Vorwort
Wann konnte man eigentlich die ersten Personalcomputer kaufen? In der größten DDR der Welt wurden Bürocomputer statistisch als CAD/CAM-Stationen erfaßt, so daß wir darin sicher die USA überflügelten, einschließlich Alaska („Die Lehre von Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist“). Ähnlich muten mich heute die vermeldeten Anzahlen von KI-Anwendungen an („Der Börsenkurs und der DAX sind allmächtig, bringen Bares“).
Egal, meine Festplatte bietet jedenfalls so einige alte Erinnerungen. Darunter die
folgenden an einen Jahreswechsel am Andamanischen Meer, ein paar Jahre nach dem Tsunami.
Hinflug
Es ist mal richtig Winter mit viel Schnee und den üblichen Problemen sämtlicher Verkehrsmittel. Noch dazu wurden am Berliner Hauptbahnhof die Bushalte-stellen neu geordnet, rund um den Bahn-hof versteckt. Keine Lagepläne (auch ein Jahr später nicht …), aber ein netter schwer bewaffneter Grenzer weiß Rat. Wenigstens habe ich Zeit, doch der Koffer macht im hohen Schnee wenig Spaß.
Im Terminal warten Leute seit vier Stunden auf ihren Abflug. Wir haben zum Glück nur eine kleine Verzögerung:
Im letzten Moment entdeckte jemand zwei Container mit Koffern, die nun noch geladen werden. Das beruhigt: Bekäme ich wohl im Land der kleinen Menschen eine Badehose?
Der Bordservice ähnelt auf dem Hinflug über Nacht sehr dem, den uns Air China 1990 bot. Ständig sind die Stewardessen auf den Beinen, bringen Getränke, Zahn-putzzeug, Kissen, Schlafbrille usw. Im Flugzeug 400 Plätze, dvon vielleicht fünf frei. Neben mir ein deutscher Mann mit Thai-Frau und zwei süßen Töchtern, etwa 3+5 Jahre. Die beschäftigen sich die ganze Zeit friedlich mit Malbuch und iPad, sind einfach lieb und dann
kuscheln sie und kraulen sich gegenseitig in den Schlaf.
Zwischen Träumen und Wachen wächst die Phantasie: Plötzlich leuchtet vor dem Fenster eine Kugellampe wie an Park-wegen. Horror, was machen wir hier unten?! Doch das Flugzeug dreht gerade eine Kurve, so daß der Vollmond ein Stückchen unter mir steht. Also bloß derselbe Mond wie über Berlin …
Erster Eindruck
In Phuket erschlägt einen erstmal die Luft: 25° zu Hause sind halt nicht zu vergleichen mit 25° in den Tropen. Dann: Neun Stunden Flug schlagen lange nicht so auf den Magen wie eine anschließende Fahrt im Kleinbus. Und die Beschrei-bung „Urlaubsort mit wenig Trubel und Geschäften“ ist in Thailand deutlich ernster gemeint als in Spanien.
Hotel
Wie üblich, grüßt am Eingang ein Ju-gendbild des aktuellen Königs. Kein Frühstückskönig, sondern hier sehr ver-ehrt. In jedem Autocockpit zu sehen, und wer auf einen wegflatternden Geldschein tritt, der natürlich auch Königs Bild trägt, kann im Gefängnis landen. Man sieht aber, für die Touristen stellen auch Buddhisten so bißchen Ami-Weihnachts-kram auf.
Obligatorisch wie der König ist die Be-hausung des Hausgeistes, der regelmäßig bewirtet wird.
Bunte Bevölkerung im Hotel: Vertreten sind Holland, Schweden, Schweiz, Sachsen, USA, Thailand, Schwaben usw. Grüßt eine Thaifrau im Hotel nicht zu-rück, dann ist sie hier auch nur Gast und befürchtet wohl, nach [tscha:] = Tee gefragt zu werden.
Alles ist sehr grün, der Regenwald be-ginnt ja vor der Haustür.
Die „lucky balloons“ kann man mit bren-nender Kerze fliegen lassen. Manche schweben dann sehr weit und hoch. Und vor allem lautlos, besser hierher passend als nerviges Feuerwerk. Ich weiß schon, warum ich hier bin.
Zwei zusammenhanglose Notizen:
─ Mein Urlaub liegt in der Regierungs-zeit von König Rama IX.
─ Am Frühstücksbüffet gibt's keine Margarine.
Menschen und Natur
Einheimische Männer gibt es in allen Größen, wobei ich 1,80er nur unter den jungen Männern sah. Große Frauen da-gegen traf ich nicht, ihr Gardemaß liegt so bei 1,50 m. Eine Kellnerin war so groß wie die Zehnjährige beim Heimflug neben mir. Entsprechend, o weh, sind Sitzmöbel in Gaststätten, Gruppentaxis usw. mehr an Grundschülern ausgerich-tet. Wo finden Thaifrauen in Europa wohl ihre Kleidung? Das Alter von Thais ist für Fremde schlecht zu schätzen. Erst als eine Frau an der Rezeption ihre Lese-brille nimmt, komme ich auf die Idee, sie könnte nicht mehr in den Zwanzigern
sein. Kummi! (Thailändisch abge-schliffenes "excuse me".)
Mein kleines Lieblingsrestaurant wird von drei fröhlichen jungen Leuten be-trieben, die es nicht ertragen, einen alleine sitzen zu sehen, und daher nach-einander immer mal an meinen Tisch zum Schwatz kommen. Hier fiel auf meinen Tisch mal ein kleines grünes Blatt, nicht größer als eine Fingerspitze. Als ich es mit dem Gabelstiel wegschieben wollte, sprang es mir laut knatternd an die Brille und verschwand. Kellnerin Na erzählte später, daß diese Tierchen ungefährlich sind und nur sieben Tage leben, also eiligst alles erledigen müssen: Hochzeit,
Riester usw. Da hat er wohl sein Spiegel-bild in meiner Brille für eine scharfe Braut gehalten. Sicher sind es bloß Ko-bolde aus Harry Potters Internat.
Am Ende eines Elefantenritts nahm der Elefant ohne Zögern meinen Trinkgeld-schein und reichte ihn seinem Führer hoch. Rüssel als Staubsauger, ohne Stihl-Radau.
Tsunami
Genau hier, wo ich bin, gabs den schlimmsten Schaden. Bis auf wenige Häuser am Strand ist nun alles schick wieder aufgebaut.
Die Welle klatschte bis hoch auf den Berg, weit über die Straße hinweg. Am höchsten Punkt stehen als Denkmal zwei Kutter, die von der Bucht bis dorthin ge-tragen wurden. Nicht weit davon befindet sich das Grab der nicht identifizierten Toten und Körperteile, stammend aus vielen Ländern. Sowie ein Tempel für Hilfe und Wiedereingliederung Betrof-fener.
Der Reiseleiter aus Österreich hatte ein
paar Monate vor der Katastrophe seine thailändische Freundin kennengelernt und sie wurden nach einer Party beide im Schlaf vom Wasser überrascht, kamen mit Platzwunden davon. Er blieb dort, half und hat nun mit der Frau ein Kind. Den Ausflugs-Busfahrer und seine Frau erwischte die Welle im Pkw. Er stieg schnell aus, da war das Auto samt Frau weg. Ein deutscher Tourist quittiert die-ses Unglück mit langem „Okay …“
Hilfe kam damals laut Reiseleiter erst nach drei Tagen. Ein Grund war, daß man zuerst mit voller Kraft nach einer Kö-nigscousine suchte, die per Schiff unter-wegs war.
Silvesterfeier
Überall liest man, daß Thais viel Wert auf schicke Kleidung legen. Und da achte man mal darauf, mit wieviel
Understatement die Touris hier zum Gala-Buffet erscheinen …
Die Silvesterstimmung wurde trotz exorbitanten Büffets und schöner Tanz-show etwas durch organisatorische Män-gel getrübt. Das Hotel war brechend voll, die Umbauten wurden mit asiatischer Ruhe erst kurz vor Termin begonnen, obendrein regnete es auch noch über drei Stunden am Stück. Letzteres war kein Wunder: Einige Jahre am Stück garan-tierten meine Urlaubstermine Regen zuverlässig, etwa auf den Kanaren und gar in einer tunesischen Sahara-Oase.
Die Band spielte dann in Anwesenheit
der Gäste sich und die Anlage laut ein, während Musik vom Band andere Ton-arten vorgab; für mich war den ganzen Abend niemand zuständig; die hübschen jungen Aushilfskellnerinnen folgten lieber der Bühnenshow und tanzten in der Ecke; zwei Tage später gab's noch Getränkerechnungen unbekannter Zimmernummern … Mit etwas Mühe bekam ich aber doch etwas zu trinken, auch mit „Gesichtsverlust“ eines der Mädchen ─ was für eine schöne Schippe nach meiner Beschwerde um ½12. Manch Zeitgenosse hätte sich nun in den er-sehnten Kampf um Preisnachlaß ge-worfen, doch ich bin zum Genießen hier. Die leckeren Büffets eignen sich dafür
bestens!
Mir fiel jedenfalls am ganzen Abend kein Angetrunkener auf …
Fazit
Also nochmal hin wollen würde ich sofort mögen
Bleibende Erinnerung: Meine Miniatur hier „Alles klar“.
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