Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen
oder:
Andere (Bundes)länder, andere Sitten
Sommer 2004
Seit längerem kriselte es in unserer Ehe. Was mich wieder einmal in meiner Meinung bestärkte, dass der Mensch nicht für eine dauerhafte Monogamie geschaffen ist. Jedenfalls nicht mehr. Zu früheren Zeiten mag das anders gewesen sein, wie so manch ein älteres Pärchen noch eindrucksvoll beweist. Das finde ich schön, wenn man zusammen alt wird und ich gönne es den Senioren. Von ganzem Herzen. Es ist bestimmt nicht immer einfach, zueinander zu halten. In guten und in schlechten Zeiten. Aber die Regel ist das heute nicht mehr. Leider.
Und so auch bei Dieter und mir.
Eigentlich wollten wir noch einmal woanders einen Neustart wagen. Und vielleicht so wieder zueinander finden. Geplant war der Umzug nach Bayern. Bei einem unserer jährlich stattfindenden Urlaube dort war uns eine Pension aufgefallen, die perfekt direkt an einer viel befahrenen Hauptstraße lag und die nun zum Verkauf stand.
Bei einem ersten Besuch vor Ort sah alles vielversprechend aus. Die Ablösesumme war jetzt nicht so hoch und auf Nachfrage wurde uns versichert, dass nur die Hälfte sofort fällig wurde. Der
Rest konnte in monatlichen Raten abgestottert werden. Dafür war das Gebäude und die Nebengelasse gut in Schuss und konnten inklusive Mobiliar bei laufendem Betrieb gleich übernommen werden. Einnahmen wären also von Anfang an gegeben.
Das hörte ich alles ganz gut an, eigentlich zu gut. Daher erbaten wir uns noch ein wenig Bedenkzeit und verabschiedeten uns erst einmal. Kurze Zeit später musste mein Mann zurück nach Hause, da sein Urlaub vorbei war. Mein Sohn und ich blieben noch etwas länger. Denn uns trieb nichts heimwärts, wegen der Ferienzeit und der Tatsache, dass ich seit zwei Monaten arbeitslos
war, nachdem ich von unserem hauptsächlich privat finanzierten Kindergarten wegen fehlender Mittel gekündigt worden war.
In den nächsten Tagen besprachen Dieter und ich jedoch noch das Für und Wieder und waren mit dem Berechnen der eventuell laufenden Fixkosten sowie Gewinne und Verluste beschäftigt. Da aber weder Dieter noch ich aus diesem Milieu stammen und daher nicht wirklich viel Erfahrung/Ahnung mit dem Thema Gastronomie hatten, wollte ich erst einmal einen Fachmann zurate ziehen. Noch dazu, da wir ein Darlehen benötigten und der Bank ja auch etwas
vorlegen mussten. Und so gaben wir ein Gutachten in Auftrag.
Ich legte dieses insgesamt 10 Seiten umfassende Gutachten des Steuerberaters beim Jobcenter vor und bekam letztendlich eine Bewilligung und Finanzierung durch eine Ich-AG, wie es damals so schön für Existenzgründer*innen hieß.
Nachdem nun alles Finanzielle geklärt war, vereinbarte ich den Termin bei der jetzigen Besitzerin, die aus Altersgründen die Pension verkaufen wollte. Wir hatten ein langes und ergiebiges Gespräch und einigten uns
darauf, dass ich die nächsten Wochen hier im Betrieb mitarbeite, um die Abläufe kennenzulernen. Und besiegelten alles mit Handschlag, so wie man das nun mal in Bayern macht.
Anschließend kehrten mein Sohn und ich für eine Woche nach Hause zurück, um das Finanzielle zu klären sowie den Umzug vorzubereiten. Bevor wir alle dann endgültig in ein neues Leben starteten. Dachte ich damals zumindest. Denn es kam alles ganz anders, als geplant. Und wie, das erfahrt ihr beim nächsten Mal. Hier, an dieser Stelle. Wenn ihr wollt.
Also, bis dahin wünsche ich euch allen da draußen noch einen schönen Abend
… und passt auf euch auf
Euer vagabundinchen