Biografien & Erinnerungen
Öffnung nach 28 Jahren SP 106

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"Öffnung nach 28 Jahren SP 106"
Veröffentlicht am 11. November 2024, 16 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Kurzgeschichten nicht nur für Kinder und Erinnerungssplitter aus meinen Leben findet ihr auf meinen Profil.
Öffnung nach 28 Jahren SP 106

Öffnung nach 28 Jahren SP 106

Schreibparty 106 Thema: "Novemberbilder" Einzubringende Worte: Dankbarkeit, dunkel, Erinnerung, reichhaltig, Vielfalt, ziehen Öffnung nach 28 Jahren (c) Text und Cover Schnief

Nachdem Deutschland 1945 kapituliert hatte, gab es vorerst ja vier Besatzungszonen. Im Jahre 1949 wurden zwei deutsche Staaten gegründet, die Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die Deutsche Demokratische Republik (DDR). Für die DDR wurde die offene Grenze nach West-Berlin zunehmend untragbarer, um wachsende Flüchtlingsströme und zunehmende wirtschaftliche Probleme abzuwenden, riegelte die DDR-Regierung am 13. August 1961 den freien Zugang nach West-Berlin ab. Dies geschah alles vor meiner Geburt im

Jahre 1962, so wuchs ich der Bundesrepublik Deutschland, mit Bonn als Hauptstadt, auf. Während meiner Kindheit wurde ich selbstverständlich mit der Staatsform der Bundesrepublik vertraut. Erst als wir diese Themen im Geschichtsunterricht behandelten, damals war ich ungefähr 14 Jahre, begann ich mich intensiv dafür zu interessieren. So stellte ich die ersten Fragen, da ja meine Oma mit ihren Kindern aus Erfurt stammte. "Wann und weshalb habt ihr euch denn entschlossen, die DDR zu verlassen." Meine Oma druckste nur herum, eine anständige Antwort erhielt ich nicht, nur das sie sich bereits in den Fünfzigern

rübergemacht haben. Schließlich fragte ich meinen Vater, ob in der DDR noch Verwandte von uns lebten. Er erzählte mir, das mein Großvater Hans Friedrich dort noch lebte. Als ich etwa fünf Jahre alt war, wären wir mal dort gewesen, um ihn zu besuchen. Die einzige Erinnerung, die ich daran besitze, ist, dass er einen Garten hatte, indem genau in der Mitte ein Weg war, dass rechts und links davon Gemüse herangezogen wurde. Am Ende des Weges gab es einen gemauerten Brunnen. Mein Vater fing an zu lachen und meinte: „Da hast du mich gefragt, ob in diesem Brunnen ein Froschkönig

lebt.“ So begann ich alles über diese Zeit zu lesen, egal ob es geschichtliches oder irgendwelche Romane waren. Begeistert war ich dann auch von „Alles in Butter“ von Dieter Zimmer. Meine Eltern hatten gebaut und 1971 siedelten wir nach Erftstadt südwestlich von Köln um, eine Stadt mit vielen Wasserburgen, den Schlössern „Schloss Gracht und „Schloss Gymnich“ sowie viele Seen. Die Bundesregierung mietete das Schloss Gymnich von 1971 bis 1990 an und beherbergte dort insgesamt 262

Staatsgäste, engte meine und insbesondere die der Gymnicher Bewohner in ihrer Bewegungsfreiheit ein. Straßen wurden hermetisch abgesperrt, aber von weitem konnten wir erahnen, denn je größer der Zug des Konvois war, wie hoch der jeweilige Besuch im Kurs lag. Nachdem ich meine Ausbildung beendet hatte, verließ ich mein Elternhaus und zog nach Brühl. Dort hatte ich mir in einem Apartment meine kleine Welt geschaffen, um meine Freiheit zu genießen. Ich verfolgte selbstverständlich die politischen Veränderungen wie das Ende der

sozialliberalen Ära Helmut Schmidts, der durch die Massenproteste gegen seine Nachrüstungsinitiative (Pershings II Raketen) seinen Abschied nehmen musste. Bei den Massenprotesten vereinigten sich kirchliche Kreise, Prominente wie von Weizsäcker, Böll, Grass, Beuys mit Politiker wie Eppler (SPD) und den Grünen zusammen. Es kam immer wieder zu Blockaden bei den Atomwaffenlagern, Munitionsdepots u.s.w. . Die vielfältigen Ostermärsche entstanden und andere Massendemonstrationen. Dabei wurde mir bewusst, wie brutal auch unsere Ordnungskräfte gegen die

Demonstranten vorgingen. Nach dem Kanzlerwechsel zu Helmut Kohl, setzte dieser die gleiche Außen-und Deutschlandpolitik wie sein Vorgänger fort. Als 1986 Michail Gorbatschow seine historische Rede seine Reformkonzepte zu Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) beim 70. Jahrestag, anlässlich der Oktoberrevolution, hielt, begann der langsame Zusammenbruch der Sowjetunion. Begeistert saß ich vor dem Fernseher und verfolgte das reichhaltige Geschehen. Mit Freunden und der Familie diskutierten wir oder fragten uns, meint der es

ehrlich? Genauso gespannt verfolgte ich, als erstmals in der Geschichte beider Staaten Erich Honecker 1987 die Bundesrepublik besuchte und das im Anschluss zahlreiche politische Häftlinge aus den DDR- Gefängnissen freigelassen wurden. Sogar wurde zeitweise der Schießbefehl an den Grenzen zur Bundesrepublik ausgesetzt. Der deutsch - deutsche Reiseverkehr wuchs deutlich und etliche Städtepartnerschaften sind zustande gekommen, was mich persönlich sehr freute, da sehr viele Familien auseinandergerissen in zwei Staaten, mit der bewachten und verminten Grenze,

lebten. Durch die Umgestaltung der Sowjetunion und des ganzen Ostblocks, wurden die DDR-Bürger glücklicherweise mutiger und Reiseanträge schnellten in die Höhe, dieses konnte man aber nur zwischen den Zeilen aus den Berichten entnehmen. Als dann Michail Gorbatschow im Juli 1989 vor dem Europarat eine Rede hielt, leitete er damit das Ende des kalten Krieges ein. Er schloss seine Ansprache mit den Worten: “Die Europäer können die Herausforderung des kommenden Jahrhunderts nur unter Vereinigung ihrer

Anstrengungen gerecht werden.(….)Sie brauchen ein Europa. Ein friedliches und demokratisches, das all seine Mannigfaltigkeit erhält und sich an allgemeine humanistische Ideale hält, aufgeblüht und der ganzen restlichen Welt die Hand reicht. Ein Europa, das sicher in den morgigen Tag schreitet. In einem solchen Europa sehen wir unsere Zukunft“ Diese Worte gaben mir Hoffnung, vielleicht gibt es ein Europa ohne irgendwelche Raketen, wir waren bis jetzt ja irgendwie ein Pufferland! Kurz darauf kam es im Schloss Gymnich

am 25. August 1989 zu einem Geheimtreffen der ungarischen und deutschen Staatschefs, welches die Öffnung der ungarisch-österreichischen Grenze in der Nacht vom 10. auf den 11. September 1989 für die Botschaftsflüchtlinge aus Ungarn zur Folge hatte. Diese Bilder und Berichte verfolgte ich sehr gespannt im Fernsehen und ich freute mich unheimlich für diese Menschen. Die friedlichen Montagsmärsche und Lichterketten in den Kirchen und ihren Umgebungen wurden laufend gesendet. Ich war beeindruckt, dass die Menschen in der DDR solche Aktionen durchführen

konnten, ohne inhaftiert zu werden, da mir ja von klein auf eingetrichtert wurde, dass jegliche freie Meinungsäußerung oder Taten, doch sofort mit jahrelanger Inhaftierung bestraft wurde. Bei letzten Jahrestag der DDR wurden sogar Stimmen im Hintergrund laut, die Gorbi, Gorbi riefen, als Erich Honecker seine Rede hielt. So als wollten sie schreien „Hilf uns“. All dies bekam ich durch Medien mit. Kurz darauf wurde Honecker durch Krenz ersetzt, doch die Massenproteste gingen weiter und schließlich kapitulierte die DDR-Führung und verkündete die

Öffnung der Berliner Mauer am 09.11.1989. Die Medien berichteten ausführlich über die vor Glück strahlenden Menschen, wie sie sich in die Arme fielen, überglücklich und voller Dankbarkeit im Westen ziehen zu dürfen und mir liefen vor Freude die Tränen über die Wangen. Vielleicht haben wir das Glück, wirklich einmal in einem Europa zu leben, so wie es Michail Gorbatschow bereits in seiner Rede aussprach und die dunkle Phase zurzeit überwinden können.

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FranckSezelli Liebe Manuela,
deine Novemberbilder zeigen anlässlich der Maueröffnung vor 35 Jahren einen geschichtlichen Abriss verbunden mit autobiografischen Elementen. Passt gut zum Thema. Die geforderten Wörter hast du auch gut eingebunden.
Freundliche Grüße
Franck
Vor einem Monat - Antworten
schnief Lieber Franck,
das freut mich sehr und ich danke dir vielmals.
Liebe Grüße Manuela
Vor einem Monat - Antworten
Enya2853 Liebe Manuela,
mit großem Interesse habe ich deinen autobiografischen Auszug gelesen. Sehr gut hast du die geschichtlichen Ereignisse eingebaut und dein persönliches Erleben dargelegt.
Meine Erfahrungen sind ähnlich. Ich bin im Westen aufgewachsen, wir hatten jedoch einige Verwandte in der DDR. Die Ereigniss vor und um den Mauerfall habe ich damals mit großem Interesse verfolgt. Als dann endlich die Grenzen offen waren, hat mich das sehr berührt.

Ich denke ähnlich wie Kornblume: Heute gibt es doch (trotz einiger bestehender Unterschiede, die sich noch aus der Historie erklären) viel Gemeinsames. Bleibt zu hoffen, dass sich Unterschiede mit kommenden Generationen aufheben.

Danke für deinen Beitrag zur Schreibparty, der gut zum "Novemberbild" passt.
Liebe Grüße
Enya
Vor einem Monat - Antworten
schnief Liebe Enya,
das freut mich sehr und ich danke dir vielmals.
Ja, hoffen wir das sich die Unterschiede in Zukunft aufheben.
Liebe Grüße Manuela
Vor einem Monat - Antworten
Bleistift 
"Öffnung nach 28 Jahren SP 106..."
Dieser Mauerfall 1989 war in der Tat ein einzigartiger Glücksfall in der deutschen Geschichte, nochzumal an genau diesen Tag, der im Übrigen ohne Gorbatschovs Glasnost und Perestroika definitiv nicht möglich gewesen wäre. Ich habe dies alles life und direkt vor Ort selbst miterlebt und konnte es kaum fassen, was im damals geteilten Berlin geschah...
Heutzutage würden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Putins Panzer gegen die Demonstranten rollen, wie damals 1956 in Ungarn, wo 2000 Sowjetpanzer und 20.000 Soldaten der Roten Armee mit brutaler Gewalt die "geheiligte kommunistische Ordnung" in Ungarn wiederherstellten. Aber das konnte der derzeit amtierende ungarische Staatschef nicht wissen, denn er war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal geboren... Stattdessen kunkelt er heute mit dem Russenchef und damit zu liebäugeln, von diesem Kriegsverbrecher weiterhin billiges Gas für seine Industrie zu beziehen...
Um den deutschen Maler Max Liebermann zu zitieren, als er 1933 die Nazis mit einem gigantischen Fackelzug durch das Brandenburger Tor marschieren sah:
"Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte."
Was zum Teufel, sucht dieser Ungar also in der EU??? Wo bleibt da der Aufschrei?

Hat mir gefallen, dein geschichtlicher Abriß zum Berliner Mauerfall von 1989, liebe Manu...
LG zu Dir ins schöne Rheinland... ...smile*
Louis :-)
Vor einem Monat - Antworten
schnief Da gebe ich dir Recht , dass heute höchstwarscheinlich Putins Panzer eingesetzt würden.
Leider eird es keinen Aufschrei geben, man denke an 2014, die Krim.

Es freut mich sehr, dass dir mein Abriß zum Mauerfall gefiel und danke dir vielmals.
Mit lieben Grüßen Manuela
Vor einem Monat - Antworten
Kornblume Ein historisch interessanter Rückblick der Dir ,liebe Manuela, sehr gut gelungen ist.Interessant für mich das Totschweigen( Nichtwahrnehmen) des Großvaters aus dem Osten. Sicher gibt es Gründe. Jede Familie hat Geheimnisse.
Nach so vielen Jahren ist der "Ossi" sicher nun auch nicht mehr das unbekannte Wesen.Der" typische Ossi" und der " typische Wessi"sollte nach 35 Jahren Deutscher Einheiteigentlich eigentlich "passe sein", doch Trennendes gibt es noch immer, aber Gott sei Dank auch sehr viel Gemeinsames.
Grüße an Dich, schickt die Kornblume
Vor einem Monat - Antworten
schnief Es freut mich, dass dir mein geschichtlicher Rückblick gefiel.
Nicht nur bei euch gab es totschweigen, denn viele haben alles zur Seite geschoben.
Die tspischen Bezeichnungen Ossi/Wessi sollten langsam versickert sein. Sicherlich gibt es noch Trennendes und viel Gemeinsames.
Danke dir vielmals
Liebe Grße Manuela
Vor einem Monat - Antworten
Darkjuls Super interessant und gut geschrieben, liebe Manu. Danke für diesen Beitrag zur Schreibparty. Liebe Grüße Marina
Vor einem Monat - Antworten
Gast Darüber freue ich mich und danke dir vielmals.
Liebe Grüße Manuela
Vor einem Monat - Antworten
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