Mein Freund Staubi
Stolz und erleichtert schaue ich mich in unserer ersten gemeinsamen Wohnung um. Geschafft! Der Umzug ist relativ stressfrei über die Bühne gegangen.
Jetzt müssen wir uns nur noch darüber einigen, wer morgens zuerst das Bad benutzt, wer von uns die Zahnpastatube immer so komisch zusammendrückt und wer das Licht …wo auch immer … angelassen hat. Ansonsten ist alles super.
Unseren Hausrat haben wir zusammengeschmissen. Jo hat seine megagroßen Kaffeebecher und Müslischalen mitgebracht, ich mein feines Service – Aussteuer – ein Relikt
aus dem letzten Jahrhundert. Aber meine Eltern sind der Meinung, dass ein Mädchen so etwas mit in die Ehe bringen muss, dabei sind Jo und ich gar nicht verheiratet.
Auch in Sachen Elektro sind wir gut sortiert. Jo hat einen Thermomix von Vorwerk --- Respekt.
Aber ich habe Staubi!!! Das ist mein Staubsaugroboter und mein ganzer Stolz.
Nachdem der Thermomix fett in der Küche steht, habe ich Staubi in unserer großen Diele platziert. Dort wartet er auf seinen großen Augenblick. Der kommt um 12 Uhr mittags – High Noon! Dann legt er los und hört nicht auf zu saugen, bis die ganze Wohnung flusenfrei ist.
Bumm!
Um Mitternacht sitze ich aufrecht im Bett. Was zur Hölle ist das für ein Geräusch? Ein Einbrecher, der versucht unsere Tür einzutreten? Ein Blick zeigt mir, dass Jo nichts mitgekriegt hat – er schnorchelt munter vor sich hin.
Aufgeregt schüttele ich ihn. „Hörst du das!!!“
„Hä???“, schlaftrunken setzt er sich auf.
„Das Geräusch! Bestimmt ist das ein Einbrecher! Guck doch mal nach!“
"Weiber", murrend steht er auf, um gleich darauf grinsend ins Bett zu steigen. „Dein Staubsaugdings hat sich festgefahren. Es ist falsch programmiert,
sonst würde es nicht mitten in der Nacht herumfahren.“
„STAUBI??? Das kann nicht sein, er staubsaugt immer mittags um 12.“
„Ich habe ihn ausgeschaltet. Soll ich mich morgen darum kümmern?“ Dieses Grinsen! Ehrlich – muss das sein?
„Lass mal, das mache ich schon“, erwidere ich hochmütig.
„Okay“, Jo fummelt an meinem Nachthemd herum. „Wo wir schon mal wach sind …“
Ich haue ihm kräftig auf die Finger. Das hat er jetzt von seinem dämlichen Grinsen …
Gleich am nächsten Tag nehme ich Staubi näher in Augenschein. Was hat ihn nur
veranlasst, mitten in der Nacht loszulegen? Vielleicht finde ich einen Hinweis in der Bedienungsanleitung. Mist – sie ist verschwunden. Also drücke auf alle Tasten der Fernbedienung (natürlich nicht gleichzeitig, sondern nacheinander).
„Braver Junge. Ab morgen Mittag bist du wieder im Dienst.“ Vorsichtshalber tätschele ich ihn ausgiebig.
Bumm!
Seit wann träume ich davon, auf einer Baustelle zu sein! Ups – kein Traum. Viertel nach Mitternacht, ich bin wach und es bummert immer noch.
„Dein Staubsauger steckt seit einer
Viertelstunde unter dem Bett fest“, murmelt Jo. „Ich habe nicht vermutet, dass der Akku so lange hält.“ Dann dreht er sich um und schläft weiter. Also krabbele ich aus dem Bett, stecke Staubi in seine Ladestation und schalte ihn aus.
„Ich weiß auch nicht, was mit dem Staubsauger los ist. Sonst hat er immer super funktioniert“, sage ich am nächsten Morgen vorsichtig.
Jo lächelt mild. „Soll ich mal nachschauen ob ich das hinkriege?“
Ich nicke.
„Alles klar, ich habe mir die Bedienungsanleitung heruntergeladen.
Jetzt müsste alles in Ordnung sein. Der Staubsauger geht um 12 Uhr mittags an und saugt dann eine halbe Stunde, das dürfte wohl reichen.“
„Besserwisser“, denke ich. Sage das aber lieber mal nicht, sondern lächele nett.
Was ist das für ein surrendes Geräusch?
Ein Blick auf die Uhr – es ist halb eins. Seufzend und mit halb geschlossenen Augen stehe ich auf, schalte Staubi aus und wanke wieder ins Bett.
Jo blinzelt mich an. „Alles klar?“
„Das war bloß Staubi. Immerhin hast du es geschafft, dass er erst um halb eins loslegt. Klasse, mein Held.“ Mein Sarkasmus verpufft, weil Jo schon längst
wieder schläft.
Was soll ich sagen:
Wir haben alles versucht, aber Staubi ist erziehungsresistent geblieben. Egal was wir versucht haben – um halb eins in der Frühe schlägt seine Stunde. Da saugt er, was das Zeug hält.
Neulich habe ich auf Facebook eine Selbsthilfegruppe gefunden – alles staubsaugrobotergeschädigte Menschen, die unter dauerhaften Schlafproblemen leiden.
Hier fühle ich mich verstanden und gut aufgehoben …
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