Musen küssen über NachtoderWann kam der Blues zu mir?
Eigentlich idiotisch so zu fragen, denn es ist in dir, ohne das du etwas dazu oderdagegen kannst.
Neueste Forschungen ergaben, daß die X-Chromosomen der Mutter die Ursache sind.Mutter wars und deren Mutter und ich bin sicher, daß deren Mutter schondem Schöngeistigen verfallen war.Omi schrieb gern solange sie lebte, ein Kommunikationskanal und edle Pflicht,die sie mit geistigen Schwingungen zu den Verwandten und Freunden führteund es war etwas, daß sie aufrecht hielt.
Sie spielte in der Jugend Theater, ein Phänomen in dem kleinen Dorf bei Mühlhausen.Der Pastor war Mentor und Förderer.In den ersten Jahren ihrer Ehe inszinierte man Musikfeste oder Musenpartys, auch wenn keiner dem Tun einen Namen gab.Aus dem Wunsch, mehr zu sein als ein Bauer, weil man schon etwas mehr warals Familie des Schmieds, oder wars der Rythmus des Ambosses; gleichwohl egalOrt und Zeit sind nur formprägend - man sang Volkslieder,war naturnah und eben anders; eben edler, weil die Scholle nicht das beherrschende Element war.Sonntags gabs klassische Musik in der Küche oder Estraden zum Duft der Kloßmasse, außerdem weiße Tischwäsche,ein Glas Wein und ein Tischgebet.
Auch wenn wir Kinder bald keinen Bezug dazu fanden, wir fühlten etwas Edles.Opa spielte manchmal Geige und Omi hatte ihre Zitter, wo Notenblätter daruntergelegt wurden.Auch bei Vaters Mutter wurde gesungen, aber hier hatte es für mich immer etwas Düstertrauriges, wenn Moritaten ,wie „Es wollt ein Mann in seine Heimat reisen“ oder „Warum weinst du holde Gärtnersfrau“ erklangen.Der Unterschied lag wohl im Feeling, die Mühen der Ebene waren überall gleich, sie kamen uns nur unterschiedlich an oder das gute, leichte Gefühl der Musi-kalität war am Ort bei Omi stärker.Mutter hat das auch geerbt.
Schon bei Geburtstagen oder zu Fasching wurde insziniert.Gesungen fast an jedem Tag und in der Vielfalt lag die Würze.Da gabs Schlager, Operette oder Musikal - selbst klassische Melodien wurden gesungen, gesummt oder gepfiffen.In der Schule kam der Unterricht dazu, ein Chorleiter und der Umstand, daß Mutti im Sekretariat der Schule zu arbeiten begann.Wir, mein Bruder und ich, waren im Chor, in der Volkstanzgruppe und imFanfahrenzug dabei.
Erste Frontman-Erfahrungen kamen hinzu, wobei der Bruder der Star war, denn er sang sogar im Fersehen.In letzter Konsequenz kamen wir beide in die Musikschule und lernten ein Instrument.Bruder kam zur Schlagzitter und ich zur Guitarre, wobei der Lehrer Stil und Pro-gramm der Schule prägte.Er war Umsiedler und liebte Volkslieder und Ländler, sowie Schnaderhüpfel.
So lernte ich einfache Kadenzen und zupfte nach Gehör C, F, G-Dur oder so.Schwer kamen mich Fingerübungen an oder überhaupt das Üben, denn das war wenig lustvoll.In der Küche sitzen und da, da, da, da, da, da - eine harte Zeit, leider hab ich die Härte versucht zu umschiffen und so die Weihe der Hohen Schule nie erhalten.Zu Schlagern reichte es allemal, so schlug und zupfte ich alles nach und mit.Wir waren immer am Rohr und horchten immer Radio, besonders gern nachts.Wenn Vater zur Kontrolle kam, dann mußten wir auf Draht sein.Das der Soldatensender ein Machwerk der DDR war vermuteten alle, es war unklar,aber wichtig war nur, daß nach dem Bum ,Bum - BumBum - Bum die geliebte Westmusik kam.
Schlager gabs bei uns auch, aber die westliche Dekadenz sollte draußen bleiben.Aber die Geheimpfade...Mancher Nachbar hatte Verwandte und der brachte Platten mit.Wir kamen von der Schule und stellten das Radio an.Zur Musik ging alles leichter.Vater kam von der Arbeit und seine erste Amtshandlung war das Abstellen der Musik.Nicht daß er ein Musikfeind war, er war halt in seinen Konventionen befangen.
Hitparaden hören, Ritualen gleich - vom 12.-16.Lebensjahr begleitete mich amFreitag- Abend die des Bayrischen Rundfunks.Legendär und unvergesslich der Abend oder eher die Nacht, als mein Bruder mich auf die Neue Musik der Beatles aufmerksam machte.Das war was - das hatte was - der Vater hatte sofort was dagegen und die Partei sowieso - und Vater war die Partei.Eigenlich war ich immer auf Neuigkeiten scharf,ein Charakterzug halt!
Ob nun Hawaiguitarrensound in der Kindheit oder Big Band Songs, ich akzep-zierte alles Neue bzw. war auf der Suche danach.Schlichtes, Hausgemachtes oder Handgestricktes waren Langweiler, Heimatdu-delei oder selbstgefälliges Volksmusikeinerlei waren nie mein Ding!
So kam die Liebe zu den echten Folksongs oder auch zu wahrhaftiger Volks-musik - wir selektierten schon in früher Jugend.War Anfangs nicht viel Neues dabei, so brach die Beatmusik eine völlig eigene Bresche in die traditionellen Hörgewohnheiten.
Jeder Tag brachte etwas Unverwechselbares, so wie es nach unserem Geschmackwar.Vorlieben wechselten.Standen am Anfang die Beatles in Front, kamen doch bald andere Bands, die heißgeliebt oder umstritten waren.Thema der Pausendiskussionen in der Schule, der war der King, der Bilder oder Infos der Superbands hatte.
Omi bekam unerlaubt, mit der Post regelmäßig die Jugendseite der „Hör Zu“und da fanden wir all das, was wichtig war.Mit dem Aufkommen von Magnetbandgeräten wurden Hitparaden mitgeschnit-ten und gingen in Umlauf.Wenn ich einzelene, einfache Songs nachspielen konnte war ich gleich ein kleiner Star im Ferienlager und wurde von den Mädchen bewundert,von den Jungens beneidet.
Als die Folkbewegung der 68er in die DDR-Singebewegung Eingang fand, war ich sofort dabei.Wir gingen in Front mit verordneten Kampf - und Freiheitsliedern, nebenbei sangen und spielten wir natürlich all das, was uns gefiel.Eine Band mit E-Guitarren entstand ganz nebenbei und schon 1969 hatten wirunser Debüt in Leipzig zur MMM.Wenn unsere offiziellen Auftritte zu Ende waren, legten wir auch mal einen Titel auf, nach dem man tanzen konnte.Bei der Garnison der Sowjetischen Armee spielten wir in Ohrdruf und mein denkwürdigster Auftritt war im Jugendclub 1969, als ich ‘ne Einlage gab mit„Child on the moon“ von den Stones.
Unsere Welt waren bald die Kings ,The Who, Dave Dee, The Walker Brothers und alle, die was Eigenes brachten.
Donavan, Bob Dylan oder ähnliche Songwriter, alles wurde kopiert oder interpretiert.Protestsongs waren in - der Degenhart,Wader oder Süverkrüpp.Protest aus Leidenschaft und um zu zeigen, wir haben eine Stimme!
Nie waren wir leise, wir wollten aber auch keine Lärmer sein.
igene Songs entstanden und wurden von den Profieierköpfen in Berlin verächtlich nieder debattiert.Eine neue Stufe erreichte ich in Weimar zum Studium.Hier gabs von allem reichlich.Internationale Kommilitonen, Musikstudenten und Bands mit eigenem Profil.Ich war Mitglied im Chanson - und Folklorestudio beim Ensemble der Hoch-schule für Bauwesen und Architektur.Im dritten Studienjahr wuchs mein Wunsch eine eigene Band zu gründen.Suchen, Werben und Proben - und das neben dem Studium.Als ich Alles beisammen hatte war mein Studium rum.Nach dieser Zeit hatte ich endlich die Chance und das Geld ein eigenes Tonbandgerät zu kaufen.
In mein Notizbuch schrieb ich damals, dass es mir gelingt glückliche Momentedamit für immer festzuhalten und dabei bleib ich auch -Musik als eine Kunstgattung, die die Sinne des Menschen ansprechen kann.Beat als Stilrichtung- einer Periode des Aufbruchs zu Neuen, wahren Ufern-Selbsterkenntnis und Befreiung mit Protest gegen Starre - nur schade, dass nach jedem Höhepunkt ein Tiefpunkt folgen muss.