Immer auf die Kleinen
... und die Behörden sehen zu
So, da bin ich wieder. Und weiter geht’s. Heute möchte ich euch berichten, warum es dann mit mir und McDonalds doch nicht geklappt hat.
Im Grunde genommen war ich ja ganz zufrieden mit dem Job, auch wenn der sehr stressig war und nicht viel eingebracht hat. Einen Arbeitsplatzwechsel nahm ich dann auch nur zwangsweise vor. Und das kam so.
Ich hatte ja die Arbeit bekommen, nachdem ich mir das Schreiben vom Arbeitsamt geholt hatte. Dadurch bekam
mein neuer Chef eine Förderung vom Staat. Er ermöglichte ja einem Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg in das Berufsleben. Und dafür gab es eine Vergütung. So viel ich mich erinnere, waren das damals so etwa 800 Euro für ein halbes Jahr. So weit nichts Verwerfliches und ich würde das als Arbeitgeber natürlich genauso machen. Ist ne Menge Geld, die man so einsparen kann.
Schon im zweiten Monat fiel mir auf, dass die Fluktuationsquote hier im Unternehmen recht hoch war. Wie viele fest angestellte Mitarbeiter es insgesamt gab, kann ich gar nicht sagen, weil wir
immer zu unterschiedlichen Zeiten arbeiteten. Das Restaurant war nur eine Stunde in der Nacht geschlossen und wir arbeiteten nicht wie üblich in festen Schichten, die wechselten. Sondern wurden anscheinend unwillkürlich zu eigenartigen Zeiten angefordert. Auch arbeiteten wir nicht immer acht Stunden mit den gleichen Angestellten, sondern so ab drei bis maximal zwölf Stunden in ständig wechselnder Belegung. Individuell, wie es eben gebraucht wurde. Die volle Belegung bestand aus einem Vorarbeiter, drei Mitarbeitern in der Küche: den für den Grill, den für die Fritteusen und den Zuarbeiter, der die Materialien heranschaffte, die alten
Lebensmittel entsorgte, als Springer in den Pausen diente, die Tische abräumte, fegte, wischte und sonst überall zur Hand ging, wo es drängelte. Außerdem gab es zwei bis drei Mitarbeiter im Kassenbereich sowie eine/einen am Drive Schalter.
Die Kunden, die dort ankamen, mussten immer vorrangig abgefertigt werden. Das war das aller-aller-oberste Gesetz. Damit sich jeder auch daran hielt, gab es damals einen ganz einfachen Trick von Seiten des Unternehmens. Kamen Kunden an den Drive-Schalter und gaben eine Bestellung auf, dann wurde diese ins System eingegeben und waren auf dem
Bildschirm sichtbar. Sobald die Bestellung abgeschlossen war, begann ein Timer von 1,5 min rückwärts zu laufen. Bis dahin mussten dem Kunden seine Waren ausgegeben worden sein. Jede Sekunde darüber wurde akribisch gespeichert. Nach einer bestimmten Zeit im Minus erlosch dann die Bestellung automatisch vom Bildschirm. Um sich die Peinlichkeiten des erneuten Nachfragens zu ersparen, war natürlich jeder Drive Mitarbeiter bestrebt, dies zu vermeiden. Und arbeitete schneller. Am Ende der Schicht wurde abgerechnet. Und wehe, da kamen zu viele rote Zahlen im Minusbereich raus! Dann drohten Lohnkürzungen und sogar Abmahnungen.
Zum Glück brauchte ich nie an den Drive-Schalter, dafür verstand ich viele Bayern einfach nicht gut genug. Ersparte mir viel Stress.
Aber zurück zum Wesentlichen. Die Fluktuationsquote. Ständig lief in der Küche oder dem Kassenbereich ein Neuanwärter nebenbei mit, was gut war, so hatte man jemanden, der einem half. Andererseits blöd, dass es fast mehrmals im Monat ein neues Gesicht war und man mit dem Erklären immer wieder von vorn anfangen musste. Alle absolvierten genau wie ich den Probetag mit dem Abräumen
und Saubermachen des Gastraumes und wurden dann mit Essen im Wert von 15 Euro nach Hause geschickt. Und im Monat drauf waren sie ein „fester“ Teil des Teams. Nur gut, dass just in diesem Zeitraum auch genauso viele Mitarbeiter gingen. So blieb die Zahl des Personals konstant. Und nicht dass ihr denkt, der böse Chef würde die alle rausschmeißen. So war das nicht, denn die meisten kündigten freiwillig und gingen wirklich von alleine. Und so wandte sich der arme Chef dann an das Amt, um neue Arbeitslose zu ordern. Schließlich musste der Laden ja laufen! Bevorzugt Langzeitarbeitslose. Denn von denen gibt es ja genügend. Wie gütig von ihm,
gerade diesen eine Chance zu geben, obwohl er anscheinend doch ständig so schlechte Erfahrungen machte.
So stellte es unser Chef zumindest immer gerne dar. Und irgendwie stimmte es ja auch. Das konnte ich ja oft genug miterleben. Gut, ok, Mitleid hatte ich nun nicht wirklich mit ihm, dazu war er einfach zu sehr Chef und ließ das auch raushängen. Aber ansonsten kamen wir gut miteinander aus. Ich war ein loyaler Mitarbeiter. Bis... ja bis ich Zeuge von etwas wurde, was ich einfach nicht glauben konnte und was mich in meinem Glauben an die Menschlichkeit erschütterte.
Womit wir zu meiner Staatsbürgerkunde-Lehrerin kommen (die ich hier mal Frau Sperling nenne, um ihre Identität zu wahren). Nicht, dass das nötig wäre, da sie in den 70er Jahren bereits Mitte 50 gewesen sein musste und sich daher heute wohl kaum noch aufregen würde, wenn ich sie bei ihrem echten Namen nennen würde. Aber den weiß ich nicht mehr. Und das ist auch nicht schade, weil die Frau verdient den Namen Lehrerin nicht. Aber das ist ein anderes Kapitel.
Jedenfalls diese Frau Sperling versuchte uns immer wieder einzutrichtern, dass
alle Kapitalisten Ausbeuter wären. Und nie hatte sie so Recht wie bei meinem Chef von dem McDonalds in der Bayerischen Stadt Regen. Warum, das gibt es beim nächsten Mal zu hören.
Bis dahin wünsche ich euch allen da draußen noch einen schönen Abend
… und passt auf euch auf.
Euer vagabundinchen