Biografien & Erinnerungen
Mein Tagebuch - Von Ausreden...

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"Was klein Inchen nicht im Kopf hat..."
Veröffentlicht am 30. Oktober 2022, 16 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

...ich bin Ines, geboren und aufgewachsen in der ehemaligen DDR, nach der Grenzöffnung und seit dem Auszug meiner 3 Kinder viel unterwegs, woraus sich auch mein spitz- und username vagabundinchen (vagabund + inchen) ergibt. Ich bin ein Typ, mit dem man Pferde stehlen kann (wenn ich das von mir selbst behaupten darf), meine Hobbys sind lesen, schreiben, Fahrrad fahren, wandern, angeln, zelten ...und alles, was Spaß macht. Ich mache ein paar Mal ...
Was klein Inchen nicht im Kopf hat...

Mein Tagebuch - Von Ausreden...

Von Ausreden, keinen Ausreden und ständigen Wegen




oder:



Was klein Inchen nicht im Kopf hat, muss Muttern in den Beinen haben


Bleiben wir heute mal beim Thema Grundschule. Diese war nicht weit von unserem Haus entfernt. Vielleicht ein bis zwei Kilometer. Aber keinesfalls mehr. Der Schulweg selbst war daher nicht wirklich anstrengend oder zeitaufwändig. Einmal bis zur nächsten Ecke und dann rechtsrum. Nach zwei Querstraßen war man dann schon am Schulhof. Keine große Sache also. Der kurze Schulweg hatte aber auch seine Nachteile. Anders als die anderen Kinder, die weiter weg wohnten, konnte ich mich nie damit herausreden, dass ich

mein Heft vergessen hätte, wenn ich am Vortag einmal keine Lust auf Hausaufgaben hatte. Denn mich schickte man dann schnell nach Hause, um es zu holen. Nur blöd, wenn ich dann auf dem kurzen Weg zurück zur Schule die Aufgaben in Mathe lösen musste. Beim Gehen. Ist mir nur einmal passiert. Die Grundschule lag etwas abseits hinter der eigentlichen Polytechnischen Oberschule, wie es damals so schön hieß. Und bestand aus einem kleinen umzäunten, aber zugänglichen Schulhof und einem ebenerdigen Gebäude mit nebeneinander liegenden Klassenräumen. Die Fenster zeigten alle in Richtung

Schulhof. So viel erst einmal zu den baulichen Gegebenheiten. Auf Google Maps kann ich es euch nicht anschaulich machen, da es das Grundschulgebäude leider längst nicht mehr gibt. Daher die kurze Beschreibung im Vorfeld. Aber nun weiter im Text. Wie ihr ja vielleicht schon mitbekommen habt, war ich immer ein sehr zappeliges und eher unaufmerksames Kind. Das hatte zur Folge, dass ich es mir immer wieder einmal im Leben unnötig schwer machte. Oder dass es auch gefährlich für mich wurde. Siehe den Beitrag mit dem Nichtschwimmer/Schwimmerbecken. Oder doch eher im Nachhinein lustig,

wie in diesem Beitrag. Denn nun war ich in der Grundschule und das Leben eröffnete mir nun ganz neue Erfahrungen. Wie ihr gleich mitbekommen werdet. Meine Mutter achtete damals immer sehr auf Sauberkeit und Ordnung, was nicht ganz so mein Ding war. Ich ließ auch gerne mal etwas liegen. Schließlich gab es Wichtigeres, als meine Zeit mit dem lästigen Aufräumen zu verplempern. Es gab ja so viel zu erkunden und zu entdecken. Und so manches Mal eckten meine Mutter und ich deshalb aneinander. Natürlich zog ich regelmäßig den Kürzeren. Denn damals

widersprachen wir unseren Eltern nicht. Was die Erwachsenen sagten, wurde gemacht. Wenn auch murrend . Aber danach durfte man ja wieder nach draußen zum Spielen. Kamen meine Schwester und ich nach dem Unterricht nach Hause, gab es Essen. Danach wurden erst die Hausaufgaben erledigt und dann die Pflichten im Haushalt. Das waren bei uns meist abwaschen, abtrocknen und den Müll raus bringen. So die üblichen Sachen halt, die Kinder erledigen konnten und die nicht so viel Zeit beanspruchten. Danach konnten wir unsere Freizeit selbst gestalten. Für

meine Schwester hieß es meist, zu Hause im Zimmer bleiben und lesen oder malen. Und ich war für den Rest des Tages verschwunden. Ich traf mich mit den gleichaltrigen Jungs aus meiner Klasse, kabbelte mit ihnen herum und streunte mit Bobby aus dem Nachbarhaus in der Gegend herum. Vor dem Schlafengehen wurde die Mappe für den nächsten Tag gepackt. Entsprechend dem Stundenplan und den Fächern, die wir haben würden. Meine Schwester schaffte das immer ganz alleine. Auch wenn sie nur zwei Klassen über mir war. Ich hingegen benötigte ständig die Hilfe meiner Mutter. Um alle

meine Schulhefte und Bücher wieder zu finden und im Ranzen zu verstauen. Und dann gab es da noch die Federmappe, bei der irgendwie ständig der Füller oder Radiergummi fehlte und sich erst nach längerem Suchen in irgendeiner Zimmerecke auffinden ließ. Und wozu brauchte man eigentlich zwei Turnschuhe im Sportbeutel!? Wenn einer zu Beginn der Stunde nicht da war, machte man halt barfuß im Sportunterricht mit. Oder man durfte gleich auf der Bank sitzenbleiben, wenn man den Sportbeutel ganz zu Hause vergessen hatte. War doch kein Drama. Das waren alles so Dinge, die für mich so nebensächlich waren. Damals schon. Aber wegen denen ich ständig Stress mit

meiner Mutter bekam. Oder später auch den Lehrern. Aber meine Grundschullehrerin Frau Bleschke war da anders. Auch wenn meine Mutter mit mir jeden Abend gewissenhaft den Ranzen packte. Zwei oder dreimal in der Woche kam es vor, dass ich etwas zu Hause vergaß. Das wurde zur Routine und kam daher, weil ich nach dem offiziellen Schultasche packen mit meiner Mutter häufig noch einmal darin herumkramte. Ein Blatt aus einem Heft herausholte oder mit den Stiften malen wollte. Da ich das Zeug dann wegen meiner Schusseligkeit nicht wieder einpackte, fehlte es natürlich am

folgenden Tag. Meine Mutter, die ja jeden Morgen, bald nachdem wir aus dem Haus waren, unsere Betten machte, fiel dann auf, dass da wieder etwas auf dem Schreibtisch lag, das an diesem Tag eigentlich in die Mappe gehörte. Also schnappte sie es sich und trug es mir hinterher. Wie gesagt. So zwei bis drei Mal pro Woche, also durchschnittlich jeden zweiten Tag. Meist hatte dann schon der Unterricht begonnen. Bald wurde es zur Routine, dass meine Mutter zu der Zeit auf dem Schulhof auftauchte. Frau Bleschke ließ sich dadurch nicht aus dem Konzept

bringen. Sie unterbrach nicht einmal den Unterricht, sondern ging, weiter aus dem Buch vorlesend oder die Kinder anleitend, zum Fenster, öffnete es und ließ sich meinen vergessenen Kram geben. Dann schloss sie mit der gleichen Ruhe das Fenster wieder und legte mir das Zeug auf meinen Platz. Das ging bestimmt das erste halbe Jahr so und war selbst zu meinem 20 jährigen Klassentreffen noch ein Gesprächsthema. Da traf ich Frau Bleschke das letzte Mal. Sie hatte sich kaum verändert und war die einzige Lehrerin, die es zu unserem Jubiläum geschafft hatte. Obwohl wir noch weitere Lehrer eingeladen hatten.

Und das erstaunliche war, sie hat uns alle wieder erkannt. Obwohl sie in ihrem Lehrerleben sehr viele Grundschüler betreut hatte und wir uns seit der Zeit damals ja auch verändert hatten. Sie kam da an und alle freuten sich. Denn wie gesagt, sie war bei uns allen wegen ihres ruhigen Wesens sehr beliebt. Sie holte ein kleines Büchlein hervor und blätterte in ihm herum, nach einem prüfenden Blick auf jeden einzelnen ihrer ehemaligen Schüler. Anscheinend hatte sie sich damals schon Notizen gemacht, die ihr nun halfen, sich zu erinnern. Und so erkannte sie einen nach dem anderen und bemerkte so etwas wie: „Du bist doch der kleine Frank, der die Mädchen

immer an den Zöpfen gezogen hat.“ oder „Dich kenne ich auch noch. Du bist die schüchterne Astrid.“ Zugegeben, bei mir hatte sie einige Schwierigkeiten und wusste zuerst nicht, wo sie mich hinstecken sollte. Aber das ist auch kein Wunder. War ich doch damals klein, blass und zierlich. Und wirkte fast zerbrechlich. Inzwischen waren aber mehrere Jahrzehnte vergangen, ich hatte drei Kinder bekommen und in jeder Schwangerschaft mächtig zugelegt. Und hatte daher überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit dem kleinen Kind von damals. Daher bat Frau Bleschke um einen kleinen Tipp,

worauf ich so tat, als wenn ich etwas in meinen Hosentaschen suchen würde. „Wo ist denn nur... wo hab ich denn jetzt... „ Sogleich erinnerte sich Frau Bleschke lachend wieder „…ach ja, die kleine Ines...“ und meinte verwundert, dass ich mich aber ganz schön verändert hätte. Womit sie leider nicht ganz falsch lag.

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Über den Autor

vagabundinchen
...ich bin Ines, geboren und aufgewachsen in der ehemaligen DDR, nach der Grenzöffnung und seit dem Auszug meiner 3 Kinder viel unterwegs, woraus sich auch mein spitz- und username vagabundinchen (vagabund + inchen) ergibt. Ich bin ein Typ, mit dem man Pferde stehlen kann (wenn ich das von mir selbst behaupten darf), meine Hobbys sind lesen, schreiben, Fahrrad fahren, wandern, angeln, zelten ...und alles, was Spaß macht. Ich mache ein paar Mal in der Woche Linedance und probiere gerne mal was Neues aus. Freundschaften sind mir sehr wichtig. Wenn ihr mir schreiben wollt, dann traut euch ruhig. Ich beiße nicht.
Ansonsten viel Spaß beim Lesen...

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baesta Sehr gerne gelesen und mich an meine Kinderzeit erinnert. Du schreibst sehr anschaulich und flüssig, was mir sehr gut gefällt.

Liebe Grüße
Bärbel
Bei Gelegenheit werde ich mich auch noch über Deine anderen Erinnerungen "hermachen".
Vor langer Zeit - Antworten
vagabundinchen Danke Bärbel, das hört man gerne.
Viel Spaß beim Lesen weiterer Beiträge.
Liebe Grüße aus Berlin
Ines
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Sehr gern gelesen und mich amüsiert.
LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
vagabundinchen Das freut mich. Bald gibt es mehr...
Lieben Gruß aus Berlin
Ines
Vor langer Zeit - Antworten
MagicMarlene Süße kleine Geschichte mitten aus dem Leben. Hat mir gefallen! :-D
Vor langer Zeit - Antworten
vagabundinchen Freut mich, dass es dir gefallen hat.
Lieben Gruß aus Berlin
Ines
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift meint:
"Mein Tagebuch - Von Ausreden..."
...die einem einfalllen, wenn mal wieder Not am Mann ist... :-)))
LG
Bleistift :-)
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vagabundinchen Stimmt. So kleine Notlügen, die können doch nicht schlimm sein... :-D
Lieben Gruß aus Berlin
Ines
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