REMEMBER LOHNCHEN
Setzt sich nicht aus Lohn sondern aus ILONA zusammen.
Bewusst war mir nur, dass die Letzte die Beste war. Steht ja auch schon im Buch, dass die Letzten die Ersten sein werden. Außerdem waren ihre Startbedingungen nahezu ideal. Fast 10 Jahre hatten wir Brüder die Eltern weichgeklopft und nun kam 1959 nach dem ?-Versuch endlich ein Mädchen. Leider war auch hier der Name daneben, denn Ilona war ungarisch und stand für dunkles Haar, dralle Formen und Feuer.
Lonchen war da ganz anders. Heute registriere ich, wie wenig wir voneinander wissen - seltsam. Es wären die Geschwister Wolfgang, Jürgen und Ilona ein Superteam geworden, wenn man nur Jurist, Bau(im weitest gehenden Sinne) und Versicherungsfachfrau zusammensieht. In Tateinheit mit den typischen Grundeigenschaften der Weißleder wär’s ein unschlagbares Team geworden. Die Zeit und die Umstände führten uns eher voneinander weg als zusammen.
Zu Lonchen.
Sie kam in eine Welt, in der wir Brüder uns gerade eingerichtet hatten. Der jüngere trug die Sachen vom Älteren auf, der hatte aber auch nicht viel Neues. Trouble mit dem legislativen - exekutiven Elternteil sprich Vater gab es im Wesentlichen noch nicht, in den golden Sixtees sollte dies sich ändern. Da tauchte nun die eigene und einzige Schwester auf, beanspruchte Platz, Aufmerksamkeit und Zuwendung alles das, was eh’ rar war. Da lag der Fratz, zum lieb haben! Welch Glück, ihr Glück, wir Brüder waren nicht so grausam, wie die Kids heute. Wo blieb Lohnchen, wenn Muttern auf Arbeit war? In der Krippe war sie nicht, aber in dem Kindergarten. Unten an der Hochschule für Tiefflieger, an die schöne Villa erinnere ich mich noch. Lohnchen mit der Kittelschürze, ein Bild taucht wieder auf. Anjacken mussten wir sie, doch im Eigentlichen war sie pflegeleicht, denn sie war eher still. Na ja, ihr fiel auch jede Sympathie zu, die ich mir bitter erkämpfen musste. Lohnchen war eben ein Mädchen. Brauchten wir Bogenfahrten, um ans Ziel zu kommen - Lohnchen ging grad drauf zu. Lohnchen wurde auf dem Hinterrasen, im Kreise der Nachbarskinder groß und ihre Jugendjahre widmete sie dem Studium der Elektrotechniker. Sie hatte ein eigenes Zimmer von Anfang an, auch wenn’s die ehemalige Abstellkammer und spätere Dusche war. Wie wenig ich von der Zeit 1959 - 1969 behalten habe, kann nur Ursache darin haben, dass nichts Umwerfendes passiert ist. Das Erwachen in der Zeit ab 1973 ist mir umso besser in Erinnerung. Sie wollte Alles wissen und war ständig umtriebig. So brachte sie uns früh frische Brötchen in den Garten, als Monika zu Besuch war und führte mir ein Jahr später solche Gestalten, wie Jesus/ Holm vor. Vielleicht war es ein gegenseitiges Vorführen? ‘75 zu unserer Hochzeit war sie einer der Mittelpunkte. Dann bleiben ihr noch 2 kurze Jahre und in ‘78 entschwand sie Richtung Berlin. In kurzem Abstand folgten ihre Jungens Stefan und Sascha nebst Scheidung von Uli, dem Mader. Unklar, weshalb sie dessen Namen noch trägt. Fast 20 Jahre sahen wir uns nur noch an besonderen Terminen und ihr Leben verlief mit Sicherheit nicht so harmonisch, wie sie sich es gewünscht hat. Mit dem Dickschädel der Weißleders war ihr jedoch ein Durchhaltewerkzeug gegeben, mit dem sie sich durchgebissen hat. Manchmal ein wenig blauäugig - eben vom Start her verwöhnt - ein Mädel eben.