Thema der 97. Schreibparty:
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"Die Kunst der Missverständnisse"
Es müssen keine neuen Texte sein, aber mit folgenden 6 Vorgabeworten aufgepeppt werden:
Bratklops, Garten, Brille,
Hausputz, (Fußpilz, Haubentaucher)
Text: Martina Wiemers Buchcover und Bild kostenlos,
In einer heißen und schwülen Augustnacht wälzt sich Susanne stundenlang im Bett, ohne einschlafen zu können. Die Gardine zurückgezogen, das Fenster weit geöffnet, ein erfrischendes Lüftchen aus den GARTEN jedoch Fehlanzeige. Ein fth, fth fth, fth, fth, fth, fth, fth, fth und leises Schwirren lässt sie aufhorchen.
"Das ist sicher der Ventilator vom neuen Mieter über mir in der 2. Etage der solch komische Geräusche macht", denkt sie und stellt sich vor, wie dieser Traum aller Schwiegermütter, dessen Muskeln sie gestern beim HAUSPUTZ bewundern konnte , im Slip oben in seinem Bett
schläft wie ein Murmeltier.
Susanne kann nicht einschlafen. Sie steht auf, geht ohne BRILLE im Dunkeln in Richtung Küche. Sie hat Durst und will sich ein Glas Wasser eingießen. Die Schlafstubentür lässt sie offen.
Als sie im Flur einen winzigen Luftzug an ihrer Wange verspürt, greift sie automatisch zum Lichtschalter und schreit laut auf. Über und neben ihr schwirren, surren und segeln viele Fledermäuse an ihrem Kopf vorbei durch alle Zimmer, hängen wackelnd an der Decke und selbst in der Gardine haben sich einige Exemplare verfangen.
Sie steht wie erstarrt, lässt sie sich dann
ängstlich auf den Fußboden fallen und hebt schützend die Hände über den Kopf.
So sitzt sie einige Minuten da, ohne wirklich zu wissen was sie tun soll. Aus dem Naturkundeunterricht weiß Susanne zwar, dass Fledermäuse unter Naturschutz stehen, doch das macht die Tiere für sie auch nicht sympathischer.
Sie ekelt sich noch mehr, als sie beim Aufstehen bemerkt, dass die Fledermäuse mit ihrem Kot das Bett und den Fußboden beim Überfliegen völlig eingesaut haben. Die Feuerwehr mitten in der Nacht zu rufen, findet sie dann doch etwas peinlich. Sie macht in allen
Zimmern das Deckenlicht an, öffnet weit die restlichen Fenster und versucht vorsichtig mit dem Besen die Tiere zu vertreiben. Schon nach ca. 20 Minuten ist der Spuk vorbei.
Doch trotz frischer Bettwäsche und nur noch angekipptem Fenster, macht Susanne in dieser Nacht kein Auge zu.
Morgens am Frühstückstisch liest sie in der Zeitung, dass die "Untere Naturschutzbehörde" zum Zweck der Katalogisierung und Erfassung seltener Fledermausarten die Bevölkerung um Sichtungshinweise bittet. „Na, da rufe ich doch gleich mal an“, denkt Susanne
und greift zum Handy. Sie schildert dem Beamten ihr nächtliches Erlebnis in allen Einzelheiten. „Oh, da hatten sie aber Glück“, sagt er und fügt hinzu: „Das sich
eine komplette Fledermausjunggesellenkolonie auf den Weg macht, um sich ein ruhiges und kühleres Plätzchen zu suchen, kommt wirklich sehr selten vor. Nennen sie mir bitte Datum, Uhrzeit, Sichtungsort.“ Sabine antwortet ohne zu zögern und fügt zum Schluss kess hinzu: „Wissen sie, mit einer Kolonie Fledermausjunggesellen im Schlafzimmer kann ich wirklich nicht viel anfangen, ein menschliches Einzelstück wäre mir gestern Nacht viel lieber gewesen.“
"Vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal “, sagt lachend der Beamte. "Na das will ich doch hoffen", flachst Susanne zurück und beendet schnell das Gespräch.
Als es kurze Zeit später an der Tür klingelt, schimpft sie leise auf die Nachbarin, die sich
sicher wieder Grillkohle zum Brutzeln ihre BRATKLOPSE borgen möchte.
Sie trifft fast der Schlag als der neue Mieter mit einer Flasche Rotwein und zwei Gläsern in der Hand zu ihr lächelnd sagt:
„Komme von der „Unteren Naturschutzbehörde“ und möchte mir persönlich vom Sichtungsort ein Bild machen. Er geht durch den Flur bis zum
Schlafzimmer, schaut zur Zimmerdecke, dann zum Bett, öffnet den Rotwein, gießt beide Gläser halb voll und blickt Susanne fragend an.“
Eine selbst erlebte Geschichte, die erst ab dem Klingelton, leicht verändert wurde.