Nachdem nun das Wichtigste geklärt war, wurde es Zeit, sich nach einer Wohnung umzuschauen, die näher an der Schule lag. Auch wenn es uns in der Pension sehr gefiel. Die Kreisstadt Regen lag etwa 20 km entfernt, zu viel, um meinen Sohn jeden Tag zur Schule zu fahren und am Nachmittag wieder abzuholen. Das würde immerhin für zwei Hin- und zwei Rückfahrten mit rund 80 km täglich zu Buche schlagen. Zu viel für mein knappes Budget, auch wenn wir hier fast umsonst wohnen und essen durften. Der Schulbus fuhr damals auch nicht in direkter Nähe vorbei. Ich hätte meinen
Sohn also wenigstens eine Teilstrecke bringen und holen müssen. Das war also auch keine Option. Und da niemand mit einem schulpflichtigen Kind in der Nachbarschaft wohnte, kamen auch Fahrgemeinschaften nicht infrage.
Die erste Woche fuhr ich also mein Kind morgens zur Schule und suchte mir dann ein schattiges Plätzchen, um dort auf den Schulschluss zu warten. Ich vertrieb mir die Zeit nach dem Einkaufen und der Suche nach einer Wohnung sitzend im Auto mit Radio hören, Buch lesen, Stricken etc.
Da Sommer war und sich mein schwarzer
BMW schnell aufheizte, bevorzugte ich die Tiefgarage des Einkaufszentrums. Bis... ja bis mich am 4. Tag der Sicherheitsdienst in Form von vier kräftigen Gestalten, die mit Funkgeräten und Schlagstöcken ausgestattet waren, aufsuchten und fragten, was ich denn jeden Tag hier so lange stehen würde. Wahrscheinlich dachten sie, ich würde einen Terroranschlag planen und schon mal alles ausspionieren. Schließlich hatte mein Auto ein hier sicher unbekanntes Kennzeichen (PM = Potsdam-Mittelmark).
Natürlich konnte ich das Missverständnis schnell aufklären und die
furchterregenden Typen verzogen sich wieder. Aber nicht, ohne mich vorzuwarnen. Diese Woche wäre das dauerhafte Parken über mehrere Stunden hier noch in Ordnung, aber danach würde ich ein Hausverbot bekommen. Ich solle mir gefälligst einen anderen Warteplatz suchen. Dazu sei gesagt, dass ich wirklich niemandem einen Stellplatz weggenommen hatte, da die Tiefgarage immer zu mehr als dreiviertel leer war. Aber gut, dann musste ich mich also etwas mit der Wohnungssuche ranhalten.
Schon kurze Zeit später hatte ich Glück. Und fand eine bezahlbare Wohnung, direkt gegenüber der Kirche. Oberhalb
einer Fleischerei im Dachgeschoss. Die Wände waren hier zwar überall schräg und der Platz entsprechend eingeengt, aber hey, was soll´s! Es war eine Wohnung. Zwei Zimmer, Küche und ein Bad mit grottenhäßlichen Fliesen und Waschbecken plus Badewanne in Grün. Kein schönes Grün, sondern irgendwie so... ein verwaschenes Popelgrün. Furchtbar.
Da auch die Badewanne unter einer Schräge stand, konnte man sich nur geduckt darin duschen, oder, so wie ich, auf den Knien. Die Küche war recht klein und ohne nennenswerte Arbeitsfläche, sodass ich zum Schneiden
etc. den Tisch hernehmen musste.
Mein Sohn beschlagnahmte gleich das große Zimmer für sich, na ok, soll er ruhig. Dann würde ich eben das kleinere nehmen. Das hatte dafür eine Dachschräge mit großem Fenster über dem Bett. Da musste man zwar beim Hinsetzen und Aufstehen aufpassen, aber dafür konnte man auch im Bett liegen und den Himmel betrachten. Das hatte ja auch was!
Was jedoch am Schlimmsten war, war der penetrante Gestank nach Fleisch, der von der Fleischerei kam, durch das gesamte Haus zog und auch im Dachgeschoss
deutlich zu riechen war. Wer das nicht selbst erlebt hat, weiß wahrscheinlich nicht, wovon ich rede und ahnt nicht, wie eklig Fleisch riechen kann. Ich esse zwar gerne mal ein Schnitzel, aber in dieser Zeit haben weder mein Sohn noch ich ein Stück Fleisch herunter bekommen. Ehrlich.
So stand ziemlich schnell für uns fest, dass diese Wohnung hier nur vorübergehend unser Domizil bleiben würde. Und zum Glück fanden wir auch bereits einige Wochen später etwas Besseres. Und das ganz in der Nähe.
So viel für heute. Bald gibt es mehr. Für
heute wünsche ich euch allen da draußen noch einen schönen Abend
… und passt auf euch auf.
Euer vagabundinchen