Beschreibung
Manchmal muss man erst sterben um alles verstehen zu können.
Prolog
Wer könnte schon von sich aus sagen, dass er wüsste wer er wirklich ist, ich zumindest nicht. Doch es gelingt einem erst richtig zu leben, indem man nicht mehr der Vergangenheit nachtrauert, sondern endlich damit anfängt sich mit seiner Gegenwart zu konfrontieren. Ich musste mich also damit auseinandersetzen, dass ich seit neun Jahren Tod war und außer Name und Alter ist nicht mehr verblieben. Tatsächlich war nicht mehr als das von meinem Menschenleben erhalten geblieben, ein mickriges Überbleibsel also. Ich hatte immer noch Schwierigkeiten damit umzugehen. Als Geist bedeutete das für mich einen völligen Neuanfang,dass Fundament bildete also nur mein Name und mein Alter. Ob Bürde oder Schicksal war nun völlig von Belanglosigkeit.Entweder man geht mit einem lächeln an die Sache heran oder gar nicht. Was mich nicht umbringt macht mich nur stärker? In dieser Hinsicht hatte ich nichts mehr zu verlieren, was ich nicht schon längst verloren hatte. Und dennoch würde ich niemals aufhören zu hoffen. Ja Hoffnung,sie ist wie Zucker, mag sie auch noch so klein sein,so versüßt sie dennoch alles.
Vergangenheit
Wie oft hatte ich mir schon meinen Tod ausgemalt, doch ich hatte noch niemals erwartet, dass mein Leben derartig enden mochte. Völlig entblößt lag ich auf dem kalten Teer einer kleinen Gasse und umklammerte krampfhaft die vielen klaffenden Wunden an meinem Körper. Die Nebelschwaden schlichen langsam um meinen Körper und schnitten mir jegliche Atemwege ab. Ich schien zu ersticken.Beängstigender Weise hatte ich das Gefühl, dass die klirrend kalte Luft, die meinen Körper umgab, dass einzige war, was ihn vor dem Verfall schützte. Eine undefinierbar gewaltige Kraft drückte meinen Körper auf den eiskalten Boden, ich spürte wie alles unter dem enormen Druck immer mehr nachgab und ich mehr und mehr ein Loch in den harten steinigen Boden drückte. Jeder Partikel war willig und ließ mich immer weiter nach unten dringen. Auch wenn ich nicht wusste was mit mir geschah, so löste es in mir dennoch ein unbeschreiblich überwältigendes Gefühl aus, welches mir den Grund gab diesen unbeschreiblichen Schmerz ohne ein Hauch des Widerwillens zu ertragen. Geräuschlos ließ ich ihn durch jede Faser meines Körpers wandern. Es entwickelte sich bald schon zu einer unerträglichen Taubheit,die sich schleichend über mein Rückenmark breit machte. Doch ich dachte keinen Augenblick daran aufzuschreien. Der Schmerz durchzuckte meinen vollständigen Körper und ich war mir schon bald sicher, dass ich willig sein würde alles zu tun, wenn ich nur die Prozedur meines Sterbens beschleunigen könnte. Mittlerweile schien jedes Glied meines Körpers scheinbar zu verbrennen, diese Qual konnte nicht weniger schlimm sein, als auf einem Scheiterhaufen zu verglimmen. Unter dieser Last von mehreren Tonnen breitete sich schon gemächlich eine Taubheit in meinen Ohren aus,welche mich nun völlig von der Außenwelt abschnitt. Jetzt war nur noch ich und der Schmerz vorhanden, welcher sich nur noch durch die Überreste meines Körpers fressen musste. Völlig taub, blind und stumm lag ich also da und wartete geduldig auf meinen Tod. Unter mir spürte ich das viele Gestein,das langsam und schmerzvoll mein Fleisch durchbohrte und mit jeder vergehenden Sekunde immer weiter eindrang. Auch wenn es eine unglaublich grausame Art war zu sterben,entglitt mir dennoch kein Wort aus meinem Mund. Die Triebe dafür sind schon lange in Vergessenheit geraten, das Streben nach Glückseligkeit und Frieden verblieben hingegen. Ich spürte, dass sich meine Haare wie ein Strick an meinen Hals schmiegten, welche sich immer wieder gegen meinen Hals schabten. Unwillkürlich würgte ich wiederholt nach Luft. Krampfhaft knirschte ich meine Zähne zusammen, woraufhin ein ohrenbetäubendes Krachen die Stille durchbrach. Doch niemand hätte mich dazu verleiten können mein Leid zu teilen. Für mich war es eine abartige Weise seine Qualen vermindern zu wollen, indem man andere Menschen damit belastet. Und dennoch hatte ich Schwierigkeiten meine Selbstbeherrschung zu erhalten. Alles in mir kämpfte gegen den Tod an, warum tat ich es dann nicht auch? War es die Ignoranz oder der unersättliche Wille zu sterben? Ich konnte noch nicht einmal meine eigenen Gedankengänge definieren,wie sollte ich es also von anderen erwarten können? Ruckartig stockten meine Gedanken und ich lauschte in die Stille. Ich hörte das herzzerreißende Wimmern eines kleinen Mädchens, völlig schmerzverzerrt und verängstigt. Ich hatte die Begierde sie in meine Arme zu schließen und zu trösten, bis ich bemerkte,dass ich dieses eingeschüchterte Mädchen war, das schluchzte. Ich geriet in eine Art Rausch, welches sich nicht mehr halten ließ und so weinte ich in die Dunkelheit hinein. Meine verkrampften Lippen lösten sich gemächlich und ich stieß unwillkürlich einen ohrenbetäubenden Schrei aus. Voll Wehmut erstickte ich ihn in meinem Arm und bis voller Verzweiflung in meine Hand, um den nächsten verhindern zu können. Währenddessen schossen die letzten Blutreserven durch meine Adern und ließen mein Herz zum letztes trostloses Mal erklingen. Meine Tränen versickerten und der Frieden kehrte wieder ein. Das störende Pochen meines Pulses endete schließlich und der Schmerz entzog sich langsam meinem Körper. Alles sträubte sich in mir und fand sich anschließend im Schein Glückseligkeit wieder. Meine letzten Bewegungen flossen im Einklang mit der Klangfarbe meines Atems und verabschiedete sich schließlich in Harmonie. Der letzte markzerreißende Schrei entglitt mir aus dem Mund und verschwand wieder in der Stille. Sämtliche Zellen in meinem Körper hörten auf gegen den Tod anzukämpfen.