Biografien & Erinnerungen
Die Brücke des Vertrauens

Ich weiss nicht mehr, ob es in dieser Nacht kalt war, oder immer noch warm und schwül. Ich kann mich nicht erinnern, ob Sterne am Himmel schienen, oder Wolken sie schamlos verdeckten. Ich höre jedoch noch das Rattern des Range Rovers und das Scheppern von Blech das auf dem lehmigen, vertrockneten Boden aufschlug. Es war eine bedrückende, beängstigende Nacht. Mein Kinderherz schlug mir bis zum Hals und ich grub meine Fingernägel so tief in die Handflächen, das es schmerzte. Es rüttelte und schüttelte mich durch, so dass ich blitzschnell wieder nach der Halterung an der Türe griff und mich panisch daran festklammerte. Der Mann am Steuer sagte kein Wort. Konzentriert blickte er auf den Weg den man nur höhnisch als Strasse bezeichnen konnte. Es war eher eine Todespforte! Neben ihm sass eine Frau, ihre Lippen bewegten sich leise, ich denke sie hat Gebete in den Himmel geschickt. Mit einem abrupten Ruck blieb der Wagen plötzlich mitten im Urwald stehen. Angestrengt richtete ich meinen Blick aus dem Fenster. Der Weg war zu Ende.

„Wir sind bei der Schlucht.“ sagte der Mann mit den gewellten Haaren die so schwarz waren wie eine mondlose Nacht. Seine grünen Augen hatten mir schon immer Trost gespendet, doch als er jetzt zu mir und meinen Brüdern auf den Rücksitz blickte, sah ich nur tiefe Besorgnis darin.

„Daddy?“ entwich es ängstlich meinen Lippen. „Müssen wir über die Schlucht?“

Meine Mutter seufzte und mein Vater öffnete die Wagentüre.

„Alle mal raus hier!“ Er drückte meinen einjährigen Bruder meiner Mutter in die Arme, die nun auch meine kleine Hand entschlossen in die ihre nahm. Daddy hievte sich den zweijährigen Matthew auf die Schultern und beleuchtete uns mit seiner Taschenlampe den Weg bis an den Rand der Schlucht. Ich sah den gähnenden, etwa 20 Meter tiefen Abgrund vor mir, und die Brücke, wo wir gleich rüber gehen mussten. Das abgelegene Dorf mitten im Busch (Urwald) wollten wir heute noch erreichen.

Die Brücke bestand aus zwei Holzstämmen die der Länge nach über der Schlucht befestigt waren. Auf diesen Stämmen waren einige Holzlatten festgenagelt worden, etliche fehlten bereits oder waren zerbrochen.

„Ich bringe euch rüber und dann fahre ich nach!“ erklärte uns mein Vater mit ruhiger Stimme. Doch ich sah wie seine Hand und die Taschenlampe zitterte.

Die Angst schnürte mir mit eisernem Griff die Kehle zu, ich kriegte kaum noch Luft! Wie in Zeitlupe nahmen wir Schritt für Schritt diese Brücke ein, ein Fehltritt, und wir währen  zu Tode gestürzt. Ich vertraute blind der Führung meiner Mutter, die uns dann alle sicher ans Ziel brachte. Wie mein Vater mit dem schweren Range Rover diese Brücke gemeistert hat, mit der Balance, dass keines der Räder auf diesen Holzplanken ausrutschte oder hängen blieb, ist mir heute noch ein Rätsel.

Doch ich weiss: Wo Vertrauen ist, ist nichts unmöglich! Mit Liebe, Glauben und Zusammenhalt können so viele Probleme überwunden und Wunder geschafft werden!
 

Ich danke meinem Vater, der mir immer noch viel Zuversicht gibt und ein starker Halt ist, und ich danke meiner geliebten Mutter, die mir einen unerschütterlichen Glauben vorgelebt, uns mit Liebe und Fürsorge überschüttet hat und den Weg vom Glauben zum Sehen vorausgegangen ist!
 

Conny B.