Kurzgeschichte
Die Töchter des Nereus - Neufassung

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"Die Töchter des Nereus - Neufassung"
Veröffentlicht am 25. September 2024, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich erinnere mich noch gerne meiner allerersten Zeilen - ein Schulgedicht: Der Winter ist ein Bösewicht, die Bäume tragen Schneegewicht, die Stämme sind kahl und so schwarz wie ein Pfahl, die Felder sind weiß und auf dem See liegt Eis. In den seither vergangenen Jahrzehnten hat sich mein Schreibstil sicher geändert - ist erwachsen geworden -, aber die Freude am Schreiben ist ungetrübt.
Die Töchter des Nereus - Neufassung

Die Töchter des Nereus - Neufassung

Die Töchter des Nereus

Das gleichmäßige Rauschen des Ozeans erinnerte mich an den Gesang der Meerjungfrauen aus einem Märchen meiner Kindheit. Von meiner erhöhten Position – ich lehnte an einem Felsbrocken, der Teil des Wellenbrechers war, und saß im noch tagwarmen Sand – betrachtete ich die verspielten, golden leuchtenden Wellen, deren Kronen weiß aufschäumten, bevor sie den Strand erreichten. Hier musste es von Nereiden nur so wimmeln, kam mir in den Sinn. Fast meinte ich, die sonore, mahnende Stimme Nereus zu hören, wie er sie

ermahnte, nicht so ungestüm zu sein. Doch sie quittierten dies nur mit wirrem Gekicher und Glucksen, das über den Strand zu mir heraufdrang. Unaufhaltsam senkte sich die Nacht tiefer auf das Wasser, und die Schaumkronen verloren sich im rötlichen Licht der untergehenden Sonne. Nach und nach tauchte der Strand in nächtliche Stille und Finsternis. Eine aufkommende leichte Brise kräuselte die Wogen und strich über den Sand, der zwischen meinen Zehen kitzelte. Jetzt legten sich die Meerjungfrauen bestimmt auf dem sandigen Grund zum Schlafen nieder! Leider teilte niemand diesen märchenhaften Anblick mit mir, und nur

von fern hörte ich die Geräusche der lebendigen Stadt. Ich genoss den Frieden der hereinbrechenden Nacht – vor mir den weiten, leise rauschenden Ozean und über mir das grenzenlose Sternenzelt. Die reale Welt schien so weit entfernt. Plötzlich erinnerte ich mich an jene Zeit, die mir alles schenkte, was ich mir je gewünscht hatte. Damals war ich wirklich eins mit mir und meinem Leben gewesen. Wie gerne würde ich die vergangene Leichtigkeit des Seins und die Leidenschaft jener Zeit noch einmal erleben! Wie sehr sehnte ich mich danach, wieder eine Frau zu spüren, die mich mit ihrer Begierde aus meiner Erstarrung holte! Mein Körper lechzte

nach Sex, Sinnlichkeit und der tiefen Befriedigung danach! Wie sehr wünschte ich mir, endlich befreit einzuschlafen! Doch nichts als Fantasien begleiteten meine Tage und Nächte – Fata Morganas der Leidenschaft! Illusionen des Cyberspace! Virtuelle Realitäten! Nichts wirklich Greifbares. Und doch wünschte ich mir in diesem Augenblick nichts mehr, als von einer Meerjungfrau umfangen zu werden. Das Meer lag ruhig in der Nacht, und am Firmament zogen die ersten Sterne ihre unsichtbaren Bahnen. Ich schloss die Augen und trieb sogleich weit fort in die Welt der Fantasie. Nichts störte die Harmonie, und plötzlich fühlte ich mich

von Händen berührt, die lebhafte Empfindungen auf meiner Haut hinterließen. Das konnte nicht sein! Ich war doch allein hier, durchfuhr es mich. Beinahe hätte ich die Augen geöffnet, doch ich fürchtete, dass dann alles wirklich nur ein Traum wäre. So wünschte ich mir, es möge wahr sein, und folgte in Gedanken den Händen, die mich so zärtlich streichelten. Sanft fuhren sie über meinen Körper, der sich ihnen sehnsüchtig entgegenstrecken wollte, doch irgendetwas hielt mich davon ab, mich zu rühren. Mein Körper nahm die Berührungen begierig auf wie ein trockener Schwamm das Wasser und wurde mit jedem Moment verlangender.

Das hier mochte ewig dauern! Hoffentlich hörten diese Hände nicht auf, mich zu liebkosen! Sie kreisten weiter über meine Brüste, suchten ihren Weg über den Bauch hinab zu den Schenkeln, die sich bereitwillig öffneten. Dorthin konzentrierten sich all mein Empfinden und meine Sehnsucht, doch sie strichen weiter über meinen Leib, ohne von meiner steigenden Erregung Notiz zu nehmen. Auf einmal hörte ich ganz nah ein glockenhelles Lachen. War das eine Meerjungfrau? Ach, würdest du doch endlich …, dachte ich flehentlich, als eine Stimme fragte: »Gefällt es dir?« Aber sicher doch! »Wir wollen dir nur

Gutes tun. Bleib einfach liegen.« Was war das für ein Film?! Wo war ich in meiner Fantasie angekommen? Wer war das, der mir da so gefühlvoll zu Leibe rückte? Die Geister, die ich rief! Thetis und Galatea? Wie viele Meerjungfrauen waren meinem Ruf gefolgt? Ich verstand nicht, was mit mir geschah, und konnte kaum glauben, was sich hier tat, doch zugleich drängte es mich ihnen entgegen. Wann hatte sich jemand so meiner Sinne angenommen? Wie lange hatte mein Körper solche Berührungen entbehrt? Nun schien wahr zu werden, worauf ich so lange hatte warten müssen! Mir war in diesem Moment alles egal – nur aufhören sollte das jetzt nicht!

Ich hätte zu gerne die Augen geöffnet, doch meine Lider blieben wie erstarrt. Einzig meine Sinne waren lebendig, und sie streichelten meine Seele mit längst vergessen geglaubten Empfindungen. Alles in mir war zum Zerreißen gespannt, bereit für das erhoffte Finale. Da entbrannte plötzlich zwischen meinen Beinen ein wahres Feuerwerk, das mich mit einer Vehemenz und Heftigkeit überraschte und beglückte. Ich ließ mich hineinfallen und genoss den orgiastischen Sturm, der sich bis in die entlegensten Poren meines Körpers ausbreitete. Eine nicht enden wollende Ewigkeit lang war ich gefangen in diesem Sinnentaumel, der mich für die

lange Zeit der Entbehrung weit mehr entschädigte, als ich es mir je hätte wünschen können. Langsam kehrte ich in die Realität zurück und öffnete die Augen. Der Himmel war übersät mit Sternen, und das Meer lag friedlich in der Nacht. Von den Gönnerinnen war weit und breit nichts zu sehen, aber über dem Wasser glaubte ich, noch das helle Lachen der Nereiden zu hören. Ich hätte mich gerne bei ihnen für diesen Liebesdienst bedankt. Doch wie? Fröstelnd und noch immer verwirrt erhob ich mich und ging die Promenade hinauf zu meinem Appartement, wo ich müde und entspannt aufs Bett fiel. Bevor ich einschlief, sah ich die Nereiden ein

letztes Mal über das Wasser tanzen, und ihr Lachen erfüllte die Nacht.

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Hörbuch

Über den Autor

KatharinaK
Ich erinnere mich noch gerne meiner allerersten Zeilen - ein Schulgedicht:
Der Winter ist ein Bösewicht,
die Bäume tragen Schneegewicht,
die Stämme sind kahl
und so schwarz wie ein Pfahl,
die Felder sind weiß
und auf dem See liegt Eis.
In den seither vergangenen Jahrzehnten hat sich mein Schreibstil sicher geändert - ist erwachsen geworden -, aber die Freude am Schreiben ist ungetrübt.

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