Die McDonalds Methoden
... oder:
Das ist genau die verteufelte Marktwirtschaft, vor der wir gewarnt wurden
Ich war ungefähr zwei Monate bei meinem neuen Arbeitgeber, als mir langsam dämmerte, was der hier abzog. Wie ich ja bereits erzählt hatte, stellte er nur Mitarbeiter ein, die ihm das Arbeitsamt vorbeischickte. Und für die er jeden Monat bares Geld bekam. So hatte er für ein halbes Jahr immer wieder Arbeitskräfte, für die er zwar Steuern, Krankenversicherung etc. bezahlen musste, die aber ansonsten für ihn umsonst arbeiteten. Meist hatte er sogar noch ein fettes Plus am Ende des Monats, denn dank des neulich schon einmal erwähnten eigenartigen Arbeitsvertrages
konnte er seine Leute willkürlich stundenweise so einsetzen, dass die Lohnkosten die im jeweiligen Monat gearbeiteten Stunden nicht überschritt. Sprich, der Arbeiter kam nur so viele Stunden im Monat zur Arbeit, dass zum Beispiel 500 Euro Lohn dabei herauskamen und der Chef kassierte dennoch die 800 Euro Prämie für die Einstellung eines Langzeitarbeitslosen. Ihr versteht?
Wenn sich die Zeit der Prämienzahlungen dann dem Ende näherten, änderte sich das Verhalten des Chefs. So nach 3 bis 4 Monaten wurde er zunehmend unzufriedener mit dem jeweiligen
Mitarbeiter. Es wurde nur noch herum kritisiert und ohne triftigen Grund Abmahnungen verteilt. Auch mich hat es einmal erwischt. Denn auch meine Zeit lief in den Augen des Chefs ab. Natürlich sagte er es einem nicht so mitten ins Gesicht, aber es war deutlich zu erkennen an seinem Benehmen.
An dem besagten Tag war just zu dieser Zeit viel los, als die neue Lieferung an Tiefkühlgut ankam. Man schob uns die Palette wie immer in die Küche, der Chef lief nebenher und rief mir zu, ich solle mich drum kümmern. Dann verschwand er in den hinteren Wirtschaftsräumen, um genau 2 min später wieder aufzutauchen
und mich anzubrüllen, dass das Zeug ja immer noch nicht verräumt ist.
Dazu muss man sagen, dass ich schon fleißig dabei war, aber auch damals nicht hexen konnte. Und zwei Minuten waren schnell rum. Hinzu kommt, dass die Fleischpattys tiefgefroren waren und in einem speziellen Kühlschrank angeliefert wurden. Ein Auftauen und Verderben war also in so kurzer Zeit gar nicht möglich. Aber das interessierte ja auch niemanden. Der Chef suchte ja geradezu nach Fehlern und wenn man keine machte, dann erfand er eben welche. Schließlich war er der Chef und eine Gewerkschaft oder ähnliches gab es ja
nicht. Bei wem sollte man sich also beschweren.
An dem Tag wusste ich, dass ich hier nicht mehr alt werden würde. Aber die Genugtuung wollte ich ihm nicht geben, dass er mich aus irgendwelchen fadenscheinlichen Gründen entließ. Ich würde mir zeitnah etwas neues suchen und ihm die Kündigung auf den Tisch knallen. Mir wurde klar, dass genau das die anderen auch alle taten. Sie gingen, weil sie das Mobben durch den Chef persönlich nervlich nicht mehr aushielten oder... ja, oder weil sie einfach kein Gehalt mehr bekamen.
Denn wenn sich ein Mitarbeiter als hartnäckig erwies, dann wurde er einfach nicht mehr im Wochenplan eingeteilt und ein oder zwei Monate lang „trockengelegt“, sozusagen. Und dagegen konnte man rechtlich nichts machen. Denn im Arbeitsvertrag stand ja, dass er uns soundso viele Stunden im Jahr einsetzen musste. Und offiziell brauchte er dann eben mal ein, zwei Monate nicht so viele Mitarbeiter. Keine Arbeit, kein Geld.
Wie hinterhältig der Chef wirklich war, bestätigte sich dann eines Tages noch
besser. Neben den Langzeitarbeitslosen wurden hin und wieder auch, sagen wir mal... Menschen mit einer Lernschwäche beschäftigte. Für die gab es bestimmt auch eine fette Prämie vom Amt.
Einmal hatten wir einen recht jungen netten Bengel namens Benny. Gut, er war anfangs jetzt keine große Hilfe, aber mit der Zeit machte er sich. Wenn er erst einmal die Arbeitsschritte intus hatte, war er fleißig und schnell. Ihm musste vorher nur gezeigt werden, wann er was wo machen sollte. Und er begriff schnell.
Benny war wissbegierig und arbeitswillig. Aber auch seine Zeit lief
ab. Da er zu begriffsstutzig war, um ihn mittels Mobbing aus dem Betrieb zu vertreiben, setzte der Chef hier wieder auf das bewährte Mittel des Aussitzens.
In der nächsten Zeit tauchte Benny immer wieder freudestrahlend am Montag früh auf und wollte wissen, wann er wieder zur Arbeit kommen durfte. Der Chef ließ sich stets verleugnen, auch wenn er vor Ort war. Und wir mussten ihn wieder wegschicken, mit den Worten. „Nein, Benny. Diese Woche wird das leider nichts.“ Traurig trottete der arme Junge wieder davon, um am nächsten Montag wieder freudestrahlend vorbeizuschauen.
Ich fand das absolut unter aller Sau. Aber ich konnte nichts tun. Denn ich stand jedes Mal in der Küche, wenn der Junge wieder weggeschickt wurde. Denn Benny wurde bereits am Tresen abgefertigt.
Kurz darauf erhielten wir alle ein Rundschreiben, indem wir zu einer außerordentlichen Betriebsversammlung zitiert wurden. Dort teilte uns der Chef mit, dass er nicht mehr vorhatte, Benny arbeiten zu lassen. Dass wir ihm das jedoch nicht sagen durften. Sollte dennoch jemand den Jungen etwas verraten, würde das zu einer sofortigen
Kündigung führen.
Da reichte es mir endgültig. Schon zwei Tage später traf ich Benny mit seiner Mutter in der Stadt beim Einkaufen. Ich sprach etwa 10 min mit ihr, weil ich das Verhalten meines Chefs einfach nicht richtig fand. Und ich mich schon fremdschämte. Die Konsequenzen waren mir egal.
Benny kam dann nicht mehr jeden Montag vorbei.
Da auch die anderen Mitarbeiter langsam aufwachten, taten wir uns zusammen, um bei einem Rechtsanwalt nachzufragen, was man denn machen könne. Inzwischen
suchte ich fieberhaft nach einer Arbeit, fand auch etwas als Zimmermädchen in einem Brauereigasthof mit Hotel. Noch am gleichen Tag ließ ich mich krankschreiben. Drei Wochen, bis zum nächsten ersten. Bis meine neue Arbeit begann. Normalerweise mache ich so etwas nicht, aber ich konnte dort unter diesem Chef einfach nicht mehr arbeiten. Und mich die letzten 3 Wochen noch ausbeuten lassen von so einem … na ich sag´s lieber nicht.
:-)
Trotzdem beteiligte ich mich an der Sammelklage gegen meinen nun ehemaligen Chef. Kam aber nichts bei
raus. Selbst den Konzern McDonalds Süd-Deutschland schrieben wir an und teilten ihm mit, was für Methoden hier herrschten. Und dass das dem Ruf des Unternehmens schaden würde. Die kurze Antwort lautete sinngemäß, dass sie dafür nicht verantwortlich wären, da sie die Räume und Waren vermieteten. Was die Pächter, die sich da einkauften, letztendlich draus machen würden, wäre egal, so lange die Zahlen stimmen. Und das war bei uns der Fall. Schließlich lag unsere Filiale an einer viel befahrenen Bundesstraße mit noch mehr Laufkundschaft.
Tja, so war das. Kapitalismus halt. Frau
Sperling hätte sich gefreut. Wieder einmal Recht gehabt! Der böse Kapitalismus.
So und ab dem nächsten Mal erzähl ich euch, was so alles in dem Brauereigasthof so los war. Ich sag euch, auch das war nicht ohne!
Habt alle da draußen noch einen schönen Abend
… und passt auf euch auf.
Euer vagabundinchen