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Richtung

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"Lob des Selbstzweifels"
Veröffentlicht am 07. Dezember 2022, 6 Seiten
Kategorie Gedichte
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Über den Autor:

Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und ...
Lob des Selbstzweifels

Richtung

Als Kleinkind weißt du ganz genau, was du willst: den Teddy, das Naschzeug, nochmal Karussell. Du weißt auch, beim wem du den Wissensdurst stillst. Du brauchst klare Antworten, deutlich und schnell. Ein Vortrag zum Thema „Facetten des Lebens“ wär da vergebens. Du lernst von Euklid, wie sich Geraden verhalten, die schneiden sich entweder oder auch nicht. In Filmen, in Sachkunde gibts zwei Gestalten, den düsteren Bösen, den Engel aus Licht. Die Dinge dazwischen, die auch so geschehen, kannst du nicht sehen. Die Eltern tun, als ob sie allwissend seien, und du verlangst, daß sie allwissend sind. Beweise von Schwäche wirst du nie

verzeihen. Doch endet auch mal deine Zeit als ein Kind. Hast du später Kinder, dann wirst du verstehen, es anders sehen. Fraun, findest du nun, sind vom andern Orbit. Mit Launen und Spielchen und vielen Gesichtern verwirren sie jeden, du kommst da nicht mit. Daß sie gleich dir unsicher sind und noch schüchtern; daß Worte nie klar sind wie teure Karäter, lernst du erst später. Du wechselst die Schule, gleich dreimal sogar. Das Studium schmeißt du im achten Semester. Die Ehe ist nur kurze Zeit wunderbar. Was ist das? Bist du ein Verlierer, mein Bester? Dem Kumpel, der zweimal schon Chefvolkswirt war, dem ist das längst

klar. Du möchtest dich ändern, die Dinge so sehen, wie richtige Männer sie uns täglich lehren, die schon von Geburt an die Welt ganz verstehen, in Kreisen mit Geld und Bedeutung verkehren. Doch siehst du, wenn dich die Ernüchterung packt: Dein Kaiser ist nackt. So ist das, wir stolpern durchs Leben und Lieben, gebeutelt von Zweifel, Pech, Zufall und Glück. Doch manche von uns sind halt Kleinkind geblieben, sie finden nur einfachste Losungen schick. Minister und Manager, Kanzler, Genossen auch eingeschlossen: Ob Irrtum, Dementi, ob

Wegkorrektur, Politkonkurrenz ist sofort auf dem Plan. Beschämen, Bekämpfen ist ihre Natur, die Arbeit fürs Volk steht ein Stück hintendran. Sieht man die Probleme der Gegenwart nun, gibts Bessres zu tun! Die Gipfel der Selbstsicherheit sehen wir heute: Ein Prinzen-Klub hat einen Staatstreich im Plan. Das „Tötet die Bullen“ der Hambacher Meute sprach – welch Ironie – vom vergleichbaren Wahn. Ob Bilder versaun oder Straßenverkehr: Man fühlt sich als wer.



© 2022 Brubeckfan


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Über den Autor

Brubeckfan
Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und das ist allermeistens.

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welpenweste Eine weise Reise durch die Zeit. Gruß Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan So hätte ich es nie zu bezeichnen gewagt ... Vielen Dank, Günter!
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Was soll man dazu noch sagen? Außer, vielleicht, warum hab ich das vor fünfzig Jahren nicht gelesen? Es hätte einiges leichter gemacht.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Oho ... Hätten wir Teenies das aber ernst genommen?
Du kennst sicher den Andre Heller: Mein Freund Schnuckenack nennt das Leben eine Lehre, die man hat, wenn man sie nicht mehr gebrauchen kann ...
Herzlichen Dank für all Deine Gaben, Harry.
Viele Grüße!
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Die Richtung, lieber Gerd ist doch klar.
Nichts soll so sein, wie es früher mal war.
Drum wird heutzutag, eiei, wie verflixelt
alles verpixelt......

Du hattest wieder mal den Daumen drauf, lieber Gerd.
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Ei, ei, war doch schon mal wieder rausgewippt worden.
Das war ich.
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Liebe Bärbel,
vielen Dank für alles. Gegen die brutal Selbstsicheren mußte ich mal was sagen.
Und manchmal wird das Früher aber doch wiederholt. Die Polikliniken heißen jetzt bloß anders. Und Sirenen 13:00 Mittwochs, das haben wir heute mit großer Ankündigung reanimiert, ganz was Neues. (Scherz damals: Wenn der Westen angreift, dann 13:00 Mittwochs.)
Viele Grüße,
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Tja lieber Gerd, nicht alles war schlecht, was früher anlaog war und nicht alles ist gut, was heute digital ist. Mir ist das Analoge allemal lieber, auch wenn ich selber verpixelte Medien nutze.Kommt eben drauf an, in welchem Umfang man sie nutzt.

Schöne Grüße zurück
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Enya2853 Klarheit und einfache Strukturen werden uns nicht im Dauerzustand serviert. So ist das halt.
Dein Fazit am Ende deines "Lebensweg" kann ich so gut nachvollziehen.
Gelungen! Und es liest sich rhythmisch richtig toll.
Lieben Gruß
Enya
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Lange nicht gesehen, liebe Enya.
Die kreuzgefährliche "Prinzenrolle" war mir genug Anlaß.
Und schön, daß es mir auch formal gelang.
Freue mich und Danke Dir für sämtliche Auszeichnungen!
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
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