Die Dichterin dichtet jederzeit
und ist zum dichten stets bereit,
im Frühling, Sommer, Winter,
über Mutter, Vater, Kinder,
Nachbarn, welche Ehe brechen,
selbst wenn Frösche sie ansprechen.
Im Herbst, wenn die Blätter fallen
und die grauen Nebel wallen,
trinkt die Dichterin beim dichten,
zum Ersinnen von Geschichten,
am Kamin gern mal ein Glas Wein
und lässt Ganoven gut mal sein.
Hört sie Streit im Nachbarhaus,
macht sie gleich ein Drama draus.
Schießt jemand tot im Wald die Sau,
beklagt sie im Gedicht genau,
dass die kleinen Wildschweinkinder,
verhungern müssen nun im Winter.
Dem Mauerblümchen Rosalind,
schenkt im Gedicht sie Mann und Kind.
Doch bei der schönen Hildegard,
sie mit Unheil gar nicht spart.
Lässt diese in der Strophe sieben,
sich in den Kindsmörder verlieben.
Sie dichtet dies, sie dichtet das,
selbst an Fiktivem hat sie Spaß,
auch über Krieg, Terror und Mord
dichtet sie in einem fort.
Erst Letztens schrieb sie einen Krimi,
ein Auftragswerk für Tante Mimi.
Im Kopf von jeder Dichterin,
steckt so viel Grauenhaftes drin,
doch auch Satire und Humor,
selbst Märchen kommen darin vor.
Beim Dichten kann sie übertreiben,
muß nicht bei der Wahrheit bleiben.
Sie dichtet zur Geburtstagsfeier,
und zum Tod von Herrn Meier.
Sie dichtet selbst im Sessellift,
schreibt alles auf mit ihrem Stift,
schickt es per Mail an den Verlag,
bei dem sie steht unter Vertrag.
Doch wenn zu Hause tropft ein Rohr,
steht völlig kopflos sie davor.
Ruft an den Klempnermeister Schmidt,
der bringt Hanf zum dichten mit.
Ist der Schaden schnell behoben,
wird sie ihn dichtend sicher loben.
Doch wenn die Dichtung nicht dichthält
und sie erst klagen muss ums Geld,
wird im Roman ein Klempner sterben,
voller Blut die Fliesenscherben,
in seiner Brust das Wasserohr,
Pech gehabt, sowas kommt vor.
© Martina Wiemers