Beschreibung
Diese Dienstagskolumne stammt aus der Zeit bis Ostern 2009; und stand am Ende einer Reihe von Beiträgen, die sich allesamt immer noch hier auf der Plattform finden lassen.
Gerne nehme ich, bei entsprechendem Bedarf, diese Tradition wieder auf.
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Titelbild: Michael Panse from Erfurt, Germany
lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung 2.0 Lizenz
Von den Chinesen lernen
Wenn man so genannten seriösen Quellen glauben darf, dann leben die Chinesen seit der Steinzeit schon da, wo so heute noch leben, in China nämlich.
Dieses überaus sesshafte und durchaus traditionsreiche Volk hat in seiner langen Geschichte ein gerüttelt Mass an Weisheit gesammelt und in zahllose Sprichworte gebracht.
Viele davon eignen sich vortrefflich als griffiges Motto für den Alltag.
So steht beispielsweise diese Kolumne unter dem wunderbaren Leitsatz:
"Schreibe nie einen Brief im Zorn !"
Fürwahr, ein sehr weiser Satz, und fast immer halte ich mich auch daran.
So wollte das heutige Thema zwar schon länger, sehr lange nach oben, aber der Zorn wollte nicht vergehen.
Im Gegenteil, mit der Zeit wurde es immer schlimmer.
Bevor nun also der Leidensdruck allzu stark wird und die geballte Wut mir Magengeschwüre verursacht, will ich heute, mit hoffentlich einigermassen klarem Verstand, das Thema "Familienpolitik in Deutschland" angehen.
Wie , so höre ich schon den geneigten Leser, die geneigte Leserin fragen, es gibt eine "Familienpolitik" in Deutschland ? Nun ja, nicht wirklich, aber es gibt durchaus Menschen und PolitikerInnen, die derlei verkünden.
Allen voran Ursula von der Leyen , Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten von Niedersachsen, über dessen überragende Fähigkeiten als Familienvater der SPIEGEL
in der Ausgabe 22/1979 auf Seite 21 unter anderem schrieb:(Zitat:) " Auf das Glanzbild des Mannes, der obendrein noch Schafe züchtet, fällt dann und wann allerdings ein Schatten -- so wenn herauskommt, daß die Albrechts ihre Kinder zwar nicht schlagen, aber, Strafe muß sein, schon mal in den Wald geschickt haben, mit bloßen Händen Brennesseln zu pflücken(Zitat Ende)
Wahrscheinlich, so mutmasst des Schreibers kesse Fantasie, werden auch unter den sechs Albrechtkindern mittlerweile andere, subtilere, Züchtigungsmittel bevorzugt, wenn überhaupt Zeit für die Erziehung bleibt, schliesslich hat man ja Verantwortung.
Und im Grunde hat ja auch die gute Frau Ursula (da juckt es doch in den Fingern, dem Namen ein übel polemisches "Sankt" voranzustellen) eine verantwortungsvolle Position; sie ist nämlich, und das wird viele überraschen , die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Kabinett Merkel, übrigens ein Job, den Frau Merkel von 1991 bis 1994 teilweise auch ausüben durfte.
Offenbar nahm Frau Merkel, trotz widrigster Begleiterscheinungen um dieses Ministeramt, damals die Aufgabe so ernst, dass sie anschliessend Umweltministerin wurde; aber dazu ein andermal.
Zurück zu Frau v.d.L. . Da gibt es also eine Ministerin, deren Aufgabe es angeblich ist, "Familienförderung zu gestalten" und "Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen".
Wie überaus beglückend schön !Es war einmal
vor langer Zeit, da war ein alter Mann der deutsche Kanzler. Der Mann hiess Konrad und war ein gut katholischer Politiker. Als im achten Jahr seiner Regentschaft das Rentensystem erneuert werden sollte, da sagte der Mann : "Kinder kriegen die Leute immer." Und wenn auch vieles, was der alte Mann sonst noch erzählt hat, nicht ganz dem Test der Zeit standgehalten hat, so stimmt dieser Satz noch heute.
So ist in den letzten dreissig Jahren die Bevölkerung unseres schönen Planeten jährlich mindestens um über siebzig Millionen Menschen gewachsen.
Jedes Jahr kommen also fast soviele Menschen auf die Welt, wie Deutschland Einwohner hat.
Dumm nur, das vor allem die gut christlichen Nachfahren des Kanzlers Adenauer seit eh und je einen Glaubenssatz aufgestellt haben, der besagt, das Deutschland nunmal kein Land zum einwandern ist. Nunja, werden viele jetzt denken, aber zum auswandern ist das Land prima geeignet.
Mittlerweile wird selbst in der allerchristlichsten Parteien ein wenig umgedacht, aber aus allen Ecken und Enden der agierenden Politikerhirne kriecht wohl immer noch der Gedanke vom deutschen Blut und dem germanischen Geburtsrecht herum.
So steht das Land, auch wegen der zunehmenden Lebenserwartung vor einem Problem. Die deutschstämmigen Inländer vermehren sich partout nicht heftig genug, um die stetig wachsende Schar von arbeitsunfähigen Greisen zu versorgen, und den fruchtbaren Ausländern wird der Zutritt verwehrt. Und anstatt nun zu sagen, "oho, da haben wir aber Scheisse gebaut, wir sollten jährlich reichlich Leute ins Land locken", wofür man ja Verständnis haben würde, versteigt sich die deutsche Regierung zu den erstaunlichsten Plänen.
Den Frauen, so ist es allenthalben zu hören, müsste es nur schmackhaft gemacht werden, dann würden sie die erforderliche Kindermenge produzieren.
Elterngeld wäre da sicher hilfreich, Kindergeld könnte auch mal wieder erhöht werden (Zehn Euro sind doch viel Geld) und wenn dann noch flächendeckend ganztags betreut würde, ja dann würden die Frauen doch bestimmt wieder Kinder kriegen.
Natürlich wird dabei völlig ignoriert, daß Deutschland zwischenzeitlich ein Kinder- und Familienfeindliches Land geworden ist. Und Frauen, die vielleicht zwei oder mehr Kinder haben, eventuell auch gerne zu Hause bleiben, was aber auch deshalb nicht geht, weil der Verdienst des Vaters zur Versorgung schlichtweg nicht ausreicht.
Ausserdem sind sehr , sehr viele Eltern allein erziehend und die meisten davon sind Frauen.
Frauen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, aber von der strengen Sozialbehörde andauernd genervt werden, sie müssten sich um Arbeit bemühen. Denen nicht nur sehr wenig Geld zum Leben zugesprochen wird, sondern die auch noch bei jeder Gelegenheit von Staat drangsaliert, schikaniert und schlichtweg , sogar gegen die eigenen Gesetz betrogen werden.
Ja, das sei alles ganz schlimm, lamentiert die Frau Ursula , und erklärt in gleichem Atemzug, es wäre doch toll, wenn die Steuern für Eltern jetzt gesenkt werden.
Wenn aber den Hartz IV -Empfängern das Kindergeld von der "Stütze" abgezogen wird, die für Kinder sowieso schon verfassungswidrig gekürzt wurde, dann ist das offenbar nur gerecht oder Gottes Wille.
Und auch für hoch qualifizierte Frauen, die es immer noch schwerer als Männer haben an Führungspositionen und gut dotierte Jobs zu kommen, ist die Entscheidung zwischen Kinder kriegen und Karriere machen keinen Furz einfacher gemacht, wenn sie die Betreuungskosten bei der Einkommenssteuer geltend machen können.
Und wenn dann "Damen" wie die o.e. Frau Ursula und die früher mal bekannte Hera Lind auch noch allen Frauen demonstrieren, wie toll doch eine riesige Kinderschar mit selbstverwirklichter Berufsausübung zu verbinden sei, dann ist das allein schon ein gewaltiger Schlag direkt in die Fresse. (Sagte ich Fresse ? Tschuldigung, ein schlimmeres Wort ist mir nicht eingefallen.)Weil das Land sich ändern muss !
Es ist schlichtweg unerträglich, welch schwachsinniger Blödsinn in Deutschland als "Familienpolitik" verkauft wird.
Vorbei die Zeiten, als Kanzler Schröder noch die Ehrlichkeit besessen hat, derlei als "Gedöhns" zu bezeichnen.
Nein, heute gibt es ja Frau Ursula und ihren Fanclub.
Da wird dann schon gejubelt, wenn in Bayern das Elterngeld so dankbar angenommen wird. Wer jemals versucht hat, in München, Augsburg oder Memmingen einen geeigneten Kindergartenplatz zu finden, nimmt dann lieber gleich die Kohle.
Solange unser Staat immer noch versucht, ein kulturelles Problem mit Geld zu lösen, wird es immer zu wenig sein, was er sich leistet.
Stellen wir doch einmal, nur zum Spaß, fünf Forderungen auf:
1. Die Eltern minderjähriger Kinder erhalten pro Kind bei Wahlen eine Extrastimme.
2. Der Hartz IV Satz für Kinder wird sofort auf die gleiche Höhe gebracht wie der für Erwachsene
3. Das Kindergeld wird pro Kind auf 200.- EUR im Monat erhöht und den Hartz IV- Empfängern wird das Kindergeld nicht mehr abgezogen
4. Jede Kommune, die einen Kindergarten aufbaut, erhält die Baukosten und sämtliche Unterhaltskosten für die ersten fünf Jahre aus dem Staatssäckel.
und
5. Die Bundesregierung stellt einen Fördertopf über zehn Milliarden Euro auf, aus dem Projekte für familien- und kinderfreundliches leben, wohnen und arbeiten gezielt gefördert werden.
Das ist zwar nicht soviel, wie die notleidenden Banken bekommen, aber wir deutschen Familien sind ja bescheiden.
Um des lieben Friedens und der heiligen Ausgewogenheit zu huldigen, möchte der immer noch erzürnte Schreiber dieser Kolumne sich ein wenig versöhnlich zeigen und der zuvor erwähnten Ministerin ein passendes Zeugnis ausstellen:
"Frau von der Leyen hat sich erkennbar bemüht, die an ihr Amt gerichteten Anforderungen und die damit verbundenen Pflichten vollständig und richtig zu verstehen."
Und das ist doch schon mal was, oder ?