Von schmatzenden Schafen und peinlichen Momenten
oder:
... Können Schafe Moped fahren?
Also ich möchte kein Schaf sein. Jedenfalls nicht im Winter. Und dafür gibt es mehrere Gründe:
1. Die müssen mancherorts Tag und Nacht in der Kälte draußen bleiben und auf hart gefrorenen Boden schlafen. Und das ganz ohne Daunendecke oder Schnubbeltuch!
2.Wenn Schafe Pech haben, kommt ein Wolf oder anderes Raubtier in der Nacht vorbei, stört sie bei ihrem Schönheitsschlaf und knabbert sie zu allem Unglück auch noch im Schutz der
Dunkelheit an.
3.Und wenn dann morgens endlich die Sonne aufgeht, dann müssen Schafe zum Frühstück an den gefrorenen spärlich wachsenden Grashälmchen lutschen, bis diese aufgetaut sind. Spätestens jetzt würde mein Körper nach einem heißen Kaffee oder Tee verlangen!
Aber hin und wieder kann das Leben für ein Schaf auch sehr aufregend sein. Jedenfalls war das so in der Vergangenheit. Zum Beispiel, wenn man in der DDR wohnt und der Schafbock von einem Dorf ins andere gefahren werden soll. Einen Viehtransporter zu
organisieren war schwierig bis schlicht unmöglich. Also behalf ich mir anders. Ich schnappte mir kurzerhand mein Moped, eine nagelneue grüne Simson Enduro mit einem Bananentank sowie meinen Freund und fuhr los, um den Schafbock einzusammeln.
Auf dem etwa 12 km langen Rückweg über einsame Landstraßen setzen wir den Bock wie einen weiteren Beifahrer zwischen uns. Und erstaunlicher Weise hielt der so in aufrechter Stellung sogar still. Im Gegenteil, der schien die Fahrt regelrecht zu genießen.
Nach ungefähr zwei Drittel der Strecke
kreuzen Bahngleise den holperigen schmalen Asphaltweg. Die Schranke war unten, also hielt ich an. Und wartete... und wartete...
Der Schafbock saß inzwischen ruhig mit seinem Po auf dem Sitz zwischen uns und schaute mir ganz interessiert über die Schulter. Dabei schmatzte und sabberte er mir ständig ins Ohr, denn Schafe sind ja Wiederkäuer und diese unnatürliche Haltung inklusive der Erschütterungen während des Fahrens taten bestimmt ihr Übliches, um den Mageninhalt kräftig durcheinander zu rütteln.
Schließlich kam der Zug. Aber zu
meinem Schreck fuhr er nicht schnell vorbei, sondern hielt ausgerechnet mitten auf der Straße und blieb dort mehrere Minuten stehen. Zeit genug, dass die Passagiere in den Abteilen, die sich in Sichtweite befanden, amüsiert herüberschauten und allerlei Bemerkungen machen zu schienen. Nur gut, dass wir das nicht hören konnten. Mir war die ganze Sache schon so peinlich genug.
Ich glaube, das ein Schaf als Mitfahrer auf einem Moped selbst in der DDR nur recht selten bestaunt werden konnte. Jedenfalls bin ich nur froh, dass es damals so etwas wie Handys und Sozial
Media nicht gab. So ein in mein Ohr sabberndes Schaf hätte ich nicht gerne für alle sichtbar im Internet gesehen. Heute stehe ich da drüber und würde mit scherzen. Damals wäre ich jedoch gerne vor Scham im Boden versunken. Tja, andere Zeiten, andere Sitten.
Habt alle da draußen noch einen schönen Abend
… und passt auf euch aufgefallen
Euer vagabundinchen