Journalismus & Glosse
Kleinigkeiten aus der Großstadt - Nummer 19

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"Kleinigkeiten aus der Großstadt - Nummer 19"
Veröffentlicht am 24. Februar 2025, 8 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
© Umschlag Bildmaterial: lynx, "Subway", http://piqs.de/fotos/129687.html
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Über den Autor:

Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und ...
Kleinigkeiten aus der Großstadt - Nummer 19

Kleinigkeiten aus der Großstadt - Nummer 19

Gehörtes


Ein Student kommt aus einem Mecklen-burger Dorf nach Berlin. Spaziert mit der Freundin zum ersten Mal durch den Gör-litzer Park und freut sich: „Die grüßen uns hier alle so freundlich, wie bei uns zu Hause!“ Lacht die Freundin: „Die wollen uns ihre Drogen verkaufen!“

Gesehenes


Billigste Arbeitskräfte füttern die KI-Programme mit der Wertung von Porträt-fotos. Flott flott ankreuzen, ein Manager, ein Pfarrer oder ein Dieb? Stupide Vor-urteile ─ weiß, maskulin, Krawatte … ─ werden so zementiert und beurteilen künftig jeden von uns.


Am Tag nach der Wahl sehe ich ein Foto des applaudierenden knappen Wahlsie-gers Friedrich Merz. Was würde ich an-kreuzen? Glücklich? Oder bedrohlich?

Gefühltes


Anfang Zwanzig ist die Bettlerin, die im stärksten Frost des Winters auf dem Pfla-ster sitzt. Nach einer Stunde komme ich wieder vorbei, meine Einkäufe schlep-pend, da klingt ihr „Hallo“ nur noch wie vom verirrten Katzenkind. Irgendwo hier müßte ich doch heißen Tee für sie be-kommen, egal was meine Gelenke grade sagen? Welcher Gangster zwingt sie hier? Weiß sie noch nicht, wie schmerz-haft Entzündungen im Leib sein können? Daß jeder lernen muß, auf sich selbst zu achten? Würden ihr ein paar Telefon-nummern helfen?


Alle gehen vorbei, auch ich. Vom nächsten Tag an ist sie verschwunden. Mein schlechtes Gewissen sieht mich täglich an dieser Stelle des Pflasters an.


Anm. für Raussisten: weißes Mädchen, kein Akzent ...


© 2025 Brubeckfan

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Hörbuch

Über den Autor

Brubeckfan
Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und das ist allermeistens.

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FranckSezelli Drei gut pointierte kleine Geschichtchen bzw. Beobachtungen.
Merz: Glücklich oder bedrohlich? – Gefällt mir besonders!
LG
Franck
Vor ein paar Monaten - Antworten
Brubeckfan Wertungen liegen halt im Auge des Betrachters, seiner Stimmung, kulturellen Prägung. Mit etwas Pech aber wird unser nächster Antrag auf Kredit oder Kassenzuschuß nur noch von einem mies trainierten Programm entschieden. Beträfe am Ende auch den Blackrock-Kanzler ("gehobene Mittelschicht", nennt er sich bescheiden).
Na ja.
Gruß und Dank!
Gerd
Vor ein paar Monaten - Antworten
Annabel Sehr einfühlsam erzählt. Manche der Bettler, die in unseren öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, schätze ich noch auf 18 Jahre ein. Was muss passiert sein, dass jemand dann lieber betteln geht, als nach Hause? Den ganz jungen Leuten gebe ich Geld. Ich kenne ihr Schicksal nicht und ich halte sie für noch zu jung, um zu wissen, woher man Hilfe bekommt. Ja, ich bin oft auch betroffen von soviel Schicksal. Wir haben alle so viel Glück. Genießen wir es einfach und geben hin und wieder ein bisschen ab. Eine Geschichte, die zu Herzen geht lieber Brubeckfan. Herzlichs,Annabel
Vor ein paar Monaten - Antworten
Brubeckfan ... und meine Einkäufe wären grad nicht hilfreich gewesen, Müsli, Butter, Brokkoli, Waschpulver ...
Auf einem Bahnsteig kam mir mal eine kleine Gruppe entgegen. Der Anführer teilte ein: Du stellst dich vor Penny, du machst den Türöffner vor der Sparkasse ... Sicher gibts sogar da auch eklige Blutsauger.

Herzliche Grüße zurück!
Gerd
Vor ein paar Monaten - Antworten
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