Auf der Alm da gibt´s a Freud
oder:
Schön wenn man sich in der Fremde willkommen fühlt
Mein Sohn und ich machten uns also auf den Weg, an einem schönen Sonntagmittag im Spätsommer des Jahres 2004. Von unseren früheren Urlaubsfahrten wussten wir so ungefähr, bis wohin wir in unserem Auto mit einer vollen Tankladung kommen würden. Bayerischer Wald, vielleicht etwas weiter. Wir wollten uns überraschen lassen, wohin uns das Schicksal trieb. Ich hatte mir vorgenommen, einfach so lange zu fahren, bis der Tank fast leer und die Reserve angezeigt wurde. Und dann von der Autobahn abbiegen, um irgendwo im Umland eine
Übernachtungsmöglichkeit oder mit viel Glück sogar ein Plätzchen für einen längerfristigen Aufenthalt zu finden.
Wie schon erwähnt, wäre es auch nicht schlimm, wenn wir mal im Auto schlafen müssten. Notfalls hatte ich das Zweimannzelt und Luftmatratzen dabei. Wildzelten war und ist ja eigentlich in ganz Deutschland verboten, aber was keiner weiß...
Und ein Notbiwak, wie es so schön in den Paragraphen heißt, ist zwar auch nicht offiziell erlaubt, wird aber geduldet, sofern man sein Lager nicht ungefragt auf privatem Grund sowie in Naturschutz- oder anderen
Schutzgebieten aufschlägt und man die Natur nicht verändert. Und ich glaube, Zelte sind nicht erlaubt. Aber eine Hängematte oder Luftmatratze unter freiem Himmel und ohne eine Feuerstelle gilt bereits als Notbiwak. Also alles kein Problem.
Aber soweit kam es letztendlich gar nicht erst. Kurz hinter Hof bin ich dann von der Autobahn runter und auf der Landstraße weiter nach Weiden in der Oberpfalz, ewig die B22 bis nach Cham, dann weiter auf der B85 nach Viechtach und weiter geradeaus. Ich habe hier mal die Strecke aufgerufen. Dann begann es zu dämmern und auch die Nadel der
Tankanzeige neigte sich dem Ende zu. Also hieß es, sich langsam nach einer Schlafgelegenheit umschauen. Also weg von den befahrenen Straßen und in eine etwas einsamere Gegend.
Irgendwann drohte dann unser armer alter BMW seinen Geist aufzugeben. Denn die schmalen Straßen hier in der Einöde waren zwar gut ausgebaut, aber die Steigungen hatten es ganz schön in sich. Vor allem, wenn die sich so in die Länge zogen. Unser Wagen wurde dann immer langsamer und fing auf den langen Anstiegen ganz schön an zu schnaufen. Dann, mitten in einer solchen Steigung, inmitten dunkler Wälder entdeckten wir
auf der rechten Seite auf einer Lichtung ein kleines Häuschen, umgeben von hohen Nadelbäumen. Und ein Schild wies darauf hin, dass es sich um eine Pension handelte, die auch noch freie Zimmer hatte. Also nichts wie hin. Ich war von der langen Strecke ganz schön kaputt. Denn da ich was schaffen wollte, war ich fast die ganze Zeit über durchgefahren. Knapp 6 Stunden. Nur einmal fuhren wir bei McDonalds an den Drive in, weil mein Ableger Hunger hatte. Und Burger geht immer. Bei ihm, jedenfalls. Ich mag die Dinger nicht, ist mir zu kompliziert, die zu essen. Da muss man die Klappe so weit aufreißen. Also bestellte ich mir nur wie üblich ein paar Nuggets mit
Süßsauer Soße. Die besitzen gleich die optimale Größe zum Essen. Egal, ich schweife ab.
Wir sahen also dieses kleine weiße Häuschen mit seinem ordentlichen Vorplatz und einem kleinen Tümpel, in dem Forellen ihre Kreise zogen. In der zunehmenden Dunkelheit und dem schwarzen Tannen im Hintergrund leuchtete das Häuschen regelrecht strahlend weiß und schien uns zu locken. Das ganze wirkte wie ein Fingerzeig des Schicksals.
Unser Entschluss stand vom ersten Augenblick aus fest. Hier würden wir nächtigen, auch wenn das unser
minimales Budget weiter schrumpfen lassen würde. Das hatten wir uns verdient.
Wir hielten also an und näherten uns dem Eingang. Da drinnen noch Licht brannte, trauten wir uns zu klopfen. Die Tür öffnete sich. Vor uns stand ein Kerl, meines Erachtens nach riesig groß. Aber gut, bei meinen 1.59 m Körpergröße sind die meisten anderen Menschen für mich riesengroß. :-)
So stellte ich mir einen echten Ur-Bayern vor, kräftigere Statur, tiefe Stimme und natürlich den typischen bayrischen Dialekt. Er stellte sich mit Helmut vor und winkte uns hinein. Seine Frau Helga
war hingegen eher zierlich und klein und in etwa genauso groß wie ich. Wir fühlten uns sofort willkommen und sogar etwas heimisch. Und das nicht nur, weil wir so herzlich aufgenommen worden waren und gleich mit Du angesprochen wurden, sondern einfach auch vom Gefühl her.
Andere Gäste gab es momentan nicht in der Pension, und so saßen wir vier an diesem Abend noch lange zusammen in der Fernsehstube und tranken Bier beziehungsweise Cola und spielten Karten.
Nachdem ich gleich zu Beginn unseres Gesprächs reinen Tisch gemacht, unsere
Geschichte erzählt und betont hatte, dass ich vorübergehend nicht viel Geld hätte, wurde gleich abgewunken. Überhaupt kein Problem. Wir könnten gerne bleiben, solange wir wollten und später die Rechnung begleichen. Sobald das mit dem Ämtern geklärt wäre und wir richtig in Bayern angekommen wären. Wenn ich ihr inzwischen ein wenig bei den Zimmern helfen würde, käme sie uns auch mit dem Preis entgegen und würde uns nur die Einkaufspreise für das Essen berechnen. Mein Sohn könnte, so lange noch Ferien waren, auf dem Hof mit anpacken und ich halt in der Wirtschaft. Der Deal war perfekt. Für alle Parteien. Es wurde sogar recht schnell eine Lösung
für das Problem einer ausgebuchten Pension gefunden. Das Fernsehzimmer. Dort konnten wir umsonst auf den Sofas schlafen, wenn alle Zimmer belegt waren. Wenn wir bereit wären, morgens vor dem Auftauchen der Gästen alles wieder in Ordnung zu machen. Na bitte. Ich hatte ja gesagt, es findet sich was. Alles kein Problem.
Und so hatten wir unser neues Zuhause für die nächsten 4 Monate gefunden.
Beim nächsten Mal erzähle ich euch, wie es uns erging, als ich meinen Sohn in Bayern an der Schule anmelden wollte. Ihr könnt gespannt sein. Das war eine
lustige Geschichte. Aber nun bin ich erst einmal über das Wochenende unterwegs, um neue Abenteuer zu erleben. Am Montag in den Abendstunden komme ich dann zurück an den heimischen Schreibtisch.
Bis dahin wünsche ich euch allen da draußen noch eine schöne Zeit
… und passt auf euch auf.
Euer vagabundinchen