Kurzgeschichte zum Thema
"Schweigen, verschweigen, Lügen und Ehrlichkeit"
Lügen oder besser schweigen?
„Oma, was kann ich schreiben?“, wollte
Lisa von ihrer Oma wissen, die einen Aufsatz für die Schule verfassen musste.
„Wie lautet denn das Thema?“, fragte die Oma, die sich an den Tisch mit ihrem Handarbeitskörbchen dazu gesetzt hatte.
„Wir dürfen uns aussuchen, ob wir zu „Schweigen, verschweigen, lügen oder Ehrlichkeit etwas schreiben.“
„Das kann man doch wunderbar miteinander verbinden und du kennst sicher doch auch die Fabel von Peter und dem Wolf“, meinte die Oma. Lisa dachte nach und meinte schließlich „Nicht mehr so genau.“
„Es war einmal ein Hütejunge mit dem Namen Peter, er sollte auf die Schafe achtgeben und Bescheid geben, wenn
Gefahr droht. Eines Abends wurde es ihm jedoch langweilig und obwohl keine Gefahr drohte, rief er: „Ein Wolf, ein Wolf!“ Alle kamen angerannt, um den Wolf zu vertreiben, aber es war keiner da. Nachdem Peter dieses noch zweimal wiederholt hatte, waren es die Leute satt. Dann passierte es, eines Abends kam wirklich ein Wolf daher und riss Schafe, doch als Peter wieder rief “Ein Wolf, ein Wolf“, da kam niemand“, mit wenigen Worten brachte Oma Lisa die Fabel in Erinnerung.
„Oje, nun hat ihm niemand mehr geglaubt“, stellte Lisa fest.
„Stimmt und gerade deshalb sollte man nicht lügen“, erwiderte die
Oma.
Lisa schaute ein wenig stirnrunzelnd aus dem Fenster.
„Worüber grübelst du?“, wurde sie von Oma gefragt und riss damit Lisa aus ihren Gedanken.
„Oma, darf man etwas verschweigen, um nicht zu lügen oder überhaupt schweigen, wenn man mit Ehrlichkeit jemanden verletzen könnte?“, wollte nun Lisa wissen.
„Es kommt immer auf die Sachlage an. Manchmal verschweigt man etwas um eine Person nicht zu kränken, zum Beispiel, eine Freundin trägt für dich ein unmögliches Kleid. Um sie nicht zu
verletzen, sagst du nichts zu dem Kleid oder wenn sie die Ehrlichkeit verträgt, sagst du ihr nur dein Fall ist es nicht, so lügst du nicht.“
Lisa dachte nach und meinte anschließend: „Einer guten Freundin kann ich es sagen, dass ich das Kleid doof finde, ohne dass sie beleidigt ist.“ Lisa hielt inne und Sekunden später sprach sie weiter: „Wenn ich ehrlich bin, es verletzt sie sicher, wenn ich dann sage, es ist doof, dann schweigt man doch besser.“
„So ist es.“
Lisa nahm ihren Stift und legte los, doch plötzlich hielt sie inne und schaute die
Oma fragend an.
„Was ist denn Lisa“, wollte die Oma wissen.
„Oma, lügen Erwachsene auch, oder sagen sie immer die Wahrheit?“
„Ach Lisa, es gibt eine Menge Menschen, insbesondere Erwachsene, die schweigen lieber, statt ehrlich zu sein oder verschweigen Dinge, die besser angesprochen werden sollten. Manchmal wird man auch missverstanden oder falsch interpretiert, sodass unter Umständen bei Freundschaften Risse entstehen, diese sich aber nicht wieder kitten lassen. Das Vertrauen ist verschwunden, besonders wenn man merkt, dass sich Personen wie das
Fähnchen auf dem Turme drehen.“
„Das verstehe ich jetzt nicht, wie meinst du das mit dem Fähnchen auf dem Turme?“
„Ach Lisa, die Menschen, die ich meine, benehmen sich wie eine Fahne, je nachdem, wer für sie interessant ist. Sind manche aus dem Wind oder ihre Meinungen gehen mit dem Wind, so wird es nur einseitig.“
„Hast du so etwas schon erlebt?“, fragend schaute Lisa die Oma an.
„Ja, leider und man kommt sich ausgenutzt vor, man wird erst wieder interessant, wenn Unstimmigkeiten auftreten, dann besinnen sie sich und plötzlich ist man wieder
Ansprechpartner. Einfach schrecklich.“
„Was machst du dann?"
"Nein ich lüge nicht, aber verschweige auch nichts, sondern schweige und halte mich zurück in meinen Äußerungen bezüglich Personen, die wieder interessanter werden könnten.
Das alles sind für mich inzwischen Fähnchen, aber niemals darf man vergessen, immer höflich bleiben, niemanden herunterziehen oder Missverstandenes wird in Unkenntnis als Lüge dargestellt.“
„Oma, lügen unsere Politiker?“
„Ach Lisa, von ihrem Standpunkt aus, tun sie es nicht wissentlich, lieber
schweigen sie und uns wird nur in den Medien vorgesetzt, was gewisse Journalisten berichtenswert oder durch die Regierung mehr oder weniger freigegeben wird. Aber das wirst du noch eines Tages selber merken.
Nun schreib deinen Aufsatz fertig, dann können wir noch eine Runde durch den Park spazieren gehen.“
Lisa senkte den Kopf und fing wie eine Wilde an zu schreiben. Es dauerte eine knappe halbe Stunde und sie schloss den Füller.
Wenige Minuten später machten sich die Beiden auf, um durch den Park zu
schlendern.