„Gehst du demnächst wählen?“
Verblüfft schaue ich meinen Vater an. „Ja klar! Schließlich will ich bestimmen wer die Politik unseres Landes gestaltet.“
„Was du wieder sagst … Dabei wählt ihr Frauen den Politiker, der euch als Mann am besten gefällt …“, grinst Baba.
Während ich ihn mit meinen Blicken aufspieße verdreht meine Mutter die Augen und lächelt milde. Manchmal verstehe ich echt nicht, wie sie seine merkwürdige Ansichten aushält.
„Atmen, Tetris, lass dich nicht aus der Ruhe bringen“, sage ich zu mir.
„Übrigens gibt es so Berater, die machen spezielle Wahlprogramme für Frauen“, fährt mein Vater fort. „Habe ich neulich
erst in der Zeitung gelesen.“
„Ach ja? Was denn zum Beispiel?“
„So Tipps eben. Das beste Nagelstudio, da geht diese Faser immer hin. Beste Kosmetikerin für wen wohl - klar die Annalena. Oder das Fitnessstudio, dass die von der Leyen nutzt.“ Er schnalzt mit der Zunge. „Die ist viel zu dünn, wie ein Strich, sollte weniger Sport machen.“
An dieser Stelle der Unterhaltung steht meine Mutter auf. „Ich wollte noch mit Tante Erika telefonieren, das habe ich ganz vergessen“, sagt sie und verlässt den Raum, aber das bemerke ich nur am Rande. „Unglaublich, sowas von frauenfeindlich“, trompete ich. „Das hast du bestimmt falsch verstanden!“
Er tut es wieder – er grinst mich an. „Wie findest du denn den Soldatenminister … wie heißt er doch gleich?“
„Pistorius? Also wirklich, Baba.“
„Er ist sehr männlich, findest du nicht?“
„Pah, männlich, hast du ihn schon mal grinsen sehen? Bestimmt hat der ein Gebiss.“
„Und sein Chef? Der hat normale Zähne.“
„Den putzigen Olaf? Wenn der dasitzt, mit zusammengekniffenen Augen, weiß man nicht ob er nachdenkt oder pennt. Übrigens ist er klein und kleine Männer sind nicht sexy!“, kontere
ich.
Er kneift die Augen zusammen und sieht jetzt ein bisschen wie der Putzige aus. Dann klatscht er in die Hände. „Ich hab’s, der Bayer. Der ist groß und kräftig.“
Langsam finde ich Gefallen an diesem Spiel. „Ja mei dös is a Mannsbild, ein Beschützertyp. Aber bestimmt muss man bei dem immer im Dirndl herumlaufen. Ist auch wieder blöd – also nein. Den CDU Pascha mit den Glubschaugen kannst du dir direkt schenken“, sage ich, ehe Baba den Mund aufmachen kann. „Der hat Ansichten - das geht gar nicht. Wahrscheinlich plädiert er heimlich dafür, das Wahlrecht für Frauen
abzuschaffen.“
„Tochter, du bist schwierig. Kleine Männer, große Männer, ganze Kerle, alle willst du nicht haben. Da fällt mir ein, es gibt einen bei den Grünen …“
Jetzt muss ich mir das Grinsen verkneifen. „Der Rooobert, das ist ein Niedlicher.“
Vor meinem inneren Auge läuft ein Film ab: Der Niedliche sitzt in meiner Küche, bescheiden und lieb verschmitzt lächelnd. So, als hätte er das Glas Nutella gerade heimlich leer gelöffelt. Ich könnte ihn direkt über den Tisch ziehen und ... aber nein. Bei ihm weiß man nie, ob er morgen etwas verbietet, was er heute wohlwollend
toleriert.
„Ne lass mal. Der kriegt einen Lolli und ab an die frische Luft mit ihm. Und ehe du fragst, ich stehe zwar auf Porsche, aber den Buhmann der Nation wähle ich auch nicht. Schon gar nicht wegen seines Aussehens.“
Mir kommt eine Idee. „Und wie ist es mit den Frauen in der Politik? Wen findest du anziehend?“
Für einen Moment schaut mich Baba verblüfft an. „Da fällt mir keine ein. Merkel meinst du ja wohl nicht! Die ist außer Konkurrenz.“
„Was ist mit Frau Weidel?“
„Willst du mich beleidigen?“, Baba scheint wirklich entrüstet zu
sein.
Ich schnippe mit dem Finger. „Ich hab’s Sahra Wagenknecht! Lange Beine, super Figur, schöne, lange, schwarze Haare.“
Baba schüttelt erschrocken den Kopf.„Bloß die nicht. Die hat ein Lächeln wie ein Hai und ein Mundwerk wie ein Schwert. Die macht aus jedem Mann gleich beim ersten Treffen Köfte …“
„Stimmt, mit Zucchini und Reis. Das essen wir heute“, sagt meine Mutter, die unbemerkt wieder ins Zimmer gekommen ist.
Baba strahlt sie an. „Ich wähle deine Mutter. Sie ist die beste Politikerin, die es gibt.“
„Geht doch“, grinst meine Mutter.