfekt sitzendes 2 Teiliges Kostüm verpackt. Ich stürme auf sie zu, falle ihr um den Hals und küsse sie. Bis ich ein räuspern hinter mir höre. Peinlich berührt lasse ich von ihr ab. Als ich mich umdrehe sehe ich meine kreidebleichen Eltern die verlegen ihre Hände kneten und sich gegenseitig vielsagende Blicke zuwarfen. Ich nahm Simone an der Hand und führte sie durch den Flur in den Mittelgang zu ihnen hin.
„Mum, Dad, das ist Simone Kand. Meine Freundin“, forschend beobachtete ich die Reaktionen meiner Eltern. „Sie waren ihre Lehrerin, wie konnten Sie nur… dafür könnten Sie ins Gefängnis gehen!“, sagte meine Mutter den Tränen nahe.
„Ich weiß Mrs. Lane, und deswegen haben wir uns in den letzten 2 Jahren auch nicht sehr häufig gesehen. Aber was soll man machen, wenn man sich verliebt. Ich würde Sie gerne um etwas bitten. Erstens natürlich um ein bisschen Verständnis, schließlich liebe ich Ihre Tochter und zweitens … ich würde gerne hier vor Ihnen um Dianas Hand anhalten.“, verblüfft starre ich sie an, unfähig etwas zu sagen, doch unglaublich glücklich.
„Ihr habt unseren Segen“, sagten meine Eltern und dass erstaunt mich um so mehr. Dann tut sie das was sich jeder Mensch wünscht, sie kniet sich vor mir auf den Boden und zieht ein kleines mit rotem Samt überzogenes Schmuckkästchen aus ihrer Tasche. „Diana, du bist die Liebe meines Leben, du bedeutest mir mehr als alles andere auf der Welt und die letzten 2 Jahre waren die schönsten Meines leben, willst du mich heiraten?“ , ich ziehe sie zu mir hoch, nickend drücke ich sie an mich und Freudentränen rollen unter meinen geschlossenen Augenlidern hindurch. „Ja, ja ich will!“
2 Monate später heirateten wir, meine Eltern liebten sie, denn ich war so glücklich und sie war ein Engel, nach 3 weiteren Jahren ließ ich mich künstlich Befruchten und wir bekamen 2 gesunde und bildhübsche eineiige Zwillinge, namens Josephine und Rachel. Vergangenen Sommer starb Simone dann im Alter von 87 an einem Herzinfarkt. Bis dahin lebten wir glücklich zusammen und von Tag zu Tag liebten wir uns mehr.