Beschreibung
Unübersehbar schlingert die Geschichte in die Zielgerade ein, und wie immer, am meisten Spaß macht es natürlich, wenn vor der 20.Folge zuerst die anderen neunzehn Teile gelesen werden... .
Titelbild : Cafeteria at Ecole Polytechnique de Montreal in 2007/ GNU-Lizenz für freie Dokumentation
Drei Linden an der Strasse
Mitten durchs Sarah kleinen Volkswagen lief eine unsichtbare Mauer. Während, sozusagen im freien Westen , Sarah und Nabil eine angeregte Konversation in arabischer Sprache führte, schwieg Charly eisig und Andy abwesend.
Kurz vor dem Magdeburger Kreuz unterbrach Charly ihr Schweigen und schlug vor, bei der nächsten Raststätte eine Kaffeepause zu machen, was auf allgemeine Zustimmung stiess. Sarah parkte den VW schwungvoll auf dem Frauenparkplatz direkt neben dem Rasthauseingang.
Der Gastraum war gut besucht, aber nach einigem Suchen fanden sie einen annehmbaren Tisch. Sarah setzte sich an den Fensterplatz, Nabil ihr gegenüber. Charly hatte gleich den Kaffeeautomaten im Buffetbereich angesteuert und zog eine Flasche Wasser für ihre Freundin aus der Kühltheke. Andy nahm zwei Schokoriegel, einen Kaffee für Nabil und für sich einen Mocca. An der Kasse trafen sie wieder aufeinander. Er lies ihr den Vortritt und wählte schwarze französische Cigaretten aus dem Automaten. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Charly ihr Portemanee zückte und bezahlte. Sie nahm das Wechselgeld, bedankte sich bei der Kassiererin und zog mit ihrem Tablett in Richtung Tisch. Erstaunt sah er hinter ihr her.
"Das macht vierzehnfünfzig.",sagte die Kassiererin.
Andy schreckte aus seinen Gedanken hoch und gab drei Fünfer.
"Stimmt so.", sagte er.
Er brachte den Kaffee zu Nabil und ging vor die Tür des Rasthauses, um erst einmal zu rauchen.
"Was für eine Tussi.", dachte er, während er die ersten Züge inhalierte. "Macht ganz auf cool und hat die dicke Patte stecken." Er hätte gerne noch einen Joint geraucht, aber hier war der denkbar ungünstigste Platz für derartige Vorhaben. Ausserdem hatte Nabil die Blättchen und das Restpiece in der Tasche.
Er zog noch einmal kräftig an der Zigarette und da fiel es ihm ein. Er kannte dieses Portemanee ! Drei Kreditkarten, die Luxuskarre, neulich am Park, quer über den Bürgersteig, mit dem Schlüssel im Schloss. Diese schicke Lederbörse mit dem Studentenausweis und dem Monogramm und diesem dämlichen Anhänger dran, die hatte er komplett ausgemistet. Und die Tussi am Rathaus, das war diese Tussi ! Wieso hatte er sie nicht sofort erkannt ?
" Au Scheisse ! ", dachte Andy.
"Sag mal, Nabil,", fragte Sarah, "was ist das eigentlich für eine dringende Verabredung in Berlin ?"
"Ist schwer zu erklären. Der Freund eines alten Kollegen hat von meinem Detektor gehört und will mir einen Job anbieten, wenn er funktioniert."
"Und was ist das für ein Detektor ?"
Der Iraker zögerte. "Es geht dabei um Kerntechnik.", sagte er dann.
Sie nickte freundlich und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. "Aha.", sagte sie.
"Ja, das ist so eine Art Messgerät." Es war ihm anzumerken, wie sorgfältig er seine Worte wählte.
"So eine Art Geigerzähler ?", fragte Sarah auf deutsch. Charly schaute interessiert von ihrem Kaffee hoch.
"Viel besser.", fuhr Nabil fort. Er straffte sich ein wenig und sagte stolz: "Er ist fast zweitausendmal so empfindlich wie bisherige Detektoren. Er kann eine Strahlungsquelle selbst hinter meterdicken Bleiwänden aufspüren !"
"Was erzählt er ?",fragte Charly. Sarah übersetzte, während Nabil einen Schluck von seinem fast kalten Kaffee nahm.
"Frag ihn", sagte Charly,"ob ich mir den Detektor mal ansehen darf."
Wieder zögerte der Iraker. Schliesslich sagte er höflich, dass er geehrt wäre, wenn sie seine Erfindung anschauen wollten, aber wenn es ihnen nicht ausmache, wolle er jetzt nach seinem Freund sehen. Die beiden Frauen nickten zustimmend. Nabil trank seinen Kaffee aus und ging in Richtung Ausgang.
"Und wie geht es jetzt weiter, Miss Polyglott ?", zischte Charly. "Wann greifen wir uns das Arschloch endlich ?"
"Du weisst doch",sagte Sarah, "man muß Rache kalt genießen und nicht heiß."
"Aha", äzte Charly, "und Du hast wohl vergessen, daß dieser Spruch von Joseph Goebbels ist ?"
Sarah zuckte zusammen, und schon tat es Charly leid.
"Sorry.", sagte sie.
"Hast ja recht", gab ihre Freundin zurück. "Ich glaube übrigens, der Araber weiß nichts von der Sache, der ist im Grunde ganz in Ordnung. Lass uns mit den beiden ein wenig weiterfahren, und dann von der Bahn runter. Dann fahren wir rechts ran und dann stellen den Arsch zur Rede. Wir nehmen ihm sein ganzes Geld ab und lassen ihn dann einfach mitten in der Pampa stehen. Was meinst Du ?"
"Hmm",sagte Charly , "aber dann muss er auch Schuhe und Strümpfe ausziehen und seine Jacke will ich auch. Die schmeisse ich dann mit Schwung in die Elbe. Und will ich mein Handy zurück !"
"So machen wir das !", sagte Sarah.
"Was face you machst ?", fragte Nabil, als er Andy vor der Tür traf. "Hast trouble ?"
"Die Sache nervt mich, Alter", sagte Andy. "Was soll ich in Berlin ? Ausserdem muss ich Luigis Karre wieder zurück bringen. Am besten, ich verpiss mich und Du fährst allein mit den Mädchen weiter."
"But is besser wir beide go to Berlin and then zusammen back. I get money there, you know !"
"Nee, laß mal, ich komm schon klar. Die Weiber gehen mir auf den Sack."
"Okay", sagte Nabil, "but you must sag Danke für die Girls, lets go in." und zog den Freund in Richtung Eingang.
Andy wollte sich kurz sträuben, sah dann aber ein, daß der Iraker nicht nachgeben würde und trabte widerwillig in das Rasthaus.
Die beiden Studentinnen waren bester Laune, als sie an den Tisch kamen. Nabil setzte sich wieder ans Fenster und macht eine einladende Geste zu Andy. Der stand, beide Hände in den Hosentaschen, unschlüssig am Tisch.
"Äh",begann Andy,"ich hab mir überlegt, ich,äh, muss ja den Pizzawagen zurück bringen. Und wenn ihr beide", er sah kurz zu Sarah, vermeid aber Charlys Blick, "mit ihm nach Berlin fahrt, äh, dann kann ich doch zurück trampen und mich um das Auto kümmern."
"Aha !", sagte Charly, zuckte aber mit keiner Wimper, als Sarah sofort gegen ihr Schienbein trat.
"Das klingt doch ganz vernünftig.",sagte Sarah."Aber wäre es dann nicht besser, Du fährst mit dem Zug, und wir bringen Dich zum Bahnhof ?"
Nabil nickte heftig und sah seinen Freund an.
"Ach nee",sagte Andy,"Äh, Zug fahren ist viel zu teuer, ich trampe lieber."
"Dann", sagte Charly mit überraschend freundlicher Stimme, "solltest Du aber auf jeden Fall in die Gegenrichtung trampen. Wir bringen Dich schnell zu der anderen Raste."
Andy sah sie kurz an und schaute dann zu Nabil, der nochmals kräftig nickte.
"Äh", begann er.
"Hey Brother",sagte Nabil "das good idee.Okay ?"
Andy gab sich geschlagen. "Okay.",sagte er.