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Band 2: Der sehr kleine Vampyr - ...findet ein neues Zuhause

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"Otto flieht per Adler-airbus, aber das nützt ihm auch nichts..."
Veröffentlicht am 02. Juni 2023, 46 Seiten
Kategorie Kinderbücher
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Über den Autor:

Mein Leben ist bisher von ständigem Wandel geprägt gewesen. Ich habe in der biologischen Landwirtschaft gearbeitet, in einer Schreinerei, habe die Berufsausbildungen zur Medizinisch-Technischen Laboratoriumsassistentin abgeschlossen und auch zur staatl. dipl. Erzieherin. Ich habe über dreissigmal den Wohnort gewechselt, die längste Zeit habe ich dabei in Bayern verbracht. Zweimal war ich verheiratet und habe drei erwachsene Kinder. Daneben hatte ...
Otto flieht per Adler-airbus, aber das nützt ihm auch nichts...

Band 2: Der sehr kleine Vampyr - ...findet ein neues Zuhause

Unterwegs...

Als Otto erwacht, ist ihm ein wenig schwindelig, denn er ist ja in Aufblas-Sarg und Koffer eingeklemmt, der schaukelt in den Krallen des Adlers hin und her und der Fahrtwind pfeift ihm um die Ohren. Obwohl Otto vorsorglich ein kleines Loch zum Atmen in den Koffer aus dickem Hirschleder gebohrt hat, ist es in seinem Lager total stickig. Der neue Aufblas-Sarg stinkt penetrant nach PVC, der Koffer nach Leder-Fett und...Otto vermutet, dass eine der Ketchup-Flaschen undicht ist. Er presst

seine Nasenlöcher an das Koffer-Loch um wieder ein wenig frische Luft einzuatmen, langsam wird es im Oberstübchen wieder klarer.

Wo sie wohl inzwischen sind? Langsam siegt Ottos Neugier über seinen Überlebensinstinkt und er vertauscht am Koffer-Loch die Nase gegen ein hungriges Auge aus.


Das hätte er vielleicht besser nicht getan: Sie überfliegen gerade die Alpen, Richtung Italien, der Adler fliegt ziemlich hoch, um die Fallwinde als Beschleuniger auszunutzen, entsprechend tief geht es von Ottos Ausguck hinunter.

Augenblicklich ist ihm wieder so schwindelig wie zuvor...


Neben Otto auf gleicher Höhe ziehen die majestätischen, schneebedeckten Gipfel der Berge vorbei, Otto kann einen Bergsteiger beobachten, der gerade auf einer Bergspitze das Gipfelkreuz erklommen hat und nun stolz und triumphierend daneben steht. Otto vergrößert flink mit seinem Schweizer Taschenmesser (führt er immer in der Hosentasche mit sich, zusammen mit einem Bindfaden, einem Feuerzeug, einem Stück Kreide, ein paar Knallerbsen,

Bonbons und anderem sehr nützlichen Kleinkram) das Guckloch, steckt seine winzige Hand hindurch und winkt ihm zu, zwischen den Fingern das Taschentuch seiner Mutti.

Doch der Bergsteiger scheint ihn nicht zu bemerken. Vielleicht liegt das daran, dass er einen Adler mit einem Koffer in den Krallen, aus dessen Seite eine winzige Hand ihm zu winkt, für eine Fantasie hält, welche die Höhenluft in ihm ausgelöst hat. Schnell zieht Otto seine Hand zurück, gerade rechtzeitig bevor der Adler dreht und diese Seite des Koffers vom

Schatten in die pralle Sonne gerät. Flugs verstopft er das Guckloch mit dem zusammen geknüllten Taschentuch.


Als sein Guckloch endlich wieder im Schatten liegt, spioniert Otto weiter: Tief unter ihm liegen grüne Täler, gesprenkelt mit winzig-kleinen, schwarz-weiß gefleckten Kühen. Otto weiß natürlich, dass diese Kühe in Wirklichkeit viel viel größer sind, als er selber - sie wirken nur so klein, weil sie so weit weg sind. So, als könne er einfach mal eine von Ihnen mit Daumen und Zeigefinger aufheben,

auf sein Knie setzen und dann 'Hoppe Reiter' mit ihr spielen.

Otto überlegt: Vielleicht ist er selber ja in Wahrheit gar nicht kleiner als die anderen Vampyre, sondern nur eben anders. Und weil er ihnen fremd ist, erscheint er ganz weit weg von ihnen und ihrem ganzen Vampyr-kram. Und deshalb sieht er in ihren Augen so klein aus. Und weil Otto meistens das glaubt, was die 'Großen' ihm sagen (siehe: 'Kaputtmacher-Hände), hält er sich selber auch für klein. Aber in Wahrheit ist er genauso groß wie sie, oder vielleicht sogar größer, so groß wie eine der Kühe da drunten,

und wenn er es erreichen könnte, dass sie ihn nur richtig aus der Nähe wahrnehmen könnten, so wie er wirklich war, dann würden sie es erkennen und es ihm sagen, er würde es glauben und alles wäre gut...


Otto seufzte und japste nach Luft, er hatte zu lange geguckt und geträumt und musste nun schnell Auge wieder gegen Nase austauschen, am Guckloch, um nicht zu ersticken.

Er wusste: Selbst wenn seine waghalsige, sehr weit her geholte Theorie stimmen würde (was sie ja

definitiv nicht tat), aber selbst wenn, dann würden sie ihn trotzdem nicht näher an sich heran lassen, um ihm mehr Größe zuzugestehen, denn das lag ja gar nicht in ihrem Interesse.

Selbst seine Eltern, die ihn ja über alles liebten, brauchten ja jemanden, der kleiner und unwichtiger, ungeschickter und fehlerhafter war als sie, hässlicher und ängstlicher...denn so konnten sie sich selber viel größer, wichtiger, kompetenter, perfekter, schöner und mutiger fühlen - und ihre eigenen Unzulänglichkeiten darüber vergessen.

So wie sein Vater, der ihn zum Fußball mitgenommen hatte, und damit alles noch viel schlimmer gemacht hatte, oder seine Mutti, die ihn nicht mehr im Haushalt mithelfen ließ. Angeblich war das ja alles gut gemeint, und vielleicht glaubten sie das ja auch selbst.

"Das nützt aber auch nichts!", dachte Otto im stillen.

...ins Abenteuer...

Als hätten Ottos Gedanken einen geheimen Zauber aktiviert, waren die Kühe, beim nächsten Mal, als er durch sein Guckloch spähte, schon um Einiges gewachsen!

Konnte er das vielleicht auch mit sich selber erreichen?

Sie wurden sogar mit ziemlicher Geschwindigkeit immer größer, als würden sie sich aufblasen...

Wenn sie so weiter machten, wären sie bald so groß, wie Elefanten. Otto fand den Gedanken lustig. Er stellte sich vor, wie er, auf einem Kuh-Elefanten reitend, seine Eltern

besuchen würde, irgendwann. Und er selber hätte sich auch großgezaubert, ungefähr so groß wie...Otto suchte fieberhaft nach einem geeigneten Bild zum Vergleich.


"Oh Nein!"

Plötzlich erwachte Otto aus seinen Träumereien und ihm wurde schlagartig klar, dass es keine Zauberei gab - zumindest nicht in diesem Fall. Und 'Fall' war dabei genau das richtige Wort!

Der Grund für die vermutete Vergrößerung der Kühe war, dass sie ihm rasend schnell näher

kamen, und das bedeutete ganz einfach, dass der Adler den Koffer fallengelassen hatte. Und das bedeutete widerum, dass er selbst in Kürze auf den Boden prallen und sich in Otto-Matsch verwandeln würde - aus der Traum von einem neuen Leben in einem neuen, besseren Zuhause. (Er vergaß dabei, dass Vampyre nicht so leicht sterben, wenn keine Holzpfähle, Fallbeile oder Silberkugeln mit im Spiel sind)

Den blitzartigen Hoffnungs-Gedanke, der Adler würde seinen Verlust bemerken und den Koffer noch im Fluge wieder auffangen,

verwarf er wieder. Der hatte wahrscheinlich einfach keine Lust gehabt, das Ding weiter zu schleppen, und war nur so weit geflogen, damit ihm nie jemand auf die Schliche kommen würde.

Otto kroch, wühlte sich so schnell er konnte bis in die Mitte des Koffers, rollte sich in Embryo-Stellung zusammen und zog alle weichen Sachen als Polster rund um sich.

Dann wurde er ohnmächtig, vor Sauerstoffmangel und Angst.


Der abstürzende Koffer verfing sich in den obersten Zweigen einer

hohen Fichte, stürzte direkt durch die dichten, darunter liegenden Äste, die den Fall bremsten. Und landete auf einem riesigen Heuhaufen, der sich zum Schutz vor Regen direkt unter dem Baum befand. Dieser stand nämlich auf der Alm, auf der auch die besagten Kühe weideten. Der Koffer grub sich tief in den Heuhaufen ein, wobei seine alten, handgeschmiedeten Scharniere und sein dickes Hirschleder, jeder auf sie einwirkenden Gewalt trotzen.

Bis der Koffer nur noch mit geringer Kraft auf der Wiese aufschlug, auf der der Heuhaufen

aufgetürmt war. Da öffnete sich der Koffer, sprang auf und entleerte seinen Inhalt ins Heu.

Und das war Ottos Glück, denn sonst wäre er sicherlich erstickt, bis jemand ihn gefunden und aus dem Koffer befreit hätte. (Zumindest vorläufig, wir wissen: Vampyre sterben nicht so einfach)


Als Otto wieder aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, war es Nacht, der große, runde Mond und Millionen Sterne standen am Himmel. (Und das war wieder ein Glück, wir wissen ja: Vampyre und Sonnenlicht...)


Otto fühlte sich nach seiner Auszeit in der frischen Luft der Bergwiese sehr erholt, hatte er doch Stunden in einem stickigen Koffer verbracht, was ihn sehr müde gemacht hatte. Aber nun fühlte er sich wieder frisch wie der neue Tag. Beziehungsweise die neue Nacht - in seinem Falle.

Flink grub er sich einen Gang nach oben aus dem Heuhaufen und steckte seinen Kopf oben hinaus.

"Whoooow!" Otto hatte nicht gewusst, dass es so viele Sterne gab: Bei seinen Eltern daheim (in der grossen, nachts hell

erleuchteten Stadt) waren es - wenn man Glück hatte - nur wenige einzelne Lichtpunkte, die man sehen konnte, und der Himmel war nie so dunkel wie hier in den Bergen.


Otto wollte sich schon gemütlich oben auf dem Heuhaufen ausstrecken um den wunderschönen Sternenhimmel ausgiebig zu betrachten, da wurde seine Träumerei (mal wieder) jäh gestört. Durch ein Geräusch, wie das Scharren eines Hufes.

Er erstarrte, richtete sich auf und sah nach unten - und erschrak fast

zu Tode (Vampyre, wir wissen ja, bla bla...also: zu Untode)

Da war ein Kreis riesiger Augenpaare, direkt auf Augenhöhe mit ihm, obwohl er hoch oben auf dem Heuhaufen saß: Er war von Monstern, oder menschenfressenden Dinosauriern umstellt, die überlegten, welches Körperteil von ihm sie zuerst fressen sollten.

"Vielleicht die Hände?", wollte Otto schon anbieten, "die machen sowieso bloß Probleme...?"

Da hörte er die Monster grummeln oder murmeln - sie unterhielten sich offensichtlich über ihn, und

das klang so warm, vertrauenserweckend und irgendwie sogar gemütlich, dass er sofort seine Angst verlor und wusste, wen er hier vor sich hatte: Es waren die Kühe, die auf der Wiese gegrast hatten - nur eben jetzt in (Über-)Lebensgröße!


Otto war sichtlich erleichtert, trotzdem hielt er sich vorsichtshalber ganz still und lauschte erstmal dem sehr langsamen 'Gespräch' des neugierigen Fleckviehs.


"DA is was!...", brummelte eine der

Kühe und rollte bestätigend mit den Augen.

Dann war es eine Weile still, und man konnte nur das Widerkäuen der Rinder hören.

"Meinste, isses gefährlich, Dörte?"

Stille, Widerkäuen, Hufscharren usw.

"Neee...is zu klein...hat freundliche Ohren, guck!"


Jemand fand Ottos Ohren nicht zu groß, häßlich, flugfähig oder ähnliches, sondern: freundlich!

Das machte ihm die Kühe, trotz ihrer beeindruckenden Größe und den irritierenden Kulleraugen

sofort sympathisch.

Nach einer - gefühlten- halben Unendlichkeit ging die zähe Unterhaltung weiter:

"Iss'n Kind, glaube ich...vielleicht das Mondkind, is vom Himmel geplumpst, wa?


............


............


"Woll'mas fragen, Emelie, was meinste?"


.......Kauen, Scharren, Furzen (Tschuldigung, aber das WAR

eindeutig ein ziemlich lauter Furz oder eine Antwort in einem geheimen Kuh-Dialekt)


"Trau mich nich, is vielleicht unhöflich, wie sagt man zu einem Mondkind, Mandy?

Majestät? möndliche Eminenz? Mondenprinz?"


"OTTO!", sagte Otto. "Man sagt Otto, weiter nichts. Ich komme nicht vom Mond, und bin leider kein Prinz. Gefährlich bin ich auch nicht. Leider...!"


Und dann erzählte er seine ganze

Geschichte, und die Kühe nickten verständnisvoll dazu.

Denn, wenn es den Kühen auch schwer fiel sich in Worte zu fassen, und sie sehr lange dafür brauchten - zuhören konnten sie wie kein Anderer. Das machte ihnen so leicht Keiner nach.

Für Otto war es das reinste Wunder, noch größer als die, mit Lichtpünktchen dicht übersäte, Himmels-Kuppel: Denn ihm wurde bewusst, dass ihm noch niemals im ganzen Leben jemand so intensiv, aufmerksam und geduldig zugehört hatte.

Zwischendurch war er so gerührt,

dass er sogar ein bisschen weinte, er tupfte sich aber die Tränen schnell und so unauffällig wie auf dieser Theaterbühne möglich, mit dem Taschentuch seiner Mutti ab - dazu hatte er es ja schließlich mitgenommen.


Die Kühe unterbrachen ihn auch nicht und liessen ihn bis zum Ende ausreden. Das hatten die erwachsenen Vampyre ebenfalls noch nie getan, dafür hatten sie einfach nicht die Geduld, oder auch grundsätzlich viel zu viel sehr Wichtiges zu tun.

Die ihn umstehenden Kuh-Zuhörer

murmelten nur ab und zu (damit er wusste, dass sie mit ihrer Aufmerksamkeit noch bei ihm waren):

"Ah, soso!"

oder noch mitfühlender: "Das tut uns leid, nicht Dörte?"

oder staunend: "Das gibbs doch nich, oder?" und scharrten empört mit den Hufen.


Otto ging es mit jedem Wort, welches aus ihm heraus sprudelte immer besser und besser. So hatte er sich noch nie ausgesprochen, nicht einmal im heimlichen Diary.

Plötzlich stand es ihm glasklar vor

den Augen: Sein Fall vom Himmel war kein Zu-Fall gewesen, sondern schlicht ein Glücks-Fall!

Hier fühlte er sich zu ersten Mal in seinem Leben richtig wohl: Keine vielen Erwachsenen, die ständig herum schwirrten, alles besser wussten und konnten und ihm Anweisungen erteilten, oder sich über ihn lustig machten.

Niemand, der ihm etwas verbieten oder ihn von etwas ausschließen wollte.

Nur eine Gruppe warmherziger, guter Zuhörer, die ihn aber ansonsten in Frieden liessen.


Otto fiel es auf einmal auf, dass er seit seinem Erwachen im Heuhaufen nicht ein einziges Mal mehr das starke Bedürfnis verspürt hatte, irgend etwas mit aller Kraft weg zu treten.

Vielleicht würde er sich eine neue Lieblings-Sportart suchen: Nachdenken und Widerkäuen zum Beispiel. In seinem Fall (er war ja kein Rind) wäre ein Kaugummi hierfür recht praktisch. Er beschloss, sich bei Gelegenheit einen stattlichen Vorrat für seine Survival-Hosentasche davon zu besorgen.

Dann könnte er sich auch an der

gemeinsamen Gesprächsrunde hin und wieder beteiligen, sozusagen als neuer Familienangehöriger...


Ja: Otto hatte beschlossen, dass diese Wiese hier in den Bergen sein neues Zuhause würde. Er musste nur noch irgendeinen sehr schattigen Ort finden, an dem er den Tag verbringen konnte, in seinem Sarg, er freute sich schon ihn mal richtig aufzublasen und gemütlich darin ein ausgiebiges Nickerchen zu machen, bis der Mond und die Sterne wieder am Himmel standen.


Aber jetzt war er noch nicht müde, und hatte auch noch eine ganze Weile Zeit bis zum Morgengrauen (Das Wort musste von Vampyren stammen: Morgen-Grauen, das Grauen vor dem ersten Sonnenstrahl. Demzufolge müsste es dann auch 'Das Abendjubeln' heißen, wenn die Sonne unterging. Otto beschloss, es ab heute so zu nennen.)



...seines Lebens

Als Otto mit seiner Lebensgeschichte geendet hatte, nickten alle anwesenden Kühe bedächtig mit den Köpfen und klatschten auch Beifall, indem sie gemeinschaftlich mit den Hufen scharrten.

Sie sahen sich gegenseitig in der Runde an, nickten wieder und schließlich meinte die Kuh, welche Dörte hiess: "Kannste ma hier bleiben, wenn de willst, meint ihr doch auch, oder?

......


......


"mmmh!" "Klar doch ja!" "Keen Problem!", brummelten die Anderen. "Kannste bei uns auf de Wiese schlafn, eh?"


"Kann ich leider nicht, aber vielen Dank!" erwiderte Otto dankbar und sehr berührt durch das Angebot. "Ich muss tagsüber schlafen an einem sonnen-geschützten Ort, leider. Aber nachts komme ich Euch gerne besuchen, keine Frage...Wisst ihr vielleicht etwas für mich?"


Die Kühe guckten sich an, nickten,

scharrten, kauten und: wussten!


Es war eine kleine Höhle, etwas oberhalb der Wiese mit einem, von Gebüsch gut versteckten, Eingang. Ein schmaler Gang führte nach innen, vergrößerte sich dann zu einer kleinen Grotte, in der es stockdunkel war. Optimal. Genug Platz um all seine Habe (Eine Ketchupflasche war leider beim Sturz zerbrochen und hatte zwei der Gutscheine so aufgeweicht, dass sie nicht mehr zu verwenden waren) zu verstauen und dazu noch bequem den zu voller Größe aufgeblasenen

Luftmatratzen-Vampyr-Sarg aufzustellen.

Es war ein ehemaliger Fuchsbau, der dem sehr kleinen Vampyr wie eine sehr geräumige Zuhause-Höhle erschien.

Nachdem er es sich dort gemütlich eingerichtet hatte, ging er wieder nach draussen, um den Kühen zu danken und seine Zeit bis zum Morgengrauen mit dem Erforschen seiner neuen Heimat zu verbringen.

Die Kühe waren nach dem 'Abenteuer' (sie waren seit seinem Absturz mitten am Tag, neugierig glotzend, um den Heuhaufen rum gestanden und hatten sich in ihrer

Art sehr langsam unterhalten) müde und hatten sich zusammen in die Wiese gelegt, wo sie nun nicht mehr ansprechbar waren. Otto würde ihnen morgen danken.

Und erstmal wie geplant auf Entdeckungsreise gehen. Er stellte aber fest, dass dies sich als ziemlich mühsam heraus stellte für ein Wesen, welches nicht größer als fünf Zentimeter war. Zur Höhle hatte er auf dem Rücken einer der Kühe reiten dürfen, auf die er mit einem beachtlichen Sprung gehüpft war - was ihm auch zum ersten Mal im Leben Beifall einbrachte, in Form von gemeinschaftlichem

Muhen.

Aber jetzt hatte er das Problem, dass die Wiese von den Kuh-Hufen in ein Minenfeld von Schlaglöchern in Kombination mit wahllos verteilten Kuhfladen (Toiletten waren den Kühen offenbar unbekannt) verwandelt worden war. Ging er darüber, fiel er alle paar Schritte in ein solches Loch, sprang er, landete er stets zielsicher mitten in einem Haufen S... - ihr wisst schon was ich meine.

Otto blieb also stehen und trainierte seinen neuen Sport (ganz ohne Kaugummi): Widerkäuen und Nachdenken, bevor man handelte.

Ihm fiel ein, dass es hier keine anderen Vampyre gab (bis jetzt jedenfalls), die ihn beobachten und anzeigen könnten wenn er versuchen würde zu fliegen. Und sein Erbrochenes würde lediglich auf der Wiese landen und neben den vielen stinkenden Haufen der Kühe gar nicht weiter auffallen. Niemanden würde er vollkotzen, solange er nicht direkt über der Kuh-Herde flog. Also - warum es nicht einfach mal ausprobieren?

Ottos Herz klopfte. Er klappte seine verborgenen Fledermaus-Flügel aus den fast unsichtbaren Haut-Taschen an seinem Rücken heraus und

entfaltete sie. "Mast- und Schotenbruch!", murmelte er, holte tief Luft und warf sich mit einem beachtlichen Sprung in die Luft.

Erst segelte er vorsichtig ein wenig, nur geradeaus, und ohne sich viel dabei zu bewegen. Das ging schon mal gut. Ihm war noch kein bisschen schlecht. Langsam wurde Otto dann mutiger, bis er schliesslich pfeilschnell durch die Lüfte sauste, Kapriolen schlug, und wild mit den Flügeln schlug: Nichts! Keine Übelkeit, Kein Erbrechen! Ihm war pudelwohl, und langsam fragte er sich, warum es früher mit dem Fliegen nicht genauso gut

geklappt hatte. Da hatte er so viele Zuschauer gehabt, deren Bewunderung er sich gewünscht hätte!

..........???????


Langsam ging Otto ein Licht auf: Er war gar nicht flug-untauglich, hatte Kaputtmacher-Hände,oder eine Fußball-Allergie - er litt lediglich unter einer heftigen Art von Vampyr-Lampenfieber.

Wenn er vor (vor allem kritischem oder spöttischem) Publikum stand, unter Druck war, oder Erwartungen auf ihn gerichtet waren, wurde er einfach so nervös, dass alles schief

ging. Er hatte das immer für unverückbare Tatsachen gehalten, die er ja nicht überprüfen hatte können, da er ja IMMER unter Beobachtung gestanden hatte, viele Leute um ihn waren und der Erwartungsdruck schon aufgrund seiner (mangelnden) Größe enorm gewesen war.

Er hatte keinen Vergleich gehabt, mit einer Situation in der es anders gewesen wäre, deshalb hatte er an den Interpretationen seiner 'Fehlerhaftigkeit' nie gezweifelt, wie sie von den Anderen postuliert worden war.


Aber nun war der Beweis erbracht: Allein, bzw. unter Wesen, die keinerlei Erwartungen an ihn hegten (auch wenn sie ihn ewig angeglotzt hatten), veränderte sich sein 'unveränderbares' Verhalten eines 'schwererziehbaren' Vampyrkindes plötzlich auf wundersame Weise: Sein Weg-Tret-Zwang erlosch von ganz alleine, er hatte bislang noch nichts was er angefasst hatte kaputt gemacht - und nun konnte er sogar kotz-los herum fliegen!


Plötzlich fiel ihm auf, dass er schon seit seiner Landung im Heuhaufen

seinen Lieblingssatz nicht mehr gesagt hatte: "Das nützt aber auch nichts!"


Otto lächelte, vielleicht gab es noch Hoffnung und sein Entschluss, von Zuhause abzuhauen war doch gar nicht so schlecht gewesen, wie alles was er davor getan hatte. (angeblich - war es wirklich so schlecht gewesen, wie behauptet worden war? Otto kamen langsam leise Zweifel an den sonstigen Meinungen der anderen, erwachsenen Vampyre)...





Fortsetzung folgt in Band 3,

'Der sehr kleine Vampyr sieht rot'

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Hörbuch

Über den Autor

Iriana
Mein Leben ist bisher von ständigem Wandel geprägt gewesen. Ich habe in der biologischen Landwirtschaft gearbeitet, in einer Schreinerei, habe die Berufsausbildungen zur Medizinisch-Technischen Laboratoriumsassistentin abgeschlossen und auch zur staatl. dipl. Erzieherin. Ich habe über dreissigmal den Wohnort gewechselt, die längste Zeit habe ich dabei in Bayern verbracht. Zweimal war ich verheiratet und habe drei erwachsene Kinder. Daneben hatte ich immer auch künstlerische Ambitionen: Musik, Malen, Schreiben, Theater spielen. Ich bin ein naturverbundener Mensch und lebe gern sehr einfach mit und in der Natur.
Seit 2008 lebe ich in Leipzig, habe mich von einer langen chronischen Krankheit kuriert und bin Anfang dieses Jahres (2017) nun in Rente gegangen. Die letzten Jahre habe ich eine Schreibpause eingelegt, zumindest auf dieser Plattform hier, aber nun bin ich wieder da.
Zeit für ein neues Spiel... Mal sehen was mir so einfällt...

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